Schäffler zur Griechenland-Rettung

“Wir befinden uns auf dem Weg in die Knechtschaft”

Im Zuge der Verschärfung der globalen Systemkrise gibt es die unterschiedlichsten Deutungsversuche. Positives gibt es dabei aus Regierungskreisen kaum zu vermelden, doch überraschen dieser Tage einige mit längst überfälligen Einsichten.

Waren es in der Vergangenheit vor allem auch die Politiker der FDP, die die Mär von den sich selbst kontrollierenden Märkten priesen und neoklassische Wirtschaftstheorie nach Lehrbuch vorbeteten, lässt sich in Person des Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler nun auch hier ein erstes Umdenken erkennen. Bemerkenswert an Schäfflers (unten folgender) Erklärung ist vor allem die Abkehr von dem Mythos Griechenland müsse “sparen”. Der Liberale kritisiert stattdessen die EU-Krisenpolitik als die Ursache der Problematik. Seine Kritikpunkte überschneiden sich dabei auffällig häufig mit der des sonstigen ideologischen Gegners, der Linkspartei.

Als erstes kritisierendes Element bennent Schäffler das Geldsystem, das in der Tat der Logik eines Schneeballsystems folgt. Diese Einsicht ist durchaus lobenswert, geht jedoch nicht weit genug. Als problematisch anzusehen ist nicht nur unser Geldsystem, sondern unsere gesamte neoliberale Wirtschaftsordnung und die neoklassische Wirtschaftstheorie, auf der diese fußt.

Schäffler, selbst Mitglied der Friedrich-August-von-Hayek-Gesellschaft, warnt folgerichtig in seinem Resumee – in Anlehnung an den neoliberalen Ökonomen Hayek – vor einem “Weg in die Knechtschaft”; ferner forciert der bekennende Gegner der Finanztransaktionsteuer das Bekenntnis zu einem deregulierten Freihandel und bleibt damit leider weiter in neoklassischen Denkschablonen verhaftet. Die Knechtschaft, die Schäffler heraufziehen sieht, existiert jedoch längst in ganz anderer Form: Die Knechtschaft der Politik unter den Finanzmärkten. Es ist ironischerweise die Hayeksche Paranoia vor der Knechtschaft der Regulierung, die diesen “Weg in die Knechtschaft” erst ermöglichte.

Wir appelieren an Frank Schäffler sich auch diesen wichtigen Punkten zu öffnen und laden zum Dialog ein.

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Frank Schäffler (Mitglied des Deutschen Bundestages und Finanzexperte der FDP Bundestags-Fraktion): Erklärung zur 2. Griechenland-Hilfe Erklärung nach § 31 GOBT zu TOP 28 Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP zu der Abgabe einer Regierungserklärung durch den Bundesminister der Finanzen „Stabilität der Eurozone sichern – Reformkurs in Griechenland vorantreiben“ Drucksache 17/6163 10. Juni 2011

Am 11. Februar 2010 haben die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union gemeinsam geschaffenes und von allen Staaten der EU ratifiziertes Recht und damit Europäisches Recht kollektiv gebrochen.

Klarer Rechtsbruch

Es wurde angekündigt, dass man Griechenland auf jeden Fall finanziell helfen werde, falls es Griechenland im April und Mai 2010 nicht gelingen sollte, sich zu ausreichend niedrigen Kosten am Kapitalmarkt zu refinanzieren. Damit haben die Staats- und Regierungschefs am 11. Februar 2010 den Bruch der No-Bail-out-Klausel im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verkündet.

Am 7. Mai 2010 erklärte die Bundeskanzlerin, hier im Deutschen Bundestag, dass die Griechenland-Hilfe eine einmalige Hilfe sei, die absolute Ausnahme und sonst nichts.

Lügen und falsche Versprechen

Als der Deutsche Bundestag am 21. Mai 2010 das sogenannte Euro-Rettungspaket, den vielzitierten Rettungsschirm, verabschiedete, wurde hier im Deutschen Bundestag erklärt, dass ohnehin niemand unter diesen Schirm flüchten werde. Lediglich die Finanzmärkte müssten durch ein starkes Zeichen beruhigt werden. Heute drängeln sich bereits Irland und Portugal unter diesem Schirm, Griechenland soll folgen.

Im Herbst diesen Jahres soll er mangels Kapazität in seinem Ausleihvolumen weiter erhöht werden. Noch am 27. Oktober 2010 erklärte die Bundeskanzlerin zur Dauer des Rettungsschirms: „Er läuft 2013 aus. Das haben wir auch genau so gewollt und beschlossen. Eine einfache Verlängerung kann und wird es mit Deutschland nicht geben, weil der Rettungsschirm nicht als langfristiges Instrument taugt, weil er Märkten und Mitgliedstaaten falsche Signale sendet und weil er eine gefährliche Erwartungshaltung fördert.

Er fördert die Erwartungshaltung, dass Deutschland und andere Mitgliedstaaten und damit auch die Steuerzahler dieser Länder im Krisenfall schon irgendwie einspringen und das Risiko der Anleger übernehmen können.“

Am Bundestag vorbei

Vier Wochen später galt dieses alles nicht mehr. Und es wurde dann sogar am 11. März 2011 ein Weg zur „Änderung des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union hinsichtlich eines Stabilitätsmechanismus für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist – Ratsdok. 17620/10 (EUCO 30/10, Anlage I)“ eingeschlagen. Dieser Weg ist erstens ein Weg zur Ausweitung des bestehenden Euro-Rettungsschirms, die der Deutsche Bundestag nie wollte. Dieser Weg ist zweitens ein Weg zur unbefristeten Verlängerung des Euro-Rettungsschirms, die der Deutsche Bundestag nie wollte. Schließlich ist dieser Weg drittens ein Weg zur qualitativen Veränderung der Europäischen Wirtschaftsverfassung, die der Deutsche Bundestag nie wollte.

Falsches Signal an die Märkte: “Deutschland hilft immer”

Heute befassen wir uns mit einer zweiten Griechenland-Hilfe. Aller Bekundungen zum Trotz hat bereits die erste Griechenland-Hilfe vor einem Jahr die Situation für Griechenland nicht entschärft, sondern verschärft.

Es ist eingetreten, was die Bundeskanzlerin angekündigt hat. Durch die Griechenland-Hilfe haben wir den Märkten falsche Signale gesendet. Wir haben die Erwartungshaltung gefördert, dass Deutschland und damit auch seine Steuerzahler im Krisenfall schon irgendwie einspringen. Wir haben die berechtigte Hoffnung geweckt, dass der Staat das Risiko der Anleger übernehmen wird.

Griechische Anleihen als Geschäftsmodell

Der Erwerb griechischer Anleihen ist dadurch zum Geschäftsmodell geworden. Wir ändern daran nichts, sondern verstetigen im Gegenteil mit der weiteren Subventionierung der Anleihegläubiger das Geschäftsmodell. Wir perpetuieren die Erwartungshaltung. Wir erhalten die berechtigte Hoffnung, dass der Staat das Risiko der Anleiheinhaber übernimmt.

Nichts von dem wird dadurch geändert, dass wir die Gläubiger über die versprochene Prolongation beteiligen. Die Anleiherenditen werden immer noch überdurchschnittlich sein. Mit dem Kauf von Anleihen erwirbt man die hohe Rendite entsprechend dem griechischen Insolvenzrisiko, ohne dass dieses Risiko zu tragen ist.

Wer ist der nächste? Zypern, Spanien, Italien…

Bedrohlicher noch ist der Blick über die griechische Situation hinaus. Was wir anhand des griechischen Beispiels vorexerzieren, werden die Marktteilnehmer zu deuten wissen. Wir werden die Nutzung des gleichen Geschäftsmodells demnächst bei Schuldtiteln aus Zypern erleben. Zypern ist klein. Wir werden die Nutzung des gleichen Geschäftsmodells anschließend bei Anleihen aus Italien und Spanien erleben. In allen drei Ländern sinkt die Sparquote.

In Zypern und Italien ist sie bereits negativ. In allen drei Ländern existieren hohe Leistungsbilanzdefizite. Fallende und schließlich negative Sparquoten bei hohen Leistungsbilanzdefiziten gingen jeweils dem Bankrott in Griechenland und Portugal voraus.

Wenn wir die Subventionierung der Anleihegläubiger Griechenlands nicht beenden, werden wir in kurzer Zeit im Bundestag zusammenkommen, weil wir erneut vor der gleichen Situation stehen. Dann aber werden es Spanien und Italien sein, die Hilfe suchend den Blick nach Norden richten. Angesichts der wirtschaftlichen Größe beider Länder kann sich jeder ausmalen, was das für den Euro bedeuten wird.

Der Preis, den wir für den im Februar des Jahres 2010 eingeschlagenen und heute weiter beschrittenen falschen Weg zu bezahlen haben werden, ist hoch. Viel zu hoch. Er kostet den Euro und dadurch vielleicht die europäische Einigung.

Zu spät zur Umkehr?

Es ist höchste Zeit und vielleicht schon zu spät, um umzukehren und endgültige Lösungen zu diskutieren. Wir müssen uns trauen, die einzigen möglichen Wege, die Griechenland wirklich helfen, zu gehen. Wir müssen uns endlich eingestehen, dass wir es mit einer pathologischen Überschuldung von Staaten und Banken zu tun haben. Wir müssen uns endlich eingestehen, dass das staatliche Geldsystem zu einer Überschuldungskrise von Staaten und Banken geführt hat.

