Gender-Mainstreaming
Radikaler Biologismus

Bei der Frauenquotenpolitik geht es darum, ein Mittel zu finden, um sich auf dem Arbeitsmarkt und in den Personalhierarchien privater Unternehmungen und öffentlicher Organisationen in der subjektiv als übermächtig erlebten Konkurrenz gegenüber Männern Sondervorteile zu verschaffen.

frauenquote

Foto: miriampastor / flickr.com / CC BY 2.0 DE / bearbeitet

Von Günter Buchholz

In der Durchsetzung dieser Interessen gibt es bis hin zum offenen Verfassungsbruch kaum Hemmungen. Allerdings muss der feministischen Rechtfertigungsrhetorik, die hierfür entwickelt worden ist („Geschlechtergerechtigkeit“ usw.), Respekt gezollt werden.

Denn soviel Heuchelei auf einmal ist auf seine Weise eine historische Leistung. Aber wir haben es eben nur mit Rhetorik und nicht mit Begründungen zu tun. Begründungen müssen in logischer Hinsicht fehlerfrei und in empirischer Hinsicht gültig sein. Da die empirische Seite bereits hinlänglich kritisiert worden ist, soll hier der logischen Kohärenz Aufmerksamkeit geschenkt werden.

Gideon Böss hat einen Artikel mit dem Titel „Mit Sexismus für die Frauenquote“ veröffentlicht. Er schreibt u. a. folgendes:

“Die SPD will eine Frauenquote in Führungspositionen. Als Teil der dazugehörigen Kampagne startete gerade #BockAufQuote. Dabei stellen Frauen ein Bild von sich online, auf dem steht: „Ich werde dann mal Chefin“. Dass Quotenregelungen immer automatisch die Diskriminierungen all jener zur Folge haben, die nicht in den Genuss der Quote kommen, scheint sie dabei nicht zu stören. Stattdessen betonen die Befürworter der #BockAufQuoten-Kampagne immer die wichtige Signalwirkung, die mehr weibliche Führungskräfte für die Frauen insgesamt hätten. Damit haben sie sich für die edlere von zwei möglichen Deutungen entschieden.”

“Unabhängig von allem anderem, ist dieser Quoten-Vorstoß natürlich der pure Sexismus. Schließlich soll der prüfende Blick auf die Genitalien darüber entscheiden, wer die Führungsposition bekommt. Die #BockAufQuote-Kampagne würde jedenfalls nichts an Glaubwürdigkeit verlieren, würde sie #BockAufSexismus heißen. Aber das klingt halt einfach zu hässlich.”

Die Kommentatorin Corinne schreibt dazu (ebd.):

“Beim Global Gender Gap Report des World Economic Forum ist Deutschland wieder auf einem hinteren Platz gelandet. Man kann doch nicht ständig so tun, als würden Frauen und Männer mit den gleichen Vorraussetzungen starten, wenn dem nicht so ist. Die strukturelle Benachteiligung von Frauen ist eine Tatsache. Wenn beide Geschlechter von der gleichen Basis aus starten, kann man all die Argumente oben diskutieren. Bis dahin braucht man die Quote.” (Hervorhebung: GB)

Aber Corinne befindet sich im Irrtum: Die – wie immer in solchen Fällen bloß behauptete – strukturelle Benachteiligung von Frauen ist eben k e i n e Tatsache, sondern ein feministisches Dogma, das ich „Patriarchatsdogma“ nenne. Im übrigen braucht niemand die Ziele und Maßstäbe zu akzeptieren, die dem Global Gender Report des World Economic Forum normativ vorausgesetzt sind. Sie müßten allererst einmal begründet werden, um akzeptiert werden zu können. Fehlanzeige: das Dogma schlägt überall durch.

Der Feminismus behauptet mit der Kategorie gender selbstwidersprüchlich, dass es nicht nur zwei Geschlechter gebe, nämlich Mann und Frau, sondern – soziologistisch gedacht – keines oder nur eines oder viele Geschlechter, und zwar im Sinne eines vermeintlich existierenden Kontinuums von Geschlechtlichkeit überhaupt, während er zugleich mit der Frauenquotenpolitik nach rein biologischen Kriterien nur diese Teilmenge (Frauen) zu Lasten der anderen (Männer) bevorteilen will.

