Vom Zeitgeist der Werbung

Wie die zeitgenössischen Werbetechniken nicht nur das Konsumverhalten beeinflussen, sondern auch die kapitalistische Ideologie stabilisieren.

Bundesarchiv, Bild 183-H0812-0031-001 / CC-BY-SA

Von Armin Stalder

In der Hemisphäre westlicher Industriegesellschaften wird seit über 50 Jahren in der Verbraucherpolitik das Bild des gut informierten Konsumenten vorspielt und Konsumismus zur Erfüllung von Identitätsfindung, Lebenssinn und Glück propagiert, obwohl die Verbraucher wenig Bereitschaft und Sensibilität zeigen, um diesem Bild zu entsprechen. Das realitätsnähere Bild zeitigt vielmehr einen Verbraucher, der seine Kaufentscheidungen nicht mit einem besonders hohen Wissensstand trifft. Dieses Missverhältnis zwischen Normativität und Empirie existiert ebenso in anderen politischen Angelegenheiten, etwa bei der Umweltpolitik oder Armutsbekämpfung.

Die Genealogie der Public Relations

Das Wissen von der Massenpsychologie beeinflusst bis heute die Werbestrategien vielfältiger Interessenvertretungen. Ein kurzer historischer Rückblick: Edward Bernays, ein Neffe des berühmten Psychoanalytikers Sigmund Freud, perfektionierte die Methoden zur unterbewussten Formung von Denkmustern bei Menschen. Er entwickelte seine PR-Kampagnen mit dem Ziel, die öffentliche Meinung zielgerichtet zu beeinflussen. Dazu bediente er sich der wachsenden Erkenntnisse der wissenschaftlichen Massenpsychologie im frühen 20. Jahrhundert. Seine eindrücklichen und nachhaltigen Erfolge sollten ihm den Titel „Vater der Public Relations“ verleihen.

In der gleichen Epoche revolutionierte Henry Ford mit der Weiterentwicklung der Fliessbandtechnik die Herstellung von Fahrzeugen. Die entstehende industrielle Massenproduktion ermöglichte die Herausbildung der heutigen Konsumgesellschaft, wovon die Supermärkte oder Einrichtungshäuser prominente Vertreter sind. Um weitere Umsatzsteigerungen zu erzielen, interessierten sich zahlreiche namhafte Konzerne für Bernays’ Wissen (z.B. General Electric, United Fruit, Procter& Gamble, British American Tobacco). Als Bernays’ Werbekampagnen von seinen Kunden erfolgreich in finanziellen Profit umgewandelt werden konnten, begannen sich auch andere Anspruchsgruppen aller Art für seine PR-Kampagnen zu interessieren, so auch die Politik: Der damalige US-Präsident Calvin Coolidge war einer der prominentesten Klienten von Bernays.

Die Techniken der Werbeindustrie sind wohl die wichtigsten Instrumente innerhalb des Marketings, um konstant das Umsatzwachstum zu erhöhen. Zum heutigen Zeitpunkt ist bekannt, dass unterschwellige Werbung ihre gewünschte Wirkung auf bemerkenswerte Art und Weise erreichen kann. Der Erfolgsschlüssel ist das Prinzip der unterbewussten Beeinflussung, die für diverse Ziele von unterschiedlichsten Interessengruppen durchgeführt werden kann: Politische Propaganda zur Kriegslegitimation (humanitäre Intervention), Erzeugung von Feindbildern, Proklamation moralischer Grundhaltungen des Gesellschaftslebens oder die Präsentation von sinnvollen Lebenszielen.

Der Mensch ist gegen solche Methoden beinahe schutzlos ausgeliefert. Er kann relativ leicht für fremde Interessen instrumentalisiert werden, besonders für den Konsumismus, da sich die Grammatik der Werbung der Vernunft entzieht und auf der emotionalen Ebene operiert.

Neben der Gutgläubigkeit der Verbraucher spielt natürlich die Selbstüberschätzung eine grosse Rolle. Diese Selbstwahrnehmungs-Verzerrung (Überschätzung eigener Fähigkeiten und eine abwertende Fremdeinschätzung) ist ein immer wiederkehrendes Phänomen: Die anderen werden von der Werbung beeinflusst – ich aber nicht. Die anderen fahren schlecht mit dem Auto, ich jedoch gut. Mit provokativen Worten: Die Anderen sind ziemlich naiv – ich hingegen nicht. Dieses Verhalten wird als Dunning-Kruger-Effekt bezeichnet. In einem psychologischen Experiment haben die gleichnamigen Forscher David Dunning und Justin Kruger herausgefunden, dass Menschen dazu tendieren, ihre Intelligenz im Alltag zu überschätzen.

Das grüne Werbe-Phänomen “Bio”

Seit die Ökologie im Mainstream omnipräsent ist, werden auch Bio-Produkte intensiv beworben, besonders Nahrungsmittel wie Früchte und Gemüse. Die Bio-Produkte figurieren auf einer Sub-Ebene des Öko-Programms namens Greenwashing. Bei dieser PR-Methode werden Unternehmen in der Öffentlichkeit bewusst mit einem angeblich gewissenhaften Image dargestellt.

Die Strategie, sich für fairen Handel und nachhaltige Produktion zu engagieren, zahlt sich wohlweislich aus: Im Jahr 2002 lag der Gesamtumsatz von Bio-Produkten in der Schweiz bei etwas mehr als 1 Milliarde Schweizer Franken. 2010 waren es bereits 1,65 Milliarden. Der Trend geht in die gleiche Richtung weiter. Die beiden Grossverteiler der Schweiz, Coop und Migros, wachsen im Biobereich mit markanten Schritten und investieren massiv in die Bewerbung ihrer Bio-Produkte. Coop will laut Regula Fecker, Schweizer Werberin des Jahres 2010, Bio einem jungen Publikum “in den Kopf und ins Herz schmettern”. Wie erfolgreich beispielsweise die Bio-Kampagne von Coop war, lässt sich daran erkennen, dass es der zum Werbespot gehörende Song bis in die Schweizer Hitparade geschafft hatte.

Den Profit aus dieser Öko-Welle erzielen in erster Linie die Unternehmen, denn Bio-Produkte sind normalerweise teurer. Die Grossverteiler nutzen das zunehmende Bedürfnis nach regionalen Produkten aus, indem sie ihre Produkte mit der Natur versinnbildlichen und dieses mit erhöhten Kaufpreisen kombinieren. Der slowenische Philosoph Slavoj Zizek bemerkte 2009 in einem Fernsehinterview: “Ich will Ihnen eine ehrliche Frage stellen: Kaufen Sie Bio-Produkte, weil Sie wirklich glauben, dass sie gesünder sind? Nein, Sie kaufen sie, um sich gut zu fühlen. Sie tun, während Sie konsumieren, etwas Gutes für sich und die Umwelt.“

Der Öko-Mainstream diktiert damit eine autoritäre Haltung, und dient so als eine Form von Religionsersatz zur Gewissensberuhigung aufgrund der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen, um dem Leben wieder mehr Sinn zu verleihen. In Anlehnung an Karl Marx könnte man somit feststellen: „Ökologie ist das neue Opium der Massen.“

Das risikolose „Erlebe- und Geniesse-Diktat“

Die Betonung des besonderen Erlebnisses, das zur Kaufanimation eines spezifischen Produktes führen soll, ist ebenso allgegenwärtig wie das charmante lachende Gesicht in TV-Spots oder Werbeplakaten. Diese einseitige Kanalisierung der Werbebotschaft ist die Regel, unabhängig davon, welchem Segment ein Produkt kategorisch dazugehört.

Der vorherrschenden Meinung zufolge erreicht man Glück unter anderem durch sinnvolle Produkte oder Traumerfüllungen aller Art. Dabei werden gezielt die emotionalen Komponenten der menschlichen Psyche angesprochen. Für die erzeugten Wunschbegehren werden unmittelbar die fertigen Angebote geliefert. So sind Ferienkataloge überfüllt mit klischeehaften weissen Sandstränden und makellosen Hotelanlagen. Die Modeboutiquen lassen ihre Besucher bevorzugt mit schwungvoller Unterhaltungsmusik berieseln, um diese in Kauflaune zu halten, und die Regalordnung im Supermarkt ist hauptsächlich darauf ausgerichtet, dass der Kunde die teuersten Produkte kauft.