Wir ignorieren die Krankheit unseres staatlichen Geldsystems, in dem Geld und Kredit aus dem Nichts geschaffen werden. Dieses Geldsystem hat ein Schneeballsystem aus ungedeckten, zukünftigen Zahlungsverpflichtungen geschaffen. Wie jedes Schnellballsystem wird es früher oder später in sich zusammenbrechen.

Auf dem Weg in die Knechtschaft

Wir befinden uns auf dem Weg in die Knechtschaft. Dieser führt uns von Intervention zu Intervention spiralenförmig abwärts. An seinem Ende erwartet uns ein planwirtschaftliches Europa. Mit dem planwirtschaftlichen Europa kommt die Vollendung seines ökonomischen Verfalls. Ökonomischer Verfall führt zur Unzufriedenheit bei den betroffenen Menschen. Die schlimmen politischen Folgen ökonomischer Unzufriedenheit sehen wir in Dänemark, das seine Grenzen schließt. Statt eines Europas mit Grenzen für Güter und Menschen brauchen wir ein marktwirtschaftliches Europa mit Freihandel und gesundem Geld. Nur so erhalten wir ein Europa der Freiheit.

Berlin, den 10. Juni 2011 Frank Schäffler, Sylvia Canel, Jens Ackermann, Nicole Bracht-Bendt

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Zum Thema:

– Eine europäische Sache – Nicht Politiker, sondern Demonstranten kämpfen für Europa

– Reden ist Silber, Schweigen ist Schuld

– Empört euch!

– Aufruf zur Debatte: Die Logik des Geldsystems als tiefere Ursache von Armut und Krisen?

– Griechenlands Krise : Die Politik hat nichts dazu gelernt

– Staatskrise: Griechenland als Spiegel der Zukunft?

– Das System krankt – Die Mär von der „Griechenland- und Euro-Krise“

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34 Kommentare zu "Schäffler zur Griechenland-Rettung"

  1. matt_us sagt:

    Es ist wirklich erstaunlich was hier fuer ein Bloedsinn geschrieben wird. Es wird schlicht und ergreifend gelogen. Wenn Bundestagsabgeordnete so einen Aufruf schreiben, ist klar, dass wir hier vorsaetzlich betrogen werden sollen, oder dass die keine Ahnung haben.

    Was glauben Sie – liebe Leser?

    Also, wenn man Hayek zitieren kann, sollte man sich zumindest auch mal ueber Alternativen unterhalten, die etwas bringen wuerden. Das Problem ist natuerlich nicht das kapitalistissche Zinssystem als solches, (denn in GB funktioniert das schon seit Hunderten von Jahren in der gleichen Waehrung) sondern die Risiken die man in den letzten Jahren mit der Liberalisierung der Finanzmaerkte draufgepackt hat.

    Das verschweigt uns der der Schaeffler. Auch, dass es sich in der Finanzkrise um genau die gleiche Krise handelt, die schon vorher in den USA ausgespielt wurde. Naemlich es wurde zu viel Kredit gegeben, anstatt die Reichen und Vermoegenden mal anstaendig zu besteuern. Eine kleine Vermoegensabgabe in jedem Land, die die Staatschulden wieder auf Null fuerht, muesste reichen. 2.000 Mrd Euro von den Top 10% der Vermoegensmillionaere, und der Laden wuerde wieder super laufen.Das wuerde alle deutschen Staatsschulden abzahlen. Die Reichen, die jetzt die Haelfte alles Vermoegens haben, haetten nach der Vermoegensabgabe immer noch ein Drittel!!!

    Das gleiche in allen Europeripheriestaaten, wo die Vermoegensverteilung noch ungleicher als in Deutschland ist. Dann waere sofort wieder Ruhe ueberall. Alle Anleihen waeren abbezahlt. Das ueberfluessige Geld sozusagen zerstoert.

    Dann verbietet man mal alle Derivate, die die Maekte so verunsichern, besonders Credit Default Swaps die auf Pleite wetten werden sofort verboten. Dann laueft der Laden wieder. Die schliommsten Folgen sehen wir nicht in Daenemark, sondern in den armen Laendern der Sueperipherie, wo die einfachen Leute mit MWST von 23% in den Ruin getrieben werden, wenn das Geld in der Schweiz ist. (80% aller Staatschulden Griechenlands sind in der Schweiz auf Bankkonten als Vermoegen!!!)

    Es ist nicht zu spaet. Es ist genau die richtige Zeit. Wiso soll es zu spaet sein. Hat der Florian auch unter einer meiner anderen Beitraege geschrieben.

    Auch hier geht es um Alternativen.

    https://le-bohemien.net/2011/06/10/das-system-krankt/#comment-1527

    • Nun ja die Antwort ist in der Tat, dass die meisten unserer Politiker in diesen Sachen keine Ahnung haben. Die Welt als interdependenten sozialen Raum zu denken, ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe. Viele Menschen tendieren zudem dazu die Schuld für Probleme bei ihren Mitmenschen zu suchen. Systemische Fragen bleiben meist außen vor.

      Bei Politikern kommt hinzu, dass sie meist noch mit Machtklüngeleien und Grabenkämpfen beschäftigt sind. Zeit die hierfür drauf geht kann eben nicht für tiefe systemische Analysen verwendet werden. Man traut also Beratern, die jedoch dem selben Effekt unterliegen. Es entsteht ein kognitiver Apparat wie Julian Assange ihn hier beschreibt: https://le-bohemien.net/2010/12/09/exklusiv-das-wikileaks-manifest/

      Interessensverbindungen und Machtverquickungen basieren also zuerst auf der Logik von sich etablierenden Informationskanälen, böse Absichten oder Geheimabsprachen stehen viel seltener hinter negativen Entwicklungen als wir intuitiv glauben.

      Herr Schäffler zeichnet sich unserer Ansicht nach dadurch aus anderen Interpretationsmustern offen gegenüber zu sein. Diese Fähigkeit ist eine zentrale Kompetenz um aus einer Krise keine Katastrophe werden zu lassen.

    • Rudi sagt:

      # http://www.youtube.com/watch?v=D7RCNByPvjM&feature=channel_video_title

      Also sehen ich vollkommen diametral zu Dir denn auch Du vergißt eine wesentliches Merkmal des Zins und Zinses Zins

      # http://de.wikipedia.org/wiki/Exponentielles_Wachstum

      England als gutes Beispiel zu erwähnen ist auch kein gutes Beispiel die Wirtschaft liegt danieder auch bedingt durch Exponentielles Wachstum das ist keine Ideologie das ist Mathematik…. Nun erleben wir dort zunehmende Unruhen aber die Probleme liegen weiter zurück guter Lehrfilm hierzu der große Ausverkauf, und auch dort siehst das es so etwas wie einen Mittelstand kaum gibt!
      Wenn der Zins eines erreicht hat so eine Umverteilung von unten nach Oben die immer drastischere Formen annimmt schaue Dir mal Deutschland als Beispiel an die Zahl der Vermögenden wächst immer mehr….
      Hinzu kommt das der Zins natürlich auch auf die Produkte aufgeschlagen wird und so echten Markt verhindert, auch das ist eine Kette angefangen bei den Rohstoffen über die Logistik zum Verkäufer bis hin zum Endverbraucher immer summiert sich dann der Preis. Der Zins hat auch zwei Seiten dem einen beschenkt er dem anderen nimmt er echte Kaufkraft. Weiterhin hat ein Zins unmittelbare Auswirkungen auf Inflation sehr schön zu sehen derzeit an China….

      Nein ich bin vollkommen anderer Ansicht als Du

  2. Die wohlwollende Kritik ggü Frank Schäffler ist nicht zu Ende gedacht. Was genau ist denn die “gesamte neoliberale Wirtschaftsordnung”? Was immer mir da spontan einfallen würde, ich wäre mir sicher, dass Herr Schäffler nicht dafür einsteht. Eine Abkehr vom geltenden Geldsystem zu den favorisierten Varianten freien Geldes wäre das Ende der Finanzmärkte. Der Finanzmarktkapitalismus ist letztlich Ausfluss des staatlichen Geldmonopols und des inflationären Geldsystems. Daran will keine etablierte Partei rütteln, nicht mal die Linke – sie will allenfalls zügeln und lenken. Schäffler als klassischer Liberaler ist gewiss nicht zufrieden mit seiner FDP und vertritt nicht den leidigen Mainstream.

    Der Vorwurf fehlende Regulierung hätte den heutigen Zustand verursacht bzw. verschärft, greift ggü Schäffler fehl. Gerade weil Finanzmärkte und Banken zu Too-Big-to-fail mutiert sind und ggf. mit der Politik klüngeln – weil das herrschende Geldsystem dies alles nunmal impliziert, wollen Schäffler & Co davon weg. Es ist eine Fundamentalkritik. Dass man im Status Quo aber mit Regulierungen Schlimmeres verhindern kann oder muss, unbenommen – das ist aber nicht des Hauptanliegen Schäfflers. Sich darum zu kümmern ist Aufgabe des Mainstreams, leider vulgo der “Neoliberalen”, die daran scheitern, wohl zum Scheitern verdammt sind, weil man den Kreis nicht quadrieren kann. (Und hinzuzufügen ist: Schäffler vertritt keine neoklassische / Mainstream-Wirtschaftsordnung, es ist eine abstrakte libertäre Fundamentalkritik. Man muss nicht ganz soweit gehen, und ich widerspreche der Verallgemeinerung, dass das Geldsystem und unregulierte Finanzmärkte zwingend / hauptursächlich zum Finanzcrash 2007 geführt haben, wohl aber zur Schuldenkrise der Südländer.)

