Die Gesellschaft im Neoliberalismus

Die Demokratiefeindlichkeit des Neoliberalismus

Wenn man die These vertritt, dass für das langfristige Funktionieren einer Demokratie wesentliche Elemente sozialer, materieller und gesellschaftlicher Standards gegeben sein müssen, wäre dies schon ein erstes Indiz dafür, dass die sozioökonomischen Entwicklung der letzten 30 Jahre – sowohl national als auch global – im Sinne der politischen Gleichheit als defizitär zu analysieren ist.

Abgesehen von ihrer theoretischen Stellungnahme zur Demokratie, auf die noch eingegangen werden wird, sorgt die praktisch angewandte neoliberale Wirtschafts- und Gesellschaftsdoktrin für eine Erodierung des Gesellschaftsvertrages. Durch den Abbau des Wohlfahrtsstaates und durch die Privatisierung öffentlichen Eigentums gehen zentrale, die Gesellschaft stabilisierende Institutionen einer Krise entgegen. Kommunen und Gemeinden laufen durch Haushaltskürzungen Gefahr, ihre vielfältigen Aufgaben der Daseinsvorsorge nicht mehr angemessen wahrnehmen zu können. Durch deren Privatisierung verliert die Politik auf lokaler Ebene zunehmend an Gestaltungsspielräumen.

Weiter wurden die internationalen Finanzmärkte durch stetige Deregulierung[1] von der Realwirtschaft abgekoppelt. Die fortschreitende Deterritorialisierung internationaler Finanzströme und die relative Abnahme der Ortsgebundenheit transnationaler Akteure – die durch die Durchsetzung des Freihandels und den Abbau protektionistischer Grenzen forciert wurde – „haben die regulativen Eingriffe der Nationalstaaten gleichzeitig neu ausgerichtet und strukturell eingeschränkt.“[2] Damit haben die Staaten auch die Definitionshoheit über das ökonomisch Notwendige und Mögliche an die Konzerne abgetreten – die nationale Politik richtet sich  immer stärker an den weltmarktlich determinierten, ökonomischen Imperativen.

Durch die bereits geschilderte arbeitnehmerfeindliche Entwicklung im Zuge der neoliberalen „Modernisierung“ und „Globalisierung“ verlieren die Gewerkschaften zudem die Kraft, sich diesen Imperativen entgegen zu stemmen. Durch das ökonomische Paradigma gerät der demokratische Interessenausgleich in Schieflage. „Da die Entstehung moderner Demokratie historisch an die Formierung von Nationalstaaten gebunden ist, beschleunigt die den Nationalstaat aushöhlende Globalisierung in ihrem auf die Interessen der Konzerne zugeschnittenen Inhalt den Prozess struktureller Entdemokratisierung.“[3]

Oder wie Crouch prägnant formuliert: „Die Globalisierung der wirtschaftlichen Eliten und die Fragmentierung der restlichen Bevölkerung tragen dazu bei, daß die sozialen Kräfte, denen es um den Abbau ökonomischer und politischer Ungleichheit geht, gegenüber jenen an Einfluss verlieren, die zu der hierarchischen Ordnung zurückkehren wollen, die wir aus vordemokratischen Zeiten kennen.“[4] Jedoch ist eine lebendige, sich selbst erneuernde Demokratie immer auf die Entstehung neuer kollektiver Identitäten angewiesen, die in Zeiten von Krisen die Form der Partizipation an Debatten und Entscheidungen verändern.[5] Wie aber aufgezeigt wurde, hat der Neoliberalismus die Tendenz, kollektive Identitäten zu zerstören.

Parallel dazu vollzieht sich eine weitere Entwicklung: eine verstärkte staatliche Sicherheits- und Geheimhaltungspolitik. Während der Staat sich zunehmend aus immer mehr gesellschaftlichen Aufgabenbereichen zurückzieht (Bereitstellung von Infrastruktur, öffentlicher Dienst, Gesundheitswesen etc.), weitet er seine Überwachungstätigkeit aus. „Der Wohlfahrtsstaat wird bis auf ein Minimum abgebaut, es geht nur noch um Hilfe für die Armen und nicht länger darum, staatsbürgerliche Teilhaberechte für alle sicherzustellen; die Gewerkschaften sind marginalisiert; das alte Modell des Nachtwächterstaates, in dem dieser nur mehr die Rolle des Polizisten und Kerkermeisters einnimmt, kommt zu neuen Ehren (…).“[6] Tatsächlich sind beide Tendenzen zwei Seiten einer Medaille: Mit der in Kauf genommenen Zuspitzung gesellschaftlicher Widersprüche steigen Aufwand und Kosten zur Sicherung der Einkommens- und Eigentumsverhältnisse.