Die tatsächlichen Eigenschaften eines Produktes werden dabei immer mehr in den Hintergrund gedrängt. Bei einem Auto sind nicht mehr Fahrleistungen die wichtigsten Merkmale, sondern Energieeffizienz oder die Suggerierung eines sozialen Status. Das Produkt soll seinem Erwerber ein sinnvolleres Leben ermöglichen. Es soll natürlich auch zum individuellen Lebensstil passen. Dies führt dann zu „personalisierten“ Produkten, wie Nike-Schuhen oder Dell-Computern, die man in wunschgetreuen Farben erhalten kann.

Ob derweil in einer vollständig individualisierten Gesellschaft überhaupt noch Individualität als solches existieren kann, ist fraglich. Bei diesem Zustand würde hinter dem Wort Individualität ein Vakuum entstehen, das ihm seinen inhärenten Sinn rauben würde. Man mystifiziere eine erlebte Erfahrung durch ein Produkt und letzten Endes hören, lesen, sehen und kaufen trotzdem alle dasselbe. Ähnlich wie bei einem Virus entsteht der Effekt der Masseninfizierung. Das Produkt soll zudem von seinen negativen Eigenschaften befreit werden, um sie beliebter erscheinen zu lassen: Kaffee ohne Koffein, das zuckerfreie Coca-Cola oder das alkoholfreie Bier.

Coca-Cola vermittelt natürlich auch gleichzeitig exzellentes „Erlebnis-Gefühl“ selbst für das banale biologische Grundbedürfnis der Flüssigkeitsaufnahme mit Slogans wie „Mach dir Freude auf“ oder mit heroischen Werbespots, wo sich der Coke-Zero Konsument im James-Bond-Stil aus dem Hubschrauber stürzt. Das McDonald’s-Logo soll nicht länger mit rotem Hintergrund ausgestattet sein, was mit blutigem Fleisch assoziierbar wäre, sondern im angenehmeren öko-grün erstrahlen.

Diese Aufforderungen zum Genuss sind stellenweise schon fast vergleichbar mit einem diktatorischen Befehl: Man wird gezwungen, zu geniessen. Das heutige Über-Ich ist Genuss: Warenerwerb, sexuelle Lusterlebnisse, Freizeitaktivitäten, soziale Kontakte. Falls jemand diesen Genusszwang ablehnt, sind die Reaktionen oft perplex und die Oberflächlichkeit im Verhalten des Gegenübers enttarnt. Im Supermarkt erfahren wir dann endlich, was wir alles dürfen. Der Slogan „Du darfst“ ist viel zwingender als das nostalgische Gebot „Du sollst nicht“.

Wir kennen heute keine echten Verbote mehr, aber die gesellschaftliche Pflicht, uns marktkonform zu amüsieren, ist letztendlich eine Verpflichtung zum Genuss. Dabei ist die Aufrechterhaltung des „unbekannten totalitären Anderen“ notwendig, um die eigene Gesellschaft im Vergleich als liberal und damit vorteilhaft begreifen zu können.

Die Psychoanalyse lehrt uns, unseren eigenen Begehren treu zu bleiben, zu einem wirklichen „Du darfst“, ohne falsche Schuldgefühle. Eine scheinbar tolerante freie Entscheidung wird somit mit einem noch stärkeren Befehl untermauert. Man soll etwas nicht einfach tun, sondern man wird dazu verpflichtet, es gerne tun zu müssen.

Der ethische Konsum

Die fehlgeleitete Sentimentalität für ökologische Krisen und weltweiten Armut verhindert ihre reale Bekämpfung und Überwindung. Statt die ökonomischen Ursachen radikal aufzudecken, werden durch abgehobene politische Diskussionen lediglich Symptome gemildert, und damit den Status quo des Produktionsregimes aufrechterhalten. Die multinationalen Konzerne passen ihre Marketingstrategien dem wachsenden Bedürfnis, „etwas zu tun“, entsprechend an, um dem wachsenden Bewusstsein für soziale Ungleichheiten oberflächlich gerecht zu werden.

Ein Beispiel hierfür ist Starbucks. Die Fast-Food-Kette liefert einen bestimmten Prozentsatz ihrer Einnahmen an anerkannte Hilfsorganisationen ab, die in Entwicklungsländern arbeiten. Beim Erwerb einer Tasse Kaffee bei Starbucks kauft man sich in einen Gemeinschaftsraum ein, der mit der Ausführung des Kaufs eine ethische Handlung beinhaltet. Das Unternehmen wirbt mit dem Konzept eines unbedenklichen Handels und von nachhaltigen und natürlichen Produktionsprozessen. Während der Kaufhandlung wird so die Konsumschuld gemildert. Es entsteht die Illusion, dass der Kapitalismus an den Nöten der Welt interessiert sei.

Das künstliche Bedürfnis

„Konsum ist der einzige Sinn und Zweck aller Produktion; und das Interesse des Produzenten sollte nur insoweit berücksichtigt werden, als es für die Förderung des Konsumenteninteresses notwendig sein mag. Diese Maxime ist so selbstverständlich, dass es unsinnig wäre, sie beweisen zu wollen“, heisst es bei Adam Smith. Der Lebensalltag war auch schon vor dem 18. Jahrhundert von der Ausbeutung der Lohnarbeiter geprägt, und erreichte mit der Pauperisierung im 19. Jahrhundert ihren Höhepunkt. Jedoch war es zumindest in der Ära des Keynesianismus das Ziel und Zweck der wirtschaftlichen Produktion, die Nachfragen der Verbraucher zu befriedigen.

Diese Einstellung hat sich heute auf den Kopf gestellt, denn die Wirtschaft hat nunmehr die Aufgabe, lediglich die Profitmaximierung der Unternehmer sicherzustellen, und der größte Teil der Wirtschaftswissenschaften, besonders die Betriebswirtschaftslehre, beschäftigt sich damit. Die wesentliche Problematik besteht nun in der Tatsache, dass sich nun auch die Politik zunehmend marktkonform verhält. In der derzeitigen Wirtschaftskrise, wenn man sie denn so nennen will, erschöpfen sich alle Bemühungen darin, die Finanzmärkte zu “beruhigen”, indem absurde Versprechungen an die Öffentlichkeit abgegeben werden. Dieses Zeitspiel soll das Vertrauensverhältnis in unser Gesellschaftsmodell um jeden Preis aufrechterhalten.

Die andere Problematik ist ebenso systemimmanent: Der natürliche Lebenszyklus einer Konsumgesellschaft irgendwann an ihren Höhepunkt angelangt, an dem für alle natürlichen Bedürfnisse mindestens ein Anbieter existiert. Der Punkt, von dem an nicht mehr ein beim Verbraucher auftretendes natürliches Mangelempfinden einen Anreiz für eine Produktentwicklung schafft, ist erreicht. Damit ein Unternehmen dennoch organisch weiterwachsen kann, wird ein Angebot produziert und im Anschluss eine Nachfrage künstlich erzeugt. Um dieses Ziel zu erreichen, sind immer weitergehende Methoden der psychischen Manipulation notwendig, um auch für das nutzloseste Produkt ein konsumistisches Verlangen zu generieren. Da diese Konsumbefriedigung die tatsächliche Bedürfnisbefriedigung des Einzelnen jedoch unbefriedigt lässt, hat sich in der heutigen Gesellschaft ein regelrechter Konsum- und Überflusswahn etabliert.

Die Abwesenheit der Rationalität

Nicht nur die erwähnten Beispiele könnte man als spätkapitalistische Perversionen bezeichnen. Alle Unternehmen wollen ein Teil des Marktvolumens für sich beanspruchen und müssen sich entsprechend intensiv darum bemühen. Das kapitalistische Dogma der Kapitalakkumulation verpflichtet die Unternehmen unweigerlich dazu, nach immer höheren Verkaufsumsätzen und Profitmaximierung zu streben. Eine solche Einstellung führt zu moralisch bedenklichen Ergebnissen und verursacht schwerwiegende Verwerfungen, wie absichtlich verursachte Obsoleszenz.

