Feminismus radikal

Alice Schwarzer, Foto: Michael Lucan/pixeldost, Lizenz: CC-BY-SA-3.0

Foto: Michael Lucan/pixeldost, Lizenz: CC-BY-SA-3.0

Anlässlich des 70. Geburtstag von Alice Schwarzer am vergangenen Montag erinnern wir an das polarisierende Wirken in ihrer Spätphase als ungeläuterte Feministin.

 

Von Norbert Haenschke

Hätte man mich vor zwei Jahren gefragt, wie ich überAlice Schwarzer denke, dann hätte ich mich wohl ähnlich geäußert wie unsere Familienministerin Kristina Schröder: grundsätzlich positiv, wenn auch vielleicht nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit. Schwarzers wütende Replik dürfte jedem noch frisch im Gedächtnis sein. Verwundert rieb man sich da die Augen und dachte: Mancher Macho hat durchaus mehr Humor und Taktgefühl bewiesen. Schwarzers nicht zu überhörende Botschaft: Le féminisme c’est moi. Wer nicht für mich ist, ist für die „rechtskonservativen Männerbünde“.

Das gleiche Schwarzweiß-Denken zeigte sich auch in ihrem abschließen Blog-Eintrag “Was aus dem Fall Kachelmann zu lernen ist”: Hier die Ikone des deutschen Feminismus, auf der anderen Seite die “unverantwortlich” agierenden Journalistinnen Gisela Friedrichsen (Spiegel) und Sabine Rückert (Zeit), deren Berichterstattung in “Frauenverachtung, ja Frauenhass” ausgeartet sei.

Dann folgt der Hinweis, dass Journalistin Rückert und Rechtsanwalt Schwenn in fragwürdiger Zusammenarbeit schon einmal zwei “wegen Mißbrauchs Verurteilte” aus dem Gefängnis geholt hätten, deren “wiederhergestellte Unschuld” Frau Schwarzer in Anführungszeichen setzt.

Diese Darstellung ist grob irreführend. Längst ist dokumentiert, dass hier aufgrund  erfundener Vergewaltigungen tatsächlich “Unrecht im Namen des Volkes” gesprochen wurde und die Angeklagten Adolf S. und Bernhard M. – ohne Anführungsstriche – unschuldig sind. Nachwachsende Jungfernhäutchen und eine häusliche Abtreibung im 24. (!) Schwangerschaftsmonat sind nur zwei der irrwitzigen Prämissen, auf die sich der Schuldspruch stützte und die Alice Schwarzer bei jeder anderen Gelegenheit als „Hirngespinste ahnungsloser Männer“ bezeichnet hätte.

Schließlich stellte sich auch noch heraus, dass der Angeklagte Bernhard M. alibidinös war, also weder ein Motiv noch die physische Möglichkeit zur Durchführung der ihm zur Last gelegten Taten hatte. Wenn Frau Schwarzer ihn trotzdem ungerührt als “wegen sexuellen Mißbrauchs Verurteilten” bezeichnet, muss man wohl konstatieren: kein Mann kann so schlimm gedemütigt worden sein, dass sie freiwillig auf die Möglichkeit zum Nachtreten verzichten würde.

Männer als Schwache und Opfer scheinen in Schwarzers Universum nicht vorzukommen. Der Eindruck bestätigt sich, wenn man sich die Berichterstattung der Emma zum Montessori-Prozeß anschaut: statt kritischer Selbstreflexion über die Rolle von LaienaufklärerInnen und die Beeinflußbarkeit kindlicher Mißbrauchzeugen, findet man schnell ein Dossier über Gisela Friedrichsen, die „Richterin der Richter“, die (zumeist weibliche) „Opfer zu Tätern“ mache.

Trotz aller Verdienste in der Vergangenheit: Bei diesem Thema ging und geht sie wenigstens fahrlässig mit der Wahrheit um. Und dass jeder in ihr nur eine verschrobene, im Grunde aber ehrliche Anwältin weiblicher Interessen sieht, macht sie gefährlich.