Dies alles sind Entwicklungen, die empirisch zu beobachten sind. Doch auch in der Theorie weist der Neoliberalismus eine deutliche Demokratieskepsis auf. Hayeks Konzept einer spontanen Ordnung des Marktes „schließt alle Formen eines Ziel-Mittel-Ansatzes für die Gestaltung von Gesellschaft aus. (…) Das Verfolgen positiver kollektiver Ziele – etwa Vollbeschäftigung oder soziale Gerechtigkeit – gilt als gegen den Zivilisationsprozess gerichteter Konstruktivismus.“[7]

Damit beschränkt sich das menschliche Dasein auf die Möglichkeit zur individuellen Anpassung an die spontane Ordnung. Wenn aber jede positive Form der Gestaltungsmöglichkeiten ausgeschlossen wird, dann ist eine demokratische Gesellschaftsordnung, in der der Staatsbürger am Willensbildungsprozess partizipiert, ergo gestalterisch tätig ist, überflüssig.

Zwar wurde bereits das Aufkommen einer Zivilgesellschaft angesprochen – eine Entwicklung auf Kosten der staatlichen Aktivität, die der Neoliberalismus befürwortet – diese ist allerdings rein negativ determiniert.[8] Das gilt in ähnlicher Weise für die neoliberale Interpretation von Individualismus und Freiheit, „die nichts mehr mit den ursprünglichen Werten der liberalen bürgerlichen Bewegung gegen den Spätfeudalismus und den Absolutismus gemeinsam hat.“[9] Der Freiheitsbegriff im Neoliberalismus bezieht sich keineswegs auf die politische (einst die wichtigste Säule der bürgerlichen Revolution), sondern lediglich auf die wirtschaftliche Freiheit.[10] Sie beschränkt sich auf die Nichtdiskriminierung der Marktteilnahme.

Auffallend ist dabei das bereits angesprochene elitäre Prinzip, eingerahmt in den konservativ-autoritären Zug im Menschen- und Gesellschaftsbild des Neoliberalismus. In der neoliberalen Vorstellung gleicht die gesellschaftliche Struktur einer Pyramide, an deren Spitze eine Führerschicht steht. „Die Einteilung der Menschen in eine irrationale Masse, die (missbräuchlich) über die Demokratie Marktkorrekturen erzwingt, und eine geistige Elite, welche die Führung übernehmen muss, um den interventionistischen Verfall von Wirtschaft und Gesellschaft zu stoppen, zeugt nicht nur von tiefem Kulturpessimismus und wenig Vertrauen in die Individualität der Menschen. Sie bringt den Ordoliberalismus auch in unmittelbaren Konflikt mit demokratischen Grundsätzen.“[11] Anders formuliert: Es wird mit diesem Kulturpessimismus nicht nur die demokratische Ordnung negiert, sondern indirekt auch ein Überwachungsstaat gefordert.

Gemäß der Rational-Choice-Theorie, nachdem der demokratische Wohlfahrtsstaat nicht das allgemeine Interesse der Gesellschaft zum Ausdruck bringt, sondern durch die Eigeninteressen von Politikern und mehr noch von wichtigen Interessengruppen bestimmt wird (Homo oeconomicus), bleibt nur ein Weg: die Beschränkung der Demokratie selbst.[12] Damit wird diese Theorie zur sich selbst erfüllenden Prophezeiung. Hier schließt sich der Kreis zu Realität, wenn man die offenkundige Unterstützung der Chicagoer Schule[13] gegenüber den politischen und wirtschaftlichen Zuständen in Chile unter Pinochet heranzieht. Erst durch die brutale Unterdrückung der demokratisch gewählten Regierung von Salvador Allende und der Gewerkschaften wurden die Voraussetzungen für den neoliberalen Modellversuch der chilenischen Gesellschaft geschaffen.[14]