Was wir begehren sollen und wie wir begehren sollen, dafür sind externe Faktoren wie die Werbung, Gesellschaftskonventionen oder auch die Kulturindustrie mitverantwortlich. Die Verbraucherrealität ist aufgrund der vorangeschrittenen Vernetzung aller Lebensbereiche schwieriger zu begreifen, als uns dies traditionelle ökonomische Modelle weismachen wollen. Die Entscheidungen der Konsumenten sind weder rational, noch sind das Angebot und die politisch-ökonomischen Umstände für die Verbraucher transparent. Von einem umfassenden Wissen über das Marktgeschehen kann also keine Rede sein, – dieses wäre aber Unabdingbar, um die Funktionalität einer Marktwirtschaft zu gewährleisten.

Es ist natürlich nützlich, die Konsumenten in Unwissenheit zu halten und diesen Zustand der geistigen Lethargie aufrechtzuerhalten. Dies ist wird durch den Umstand begünstigt, dass noch nie in der Geschichte der Menschheit so viele Ablenkungs- und Unterhaltungsangebote existiert haben wie heutzutage. So wird der Mensch in den modernen Gesellschaften zur eindimensionalen Entität degradiert. Die Logik der Effizienzsteigerung, einer typisch kapitalistischen Eigenschaft verlangt danach, den Menschen und seine Handlungen berechenbar zu machen.

Was tun mit dem Konsum?

Die verzerrten Darstellungen der Werbeindustrie erzeugen Illusionen, die den Konsumenten davon abhalten, überlegte Kaufentscheide zu treffen, denn bei übermässiger Suggestivwerbung wird es zunehmend schwieriger, rationale Argumente beim Kauf eines Produktes einfliessen zu lassen. Die Gefahr ist dabei die zunehmende Abhängigkeit von illusionistischen Erzeugungen. Die Werbung gibt vor, dass der Mensch gerne tun soll, was er tun muss. Das kapitalistische System erschafft sich durch sein wichtigstes Instrument eine Quasi-Religion aus Fiktionen, die sich ihre hegemoniale Position auch dadurch sichert, dass jede utopische Alternative aus den Köpfen getrieben wird.

Da Menschen dazu tendieren, Informationsüberlastungen zu vermeiden, entsteht die Diskrepanz zwischen fundiertem Wissen und Alltagspraktik. Mit breiteren Verbraucherinformation alleine wird man daher keine positiven Konsumentscheidungen gewährleisten können. Eine realistischere Möglichkeit könnte dagegen die Erarbeitung von konsum- und umweltbezogenen gesellschaftlichen Normen sein. Ein positiver Beitrag dazu könnte eine Bildung leisten, in der auch Lebensstile reflexiv analysiert werden. Konsumverschwendung und prahlerisches Verhalten würden diskreditiert und gemieden und so ins soziale Abseits gestellt werden.

Warum dies letztendlich aber eine Utopie bleibt, ist offensichtlich. Es fehlt an einer fundierten politischen Kritik. Stattdessen greifen Unternehmen verstärkt in den Schulunterricht ein. Das humboldsche Bildungsideal, das auf das Ziel des guten Lebens vorbereiten soll, verblasst ebenso wie ein breites und kritisches Basiswissen über die Grundlagen und Funktionsweisen von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Diese Ziele werden ad absurdum geführt, wenn sich Politik und somit auch die Schulbildung der eindimensionalen Maxime der Profitmaximierung, die von den multinationalen Konzernen angestrebt wird, weiter unterwerfen.

Artikelbild: Bundesarchiv, Bild 183-H0812-0031-001 / CC-BY-SA

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28 Kommentare zu "Vom Zeitgeist der Werbung"

  1. Ja immer schön in die Psychokerbe schlagen. Der manipulierte Mensch.! Auf den Gedanken, dass die Masse der Menschen ganz einfach primitiv, einfältig und gierig sind kommt man dabei allerdings nicht.

    Obschon gerade dies wahrscheinlich am wahrscheinlichsten ist. Sich solange Fett anfressen bis man zum zum diap.2 wird, gehört ja heute absolut dazu.

    Den entarteten Kapitalismus haben wir heute, vor allem in der westlichen ersten Welt, weil sich über Jahrzehnte eine Mehrheit darin gesuld hat wie die Schweine im Schlamm. Von wegen Manipulation. Der Mensch ist einfach so. Je mehr er haben kann, destso mehr will er. Egal was, einfach mehr als der Nachbar.

    Es gibt keine andere Erklärung für den Konsumismus, ausser das der Mensch ganz allgemein, vor allem wenn er/sie in einer der Hochburgen der Vollkaskogesellschaft lebt, automatisch, ja sagen wir es mal deutsch und deutlich, zum Konsum-wixer wird.

    • Rosi sagt:

      @dragaoNordestino: “Ja immer schön in die Psychokerbe schlagen. Der manipulierte Mensch.! Auf den Gedanken, dass die Masse der Menschen ganz einfach primitiv, einfältig und gierig sind kommt man dabei allerdings nicht.”

      Wenn man dazu tendiert, unter Psychokerbe in Verbindung mit Manipulation in etwa in die Richtung Waterboarding zu denken, ist das vermutlich der falsche Ansatz.

      Man könnte sich für einen kurzen Augenblick vorstellen, man würde ‘Manipulation’ einfach unter den Aspekt ‘Erziehungswirkung’ betrachten. ‘Erziehung’ beginnt bereits im Kindesalter, fällt nicht einem längst zu einem autarken ‘Ich’ erzogenen Menschen im Erwachsenenalter vor die Füße. Erziehung ist ein Prozess, der kulturgebend wirkt sowie die Kultur als Selbstläufer darauf zurückwirkt und praktisch niemals endet. Wie eine Spirale sich ständig weiter schraubt.

      Kulturverändernde, nachhaltige Erziehungsprogramme, und damit meine ich mitnichten irgend welche Verschwörungstheorien, starten stets über die Kinder und Jugend. Das wusste man bspw. in der Industriellen Revolution (über die Kinder die Erziehung der folgenden Generationen als williger Industriearbeiter), Hitler (BDM/HJ), Mao in China … usw. usf.. Die Kräfte im Neoliberalismus funktionieren nicht anders. Hinzu kommt, solche systemgebenden Erziehungsprogramme bilden ein System, welches zurück spiegelt, einmal in Gang gesetzt.

      Eigentlich braucht man sich nur die Entwicklung der Industriellen Revolution anzuschauen. Es ist keine Verschwörungstheorie, sondern Fakt, dass man mit Absicht auf die Kinder zurückgegriffen hat, eben mit dem Ziel, dass solch geformte Kinder ihrerseits wieder Nachkommen erziehen, die den von ihnen geforderten Tätigkeiten willig nachgehen (dazu gibt es historische Aufzeichnungen). Und schwupps sind wir schon bei der Geschichte der Arbeit, ein riesiges Erziehungsprogramm, welches bis heute optimal nachwirkt.

      Exakt diese Entwicklung kann man sich heutzutage in Indien anschauen, wenn man sich das so nicht vorstellen kann oder nicht glauben möchte, das es funktioniert. Das ist kein Witz, die erwachsene Landbevölkerung benimmt sich heute noch so in den Fabriken, wie einst unsere zum Arbeiten in Fabriken “rekrutierte” Landbevölkerung. Viele kommen nach Erhalt ihres Lohnes einfach nicht wieder, verschwinden schon in der Mittagspause, verlängern ihre Tea-Time, liegen schlafend irgendwo auf dem Gerüst. Wer niemals dort war, kennt zumindest den Tenor, dass es massiv an der Arbeits-“moral” unter westlichen Gesichtspunkten mangeln würde.

      Auch aus diesem Grunde “exportieren” die Unternehmer, die dort ihre Industriebetriebe installieren, zunächst eine ganze Schwadron westlicher Arbeitsbienen, die sog. Expatriats, Montagearbeiter; sonst wird das Werk niemals fertig. Doch selbst Gewalt, verspätete Lohnauszahlungen, sogar Stockschläge, was wir uns hier kaum noch vorstellen können, sind dort Maßnahmen, um indische Arbeiter in Bewegung zu setzen. Natürlich baut man auf die nächste Generation, auf deren Kindern, mit denen man es einfacher haben wird und die wiederum ihre Kinder zur Arbeit erziehen, bis man sich an den heutigen Stand der Arbeitseinstellung westlicher Industrienationen angepasst hat. Dieser Wandel, würde ich schätzen, ist zur Hälfte vollzogen, doch noch kann man es sich dort anschauen, ein Geschichtsprogramm, live.