Er ist also mit der ersten Haltung anti-biologisch und soziologistisch, mit der zweiten aber strikt biologisch und anti-soziologisch. Denn soziologisch ist nicht die Geschlechtszugehörigkeit relevant, sondern die Klassen- und Schichtzugehörigkeit von Personen, einerlei welchen Geschlechts. Deshalb gibt es auch in allen Klassen und Schichten notwendigerweise Männer und Frauen. Und deshalb geht die Argumentation von Judith Schoenen fehl; sie ist wie alle anderen Feministinnen gefangen vom falschen Schema der feministischen Dichotomie und sie versteht deshalb die Stratifikation der bürgerlichen Gesellschaft nicht.

Auch gesellschaftliche Klassen und Schichten reproduzieren sich – bei gegebenen gesellschaftlichen Verhältnissen – biologisch, und das heißt, einmal abgesehen von sozialen Auf- und Abstiegen, in sich, und zwar mittels Heterosexualität sowie der gesellschaftlichen Institution der Familie. Erodiert diese, u. a. wegen einer falschen Familienpolitik, dann geht das tendenziell zu Lasten einer gelingenden biologischen Reproduktion.

Wer also im Zusammenhang mit Frauenquoten die Gender-Kategorie benutzt, der befindet sich bereits in einem logischen Selbstwiderspruch, weil gender keinen Geschlechtsdimorphismus – also die Geschlechterpolarität von Mann und Frau – kennt.

Die Forderung nach Frauenquoten ist eine Forderung ausschließlich anhand eines biologischen Merkmals, nämlich der Geschlechtszugehörigkeit als Frau (vgl. dazu auch “Von Natur aus besser? Der Biologismus hinter der Frauenquote in Aufsichtsräten”). Und die Forderung nach Frauenquoten ist nichts anderes als Ausdruck eines nackten verteilungspolitischen Anspruchs, d. h. eines Anspruchs ohne irgendeine tragfähige Begründung, ein Anspruch, der bestenfalls mit dürftigen Rechtfertigungsversuchen bemäntelt wird.

Die machtpolitische Haltung dahinter ist eine nihilistische, weil allein die faktische Durchsetzung zählt. Das erklärt auch die Gleichgültigkeit gegenüber Wissenschaftlichkeit und Wahrheit und die auffällige Gleichgültigkeit und Hemmungslosigkeit von Feministinnen im Umgang mit diesen Eckpfeilern der Aufklärung.

Wer hingegen mit der Gender-Kategorie (Judith Butler, et. al.) operiert, der hat keine Grundlage dafür, für “Frauen” Subventionen und Privilegien (Quoten z. B., oder Forschungsmittel für Frauenforschung = Gender Studies) einzufordern, denn die Gender-Kategorie suspendiert den Geschlechtsdimorphismus – also die Kategorien Mann und Frau, die es aus dieser Sicht gar nicht gibt, weil die biologische bzw. anthropologische Grundlage der Gesellschaft, der Mensch als Natur, verleugnet wird.

Soviel zur „Logik“ des Feminismus.

Foto: miriampastor / flickr.com / CC BY 2.0 DE / bearbeitet

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13 Kommentare zu "Gender-Mainstreaming
Radikaler Biologismus"

  1. Wolf Köbele sagt:

    Wesentliches wird ausgeblendet: Gleiche Bezahlung, die Millionen Frauen zu fordern hätten, wird zurückgestellt zugunsten der für abgehalfterte Politikerinnen interessanten hochbezahlten Stellen. Daß es bisher i.d.R. an Qualifikationen fehlt (könnte neurobiologischen Zusammenhängen geschuldet sein), wird aus guten Gründen ausgeblendet. Ein Blick nach Norwegen? Warum haben die Niederländer ihre (freiwilligen) Quoten wieder fallenlassen?