[1]Bretton Woods, das internationale Währungssystem fester Wechselkurse, wurde Anfang der 1970er Jahre aufgegeben.
[2]Scharenberg/Schmidke: Das Ende der Politk?, S.8.
[3]Ebd., S. 10.
[4]Crouch: Postdemokratie, S. 34.
[5]Vgl. auch Crouch: Postdemokratie, S. 20.
[6]Crouch: Postdemokratie, S. 34.
[7]Grundlagen des Neoliberalismus, S. 55.
[8]Crouch spricht von einem positiven Modell des Bürgerstatus, dem ein negativer Aktivismus gegenüber steht. Es sind zwei unterschiedliche Interpretationen der Bürgerrechte. Die Vorstellung der positiven Rechte hebt die Fähigkeiten der Bürger, sich an ihrem Gemeinwesen zu beteiligen, hervor: das Recht zu wählen, das Recht Organisationen aufzubauen und ihnen beizutreten, das Recht, exakte Informationen zu erhalten. Negative Rechte sind diejenigen, die das Individuum gegen andere schützen, insbesondere gegen den Staat: das Recht, Anklage zu erheben, sowie die Eigentumsrechte. Crouch: Postdemokratie, S. 22.
[9]Ptak: Grundlagen des Neoliberalismus, S. 50.
[10]Vgl.: Ebd., S. 62: Freiheit wird hier verstanden als negative, als Freiheit von etwas, nicht aber als positive Freiheit zu etwas. Freiheit legitimiert sich allein aus der Abwesenheit von Zwang. (…) Dieses Freiheitsverständnis hat mit der Bereitstellung materieller oder politischer Vorraussetzung zur freien Entfaltung der Persönlichkeit nichts gemeinsam.
[11]Ebd., S. 52.
[12]Ptak: Grundlagen des Neoliberalismus, S. 69.
[13]Die Chicagoer Schule stellt mit Milton Friedmann einen der einflussreichsten neoklasssichen Wirtschaftswissenschaftler.
[14]Schon 1933 hatte Wilhelm Röpke mit aller Deutlichkeit erklärt, dass Wirtschaftsfreiheit sehr wohl mit einem illiberalen Wirtschaftssystem vereinbar ist. Einige Jahre später brachte er die Unterscheidung zwischen einer (akzeptierbaren) „Diktatur“ und einer (abzulehnenden) „Tyrannis“ in die Diskussion, die in den folgenden Jahrzehnten zu einer regelmäßig wiederkehrenden Denkfigur neoliberaler und neokonservativer Kräfte werden sollte. Der „wohlmeinende“ Diktator wird – wenn nötig – zur Durchsetzung des neoliberalen Wettbewerbsstaates akzeptiert, die Herrschaft der „Masse“ gilt dagegen als entartete Demokratie.
Man könnte diesen Tatbestand als Deutung der US-amerikanischen Interventionen in den revolutionären lateinamerikanischen Staaten wie Nicaragua und El Salvador, als auch des agressiven diplomatischen Verhaltens der USA gegenüber Venezuela heranziehen.

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16 Kommentare zu "Die Gesellschaft im Neoliberalismus"

  1. “… schon von einem allmählichen Bruch des Gesellschaftsvertrages reden muss.” Aha – ein Rousseau- / Kant-Anhänger!

  2. Eric B. sagt:

    In Frankreich spricht man auch vom Übergang von der Marktwirtschaft in die Marktgesellschaft. Dies wird derzeit von Kanzlerin Merkel massiv vorangetrieben, wenn sie “marktkonforme Demokratie” fordert und die Märkte als Kettenhunde des deutschen Stabilitätspakts einsetzt. Aber es gibt Alternativen, wie Habermas und andere jüngst in einem europapolitischen Appell aufgezeigt haben. Sie wären sogar umsetzbar – wenn man nur wollte… http://lostineurope.posterous.com/alternativen-sind-machbar

  3. Karin Dorr sagt:

    Einfacher! Viel einfacher muss man die Menschen mitnehmen.
    Es muss einfach wieder mal jemand aufstehen und die Massen polarisieren. Den Frust und die daraus resultierende Gewalt kanalisieren und gegen die und das richten was den Menschen im Namen dieses Scheissmarktes kaputt macht.
    Frei nach dem Motto tötet was euch tötet

  4. Pistepirkko sagt:

    Fangen wir doch endlich einmal an zu verstehen das soziale System drauf beruhen das man an sie glaubt.
    Solange wir Wirtschaft wie eine Ersatzreligion betrachten die nur liberal läuft, solange hält das an.
    Und mein Prof. sagte immer: “BWL und VWL sind eigentlich soziale Wissenschaften”