      Und hierzu fällt mir wieder der allseits bekannte Spruch ein: “Wer aus der Geschichte nicht lernen will …”. Wie wahr, wie wahr.

      Nichts ist einfacher, als sich hinzustellen und zu behaupten, Menschen sind von Natur aus einfach so. Nun, dann können wir gleich unseren Kopf in den Sand stecken. Eigentlich schade, das damals die Großindustriellen oder davor die Kirche in Bezug zur Lehnsarbeit usw. nicht genau so dachte …

      Wenn man jedoch aufmerksam verfolgt, wie die Erziehungsprogramme, gerade jene des Neoliberalismus, bis in den letzten Winkel der Kinderstuben hineinreichen, so wundert mich gar nichts. Das jetzige Programm wird die Menschheit, respektive die erwachsene Vorgeneration, noch bitter bereuen … Schon heute erzieht Werbung, DSDS, Topmodell, die Kinder. Wer sich als Nachwuchs nicht der Konformität hingibt, steht draußen und wird gedisst. Das wissen die Eltern, es gab genug, die sich versucht haben, dagegen zu stemmen. So ziehen die Kinder die Eltern hinter sich her.

      Hier noch ein kleines Beispiel, aus dem weitergehende Ableitungen möglich sind:
      http://www.spiegel.de/kultur/tv/doku-ueber-babyfernsehen-glotzen-bis-die-synapsen-qualmen-a-742984.html
      (Leider ist die Doku von Arte, die weitaus informativer und einprägender wirkt, nicht mehr frei verfügbar).

      Es ist anzunehmen, dass es auch hier Schule macht, wenn das nicht längst passiert ist. Letztlich schwappt, mehr oder weniger zeitversetzt, alles rund um den Globus.

      Jetzt muss man mir nur noch erzählen, Erziehung habe keinerlei Wirkung. Letztlich ist mir gleich, ob man im psychologisch wissenschaftlichen Tenor von psychologischen Strukturen und Manipulationen sprich, oder es einfach Erziehung nennt, von mir aus auch Verschwörungsprogramm. Am Ende kommt hinten dasselbe hinaus.

      • Natürlich haben Sie recht mit allem was Sie schreiben. Das Beispiel Indien kann man auch in Brasilien jeden Tag beobachten. Dass wir die ganzen Social engineering Programme die heute laufen noch bereuen werden, auch da stimme ich Ihnen zu.

        Nur……..! Haben die Menschen ihresgleichen nicht schon seit aller Zeiten je nach Gesellschafts-System sozialisiert.? Anders könnte eine derart grosse Gemeinschaft gar nicht überleben. Es wäre ein mörderischer Haufen von asozialen Elementen.

        Die Sozialisierung, Erziehung oder Manipulation, eigentlich egal wie man es nennt, ist anscheinend von einer grossen Mehrheit der Menschen gewollt. Genauso gewollt wie es heute abläuft, sonst würde es ja gar nicht gehen. Jeder glaubt in seiner Einfalt und uneigeschränkten Gier, dass er irgendwann zu den Gewinnern gehört.

        • Rosi sagt:

          Sie vergessen, es gibt jene, die haben Ziele zur Formung der Gesellschaft und auf der anderen Seite steht halt die zu erziehende Gesellschaft. Die Machtverhältnisse sind hier klar verteilt, denke nicht, dass das infrage zu stellen ist. Damit gibt es – und ich meine damit nicht die Eltern – die Erzieher und deren Erziehungsprogramme und auf der anderen Seite die Erzogenen.

          Dass es wunderbar funktioniert, als dass Interessenvertreter – verglichen mit der Masse der Gesellschaft sind das recht wenige – ihre Erziehungskonzepte umsetzen können (unabhängig vom Gesellschaftssystem), zeigt ein kurzer Blick in die Geschichtsbücher (es gab eine Menge unterschiedlicher Ziele im Laufe der Epochen, die man sich auf die Fahnen schrieb) und wie ich oben schon erwähnte, ein Blick um den Globus kann erhellend wirken. Kultur hört nicht im Heute und nicht in den Industrienationen auf. Ob wir Westnationen dies bei oberflächlicher Betrachtung unter Kultur verstehen, steht auf einem anderen Blatt, ändert jedoch nichts an der Existenz verschiedener Kulturkreise.

          Wie man dort erkennen kann, wenn man hinschaut, gibt es mehr als nur ein menschliches Ziel. Steckt man allerdings innerhalb des Kulturkreises selbst recht fest, fällt ein solcher Blick natürlich schwerer, man kann sich einfach nichts anderes mehr vorstellen.

          Freier Wille, das ist etwas sehr Relatives, das wusste schon Kant. Wenn sie Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen nehmen, von mir aus auch aus unterschiedlichen Epochen, dürfte man eigentlich nicht mehr darüber hinwegsehen können.

          Formulieren wir es so: Vor nicht allzu langer Zeit, wäre man mit einer solchen Einstellung, also Gier/Profit, bei den Inuit einfach ertränkt worden (und mitnichten nur dort).

          In Islamischen Ländern strebt man immer noch nach den Vorteilen im Jenseits, den Freuden, die dort warten (sollen). Viele Ureinwohner (sofern sie noch solche sind) wissen mit Gier/Profit/Maßlosigkeit überhaupt nichts anzufangen, sind froh, wenn alle satt, gesund und zufrieden sind. Darüber schüttelten schon die damaligen Eroberer die Köpfe (faule Wilde) und starteten recht große und häufig sehr brutale Programme, um ihnen das abzuerziehen.

          Man nannte es auch Erziehungsprogramme, zumeist unter Federführung von Kirchenvertretern. Man Zwang sie (oft sehr brutal, mit Todesdrohung) zur Arbeit und gab ihnen exakt vor, wie sie ihre Kinder zu erziehen hätten. Selbst auf das Unterlassen von Züchtigungen gegen ihre Kinder, stand Folter und Todesstrafe.

          Und so nebenbei, meiner einer ist nicht von Gier getrieben oder möchte zu irgend einer Gewinnerklientel gehören,das ist mir schlicht und ergreifend zu primitiv, man kann auch formulieren: zu krank. Nicht ein jeder, der einen I-Pod in der Hand hält, ist gleich gierig oder profitsüchtig. Und das mit dem “ein jeder möchte Gewinner sein” halte ich für ein Gerücht, von Natur aus ist der Mensch eher faul, viel zu anstrengend. Deswegen muss man ihn ja zwingen, zu immer mehr Arbeit und Hetze, es gäbe nicht einmal die HartzIV-Zwangs-Gesetze, wozu denn auch? Würde doch ein jeder … Funktioniert so aber nicht, deswegen die Zwangskronstrukte.

          Ganz entgegen dem ihrigen Menschenbild, gehe ich davon aus, das betrifft die Masse. Und nein, das schließe ich weniger von mir auf die Masse, sondern das leite ich davon ab, dass Masse relativ ist und schon immer gewesen ist. Der vom Land in die Fabriken zwangsverfrachtete Arbeiter, hatte ein Leben vorher und das war eben mehr auf den Existenzerhalt ausgerichtet. Steht jedoch alles in der Geschichte der Arbeit. Arbeit, so wie wir das heute in den Industrienationen kennen, nahezu schon als Lebenssinn, war mitnichten eine Normalität. Selbst heute ist das noch nicht überall auf dem Globus so, wie im Beispiel Indien schon aufgeführt.

          Läge es in der Natur des Menschen selbst, hätte man sich sämtliche Eroberungen/Versklavungen/Erziehungsprogramme schlicht sparen können, alle wären auf den gleichen Stand mit den gleichen gierigen Interessen, niemanden hätte man überrennen können. Das Szenario bis zum Ende gedacht, denke nicht, dass Menschheit sich hätte so um den Globus verbreiten können. In einer Welt, in der ein jeder Mensch ein Jäger des anderen Menschen ist, herrscht Dauerkrieg und völlige Anarchie; niemand hätte sich für Gesetzte etc. interessiert (wo sollen solche Ideen auch herkommen, so alle als Kannibalen des andern . Kein Erfolgsmodell für das Konstrukt Homo-Sapiens.