    • Günter Buchholz sagt:

      Sehr geehrter Herr Köbele,
      danke für Ihren Kommentar. Ich antworte kurz auf Ihre Anmerkungen:

      – Eine Ergänzung im Hinblick auf soziologische und qualifikatorische Voraussetzungen für den Zugang zur ersten Führungsebene (Aufsichtsräte und Vorstände) bietetmein Cuncti-Beitrag
      “Wer will die Frauenquote?
      http://cuncti.net/streitbar/831-wer-will-die-frauenquote

      – Bezüglich des Themas “Gender Pay Gap” usw. verweise ich auf
      http://www.forum-inklusion.eu/equal-pay.html
      sowie auf die zahlreichen kritischen Beiträge unter:
      http://sciencefiles.org/category/genderismus/

      – In Norwegen habem sich die sogenannten Goldröcke etabliert, und die “Gender”-Forschung wird m. W. nicht mehr finanziert, nachdem Harald Eia deren Unwissenschaftlichkeit aufgedeckt hat.

      – Außerdem haben m. W. etliche norwegische Unternehmungen die Rechtsform gewechselt, um sich den feministischen Auflagen zu entziehen.

      – In den Niederlanden sind m. W. zumindest ernsthafte Zweifel an der Sinnhaftigkeit von Frauenquoten aufgekommen.

  2. Michael sagt:

    Bin auch nicht sicher was ich davon halten soll.
    Aus evolutionärer Sicht ist es eine Strömung die nicht auf die eigenen Nachfahren übertragen werden kann, denn Feministinnen habe fast keine. So gesehen bisher ein klarer evolutionärer Nachteil.
    Der “Markt” hingegen freut sich über die “Ich hab Bock auf Chef”-Frauen, neues frisches ausbeutbares Material, und bei mehr Konkurrenz können die Löhne sinken.
    Aber Vermehren sich diese Frauen auch, und wie?
    An sich ist der Mensch noch nicht vollständig “domestiziert” worden und ähnelt noch dem Wolf… Männlicher und weiblicher Wolf, aber zwei Seiten der selben Medaillie. Nun geschieht Domestizierung am einfachsten über die Männchen. Sind die zahmsten Männchen am ehesten in der Lage mit einer Feministin erfolgreich Kinder zu haben, beziehungsweise in einer Frauen-dominierten Gesellschaft erfolgreich zu sein? Falls ja wäre das eventuell gar kein so schlechter Weg zu einer zahmeren Menschheit (falls man das will)
    Aber so wie es ausschaut ist Feminismus ein besseres Verhütungsmittel als alle bisher erfundenen Produkte. Aber immerhin eine “Luxuserscheinung” einer fortgerschrittenen Zivilisation, die Menschen früher hat einfach größere Probleme als sowas! Und falls die großen Probleme wiederkommen ist auch der Feminismus als allererstes wieder weg.

  3. otka sagt:

    Eine streng logische Betrachtung der Problematik Frauen im Beruf führt unausweichlich zu einer obligatorischen Elternauszeit für Alle(!). Gleich welchen Geschlechts oder Familienstandes. Dass Sie diese Konsequenz verschweigen, diskrediert Ihren Beitrag als möglicherweise interessengesteuert.

    • Günter Buchholz sagt:

      “Eine streng logische Betrachtung der Problematik Frauen im Beruf führt unausweichlich zu einer obligatorischen Elternauszeit für Alle(!).”

      Wenn Sie Ihre Behauptung nachvollziehbar begründet hätten, dann könnte ich darauf eine Antwort geben.

      “Dass Sie diese Konsequenz verschweigen, diskrediert Ihren Beitrag als möglicherweise interessengesteuert.”

      Wer im Glashaus sitzt sollte nicht mit Steinen werfen (Sprichwort).

  4. Greyhound sagt:

    Ist das Datum des Artikels richtig? Man kann es kaum glauben. Das ist der gleiche Sermon wie von vor 20 Jahren. Textbausteine, ausgewechselt wurde nur das Tagesziel der machtgierigen und sonst lebensunfähigen.

    Schonen Sie ihre Kräfte, Sie werden weder gefragt noch kommen Sie zu Wort. Der Femorassismus ist auf allen Kanälen der Drecksmedien, dass ist gewollt. Frauen sind besser. So besser wie Putin MH17 abgeschossen, oder Sadam irgendwelche Brutkästen umgekippt hat.