    Fangen wir doch mal wieder mit dem Glauben an, dass aller Mehrwert die Summe UNSERES Handelns ist.
    Das Mehrwert von UNSEREN Händen und Köpfen gemacht wird und WIR daher am Mehrwert 100% beteiligt werden müssen. Der Kapitalgeber hat nur Geld gegeben, aber keine Hand eingesetzt. WIR haben unsere Hände und unsere Köpfe benutzt und UNS die Dinge und Leistungen erschaffen! Dafür UNSERE Zeit geopfert!
    Daher gehört UNS, der MEHRHEIT, auch der, sagen wir es wirtschaftlich, FRUCHTGENUSS!!!

    Fangen wir doch wieder an zu glauben das Wirtschaft nur deswegen erfunden wurde, damit ALLE MENSCHEN ein besseres Leben haben.

    ALLE müssen Zugang zu allem bekommen, wie es einmal war.
    Wir fingen nur deshalb mit der Wirtschaft an, damit alle von Landwirtschaft, Fischerei, Viehzucht und Handwerk profitierten. Daher wuchsen die ersten Städte der Steinzeit. Weil Menschen Zugang bekamen zu Reichtum und in diesen aufgenommen wurden und was dazu beitragen konnten.

    Heute werden Leute von den Grundlagen der Existenz ausgeschlossen anstatt diese daran patizipieren zu lassen.
    Und ja!!!! Auch den Lebensentwurf der Sozialhilfekarriere muss eine Gesellschaft die reich ist ertragen können. Schon gar wenn wir diese Leute nicht mehr, z.B. mit Bandarbeit in der Fabrik, beschäftigen können.
    Denn auch diese Realität haben WIR geschaffen mit “Geiz ist geil”, indem man UNS daran glauben lies.

    Wo sind die philosophischen Ansätze wie wir leben wollen?
    Wir reden nur über Wirtschaft und wie wir dieser eine Chance geben können.
    Wo ist eine Diskussion darüber wie WIR leben wollen. Was WIR erleben wollen und vor allem wie.

    Wir müssen wieder Lebensmöglichkeiten schaffen und nicht nur wirtschaftliche Möglichkeiten. WIR Menschen müssen auch leben und nicht nur malochen damit eine andere reicher werden.

    Nur, damit WIR darüber nicht mehr nachdenken hat man aus Proletariat das Prekariat erschaffen und spielt es gegen die Mittelschicht aus.
    Denn diese Leute werden sich nicht mehr organisieren weil sie zu dumm gehalten wurden. Man hat das Bildungsniveau runtergeschraubt damit die nicht auf Ideen des 19ten und 20ten Jahrhunderts kommen und am Ende noch eine wirkliche Linke, SPD oder Grüne gründen und für UNS wirklich kämpfen.
    Ein Schelm wer an den alten Mann aus Trier denkt?

    Ein Mann in einer Kneipe sagte mir mal: “Warum sollte ich mir den Arsch aufreissen, damit ein anderer Arsch nur noch mehr in den Arsch geblasen bekommt?”

    Nur zur Klarstellung: Das sind nicht meine Worte.

    Wettbewerb ist schlecht, denn er erzeugt Verlierer. Besser wir fangen wieder an daran zu glauben das ein miteinander nur Gewinner erzeugt!
Wir müssen leben und nicht kämpfen! Fangt mal an nachzudenken wem es nutzt wenn IHR nicht zusammensteht sonder euch gegenseitig in einem Wettbewerb zerfleischt!!!!!!
    Wir sind alle eins und nur durch die Gemeinschaft kann man sich als Individuum erst selbst erkennen.
    Schon wieder fällt mir der Alte aus Trier ein.

    • Neuro sagt:

      Moment mal, den Kommentar hab ich hier eben schon mal gelesen…
      war das nicht bei dem Artikel zu Ungarn unter Orban?

      ist so allgemein, dass er überall passt, was?

  5. Neuro sagt:

    Man sollte nicht vergessen, dass Foucault zuerst die westliche Vernunft selbst einer Kritik unterzog -Wahnsinn und Gesellschaft
    http://www.springerlink.com/content/m8402wgm6488206w/

    und dann die Justiz -Überwachen und Strafen
    http://www.freiereferate.de/erdkunde/michel-foucault-uberwachen-und-strafen-die-geburt-des-gefangnisses-zusammenfassung-und-interpretation

    Marx hat er m.Wissens auch abgelehnt -wo liegt also die Basis seiner Kritik?