          Das führt mich jedoch zu der Frage, wie halten Sie es denn? Sind Sie auch so ein Mensch oder halten Sie sich für ein extrem seltenes – und Ihre These nur einmal vorausgesetzt – völllig entartetes Einzelexemplar?

          denn jene, die nicht genug bekommen können, das sind gar nicht so viele, doch es sind jene, die ausbeuten und es sind jene, die Einfluss auf alle Bereiche des Lebens nehmen.

        • Sind Sie auch so ein Mensch oder halten Sie sich für ein extrem seltenes – und Ihre These nur einmal vorausgesetzt – völllig entartetes Einzelexemplar?

          Völlig entartetes Einzelexemplar..? Ja glaube schon, wenn wahrscheinlich auch nicht Einzelexemplar. Tatsächlich habe ich in meinem Leben bis heute absolut keine Sicherheiten eingefordert. Ich habe weder Rente, noch Krankenkasse oder sonst eine Versicherung. Ein Vollkasko-Leben ödet mich tatsächlich an. Heute bin ich 60 Jahre, und mir geht es hervorragend.

          Allerdings lebe ich fast ohne Luxus, sozusagen in den Ferien an der Küste des Brasilianischen Nordostens, und die Werbung, Finanzkrise und sonstig systemisches geht mir eher am Hinterteil vorbei, weil ich mich eh nicht auf das System verlasse.

          In diesem Sinne habe ich wahrscheinlich eine etwas extreme Ansichten, was die Manipulationsmethoden des Systems betreffen. Meiner Meinung nach kann jeder Mensch selber entscheiden, bis zu welchem grad er/sie sich Manipulieren lässt. Wenigstens die Erwachsenen.

        • Rosi sagt:

          @dragaoNordestino: “Völlig entartetes Einzelexemplar..? Ja glaube schon, wenn wahrscheinlich auch nicht Einzelexemplar.

          Es gibt immer Menschen, die sind schwerer erziehbarer, als andere und es gibt natürlich auch solche, die sich freier entwickeln konnten usw. (aus heterogenen Gründen). Doch das sind überwiegend Ausnahmen; deswegen Einzelexemplar. Ein kurzer Blick zurück in die Jugendzeit, auf die restlichen, widerspruchslosen braven Schüler, die doch eher die Masse stellen, dürfte veranschaulichen, was ich ausdrücken möchte.

          Jene “Einzelexemplare” neigen auch dazu, sich später von den Fesseln zu befreien, resp. auszusteigen. Sie gelten in der Masse und für die Masse als extrem umbequeme Charaktere.

          Doch das rechtfertigt keine extreme Sicht auf die Manipulationsmethoden des Systems oder gar den Kehrschluss, die Masse sei damit befriedigt und glücklich oder gar Erziehungsprogramme würden nicht kulturgebend wirken. Nein, ganz offensichtlich wirken sie wunderbar und quer durch die Epochen mit jeweils wechselnden Zielen (alleine Letzteres sollte schon zu denken geben).

          Mal die Masse als Kanonenfutter, mal als Bauern, Lehnsleute oder Sklaven, ein anderes Mal dazu geboren, um nach dem Tode auf etwas besseres zu warten oder wie in den Industrienationen, um zu arbeiten und zu konsumieren und kleine Ingenieurleins zu produzieren. Wobei beides längst überhängig gesellschaftliche Zwänge innerhalb dieser Kulturräume sind (Zelt im Wald iss nicht). Es gibt mittlerweile viele, längst bekannte Indikatoren, die mehr als nur darauf deuten, glücklich ist die Gesellschaft damit nicht, sie beginnt, sich zu zersetzen.

          Andere sind halt anders (anders, nicht besser und nicht schlechter, einfach anders), leichter zu erziehen und somit leichter zu manipulieren; rein jetzt auf Ihre anzunehmende unbequeme Art ausgerichtet (doch auch jene wird nicht vom Himmel gefallen sein, wenn dem so ist).

          Weiterhin ist es eine Erziehungsstrategie, die nicht auf einen autarken Menschen abzielt, sondern eben auf einen konformen, gehorsamen, ängstlichen und demzufolge bequem zu steuernden Menschen. Mit einer Gier oder einer Gewinnsucht dieser Menschen hat das nichts zu tun, denn sie sollen weder ihre Gier befriedigen, noch gewinnen. Sie sollen verlieren und das tun sie auch, dafür werden sie schließlich “gehalten”.

          Damit ist der Faktor ‘Ängste’ (auf den Sie selbst anspielen und damit den Kern schon weit eher treffen) ein weit besserer Diener, als es die Gier jemals sein könnte; eine solche Begehr würde die tatsächlich Gierigen maßgeblich stören, zu erheblichem Unfrieden führen. Echte Gier bedingt große Risiken eingehen zu wollen. Das lässt sich ganz und gar nicht mit dem Sicherheitsdenken der Massen vereinbaren. Am erfolgreichsten gierig sind die sog. Soziopathen, die kennen jedoch keine Angst, eine nahezu perfekte, charakterliche Ausgangslage, doch mit Konkurrenz haben sie es nicht so, gerade nicht durch eine solche auch noch massenweise. Insoweit ist längst vorgesehen, was die Masse zu konsumieren und was für sie unerreichbar zu bleiben hat.

          Deswegen entstehen auch Projekte, wie “Wurfprämie” etc. pp. mit den dazugehörigen Gesellschaftsbildern, die suggerieren, so sein zu müssen, die jedoch nichts mit einem tatsächlich sozialen Reproduktionsprogramm einer Gesellschaft zu tun haben. Gehorsame Schafferlein und gehorsame Konsumenten sollen “geworfen” und in diesem Sinne ausgebildet werden. Sie sollen möglichst keine überhöhten Ansprüche stellen (weder an ein Sozialsystem, noch an Besitz). Und Ansprüche, werter @dragaoNordestino, Ansprüche sind nicht von der echten Gier zu trennen. Das mag vll. so aussehen, wenn sich die Masse um die dargebotenen Brösel prügelt, doch Gier ist etwas anderes, die prügelt sich nicht um Brösel.

          Ein Gefühl dafür, ausgenutzt zu werden, das hat die Masse schon entwickelt, spüren tut sie das. Da sie jedoch in ihrer Gehorsams-/Demuts-/Anstarre anerzogen festsitzen, passiert eben nichts. Deswegen wundert mich auch nicht, dass nichts passiert.

        • Ein Gefühl dafür, ausgenutzt zu werden, das hat die Masse schon entwickelt, spüren tut sie das. Da sie jedoch in ihrer Gehorsams-/Demuts-/Anstarre anerzogen festsitzen, passiert eben nichts.

          Nun dies kann man so sehen wenn man will. Im Grunde ist es aber eine nicht zu beweisende Behauptung.

          Da kann man dann so Sachen lesen wie, 1 Milliarde Android-User noch in diesem Jahr unsw. Ja die armen ausgenutzten, aber immer dem letzten Schrei hinterher hechelnd. Und logischerweise muss man sich das nötige Geld für solche Dinge auch nicht mehr ansparen, nein diese Gier kann man sofort befriedigen auf Kredit.

          Wahrscheinlich können sich unsere Meinungen nicht treffen, im Grunde halten Sie den Menschen , den/die “Normalo” für ein einfältiges, anscheinend blödes Wesen, dass mit einigen psychologischen Tricks, ohne weiteres zu manipulieren ist. Was natürlich im Folgeschluss bedeutet, das der/die “Normalo” im grunde gar nichts dafür kann, für den heute wieder anzutreffenden dekadenten Zustand der Gesellschaft.

          Sehen Sie und dies glaube ich eben nicht. Der/die “Normalo” wissen sehr wohl was in der heutigen Welt abgeht, nur ist es ihnen einfach egal, solange die eigenen Bedürfnisse befriedet werden.