    Und richtig, in der Kritik des Mainstreams sind sich die beiden Extreme, Liberalismus und Kollektivismus, vielfach einig. Sahra Wagenknechts aktuelle Darstellung des “Kapitalismus”, die Perversion der Marktwirtschaft, ist vielfach zutreffend – und für das Scheitern des Geldsystems beruft sie sich gar auf Ludwig von Mises. Das liberale Gegenstück zu Wagenknechts Buch ist etwa “Die Pervertierung der Marktwirtschaft” von Michael von Prollius, der sich auch auf die Ordoliberalen beruft. Beide kommen zu eklatant unterschiedlichen Schlussfolgerungen. Prollius will zurück zur Sozialen Marktwirtschaft. Für Wagenknecht lassen sich die Ideale der Ordoliberalen absurderweise nur im Marktsozialismus verwirklichen – ein System, das ständig so konsequent in den kürzesten Intervallen gescheitert ist, das es gänzlich aus dem Bewusstsein aller gefallen ist.

  3. matt_us sagt:

    @Tobias Fuentes

    Was ich nicht verstehe, ist dass in der Tat Leute gibt die bewusst Fehlinformationen herausgeben. Sarah Wagenknecht steht fuer echten Liberalismus. die FDP ist eine von Finanzinteressen, Moevenpick Hotels und Apothekern geleiteter Lobbyverein.

    Was sie ueber Wagenknecht sagen, dass das Geldsystem scheitern wuerde, ist natuerlich Schmarrn. Miese ist nicht erwaehnt in Ihrem Buch. Warum auch. Was wollen wir mit solchen Spinnern, die uns sagen jeder soll sein eigenens Geld herausgeben. Und das andere Geld scheitert. Wieso sollte es, hab ich doch gerade geschrieben, dass es ueberhaupt keinen Grund dafuer gibt. Wenn man mal anstaendig Vermoegensteuer erheben wuerde, und den Heissluftverkauf von Derivaten einschraenken wuerde.Besonders Credit Default Swaps, die immer auf Pleite setzen.

    Wagenknecht nimmt in den Fragen zu der Nachdenkseiten Veranstaltung genau zu diesem Thema Stellung. Sie vertritt da genau dieselbe Meinung wie ich, Vermoegensteuer muss her, dann gibt es keine Gefahr fuer unser Geldsystem. Albrecht Mueller sagte, dass es sehr gefaehrlich und unverantwortlich ueber ein neues Waehrungssystem ueberhaupt zu diskutieren. Aber Lindner und der Schaeffler machen das genau! Unverantwortlich!!!

    Es gibt auch keinen Grund. 2 Bio Vermoegen besteuert und 2 Bio Staatschulden abbezahlt, und die Staatschulden waeren bei Null. 2 Bio Geld vernichtet – einfach so. Warum sollten wir uns Sorgen machen?

    Marktsozialismus ist gescheitert? Kann man glaub ich nicht sagen, wenn man sich mal die nordischen Staaten anschaut,.Dort ist die Einkommensverteilung gerechter – und alles andere auch.

    Was gescheitert ist, ist doch wohl die Asmussen/Steinbruck/Weber/Schaeble Ausbeutung durch die Finanzindustrie. Da meusste man mal ansetzen. Den CDS, CDO. AAA mal das Wasser abdrehen.

    @Florian Hausschild
    “Nun ja die Antwort ist in der Tat, dass die meisten unserer Politiker in diesen Sachen keine Ahnung haben. Die Welt als interdependenten sozialen Raum zu denken, ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe. ”

    Darf ich es mal uebersetzen: Der Schaeffler ist ein Depp, dem Empathievermoegen fehlt. Aber dann Hayek zitieren! Dann ist er in der FDP genau richtig aufgehoben, und kann demnaechst den Bundestag von aussen begutachten, In der freien Wirtschaft werden genau solche Typen gesucht!

    Damit eruebrigt sich auch das hier, meine ich:

    “Herr Schäffler zeichnet sich unserer Ansicht nach dadurch aus anderen Interpretationsmustern offen gegenüber zu sein. Diese Fähigkeit ist eine zentrale Kompetenz um aus einer Krise keine Katastrophe werden zu lassen.”

    Wenn wir uns auf die Deppen verlassen, hilft das natuerlich nur der Finanzindustrie! Das muesste man mal aendern. Indem man mal einen IQ Test macht, oder jeden der des Luegens ueberfuehrt wird (protokolliert vom BDI) aus dem Bundestag schmeisst, Wirtschaftsminister oder nicht Wie man das bei den Verteidigungsministern macht. Und ihn nicht zum Fraktionsvorsitzenden der FDP macht!

    Leute wie Guttenberg folgen Weber ins Ausland,richtig so, da soll auch der Schaeffler hin, das Versprechen uns doch immer unsere Leistungstraeger, dass sie auswandern werden. Sollen Sie mal, und uns nicht verrueckt mit machen. Wenn Offenheit gegenueber Bloedsinn ein Qualtiaetsmerkmal sein soll, dann steht es in der Tat schlecht.

    Aber Danke dass du solche Typen bringst, Florian, da kann man sich ja richtig gut drueber aufregen. Mehr davon bitte!

    • Naja komm, als ob Politiker echte Macht hätten wenn es um weltbewegende Fragen geht. Wir wissen doch beide, dass dies nicht der Fall ist. Diese Leute haben maximal ein Mitspracherecht also ist es völlig verkürzt ihnen eine spezielle Schuld zuzuschieben.

      Aus der Scheiße in der wir nun stecken kann uns nur der Dialog führen. Der ist aber nicht möglich, wenn man diesen von Grund auf verweigert. Jeder Mensch hat eben eine andere Sicht auf die Welt. Die wenigsten sind böse Sadisten, die anderen schaden wollen. Das sollten wir – auch in Krisenzeiten – nicht vergessen.

    • @matt_us
      Man kann nicht von “Fehlinformationen” sprechen, wenn man aus unterschiedlichen Perspektiven kommt. Deregulierung betrifft ausschließlich das herrschende Finanzsystem, das gerade überwunden werden soll. Finanzprodukte und Deregulierung sind generell ein Non-Problem in einem freien Geldsystem, das keine aufgeblähten undurchsichtigen Finanzmärkte hervorbringt. Ob und was man im gegenwärtigen Finanzsystem hätte regulieren können und sollen, und was jetzt zu tun ist, ist hier irrelevant. Hätte man sämtliche Verbriefungen verboten, wären wir heute vermutlich besser dran – da würde wohl auch Herr Schäffler zustimmen. Und angesichts des pervertierten Finanzsystems mit utopischen Geldmassen, wohlfahrtsstaatlich (!) verursachter Einkommens- und Vermögenskonzentration und dem de facto außer Kraft gesetzten Sparen=Investition, wäre es im Grunde auch relativ legitim was abzuschöpfen und *gott behüte* umzuverteilen – würde man mal versuchen selbst einen echten Anarchokapitalisten konsequent darauf festzunageln, ohne Ausweichmöglichkeit, er müsste mE zustimmen. In unserer oberflächlichen Debattenkultur geschieht dies aber nicht.

      Schäffler geht es um ein freiheitlich organisiertes Zusammenleben ohne Zwangsgeld, ohne autoritär ausgelöste Inflation und Schuldenwirtschaft. Anderen, die ein solches Funktionieren leugnen oder sich nicht vorstellen können, geht es um autoritäre Lenkung. Joseph Stiglitz erwähnt in einem Nebensatz (!) mal kurz nebenbei, dass es ohne Geldflut und ohne Regulierung (!) “vielleicht” nicht zum Crash gekommen wäre, er ergeifert sich sogleich darüber, dass eine geschickte Lenkung der Geldmassen zu so viel Gutem hätte führen können. Allmachtsfantasien. Er hat einen anderen Ansatz, er redet von ganz anderen Dingen. Keiner verbreitet insofern Fehlinformationen.

      Wagenknecht zitiert Mises in ihren Buch, ich habs jetzt nicht vorliegen, ist aber so. Das kultige Mises-Zitat (1922) über den finalen Zusammenbruch des Währungssystems durch Kreditexpansion. Wagenknechts “Freiheit” und ihr/Lafontaines “Liberalismus” sind pervertierte Entwürfe. Sie trennen Freiheit von Verantwortung, sicher auch aus dem Grund, weil sie sich nicht vorstellen können oder wollen, wie ein freiheitliches System aussieht. Sie propagieren Kollektivismus, der natürlich zumindest ideell Teilfreiheiten hat und der Sachzwänge wegzaubert.