    Sollten Sie Gehör finden ist das Ziel erreicht. Falls Sie darauf spekulieren sind Sie nicht besser als der Mainstreamdreck, falls nicht frage ich mich wie blöd man sein kann.

    Lehnen Sie sich zurück, schauen Sie sich an wie Dekadenz und Dummheit Habgier und Hirnlosigkeit alles in die Grütze reitet.

    Wenn Sie etwas machen wollen, bereiten Sie die Ausreise vor. Sollen die Quotentanten und ihre Pudel doch dem Dreck den Sie produzieren selbst bewältigen.

    Wirksam wären Generalstreik, totaler Medienboykott oder Konsumverzicht. Das trifft die Schmarotzer ob nun Gegendert oder nicht, aber allein machen Sie dich ein.

    Mit Faschisten (und Femorasismius erfüllt alle Kriterien dafür) diskutiert man nicht. Aus den gleichen Gründen aus denen man nicht mit einer Hyäne über vegane Lebensweise verhandeln kann. Mit ihren schlauen Analysen und dem Diskursangebot machen sie nur eines,

    sich mitschuldig.

  5. otka sagt:

    Ich traue Ihnen zu, die meinem Kommentar zugrunde liegende Kohärenz ganz eigenständig zu erkennen.

  6. Günter Buchholz sagt:

    Dies ist keine Rätselecke. Genieren Sie sich nicht: schreiben Sie einfach, was und wie Sie das meinen. Wäre sicherlich für andere Leser von Interesse.

    • otka sagt:

      Nein, Sie sollen natürlich nicht ins Rätseln kommen.
      Freilich gibt es gute Gründe gegen die Quote und aus meiner Sicht wäre die erwähnte, obligatorische Elternsauszeit für alle der geeignetste Weg zu beruflicher Gleichberechtigung.
      1. Das (von Arbeitgeberseite) genannte Risiko ‘Schwangerschaft’ wird von einem biologisch nur einem Geschlecht zugewiesenen, zu einem kulturell allen zugewiesenen Merkmal.
      2. Das (von Arbeitnehmerseite) genannte Risiko ‘Karriereknick’ wird zu einem obligatorischen Teil der beruflichen Laufbahn aller.
      Über die konkrete Ausgestaltung einer solchen Regelung läßt sich natürlich trefflich streiten und das sollte es auch, nur fürchte ich, hierzulande ist die Zeit/Gesellschaft noch längst nicht reif für derartige Lösung. Also bitte die Quote, man muss sie nicht lieben, ist aber allemal besser als nichts.
      Bin dennoch zuversichtlich: die nordischen Gesellschaften werden uns den Weg weisen.

  7. Günter Buchholz sagt:

    an: otka:

    “tut mit leid, ich hatte Sie ernst genommen, mein Fehler.”

    Tja, damit haben Sie sich nun selbst disqualifiziert; wie hier jeder Leser selbst nachvollziehen und überprüfen kann.

  8. Michael sagt:

    Beim Gender-Mainstreaming geht es doch nicht um “Gleichstellung”, sondern darum, dass Geschlecht nur ein soziales Konstrukt ist. Es geht um die Zerschlagung dessen, was einmal die Basis der Gesellschaft war: Mann + Frau und Kinder = Familie,
    einem Hauptziel der neoliberalen, sozialdarwinistischen Globalisten.

    Bereits der Kinsey-Report (1948) wurde nur dank der massiven finanziellen Unterstützung der Rockefeller Foundation und einer riesigen PR-Kampagne so vielbeachtet.

    Wenn Intellektuelle wie Judith Butler die Dekonstruktion der Geschlechter propagieren, dann erfüllen sie einen nützlichen Zweck.

    Aus dem Familienvater und mündigen Staatsbürger ist innerhalb weniger Jahre der/die/das hedonistische, konsumorientierte, immer suchende Großstadtsingle geworden.

    Die politische Linke, insbesondere die Grünen setzen auf eine Ideologie, die dem kleinen Mann enormen Schaden bringt und in erster Linie den transnationalen Konzernen, ihren Aktionären und Investoren nützt.

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