          Keine Frage, dass es den heutigen Elite-Soziopathen gelungen ist, breite Mehrheiten in eine abartige Dekadenz zu führen, wieder einmal, wie sie richtig festhalten. Breite Mehrheiten haben sich aber auch willig, ihrem “Fettbauch” zuliebe in diese Dekadenz begeben und tun dies ihrem Vorteils wegen auch weiter solange es eben geht.

          Grosse Umschwünge wird es erst geben, wenn nur noch kleine Minderheiten, über Leichen gehend ihrem “Fettbauch” fröhnen können. Vorläufig ist dies laber, in Europa noch nicht der Fall. Wie sonst erklären Sie sich, dass der kleine Westen, ein weiteres mal versucht sich den Rest der Welt untertan zu machen.? Ja dabei nicht einmal vor sogenannten präemptiven Angriffskriegen zurückschreckt und dies durchaus mit dem Wissen und der Duldung der eigenen Bevölkerungen

        • Rosi sagt:

          Wieso gleich in den Zynismus abfallen? Oder mit Android Werbeversprechen locken? Haben Sie einen Marketingvertrag? Zitat aus Ihrem Link:
          “Für die Zukunft setzt Schmidt seine Hoffnungen …. ”

          (Tja, so schnell versucht man aus Hoffnungen Fakten zu schaffen ….)

          In der Tat, man liest solche Sachen, überall. Aber was sind denn 1 Milliarde erwünschter Mobil-Nutzer, die nicht Nichtnutzer sind, sondern von Konzern X nach Konzern Y wechseln sollen, bei 7 Milliarden ‘jetzt schon nicht mehr wegzudenkenden, vernetzten Mobilnutzern’? Wo genau ist jetzt das Argument für eine gesteigerte Gier? Mobile Vernetzung ist längst Bestandteil unserer Kultur, wer nicht teil nimmt, ist auf sich alleine gestellt, doch der Mensch wurde als soziales Wesen geboren, nicht als Tiger, der nur zur Paarung Gesellschaft sucht.

          Davon abgesehen, da kommen Sie mir mit einem Text, der i.Ü. genau in die Kerbe Umerziehung zu Android über diverse, längst übliche Tools Einzug halten soll. Exakt davon ist doch hier die Rede. Sie stehen doch auf dem Standpunkt, ist nicht nötig, wollen die auch alle von alleine. Dabei wünschst sich google für die Zukunft, nicht für das heute, eine Rolle als weltumspannendes Netz. Das gilt es erst noch zu erreichen. Und völlig korrekt, das ist das Wunschverkaufs- und Wunscherziehungsziel , damit man von der Suchmaschine zum allumfassenden Netzwerksystem werden kann. Deswegen müssen sie zur Nutzung eines simplen Browser aus dem Portfolio sich auch ein Konto online einrichten, damit persönliche Einstellungen und Kontaktadressen etc. gespeichert werden.

          Rekrutieren Sie aus einem solchen Verkaufszahlenwunsch eines Konzerns Ihr Menschenbild? Tumbe Einfalt und uneingeschränkte Gier? Nicht zu fassen …. Exakt das sollen Sie ja auch so tun, DAS IST bereits ein wesentlicher Teilaspekt der Manipulationsstrategie. Nichts nützt den gewinnsüchtigen Gierigen mehr, als solche Attribute zum Standard zu erheben und sie verbreitet zu wissen. Der Nutzen versteht sich von alleine. Wenn alle so sind, kann eine solche Charaktereigenschaft nicht fehlgeleitet sein und dann braucht sich auch niemand zu beschweren, nichts zu ändern, weiter, wie bisher. Perfekt für den neoliberalen Leitgedanken, Sie stehen ihm offensichtlich, jedoch hoffentlich unbewusst, sehr zu Diensten.

          @dragaoNordestino: „Wahrscheinlich können sich unsere Meinungen nicht treffen, im Grunde halten Sie den Menschen , den/die “Normalo” für ein einfältiges, anscheinend blödes Wesen, dass mit einigen psychologischen Tricks, ohne weiteres zu manipulieren ist.“
          Höchstwahrscheinlich treffen sich unsere Meinungen nicht, ein solches Menschenbild ist mir zu simpel, zu sehr vereinfacht, zu oberflächlich betrachtet unter Ausklammerung sämtlicher wissenschaftlicher Erkenntnisse. Neoliberales Blabla halt. Derartiges plappern und beten uns die neoliberalsten Vertreter ständig vor. Versteht sich von alleine, dass irgendwer dann auch daran glaubt, sonst würde man das nicht ständig hinausposaunen.

          Und nein! Was ist „im Grunde“ meiner Gedanken unterstellen, das steht weder in meinem Text, noch lässt eine logische Interpretation des Geschriebenen ein solches Fazit zu. Insoweit denke ich, dass es sich um eine Projektion Ihres Menschenbildes handelt. Denn Sie halten doch die Menschheit für:

          „..dass die Masse der Menschen ganz einfach primitiv, einfältig und gierig,
          kleben nur noch obendrauf das Attribut „Gier“. Es versteht sich nahezu von selbst, dass es Ihnen schwer fällt, sich eine völlig andere Sicht auf Menschheit vorzustellen.

          In meinem Text geht es auch nicht um Schuld; Haftungsverantwortung! Sondern um Interessen, Erziehungsprogramme und Machtverhältnisse. In Ihrer Argumentation bekommt man immer den Eindruck, als gäbe es schlicht und ergreifend keine Kinder, die erzogen werden und innerhalb dieses Prozesses zu erwachsenen „Produkten“ werden. In etwa so, als würden die Menschen bereits als autarke Erwachsene, nicht zu formende Individuen geboren und unterlägen auf dem Weg ins Erwachsensein keinerlei Prägungen und Erziehungsprogramme, die deren Seinwerdung massiv beeinflussen. Nichts und Niemand nähme Einfluss darauf, später käme dann doch ein völlig autarker Mensch heraus. Da stellt sich dann schon die Frage, wieso die Kulturen jeweils überhaupt einen solchen Erziehungsüberbau mit schleppen. Entsprechend ihrer Logik völlig sinnlos. Dabei sorgt das ganze Erziehungsschemata exakt für das Gegenteil. Die Masse soll doch gar nicht erwachsen werden, sondern quasi im Welpenalter stehen bleiben. Im Ergebnis ist das auch so, das beklagen Sie doch selbst, mit dem Verweis auf Abhängigkeiten innerhalb der Sozialsysteme. Sie sehen das Ergebnis und damit geben Sie sich offensichtlich zufrieden. Die Frage, wie es dazu kommen konnte, scheint nicht von Belang.

          Dabei wies ich schon mehrfach darauf hin, bei der kulturverändernden Prägungs- Maßnahmen greift man stets auf die Kinder und Jugend zurück. Das hat seinen Grund und man hat Zeit. Niemand richtet seine Pläne auf 5 Jahre aus, so etwas macht man über Generationen. Und so richtig adaptiert haben es dann in der Regel die Kinder der Kinder (wenn zwischenzeitlich nicht auf ein anderes kulturelles Ziel umgeschwenkt wird). Meine Generation ist doch z.B. nicht die „kreditfinanziert-Kaufgeneration“, die kam erst nach mir. Eingeführt hat man das, als ich auf der Schwelle zum Erwachsensein stand. Es gibt sogar Statistiken darüber, welche Altersklasse besonders kreditfreudig agiert. Es ist diejenige welche sich ein Leben ohne Kreditfinanzierung gar nicht mehr vorstellen kann, weil sie damit aufgewachsen ist. Dass Oma und Opa noch gespart haben, erntet heute nur Unverständnis.