      Mit Markzsozialismus meinte ich nicht Skandinavien, sondern sog. Konkurrenzsozialismus / sozialistische Marktwirtschaft, wie er teils in Jugoslawien, Ungarn, DDR/UdSSR (NÖSPL – damit konnte sich Wagenknecht schon kurz nach der Wende anfreunden) kurz herrschte, China derzeit auch (auch behaftet mit den Gefahren autoritären Geldsystems, insb. Inflation wie in Jugoslawien und jetzt China). D.h. dezentrale Planung bei öffentlichem Eigentum. Wir sind noch nicht ganz soweit, aber durch Verstaatlichungen usw. bewegt sich Wagenknechts Wunschsystem immer weiter in diesen Marktsozialismus. Skandinaviens Wirtschaften mag man vllt. indirekt durch Regulierungen und exzessiven Steuerquoten als verstaatlicht ansehen, wenn man denn will.

  4. Dass Herrn Schäffer urplötzlich einleuchtet,wohin diese aus Reihen des deutschen Bundestages kritiklos hingenommene
    merkelsche Lobbyarbeit führt,entlarvt ihn als halbherzigen Heuchler.Er macht sich wohl eher Sorgen um seine ungerechtfertigten Bezüge.Nun,und wenn ein Politiker schon das Wort WIR verwendet,kann es einem im Grunde nur schlecht werden.Man kann einfach keinem von Ihnen mehr trauen.

  5. Eric B. sagt:

    Das Lob für Schäffler will mir nicht einleuchten. Selbst wenn er richtige Einsichten hat, dann doch aus seiner neoliberalen Denke heraus, in der jede Staatsintervention zur “Planwirtschaft” führt. Vorsicht vor falschen Freunden! Ähnlich verhält es sich mittlerweile ja auch mit Schäuble, der ja auch Richtiges sagt (private gläubiger beteiligen,umschulden), aber dennoch Schlimmes erreicht (Downgrading Griechenlands, wachsende Nervosität an den Märkten, Verschärfung der Krise)… mehr auf lostineurope.posterous.com

  6. matt_us sagt:

    Florian, der Mann will uns veraeppeln. die Jungs sagen, wofuer sie einen dicken Scheck bekommen, so laeuft die Politik heutzutage, anders kann ich mir das nicht vorstellen, was hier los ist. Die Hedgefonds kaufen alles und jeden.

    Guck mal was ich auf seiner Webseite gefunden habe:

    “Die Alternative zur derzeitigen staatsmonopolistischen Geldordnung besteht in einer marktwirtschaftlichen Geldordnung und der Zulassung eines allumfassenden Währungswettbewerbs”

    “Sie diei EU Regierungschefs] stellen die Entwicklungen an den Finanzmärkten als Ergebnisse wilder Spekulation von verantwortungslosen, geldgierigen Menschen dar: Währungsspekulation, die unbedingt unterbunden werden muss”

    2Sie [die EU] lässt die Verschuldungskrise verschwinden, indem sie die Spekulanten dafür verantwortlich macht.”

    Also, der Mann verharmlost die Spekulation – was jeder gute Hedgefond Geschmierte macht. Er sagt uns nicht, da warten ueber 80 Mrd USD dass sie bei Umschuldung ausgezahlt werden. Alles von Spekulanten und Hedgefond Managern gesetzt. Auf Greichenlandpleite, mit Credit Default Swaps. Die weg waeren, wenn es keine Umschuldung gibt.

    Die EU hat Recht, das sind verantwortungslose, geldgierige Gangster und Ganoven, die mit sowas spekulieren. Tut mir leid, ich muss da offen jetzt meine Meinung sagen.

    Er will uns bewusst verwirren, was jeder gute Hedgefond Geschmierte macht. Und es geht natuerlich um CDS Spekulation, nicht Waehrungsspekulation! Das muesste man wissen, mit einem BWL Studium, was der Unterschied ist.

    Er macht jetzt Panik, dass man einen Waehrungswettbewerb braucht – ich weiss dass das von Miese gefordert wurde, vor rund 100 Jahren. Aber es wird schon seine Gruende haben, warum sowas in keinem Land der Welt eingefuehrt wurde. Das ist totaler Krampf. Der Staat gibt das Geld aus. Der koennte es fuer nichts rausgeben, wenn er wollte. Im Moment gibt er das Privileg den Banken, ausser in Irland, wo der Staat ein Drittel seiner Staatschulden einfach gedruckt hat. Und somit ein Drittel der Zinsen spart, die der Staat normalerweise zahlen muss. An die Rentiers, und Reichen, die Staatsanleihen kaufen wollen. Diegehen leer aus, der Staat hat mehr Geld. Sollte Schule machen, das Beispiel.

    Dadurch dass der Staat immer Steuer einsammelt, wird das Geld was er als Waehrung ausgibt, immer angenommen. Deshalb braucht man keine Alternative zur statsmonopolistischen Geldordnung. Jeder muss mal Steuern zahlen, Also wird jeder das Geld vom Staat gerne nehmen, um die Steuern zu zahlen. Denk mal drueber nach. Und beschaeftige dich mal mit Modern Monetary Theory. Hier geht es los auf Deutsch:

    http://nhaehnle.blogspot.com/2010/09/modern-monetary-theory.html

    So ein Dialog koennte man gerne immer fuehren! Sag mal was Du davon haelst?

  7. matt_us sagt:

    @Tobias Fuentes

    Ich sehe was man mit total libertaerer Einstellung machen koennte – ich bin da auch nicht ganz abgeneigt, aber es geht halt nicht, nachdem man gerade vielleicht eine halbe Billion nur in die Bankenrettung gepumpt hat (nur in Deutschland), und fast eine Billion zur Eurokrisenrettung (Europaweit und IWF), genau dann damit anzufangen.

    Das haette man ruhig mal frueher machen sollen, so ab September 2008, einfach mal alles untergehen lassen sollen. Das haette das Ganze Geld vernichtet, dass die Anleger in den Banken haben. Und dann mit Einlageversicherung fuer jeden noch mal angefangen. Ich weiss nicht was der Schaeffler sagte, als es um die Lehman Rettung ging – ob er auch da total dagegen war – und
    die Rettung der deutschen Banken wie HRE und West LB. Hat er da auch so von Wahrungsalternative gesprochen?

    Jetzt aber, wo das Geld noch da ist, sollte man das schnellsten mal von den obersten 10% einsammeln. Oder wie soll es sonst gehen? Auch bei Mises gibt es einen Staat. Der muss auch Sachen machen, die sonst keiner macht, wie den Reichen das Geld abnehmen und an die Armen und Beduerftigen geben. Oder? Das sagt uns der Schaeffler aber nicht.

    Und das Wagneknecht Zitat ueber Mises ist vielleicht in einem anderen Buch, nicht in Ihrem letzten, was das einzige ist, was ich gelesen habe. Natuerlich ist der Ordoliberalismus von Wagenknecht nicht der Liberalismus den Mises meint. Aber ich meine sie meint eher Schweden als Jugoslawien.Aber ich sagte auch gestern, Banken koennen ruhig privat agieren, aber der Kasinobereich sollte ausgelagert werden, und wie ein Spielkasino behandelt werden,nicht wie eine Bank. Man kann Banken auch vernuenftig regulieren.

    Und den Wohlfahrtsstaat fuer die Vermoegenskonzentration verantwortlich zu machen, ist auch gewagt. Wie soll ich das verstehen? Alle Hartz4 Empfaneger waeren besser dran wenn es kein Hartz4 gaebe, und sie die Reichen zwaengen, etwas abzugeben (Raub, Erpressung, so wie in Kolumbien?) Und die Schuldenwirtschaft ist nicht autoritaer ausgeloest. Es hat keiner einen gezwungen weder in den USA, noch in Griechenland, Irland, Spanien Geld zu leihen. Ok, die Mises Juenger wuerden jetzt sagen, das waere nicht passiert, denn die Omas haetten nicht Lehman Zertifikate gekauft, und die Anleger von northern Rock (einer Bausparkasse!) haetten mal genau auf die Bilanz geschaut, ob da auch CDOs drinwaren. (Nur die Sache war ja, CDOs haben ja das Risiko gestreut, di e waren ja sicherer, bis man merkte, dass es genau umgekehrt war)

    Solange es Betrug und Verbrecher wie Hank Paulson, Standard and Poors, und Goldman Sachs und Co gibt, wird Mises nicht funktionieren. Da braucht man andere Gesetze und Rechtssysteme. Deshalb ist all sowas Verwirrung der Massen, was der Schaeffler bringt. Das sollte man wissen und nicht nur Elemente von Mises libertaeren Gedanken aufgreifen. Wie konkurrierende Waehrungen, und unbegrenzte Spekulation. Gerade dann wenn Spekulation und Sorge um die Waehrung die Leute beschaeftigt.