Artikelbild: Michael Lucan/pixeldost, Lizenz: CC-BY-SA-3.0

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8 Kommentare zu "Feminismus radikal"

  1. Hans Kolpak sagt:

    Es mag absurd und unpassend erscheinen – doch mir kamen eben beim Lesen des Textes die Abwürfe von zwei Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki in den Sinn. Unbeschadet der Geschehnisse, der tatsächlichen und nicht der behaupteten Folgen und der gegenwärtigen Situation im Vergleich zu 1945 werden diese beiden Kriegsverbrechen im Jahr 2012 immer noch instrumentalisiert. Es kommt nur darauf an, wem was nützt.

    Bei mir jedenfalls hat Frau Schwarzer schon lange verschissen. Sie hat mehr zerstört als geholfen.

    Hans Kolpak
    Deutsche ZivilGesellschaft

  2. Gerd Weghorn sagt:

    Alice Schwarzer ist in der Tat eine Persönlichkeit, deren missionarischer Eifer ebenfalls auf narzistischen Kränkungen basiert und der ich vorwerfe, dass sie dafür insofern auch Verantwortung hätte übernehmen müssen, als es ihr ja inzwischen immerhin möglich gewesen wäre, den “professionellen Umgang” mit den eigenen Fettnäpfchen zu erlernen.

    Dialektisch betrachtet konzediere ich allerdings, dass es zur Rebellin wohl noch mehr als den – auch ihr eigenen – Geschäftssinn nötig hat, dass sie ohne ihr Feindbild “Der Mann: Dein potentieller Vergewaltiger” – und insbesondere ohne ihre spezifischen Handlungsweisen, die denen ihrer Hassobjekte zum Verwechseln ähneln! – dass sie also ohne ihre Geltungssucht nicht die Power gehabt hätte, Denkanstöße zu vermitteln, die auch Fortschritte bewirkt haben.

    Insofern unterscheidet sich Alice Schwarzer in nichts von ihren politischen Gegnern und Feinden: sie bewirkt mit ihren überholten Kampfmethoden von Denunziation und Diskreditierung den WIDERSPRUCH, den wir als den Schöpfer und Beweger der Humanisierung des Menschengeschlechts erkannt haben.

    Gratulation zum 70ten!

  3. Schlaui sagt:

    Ja lebt die denn immer noch ?

  4. EuroTanic sagt:

    Feministinnen setzen sich für die Interessen der Frau ein. Das tut diese Frau nicht. Das will sie auch wohl nicht. Sie will spalten, und das tut sie mit Erfolg. Sie ist deshalb jede Million wert die Sie von wem auch immer dafür bekommt.

  5. Karl sagt:

    Schwarzers Verdienste?

    Vermutlich hat man das nun schon so oft behauptet, dass sie es selbst glaubt…

    Ich erinnere beispielhaft nur an ihr Gespräch mit Esther Vilar, 1975.

    Da behauptete Schwarzer allen Ernstes, es gäbe eine Studie der UNESCO, aus der hervorgehe, dass Frauen im Schnitt mehrere Jahre weniger leben als Männer.

    Die UNESCO kümmert sich um Kulturgüter. Und eine solche Studie gab es natürlich nie.

    Und das soll man dann “verdiensthaft” nennen?

  6. Stff sagt:

    Das in der EMMA zur Erreichung ihrer politischen Ziele auch ordentlich gelogen wurden, hat sie ja sogar zumindest teilweise zugegeben (bei der “Wir haben abgetrieben!”-Ausgabe)… An dieser “Heransgehensweise” dürfte sich bis heute ja nichts geändert haben.

  7. Karl sagt:

    Wer sich etwas näher mit dem Feminismus befasst, stellt schnell fest, dass da jedes einzelne Wort eine Lüge ist.

  8. switch sagt:

    @EuroTanic
    Feminismus ist eine totalitäre Ideologie, sie hat den Anspruch sich für _alle_ Frauen einzusetzen. Letztlich setzt sie sich aber nur für die Interessen elitärer Frauen aus den Chef-Etagen ein (wie die Thematik um die “Frauenquote” ja bewiesen hat).

    Man kann also entweder dafür oder dagegen sein. Feminismus hat nichts mit Frauenrechten und Gleichheit zutun. Es geht immer um das Ego der Machthabendinnen.

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