          @dragaoNordestino: „Im Grunde ist es aber eine nicht zu beweisende Behauptung.“
          Ganz im Gegenteil, meine Ausführungen sind keine Behauptung, darum ranken eine Menge Wissenschaften. Rund um den Menschen und vor allen Dingen eine Menge Strategien, die aus dem Menschen das machen sollen, auf dass er so funktioniere. Kultur, resp. Erziehung prägt. Das ist kein Gerücht, sondern eine allseits bewiesene Tatsache. Ausnahmen bestätigen die Regel, doch für die Ausnahmen gibt es überwiegend Parameter, die das Ausnahmesein selbst erklären. Gäbe es keine kulturgebenen Prägungen beim Menschen, hätten wir keine unterschiedlichen Kulturkreise. Die Existenz solcher unterschiedlicher Kulturkreise ist keine Behauptung, sie ist ein Fakt. Wenn ich des Menschen Natur per Genmaterial verankert wäre, dass sie alles einfältige gierige Raubtiere ihrer eigenen Spezies wären, dann wären alle so. Sind sie aber nicht und waren sie auch nie und voraussichtlich werden sie das auch niemals wirklich werden. Statt sich den Gierbauch in der Sonne zu schaukeln stellen sich immer mehr Menschen die Frage, was das ganze System überhaupt soll. Die Anzahl derjenigen, die damit psychisch nicht mehr klar kommen wächst rapide. Wenn man sich jetzt nicht hinstellt und behauptet: „alles Simulanten“ (das steht ihnen natürlich frei), dann lässt es darauf schließen, das man wider seiner Natur lebt. Wäre es mit der Natur des Menschen, dann wäre doch alles in Ordnung. Wir würden hier nicht einmal diskutieren. Wozu? Sie wären so, ich wäre so, alle wären so.

          Nebenbei, es ist Ihre These, die keinerlei Überprüfung stand hält, sie ist auch so simplifiziert. Das hält weder einer historischen, noch einer philosophischen, soziologischen oder psychologischen Überprüfung stand, geschweige denn Verhaltensanalysen. Sie haben Ihre ganz eigene These, eine persönliche Meinung, die Sie zur allumfassenden Richtigthese deklarieren und gleich auf die ganze Menschheit rund um den Globus projizieren.Dabei ist es nicht einmal Ihre. Es ist exakt jene mathematische Spieltheorie-These, die Physiker und Mathematiker entworfen haben, um den Menschen einfacher, bequemer und simplifizeirt zu berechnen (mit solchen Formeln arbeitet google i.Ü. auch, ganz wie die Börse, nur auf Verbraucher bezogen). Da das – eigentlich verständlicherweise – weder richtig funktioniert und oft genug zu Krisen führt , noch dem Menschen wirklich gerecht wird, ist man dazu übergegangen, den Kulturkreis in diese Richtung zu erziehen. Hauptsache ist, man kann so weiter machen, Hauptsache, die Formel stimmt. Mehr möchte man über den Menschen nicht wissen (das rückt auch mehr und mehr in den Hintergrund), mehr soll Mensch nicht tun (zu mehr hat er fast schon keine Zeit mehr) und am besten wäre doch, mehr könnte Mensch auch nicht mehr sein. Ganz so, wie die Esel, denen man in Afrika solange den Fluchtreflex aberzogen und abgezüchtet hat, dass sie nicht einmal die Flucht ergreifen, wenn sich ein paar Löwen unter die Herde mischen (geht ziemlich übel aus … für die Esel … für die Löwen häufig etwas später auch …das wissen die nur zu dem Zeitpunkt nicht). Dazu ist es nicht einmal wichtig, ob es der Wahrheit entspricht, wichtig ist nur, dass möglichst viele daran glauben. Und Sie tun es schon mal, wie sie schreiben.

          @dragaoNordestino: „Und logischerweise muss man sich das nötige Geld für solche Dinge auch nicht mehr ansparen, nein diese Gier kann man sofort befriedigen auf Kredit.“
          Dieser Konsum soll sofort kreditfinanziert w befriedigt erden (nur selbst das können sich immer weniger Menschen leisten, dass ist ja eines der Kernprobleme der Krise). D.h. zuerst arbeitete man massiv daran, einen solchen Bedarf zu wecken (dazu gibt es genug schriftliche, längst bekannte Aussagen). Dann folgte die nächste Stufe, den Menschen zu vermitteln, wer spart und direkt bezahlt, der sei blöde. Ein riesiges Programm. Und nur so nebenbei: derart funktioniert unser Geldsystem, das ist kreditbasierendes. Das hat sich doch nicht die Masse in Form von „tumben, kleinen Fettbäuchen“ ausgedacht und nach derartigem geschrien. Das kannte der Verbraucher in der Masse doch gar nicht, das musste man ihm erst schmackhaft machen.

          @dragaoNordestino:““Normalo” im grunde gar nichts dafür kann, für den heute wieder anzutreffenden dekadenten Zustand der Gesellschaft.“

          Wie ich oben schon schrieb, ob der Normalo etwas dafür kann oder nicht, stand in meiner Argumentation nicht einmal zur Debatte. Ist im Zusammenhang nicht wichtig, denn er kommt eh nicht mehr aus dem System heraus, solange dieses System arbeitet.

          Für mich ist der Mensch kein „Blödes Wesen“, ein Huhn ist ein blödes Wesen. Der „Normalo“ von heute ist für mich eher ein völlig ausgepowertes, hetzendes, zu Arbeit und Konsum, von Kindesbeinen erzogenes Wesen, welches sein geistiges Potential nicht einmal mehr im Ansatz nutzen kann. Das ist mitnichten gleichbedeutend damit, es wäre keine vorhanden.

          Sie kennen doch den Spruch: „Halt Du sie dumm, ich halt sie arm“. Daran wird doch wieder kräftig gearbeitet. Streiten Sie auch ab, dass dieser Spruch seine Berechtigung hat?

          Zum einen sind die Gehirne vollgestopft mit Ausbildung statt Bildung – und das heutzutage ein ganzes Leben lang (genannt Weiterbildung/Erwachsenenbildung, gemeint: berufsspezifische Ausbildung) – und zum Anderen hält man es derart in Atem, dass keine freien Ressourcen enstehen können. Wenn die gierige Masse nach den Überstunden herum eilt, um ihre Kinder einzusammeln und an der eigenen Internetvermarktung arbeitet, die heute schon gefordert wird, ist der Tag eigentlich schon zu kurz gewesen. Und über allem steht ständig die Drohung des sozialen Abstiegs.

          Konstruktive Gedanken fordern eine gewisse Ruhe und Muße, bei Jedermann! Nicht umsonst graben wir heutzutage überwiegend die alten Meiste aus, neue haben wir nicht, wie auch? Die Menschen sind im Hamsterrad gefangen, von allen Seiten prasseln Fremdeindrücke auf sie herein. Sehe schon überall nur Gierbäuche, bei einen statistischen Durchschnittseinkommen (lt. Statista) von ca. 2.400 Euro brutto. In der Tat, das lässt wohl „exorbitante Giersprünge und Kreditlinien zu“ (Achtung: Ironie). Nicht zu fassen …

          @dragaoNordestino:“Wie sonst erklären Sie sich, dass der kleine Westen, ein weiteres mal versucht sich den Rest der Welt untertan zu machen.?“

          Auweia … wer ist denn der Westen? Kevin vom Band oder sind es nicht doch eher Regierungsvertreter und ganz bestimmte Interessengruppen, die nachher ihre Vorteile daraus ziehen? So. wie damals bei der Treuhand, bei der Vereinigung mit der DDR, alle haben profitiert? Ja nee, iss schon klar, stelle mir gerade vor, wie die Kevins von Ford ihre Arbeit niederlegen und mit ihren Werkzeugkoffern gegen den Rest der Welt marschieren, in diesem Falle gegen Südeuropa, bspw. die Griechen? Sischer, und das landet dann alles in seinem Säckel von Chantal und Kevin. Und ich Dummchen dachte doch, die Hilfsprogramme lehren deren Säckerl, ohne, dass sie etwas dagegen tun können. Wir erinnern uns: „Alternativlos“. Schließlich muss es doch Kevins Idee und Entscheidung gewesen sein, derart gierig sind sie nämlich. Deswegen hat er „Will-Troika-haben-Schreiben“ an die „Volks(ver)treter“ geschickt ohne Ende, bis man seinem Begehren nachgegeben hat, einen Treffpunkt vereinbarte und ihn nach Griechenland sandte und seinen Schuldanteil direkt hinterher. Und dann hat er sich gleich selbst das Droh-Szenario aufgebaut, es sei quasi eine Generalprobe für das, was den Kevins im eigenen Lande blüht. Er ist derart gierig, dass er sich letztlich doch noch selbst verzehren wird.