  8. @matt_us
    Deine Einwände basieren auf dem gegenwärtigen System und greifen nicht. In einer freiheitlichen Geldordnung gibt es keine unbegrenzten Spekulationen, es gibt nicht die Möglichkeit exorbitanter Schulden wie aktuell, und das Risiko für Too big to fail ist allenfalls minimal usw. Schäffler vorzuwerfen Spekulationen zu verharmlosen, ist vollkommen neben dem Thema. Versuch doch mal den Kern der Aussagen zu erfassen – anstatt alles missverstehen zu wollen. FDP und Linke haben als Einzige gegen die HRE-Verstaatlichung gestimmt – die Linke aus Populismus, die FDP aus halber Überzeugung. Alle wollten das Bankensystem retten – nicht so die Libertären. Schäffler & Co sind auch heute gegen Rettungsschirme und das Sozialisieren von Schulden, und werden gerade von links als Populisten betitelt. Wohlfahrtsstaatlichkeit hat mit Hartz IV wenig zu tun – das betrifft Sozialstaatlichkeit, sollte unterschieden werden und kommt ganz zuletzt. Die offizielle deutsche Staatsquote ist 44%, die effektive einschließlich durch Regulierung veranlasster Ausgaben ist über 60%. Hartz IV macht gerade 1,4% aus. Eine gesunde Staatsquote ist vielleicht maximal 15%, so wie es über Jahrhunderte in den USA und während der industriellen Revolution war, als wirtschaftliche Entwicklung und Lebensstandard sich so rasant und deutlich verbesserten wie seitdem nicht mehr. Bleiben 45% des BIP, die für reine gutgemeinte Wohlfahrt (einschl. Zwangs-Sozialversicherung) draufgehen. Jeder zweite erwirtschaftete Euro. Uns geht es trotzdem nicht besser, sondern schlechter, als den paar freiesten Wirtschaften mit einer Staatsquote von um die 20%. Wir haben keine bessere Armutsquote, aber jahrzehntelange Massenarbeitslosigkeit. 45% des BIP, das sinnlos vergeudet und verspekuliert wird. Es ist ein Bruchteil der Summe von tatsächlich fragwürdigen Finanzspekulationen im engeren Sinne. Der Rest, das Gros der Spekulationen, dessen Kapital tatsächich (fehl-)investiert und verkonsumiert wird, ist nicht schädlicher als jeder Euro, den wir für Wohlfahrt draufgehen lassen.

  9. Edit.
    Falschrum formuliert, im vorletzten Satz muss es richtig heißen: Fragwürdige Finanzspekulationen im engeren Sinne umfassen nur einen Bruchteil der Summe von Wohlfahrtsausgaben (, die gleichfalls “verspekuliert” werden).

  10. @Rudi, lies dir diesen Text über die Mythen der Zinsknechtschaft durch, dann verstehst du, warum der Zins in einem freien marktwirtschaftlichen System produktiv und unabdingbar ist. Er ist alles andere als schädlich und führt nicht zu einem exponentiellen Geldwachstum, wenn es freie Marktwirtschaft gäbe:
    http://wertewirtschaft.org/analysen/Freiwirtschaft.pdf

    So führt nämlich der im Folgenden beschriebene Irrtum der Politiker u.a. zu den Problemen, die dann dem Zinssystem angelastet werden:
    “But why should lack of bank failure be a sign of superiority? On the
    contrary, a dearth of bank failure should rather be treated with suspicion.

    It might indeed mean that the banks are doing better, but at the expense
    of society and the economy faring worse. Bank failures are a healthy
    weapon by which the market keeps bank credit inflation in check; an absence
    of failure might well mean that that check is doing poorly and that inflation
    of money and credit is all the more rampant. In any case, a lower rate of bank
    failure can scarcely be accepted as any sort of evidence for the superiority of
    a banking system.”

    • Rudi sagt:

      @ betterwisser

      aus mir wirst Du keinen Befürworter des Zins und ZnsesZins machen,selbst wenn Du mir auch Dokumente der Wiener Denkschule als Verweis zur Verfügung stellst. Die Wiener Schule wurde widerlegt Krugman widerlegte diese Denkschule genauso wie er fast alle Nobelpreisträger eindrucksvoll widerlegte

      # http://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Krugman

      Hingegen auch dieses Dokument widerlegt Gesell nicht, das ist bis dato keinen gelungen, dann auch dieses Dokument verdreht Geschichtliche Fakten! Ganz im Gegenteil ein Hayek und auch ein Keynes Ihres Zeichens Nobelpreisträger hatten Sympathie für Gesell und selbst Irving Fisher befürwortete umlaufgesichertes Geld obwohl Neo Klassisch ausgerichtet!

      Fast dachte ich lese ein Dokument der sog. AntiFa das Anarchisten und insbesondere Freidenker als Sozialdarwinisten darstellt, aber den der Antisemitismus der Marxisten und ganz besonders den von Karl Marx vergessen wurde, deshalb ist dieses Dokument auch im historischen Kontext als unvollständig einzuordnen!
      Auch der in dem Dokument gestartete Angriff auf die damalige Linke verpufft in dem Moment, da die Linke perse keine Sozialdarwinisten waren besonderes Unrecht wird wie immer den Anarchisten getan die zum großen Teil auch Juden waren als Steigerung dann der undifferenzierte Angriff auf die Freiwirte die später in den Konzentrationslagern Ihr Leben liesen Aber so ist das mit der AntiFA Geschichtsverklärung! Nur man sollte auch mal andere Quellen bemühen um zu einer objektiven Einordnung zu gelangen das fehlt dem Dokument in der Gänze

      # http://bibliothekderfreien.de/

      Besser ist es hierzu wenn schon Geschichte bemüht wird die Briefwechsel von Proudhon und Karl Marx zu lesen auch das im Ökonomischen Kontext!

      # http://de.wikipedia.org/wiki/Anarchismus#Anarchismus_versus_Marxismus

      So aber weg von der Historie:

      Hyman Minsky und seine Beschreibung des Ponzi Effekts also des Schnellballsystem treffen eher und dezidierter das jetzige System auch seine Aussage das nichts im Gleichgewicht ist konnte nie widerlegt werden

      # http://de.wikipedia.org/wiki/Hyman_Minsky

      Es gab in Deutschland eine Zeit der Wirtschaftlichen Hochblüte eine Phase ohne Kriege und ohne ZINS die sehr lange anhielt und Wirtschaft expandierte sogar alle bedeutenden historischen und bis heute bestehenden Gebäude entstanden in dieser Zeit.

      Die Aussage der Neo klassischen Theorie das der Zins notwendig sei ja elementar von Bedeutung sind durch nichts zu belegen und halten einer Überprüfung und neutralen Herangehensweise nicht lange stand. Im Gegenteil diese Denkrichtung hat uns erst den ganzen Schlamassel eingebrockt. Während Modelle im der Freigeldtheorie ihre Praxistauglichkeit unter Beweis stellten auch hier in Deutschland Stichwort der WÄRA der funktionierte derart gut das er verboten wurde!

      # http://de.wikipedia.org/wiki/W%C3%A4ra

      Man sollte sich auch mal Ludwig von Mises, Walter Eucken, Max Weber ja und insbesondere Gustav Ruhland und andere Ökonome zur Brust nehmen und Ihre Erklärungen und Auseinandersetzungen zum Zins reflektieren als nur einer Ökonomischen Denkrichtung zu folgen….

      # http://www.vergessene-buecher.de/

      Viel Spass beim Gewinn neuer Erkenntnisse

  11. matt_us sagt:

    @Tobias Fuentes
    “Die offizielle deutsche Staatsquote ist 44%, die effektive einschließlich durch Regulierung veranlasster Ausgaben ist über 60%. Hartz IV macht gerade 1,4% aus. Eine gesunde Staatsquote ist vielleicht maximal 15%, so wie es über Jahrhunderte in den USA und während der industriellen Revolution war, als wirtschaftliche Entwicklung und Lebensstandard sich so rasant und deutlich verbesserten wie seitdem nicht mehr. Bleiben 45% des BIP, die für reine gutgemeinte Wohlfahrt (einschl. Zwangs-Sozialversicherung) draufgehen.”

    Das stimmt einfach nicht. Wo es besser verteilt wird, durch hoehere Staatsquote, geht es besser. Alles ist besser. Empirisch belegbar. Deshalb find ich die extrem libertaeren Ideen von Mises zwar interessant, aber sie scheinen sich in der Praxis als falsch herausgestellt zu haben.

    Les mal das:

    http://ineteconomics.org/sites/inet.civicactions.net/files/INETSession7-KatePickett.pdf

    Das muesste die Grundlage einer Politik sein, nicht die Ideen Mises. (Aber waere ja schlimm wenn wir alle die gleiche Meinung haetten)

    Und kurz noch zu diesem Thema:

    “Fragwürdige Finanzspekulationen im engeren Sinne umfassen nur einen Bruchteil der Summe von Wohlfahrtsausgaben”

    Also ich hab in der FT mal gelesen das 5 Mrd Dollar pro Woche auf CDS Optionen gegne die Eurostaaten gesetzt werden (nicht CDS, sondern CDS Optionen). Also das ist eine ganze Menge. Aber das ist ja nur ein Bruchteil der Finanzinstrumente, die benutzt werden, um auf “Pleite” zu setzen.

    Das sind umgerechnet pro Jahr $250 Mrd, also etwa 180 Mrd Euro.
    Die Staatsausgaben von Griechenland, Portugal und Irland sind so etwa 250 Mrd Euro, zusammen. (Gemeinsames BIP 550 Mrd Euro)

    Also ich schaetze dass die Spekulation gegen Staaten mit allen Derivaten die es so gibt jetzt schon ein mehrfaches der Staatsausgaben der Staaten der Europeripherie (gegen die wird ja gewettet) betragen.