    • hangoerdt sagt:

      Ich bin kein Experte, aber ich weiß, dass er zu einem gewissen grad Strukturalist war. Wenn ich das richig verstanden habe heißt das, dass dass er die Welt als Struktur betrachtet, deren Elemente durch extrem komplizierte und verwirrende Abhängigkeiten, Mechanismen und Wechselwirkungen in Verbindung stehen. Als Mensch da durchblicken zu wollen ist praktisch unmöglich, und von freiem Willen kann sowieso nicht die Rede sein. Focault hat sich selbst als Antihumanisten bezeichnet.

  6. ernte23 sagt:

    @Neuro: Bin kein Foucault-Experte und kann daher darauf nicht ausreichend antworten. Jedoch braucht man in meinen Augen nicht unbedingt auf Marx zurückzugreifen, um das bestehende neoliberale und damit wirtschaftsdominierte Gesellschaftsmodell zu kritisieren. Vor allem der apokalyptische bzw. prophetische Teil der marxschen Lehre ist zu optimistisch und hilft augenblicklich nicht viel.

    @Karin Dorr: Leider sind manche Zusammenhänge zu komplex, um sie mit Hilfe einiger einfacher Parolen niederschreiben zu können. Die Leute ohne die Unterstützung der Medien, die sie tagtäglich beschallen, „mitzunehmen”, halte ich ohnehin für äußerst schwierig. Besser ist es wohl, kleine Brötchen zu backen und sich zu fragen, was man tun kann, das über den Kauf von Fair-Trade-Produkten, ethischen Konsum, hinausgeht

  7. Don M. Tingly sagt:

    @ Karin Dorr, ernte 23:

    intellektuell ist der neoliberalismus ja inzwischen von vielen seiten decouvriert worden. seine grundannahmen sind im besten fall nur einfach falsch. im wahrscheinlicheren fall sind sie die pseudo-wissenschaftliche unterfütterung rein machtpolitischer interessen, denen die wirtschaftskrisen in den 1970ern willkommener anlass waren, den ungeliebten Keynesianismus endlich zu beerdigen.
    spätestens die derzeitige staatsschuldenkrise zeigt ja auch praktisch, in welch falsche richtung die marktliberale politik führt.

    trotzdem stellt sich doch mehr denn je die frage: was tun?

    “Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert; es kommt aber darauf an, sie zu verändern.”

    selten lag der alte rauschebart richtiger.

    es gelingt einfach nicht, eine kritische masse von der falschheit neoliberaler dogmen zu überzeugen. die trümpfe liegen leider in der hand der mächtigen aus politik und wirtschaft, die vom geltenden system profitieren.
    dank unkritischer privater und politisch kontrollierter öffentlicher medien, liegt die wesentliche meinungsbildung in der hand marktradikaler kräfte.

    die staatshaushalte werden unter dem massiven einfluss der lobbygruppen in einer weise gestaltet, die eine schleichende umverteilung von unten nach oben erlaubt. gleichzeitig werden gezielt ressentiments der mittelschicht gegen die abgehängten der gesellschaft geschürt, um die eigentliche schuld der eliten zu verschleiern.

    realitätsflucht der mehrheit – aufgrund von überforderung – in sinnentleerten konsum bzw. debile unterhaltung tun ein übriges.

    mir ist leider nicht klar, wie man aus diesem kreis ausbrechen können soll. die menschen tanzen auf der Titanic und sie wollen nichts von eisbergen hören.

  8. Klaus Stegemann sagt:

    An die Redaktion

    Der Link: “Die Ökonomisierung des Denkens”
    in: “Gesellschaft im Neoliberalismus”
    ist “tot”.

    Bedauerlich – bzw. Abhilfe tut not.
    M.f.G.

  9. Klaus Stegemann sagt:

    An die Redaktion

    … wie auch alle anderen Links im genannten Beitrag.

    Tja.

  10. Klaus Stegemann sagt:

    An den geneigten Leser:

    Sorry, Korrektur:
    Über die Seitenauswahl (im Gegensatz den Links bzw. der Suchfunktion) ist der Text erreichbar.

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