    • @matt
      Pickett/Wilkinson sind sehr kreativ, aber ihr Kartenhaus ist eingestürzt. Gleicheren Gesellschaften geht es nicht besser – ganz im Gegenteil: http://www.insm-oekonomenblog.de/allgemein/mehr-freiheit-mehr-wohlstand/#comment-2236
      Und da du Schweden angesprochen hattest und als Wagenknechts positives Beispiel hervorhobst … ich hatte dort schon über SWE hergezogen. Frankreich und Schweden haben die kaputtesten und kollektivistischsten Systeme und Gesellschaften Europas. An ihnen lässt sich nichts mehr schönreden – zementierte Massenarbeitslosigkeit und eine zerstörte, desillusionierte Gesellschaft. Was etwa bemerkenswert ist … in FIN, SWE, DEN, NOR, NED, FRA, BEL, ITA und HUN boomt Rechtspopulismus (in Ö ja auch sowieso), nicht erst seit der Finanzkrise. Was haben diese Länder gemeinsam? Die höchsten Staats- und Sozialquoten in der EU/Welt.

      180 Mrd sind ein verschwindend geringer Bruchteil des weltweiten Vermögens. Und nur mal auf Deutschland bezogen – wären das weniger als 4% des Vermögens. Und Spekulationen sind per se nicht schlecht; ineffektiv und schädlich werden sie, wenn andere Umstände dazukommen und etwa fehlinvestiert wird wie in Immobilienblasen. Spekulationen sind nicht dafür verantwortlich, dass Pleitekandidaten Pleitekandidaten sind. Große Geldmengen mögen den Ruin beschleunigen, aber man erschieße nicht den Messenger.

  12. @matt_us:
    Das Problem ist, dass ein solches System langfristig immer in Unfreiheit endet. Das ist im Gegensatz zu Ihrer dargelegten Studie empirisch belegbar. Für eine argumentative Kritik dieser Studie habe ich keine Zeit. Sie kommen sicher selbst drauf, wenn Sie sich anstrengen.

    Übrigens: „Anstrengen“ würde sich in Ihrem System niemand mehr…

  13. matt_us sagt:

    @Tobias Fuentes

    Ich glaube wir koennen hier nicht diskutieren. Du willst ein ganz anderes libertaeres Gesellschaftssystem. Da ist nichts gegen einzuwenden. Und es soll halt nicht so aussehen wie Schweden und Frankreich. Ok, kann man wollen. Aber das waere halt ganz anders. Man kann nicht Elemente von Mises wollen in unserem jetzigen System.

    Man sollte Mises Libertaerismus sowas mal auf einer kleinen Insel ausprobieren, wo jeder das gleiche Startkapital erhaellt, und dann mal sehen was passiert. Ich schaetze das hier.

    http://www.uwenetz.net/Haengematte.JPG

    Genauso funktionieren ja auch “Volkswirtschaften” in Suedseeinseln. Da wird ein paar Stunden gefischt, und dann wird sich hingesetzt und ausgeruht. So funktionieren Menschen.

    Die meisten Menschen haetten gerne mehr skandinavischen Systeme. Und Fremdenfeindlichkeit ist wohl der Grund zum Rechtspopulismus. Aber das koennte es in einer libertaeren Gesellschaft genauso geben wie in einer kapitalistischen oder kommunistischen oder mittelalterlichen. Gibt und gab es ja auch.

    Jetzt zu Pickett und Wilkinson. Unbestritten ist wohl die Abbildung auf Seite 8. Die die Einkommenverteilung zeigt.

    Hier meine eigenen Korrelationen zu der Einkommensverteilung. Findest Du auf den Kommentaren zu

    http://kantooseconomics.com/2011/05/27/better-life-index/#comment-2415

    Da merkst Du ganz genau, dass die Laender die die groessten Problem in der Eurozone haben, genau die Laender sind wo die Einkommenverteilung am ungleichsten ist. (Es ist sogar noch so, dass US und GB auch genau die selben Problem haben, uebergrosse Verschuldung! – Dort ist die Einkommensverteilung auch sehr ungleich!)

    Eigene wissenschaftliche Studie von mir ;-). Ich glaub nur was ich selber sehe! Also, da wird schon was dran sein,

    So eine Studie (Pickett/Wilkinson) wird natuerlich verteufelt, von allen die ein Interesse daran haben, dass die jetzige Vermoegensvertilung so bleibt wie sie ist. Musst Du zugeben. Aber sie wuerde nicht eingeladen, um auf Konferenzen wie von Soros finanziert, um ueber ihre Forschung zu sprechen. Wo ja auch Nobelpreistraeger zu Wort kommen.

    Aber sie stimmt. Im grossen und ganzen. Dei Studie. Ich glaub es.

  14. Adam Cartwright sagt:

    @TobiasFuentes

    -zementierte Massenarbeitslosigkeit und eine zerstörte, desillusionierte Gesellschaft- in Skandinavien im Allgemeinen und in Schweden im speziellen- dafür hätte ich mal gerne Beweise.

    Zu dem Thema schau mal hier:

    http://www.jjahnke.net/skandinavien.html

    BIP pro Kopf höher als D, höhere Löhne, höhere Renten, Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen höher, Ausgaben für Bildung höher, bessere Kinderbetreuung, niedrigere Staatsverschuldung usw.

    Das wirklich einzige, womit D im Vergleich zu Skandinavien punkten kann, ist die betriebliche Ausbildung, die hierzulande für eine niedrigere Jugendarbeitslosigkeit sorgt.

    Die Unzufriedenheit mit der Politik ist in Schweden definitiv geringer als hier (persönliche Erfahrungen).

    Also bitte, weise mir mal deine Behauptungen nach.

    • @Adam Cartwright
      Der Wohlfahrtsstaat hat Schweden spätestens seit den 90ern in eine Dauerkrise getrieben, seitdem herrscht Massenarbeitslosigkeit nicht unter 12% im Minimum, damit auch heftige Jugendarbeitslosigkeit. Die offiziellen AL-Quote (im Minimum bei 6% gewesen) bildet nicht mal die Hälfte (!) der eigentlichen AL ab – SWE fälscht die Zahlen noch dreister als wir – massive Frühverrentungen, provozierte Invaliditäten, 3% nicht einberechnete ABM usw. Schon die offizielle Unterbeschäftigung ist massiv hoch bei 18%. Insgesamt rechnen manche mit 20-25% eigentlicher Arbeitslosigkeit. Dazu kommen noch die Beschäftigten, die man aus der Arbeitslosigkeit in öffentliche Beschäftigung steckt, fast 3x so viel wie in Deutschland. 1/3 der Beschäftigten im öffentlichen Sektor. So liegt die faktische AL-Quote vielleicht bei weit über 33%. Und damit hängt das statistisch hohe BIP zusammen: es wird künstlich festgelegt und hat keinen Aussagewert: http://www.project-syndicate.org/commentary/sinn11/German

      Den ganzen Wahnsinn finanziert Schweden über Rekordabgaben. Und das hat Auswirkungen. Schweden sind an sich sehr solidarisch und offen. Das hat sich alles verändert, die Grenze der Zumutbarkeit ist überschritten. Niedergang der Sozialdemokraten und Linksregierungen in SWE, Rekordnegativ-Ergebnisse. Aufstieg des “neoliberalen” Fredrik Reinfeldt. Rechtspopulisten im Parlament. Schweden sind am unzufriedensten mit ihrem Sozialsystem http://sverigesradio.se/sida/artikel.aspx?programid=2108&artikel=4531079 , Kriminalität, EU- und Ausländerfeindlichkeit nimmt zu. Manches läuft hier konträr zum Nachbarland Dänemark, dessen Wohlfahrtsstaat lange Zeit bessere Ergebnisse brachte. Der Wohlfahrtsstaat zerstört eine Gesellschaft, Solidarität verkümmert. Wie auch Autor Arne Dahl http://dokumentation.zdf.de/ZDFde/inhalt/26/0,1872,8089210,00.html feststellen musste.

      Das gilt dann auch als Antwort auf
      @matt_us, hallo
      Fremdenfeindlichkeit entsteht nicht aus dem Nichts, schon gar nicht in Skandinavien. Sie ist heute Ergebnis der negativen Auswirkungen von Wohlfahrtsstaatlichkeit.
      Ungleichheit ist kein erstrebenswerter Selbstzweck und kann verschiedene Ursachen haben. Ungleichheit in SPA, POR, ITA, POR ist keine gesunde. Das sind kaum freie Wirtschaften, etwa im Heritage-Index of Economic Freedom auf #31, 69, 87 und 88 – d.h. an der Grenze zur Unfreiheit und auf Dritte-Welt-Niveau.

  15. Mein Eindruck ist, dass ihr euch in irgendwelchen Großtheorien verheddert. Ich schätze Schäffler für seine offenen Worte zu der Europäischen Verschuldungskrise. Das wird sicher nicht so relativ unfallfrei ablaufen wie die keynesianische Abfederung der realwirtschaftlichen Folgen der unmittelbaren Subprime-Krise. Aber eher aus dem Grund, weil ich mich intensiver mit den geldsystemischen Zusammenbrüchen in Schwellenländern zwischen 1982 und 2002 beschäftigt hab. Schäfflers Schlußfolgerung, die Währungen eben auch zu privatisieren, kann ich überhaupt nicht gut finden. Die von Überschuldung, Hyperinflation und ähnlichem betroffenen Staaten konnten praktisch alle einen Weg aus ihrem Dilemma finden, ohne dass da konkurrierende Währungen eingeführt wurden. Aufhebung des staatlichen Geldschöpfungsmonopol hört sich doll an, nur führt das zu zahlreichen Nebenwirkungen, die ohne empirische Erfahrung nicht wirklich übersehen werden können. Es gäb etwa eine massive Ausweitung der Informations- und Transaktionskosten durch die vielen Wechselkurse zwischen diesen “freien” Währungen.
    Nur weil Schäffler die aktuelle Politik scharf kritisiert, bedeutet das keineswegs, dass sich da Anknüpfungspunkte für eure Überzeugungen finden. Schäffler möchte weniger Spielraum für staatliche Eingriffe im Namen von intelektuell zwar netten, aber stark vereinfachenden Modellen. Und das hatten wir in der Hochphase des Neoliberalismus 1982 bis 1995 galore.
    Sinnvoller ist der Weg über die Empirie. Frühere Verschuldungskrisen. Die Optionen sind eigentlich ziemlich klar. Dabei ist keine sonderlich appetitlich. Ohne Rettungsschirm müßte Griechenland bei den aktuellen Marktzinsen ganz schnell default anmelden. Das würde aber eine starke Schwächung des griechischen Staats über Jahre und vermutlich Jahrzehnte bedeuten, da die Finanzmärkte ein gutes Gedächtnis für vergangenes Schuldnerverhalten haben und das in Richtung höheren Renditeforderungen einpreisen werden. So ist es Argentinien ergangen mit Folgen für die Politik. Man war so angewiesen auf inländische Finanzquellen wie etwa die 35% Soja-Exportsteuer. Dadurch entfiehlen aber sonstige Regulierungen für die massive Ausweitung der Soja auf argentinischen Äckern und die Verringerung der Rinderherden von 6 auf 5 Mio. In einem komplexen System gibt es eine Vielzahl solcher Detail-Nebenwirkungen, die auf der reinen Makro-Ebene unter den Tisch fallen.

    • Naja was heißt in Großtheorien verheddern… Es geht doch nicht um Theorie sondern um Praxis. Es ist zudem ein Widerspruch in sich eine mittlerweile fast komplett miteinander vernetzte Welt in Bereichstheorien zu denken. Alles hängt nun mal mit allem zusammen und zwar nicht nur so wie das die Buddhisten verstehen sondern auch ganz praktisch: über globale Handelsströme, digitale Vernetzung, ein globales Finanzsystem, etc…Ich bin überrascht, dass dies für so viele Menschen nicht antizipierbar ist…Wenn nun weltweit Menschen auf die Straße gehen, wenn das Finanzsystem kurz vorm Kollaps steht, nachdem dieser Kollaps über Jahre nur hinausgeschoben wurde, wenn weiter die Lebensmittelpreise steigen, wenn es gezielte, weltweite Mobilisierungskampagnen in den sozialen Netzwerken mit Millionen Beteiligter gibt, wenn nun weltweit die Wirtschaft abschmirrt, wie zur Hölle kann man glauben, dass dies nicht zusammen gehört und eine fundamentale Krise, besser gesagt ein Scheitern, des aktuellen Systems abbildet? Nur weil die Welle noch nicht Deutschland erreicht hat? Soll das eine Erklärung für irgendwas sein? Ich bitte euch!!

      Es gehört per se alles zusammen weil es in einem sozialen Raum stattfindet dessen Teilsysteme interdependent miteinander vernetzt sind.

      Deshalb doch unser Fazit: Seht ein, dass nicht einzelne Menschen oder Interessengruppen eine Großschuld für dieses Scheitern haben, seht ein dass das viel umfangreicher über eine neue globale Wirtschafts- und Sozialordnung debattiert werden muss. Die alten Konzepte haben offensichtlich alle nicht funktioniert. Aber es gibt doch wahrlich genug Ansätze um weiter zu denken…

      • Florian,

        Krisen gibt und gab es immer. Auch diese Finanzkrisen. Nur halt zwischen 1945 und 2009 nicht weniger in Europa. Lateinamerika und Asien wurden von der Subprime Krise kaum getroffen. Es stellt sich halt nur die Frage, ob man aufgrund einer Krise, direkt das Kind mit dem Bade ausschütten muss. Und ob man auf dem Reissbrett überhaupt eine neue Weltordnung planen kann. Oder ob man nicht besser gegen offensichtliche Unzulänglichkeiten mit zielgenauen Maßnahmen gegensteuert. Das muss ja kein durchwursteln sein sondern Dinge wie Mindestlohn, höhere Mindestreserven, Beschränkungen von Banker-Boni, eine white-list Genehmigungsstelle für Bank-Produkte, vielleicht ein internationales Expertengremium, das Risiken in Volkswirtschaften ernsthafter überwacht und die Märkte mit Informationen versorgt, liessen sich sehr wohl einführen, ohne dass die Systemveränderungsfahne geschwenkt wird.
        Konzepte in komplexen Systemen funktionieren nie vollständig und werden ständig angepaßt. Es existiert etwa eine gewaltige Literatur zu Projektmanagement von Softwareprojekten. Und selbst Großprojekte besitzen einen wesentlich geringeren Grad an Komplexität als eine Volkswirtschaft. Trotzdem funktioniert kein Projekt wie in den Büchern. Es ist recht einfach zu sagen, dass “alles nicht funktioniert” und den Ist-Zustand mit einer Reißbrett-Utopie zu vergleichen. Oft führen gerade diese anfänglich begeistert gefeierten Alternativen zum wirklichen Disaster. Das bedeutet natürlich nicht, dass im Ernstfall in einer Demokratie keine kräftigen Kurswechsel durchgeführt werden sollen. Graduellere Ansätze, deren Ergebnisse ständig überwacht werden, stellen den erfolgsversprechenden Weg dar. Auch wenn jetzt beispielsweise in Spanien eine schreckliche Krise stattfindet, gehts denen immer noch bedeutend besser als vor 10 Jahren. Und viel, viel besser als vor 20 Jahren. Und riesig besser als vor 30 Jahren, usw.
        Ich beobachte Krisen-Ökonomien schon ein wenig länger. Und da haben die mit dem ganz neuen leuchtenden Plan tendentiell eher versagt. Ganz früher Castro, die Sandinisten, Alán García, Menem letztlich, viele der wirklich radikalen Elemente auf dem chilenischen Weg (die Schulreform 1981, die AFP-Rentenversicherung Mitte der 80er, die Unternehmenssteuerreform 1983) lösten kurzfristige Probleme waren aber langfristig eher fatal, viele Deregulierungen im Bankensektor in verschiedenen Ländern, Deregulierungen bezüglich ausländischer Finanzinvestitionen in verschiedenen Ländern. Ich halte angesichts dieser endlos fortfuehrbaren Liste eine Allianz aus Wagenknecht-Empathen und hardcore Austrians wie Herrn Schäffler als eher problematisch.
        Und präferiere einen empirischeren Weg, wie sie er echten Pragmatikern wie Dani Rodrik, Ha-Joon Chang und Joseph Stiglitz gewiesen wird.

        Gruß Lemmy

        Nachtrag:
        wenn weiter die Lebensmittelpreise steigen,

        Lebensmittelpreise sind über Jahrzehnte eindeutig gesunken. Und sie steigen nun ein wenig, weil sich viele Leute in Ostasien sich in Sachen Fleisch-Anteil an europäische/nordamerikanische Standards anpassen.

        wenn es gezielte, weltweite Mobilisierungskampagnen in den sozialen Netzwerken mit Millionen Beteiligter gibt,

        Der Protest organisiert sich nach wie vor auf nationalstaatlicher Ebene.

  16. Du hast völlig recht mit dem was du vorschlägst Lemmy, das wäre allerdings vor 10-15 Jahren notwendig gewesen. Nun sind die Leute schon weltweit auf den Straßen…die gehen jetzt nicht einfach wieder heim…weil wie gesagt alles ein Kreislauf ist. Die von mir oben genannten Punkte sind ja nicht nur ökonomischer Natur und können nicht nur mit Kennzahlen gemessen werden. Das System als solches hat versagt und so viel Armut und Unzufriedenheit, so viel soziale Ungleichheit verursacht, bis der Stauungsdruck den eine Gesellschaftsordnung aushalten kann zu hoch wurde. Genau das sehen wir jetzt, global.

    Offensichtlich war es im alten System nicht möglich, die von dir – und vielen anderen – genannten wichtigen und richtigen Punkte umzusetzen. Dahingehend muss also auch gefragt werden: Wie können Politikmaßnahmen die eine vernünftige Mehrheit eigentlich befürworten würde global umgetzt werden ohne dass sie an Partikularinteressen scheitern?

    Ich glaube dies wird die entscheidende Frage für die Zukunft sein.

  17. Die Mobilisierbarkeit der überwiegenden Mehrzahl der Demonstranten bindet sich an nationalstaatlichen Themen. Da bin ich sozusagen Peronist. Global kann sehr wenig umgesetzt werden. Siehe Schwäche der UNO. Selbstverständlich beeinflussen sich Protestbewegungen über die globalen Nachrichtenkanäle. Ich würd das aber nicht überschätzen. In einer von dir postulierten revolutionären Situation würden Wahlen an den Rändern gewonnen. Da stehen wir aber nicht. Selbst in Peru gewann Ollanta Humala durch eine radikale und glaubwürdige Abkehr von “bolivarischen” und (inka-)ethno-nationalisistischen Positionen hin zur Mitte. In Spanien konnte die wirklich sogar ziemlich rechte PP bei den Kommunalwahlen fett gewinnen.
    Ich sag ja auch, dass neoliberale Positionen verlieren. Nur existiert eben zur sozialen Marktwirtschaft keine vielversprechende Alternative. Und erfolgreiche Länder mit Regierungen mit einem eher linken Diskurs wissen das (Argentinien, Brasilien).

    Ich befinde mich in einem Land mit einem Gini von 52. Da gibts leider von Deutschland aus gesehen offenbar noch eine Menge Staudruck. Leider. Und beim abendlichen Joggen und Supermarkt-Latschen in zugegeben Santiago Providencia (eher obere Mittelschicht) konnte ich nichts erkennen, dass auf einen globalen Umsturz hindeutet.

    Was ist eigentlich mit dem Kollegen Sebastian Müller? Ich hab ihm die vernichtendste Abrechnung mit dem “chilenischen Modell”, die je auf deutsch erschienen ist, per email geschickt.
    Bin in Santiago de Chile und Chillán (Provinz).

    Zum Thema “global” biete folgendes an: Ich kaufe mir so etwas wie ein Aufnahmegerät und interviewe hier Leute der aktuell recht häufigen besetzten Schulen und/oder Universitäten oder auch auf anderen Protestveranstaltungen. Ich übersetze das und schicke euch die schriftliche Übersetzung und wenn möglich das Interview in elektronischer Form (z.B. mp3) zu. Ihr könnt mir Fragen schicken, die ich während des Interviews stellen werde.
    Für euch eine on-field (oder wie das heisst) Reportage 11.000 km Süd-Süd West, für mich ein bischen Arbeit, aber doch wohl auch eher eine interessante Abwechselung.

    firme junto al pueblo

    Lemmy

  18. Systemfrager sagt:

    @ Tobias Fuentes

    Wie krank muss die neoliberale Seele sein, was für Haluzinationen, was für eine psychopatische Verdrehung der Tatsachen … die Talibans sind im Vergleich ganz harmlos und bei Weitem ungefährlicher

    Der Nationalismus kommt in der Tat nicht aus nichts, sondern wie in der Weimarer Zeit ist er die letzte Station der neoliberalen “Reformen” (== sozialer Genozid)

    Geschichte wiederholt sich nicht (sofort)
    mehr >>>>

  19. Diese Kundgebungen des Unwohlseins stellen ja nun wirklich keine revolutionäre Lage dar. Die stehen u.a. vor dem Dilemma, dass sie entweder sehr unbestimmt agieren oder bei deutlicherem Vorgehen Sympathien verlieren. Das ist keine Mehrheit sonst hätten etwa die Spanier bei der Kommunalwahl nicht PP gewählt. Es gibt immer einen bestimmten Prozentsatz, der das gerade herrschende System grundsätzlich ablehnt. Die Mehrheit will sich aber nicht auf das Abenteuer einer völlig neuen Organisation der politischen und wirtschaftlichen Machtverteilung einlassen. Aus meiner Sicht aus guten Gründen. Systeme knallen halt schon mal an ihre Grenzen. Zur Zeit liefert der internationale Finanzmarkt inklusive Euro eine Menge Baustellen. Nur ist die Lage längst nicht so verzweifelt, dass Menschen sich auf irgendwelche Kaninchen einlassen, die irgendwer aus dem Hut zaubert.

  20. Liberty sagt:

    “Es ist ironischerweise die Hayeksche Paranoia vor der Knechtschaft der Regulierung, die diesen „Weg in die Knechtschaft“ erst ermöglichte.”

    Wo ist der Beweis? Soll das Journalismus sein, haufenweise falsche Behauptungen aufzustellen, die FDP sogar als liberal zu bezeichnen (sie ist es nicht)? Ich sehe nur linke Verblendung, nicht Aufklärung – das, was ich mir von dieser Seite versprochen habe.

    Denn “ironischerweise” hat uns die “soziale” Marktwirtschaft in diese Lage gebracht. Lernen sie deutsche Geschichte, nein nicht das was in den Schulen gelehrt wird, sondern die Fakten! Die Einmischung der Politik in die Wirtschaft (beginnend mit Bismarck) und das Aufkeimen “sozialen” und kommunistischen Gedankenguts hat zum Niedergang deutscher Kultur und Freiheit und zur Situation geführt in der wir heute sind: Ein faschistisch sozialistisches System in der westlichen Welt. Planwirtschaftlich angelegt und zum scheitern verurteilt.

    Von Goethe bis Rousseau haben viele große Denker der damaligen Zeit den deutschen Pluralismus (was und heute als “Kleinstaaterei” verkauft wird) gelobt, nirgends sonst, außer in Italien, war der Geist so frei, der Wohlstand und Bildungsgrad so hoch. Hier keimte der Protestantismus auf, hier wurden einige der größten Erfindungen, die das moderne Zeitalter einläuteten, gemacht.

    Die Antwort auf die gesellschaftlichen Probleme unsere Zeit kann nur die Freiheit jedes einzelnen lauten! Das kann nur geschehen, wenn sich der Staat auf seine Kernkompetenzen zurückzieht, raus aus den Angelegenheiten seiner Bürger, raus aus der Wirtschaft und weg mit der Bevormundung durch den Wohlfahrtsstaat.

  21. Solaris Post sagt:

    F.Hausschild:
    “Deshalb doch unser Fazit: Seht ein, dass nicht einzelne Menschen oder Interessengruppen eine Großschuld für dieses Scheitern haben, seht ein dass das viel umfangreicher über eine neue globale Wirtschafts- und Sozialordnung debattiert werden muss.”

    Welch ein Satz!

    Kurze Antwort:
    Es gibt weiß gott genug alternative ideen und Vorstellungen und das seit Jahrzehnten, auch grundsätzlicher Art. Aber WAS hat denn verhindert, dass diese Alternativen öffentlich diskutiert, an (Hoch-)Schulen gelehrt, politisch verhandelt, zur Abstimmung gestellt, praktisch ausprobiert wurden? Ja, was? Bitte.

    Darum geht es, nur noch darum. Denn eine grundsätzliche Veränderung zum Besseren kann es nur geben, wenn diese Blockade-Mechanismen und Widerstände bekannt werden, um dann durch eine kollektive Intelligenz konstruktiv bearbeitet zu werden.

  22. Systemfrager sagt:

    @ Solaris
    “Es gibt weiß Gott genug alternative ideen und Vorstellungen und das seit Jahrzehnten, auch grundsätzlicher Art.”

    Ja, Gott weiß es. Das glaube ich dir. Könntes du uns helfen, dass wir es auch wissen? Könntest du mindestens eine “alternative idee … grundsätzlicher Art” verraten?

    Bemerkung: Alternativ bedeutet im erkenntnistheoretischen Sinne – und darum geht es jetzt – nicht extremistisch. Extremistisch bedeutet: Ein Detail bzw. eine Maßnahme – zB Mindestlöhne, Banken privatisieren, usw. – würde auf einen Schlag alle Probleme lösen. Das sind keine Alternativen, und schon gar nicht solche, die der “grundsätzlicher Art” wären.

  23. fakeraol sagt:

    hier werden die namen vieler ökonomie-gurus genannt und mit statistischen zahlen umhergeworfen, soweit ich das überflogen habe.
    keynes z.b. postuliert, soweit ich das mitbekommen habe, dass die ökonomie funktioniert, solange sie ein bestimmtes wachstum hat.
    1. in einer endlichen welt ist unendliches wachstum unmöglich.
    2. dazu müssten die menschen nach einigen jahrzehnten auch das doppelte, dann das vierfache, und irgendwann das 16fache des heutigen konsums verbrauchen. das geht schon physisch nicht, und der konsum müsste auch um den gleichen faktor beschleunigt werden, also in der gleichen zeit das 2/4/16fache konsumieren.
    3. dabei fehlt die zweite hälfte der aussage, nämlich: was soll getan werden, wenn dieses wachstum nicht mehr erreicht werden kann?

    ich halte mich einfach an echte wissenschaft statt kaffeesatzleserei, statistik, und das postulat der komplexität und deshalb nicht-berechenbarkeit von ökonomie.

    geld entsteht inm aktuellen geldsystem ausschliesslich aus schuld, d.h., jedem existierenden euro steht irgendwo ein euro als schuld/kreditverbindlichkeit gegenüber. wollen wir alle schulden, die des staates und die der bürger an die gläubiger zurückzahlen, verschwindet damit auch alles geld aus dem system.

    aber es kommt noch viel schlimmer.
    in jedem währungsraum hat die zentralbank das monopol auf die erzeugung von geld, es kann also nur von ihr kommen.
    jeder neue schuldner, der über die geschäftsbanken einen kredit erhält, verpflichtet sich, die kreditsumme PLUS zinsen zurück zu zahlen. das bedeutet auch, dass alle schuldner eines währungsraumes zusammen die gesamtsumme ihrer kredite PLUS diese zinsen irgendwann wieder zurückzahlen müssen.

    FRAGE: Woher sollen die zinsen kommen? naturalien nimmt die zentralbank nicht , die will ausschliesslich in der von ihr ausgegebenen währung bedient werden.

  24. GeorgeChris sagt:

    This is known that money can make people disembarrass. But what to do if someone has no cash? The one way is to try to get the credit loans or just collateral loan.

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