          Seit wann entscheiden denn die Massen über solche Dinge oder über Krieg und/oder Eroberungen? So, wie damals die großen Königshäuser, die Seemächte, als sie ihre Schiffe losschickten, um die Welt zu erobern oder man englische Piraten in den Bürgerstand erhob, um Spaniens, bereits auf Plünderungen basierende Transporte zu kapern? Das haben sich dann der Bauer Heinz und die Gänsemagd Bella ausgedacht oder der Kürschner an der Ecke? Und davon haben sie auch so richtig profitiert? So ganz dolle direkt?

          Natürlich haben die Gesellschaften im Nachhinein davon profitiert, es vielen immer Brösel davon ab, denn Reichtum sorgt auch dafür, dass sich bspw. technisch-gesellschaftliche Errungenschaften durchsetzen können. Doch die kamen nicht direkt per Kiste Gold., sondern im Zuge von Entwicklungen, Fortschritt genannt. Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass der einfache Fischer nicht am in Sonnenuntergang am Meer steht und darüber sinniert, welchen Flecken Erde er als nächstes versklaven und ausbeuten kann. Und für heute gilt eher Abbau, nicht Aufbau. Kevin wird nicht mehr gebraucht und Chantal eigentlich ebenso nicht. Die Technisierung ist soweit fortgeschritten, dass man mit weitaus weniger Menschen auskäme, wird so ebenfalls propagiert. Natürlich von „Menschenkennern“ und „Humanisten“ oder „Systemkritikern“.

      • Axel Zucker sagt:

        Herzlichen Glückwunsch Rosi, zu Deiner Antwort auf dragaoN…’s Kommentar der vor fatalistischer Resignation nur so strotzt und die Verantwortlichkeiten (sowohl auf Verbraucherseite als auch auf Werberseite) völlig zu verneinen scheint. – Ich hoffe, daß sein Fatalismus nur von vorübergehender Dauer ist, denn ansonsten wird er sich selber irgendwann einmal “die Kugel geben” müssen.
        An dragaoN…: Ich meine desweiteren, daß man oft durchaus angewidert sein kann, sowohl vom Gebaren vieler Werbe- bzw. Propagandaleute, wie auch vom stumpfsinnigen Gebaren vieler Verbraucher, und es ist wohl auch verständlich und rechtens einmal darüber richtig abzulästern, dem Ganzen aber solchermaßen das Siegel der absoluten Hoffnungslosigkeit zu verpassen, ist das nicht auch schon wieder – verantwortungslos?

        • Ich hoffe, daß sein Fatalismus nur von vorübergehender Dauer ist, denn ansonsten wird er sich selber irgendwann einmal “die Kugel geben” müssen.

          Sie haben aber reichlich komische Ansichten.! Wieso sollte ich den dies tun.?

          Offensichtlich erlebe ich die Wirklichkeit etwas anders als Sie und Rosi…na und.?

          Ich glaube tatsächlich nicht an das Manipulations-Geschrei, sondern viel eher daran, dass sich durch die masslose Übersättigung an materiellen Gütern der letzten 50 Jahre, eine ängstlich-verweichlichte nur auf Sicherheit strebende Gesellschaft herausgebildet hat, deren oberster Wert “der Besitz” ist. Sobald dieser Besitz nur angekratzt wird, fällt jedes soziokratische Denken.

          Eigenverantwortung ist europaweit zum Fremdwort geworden. Jeder glaubt tun und machen zu können, wies gerade so kommt. Gibt es dabei Probleme, wird nach dem allmächtigen Staat geschrien. Ja nun, dieser allmächtige Staat haben wir jetzt.

          Dass mit diesen verwöhnten, eigenverantwotungslosen Erstwelt-Gutmenschen etwas zu machen ist, dies glauben nur Fantasten. Zuerst müssten die Menschen bereit sein die Vollkasko-Mentalität am Eingang zu einer neuen Zukunft abzugeben und auch noch bereit sein, materielle Sicherheiten aufs Spiel zu setzten. Beides ist von der grossen Mehrheit der heute lebenden Europäer nicht zu erwarten.

    • ErdLing sagt:

      “Von wegen Manipulation. Der Mensch ist einfach so. Je mehr er haben kann, destso mehr will er. Egal was, einfach mehr als der Nachbar.”

      wenn du das glaubst, was tust du dann noch hier? was gibt dir Kraft, dein Leben fortzusetzen?

      Achso, wahrscheinlich, danach zu streben, mehr zu haben als deine Nachbarn.

      (Ich frage mich manchmal, warum nicht viel mehr Leute sich das Leben nehmen…)

      • wenn du das glaubst, was tust du dann noch hier? was gibt dir Kraft, dein Leben fortzusetzen?

        Achso, wahrscheinlich, danach zu streben, mehr zu haben als deine Nachbarn.

        Auch wenns manche nicht glauben mögen, es gibt auf diesem Planeten auch noch Nischen, wo das Leben bedeutend langsamer und menschlicher läuft. So im Stiele der 50er und 60er Jahre.. Nun ich wohne seit Jahrzehnten in solchen Nischen und finde das Leben absolut lebenswert. In die BRD oder USA zum Beispiel, würde mich aber keine Macht der Welt zum wohnen bringen.

  2. HAM sagt:

    Psychologische Methoden und Techniken sind die entscheidenden Mittel zur Aufrechterhaltung von kapitalistischer Herrschaft und Ausbeutung geworden.
    .
    Psychologen fördern als Betriebs- und Organisationspsychologen die Selbstausbeutungs- und Verausgabungsbereitschaft von Menschen, ihre Manipulationstechniken arbeiten mit Schmeichelei und narzisstischer Bestätigung genauso wie mit Angsterzeugung und Psychoterror. Das führt zu Erschöpfung und Krankheit. Als Werbepsychologen bringen sie Menschen dazu, Waren zu kaufen, die diese Menschen nicht brauchen und die sie ohne Werbemanipulation auch nicht kaufen würden. Für die durch auspowernde Lohnarbeit und psychologische Manipulation beschädigten und kranken Menschen bieten die Psychologen Psychotherapie an, welche in der Regel ein Schwindel ist, weil diese “Therapie” aufs symptomfreie Funktionieren abzielt und die Menschen nicht wirklich gesund macht. So bezeichneten sich marktkonforme Entwicklungen in der amerikanischen Psychotherapie als „Humanistische Psychologie“ und versprachen ihren Kunden, aus ihnen gesunde, sich selbst verwirklichende und schöpferische Persönlichkeiten zu machen. Dazu fällt Adornos Aussage ein, dass der scheinbar psychotherapeutisch „Geheilte“ sich immer mehr dem irren Ganzen anähnelt.
    .
    Überall sind in der kapitalistischen Gesellschaft Psychologen zu finden und die Zahl der Psychologen vermehrt sich ständig, vergleichbar mit einem wuchernden Krebs.
    .
    Akademische Psychologie ist fast ausnahmslos Manipulationswissenschaft, ihr Ziel ist die Herstellung eines erwünschten menschlichen Verhaltens.
    Psychologische Wissenschaftler, welche ihre Arbeit in den Dienst von Humanismus und Emanzipation stellten, wie Peter Brückner oder Klaus Holzkamp, wurden von der systemkonformen Psychologie veraußenseitert und bekämpft.

    • Axel Zucker sagt:

      “Psychologische Methoden und Techniken sind die entscheidenden Mittel zur Aufrechterhaltung von kapitalistischer Herrschaft und Ausbeutung geworden.
      .
      Psychologen fördern als Betriebs- und Organisationspsychologen die Selbstausbeutungs- und Verausgabungsbereitschaft von Menschen, ihre Manipulationstechniken arbeiten mit Schmeichelei und narzisstischer Bestätigung genauso wie mit Angsterzeugung und Psychoterror. Das führt zu Erschöpfung und Krankheit. Als Werbepsychologen bringen sie Menschen dazu, Waren zu kaufen, die diese Menschen nicht brauchen und die sie ohne Werbemanipulation auch nicht kaufen würden. Für die durch auspowernde Lohnarbeit und psychologische Manipulation beschädigten und kranken Menschen bieten die Psychologen Psychotherapie an, welche in der Regel ein Schwindel ist, weil diese “Therapie” aufs symptomfreie Funktionieren abzielt und die Menschen nicht wirklich gesund macht. …”
      Ich freue mich außerordentlich, hier so etwas zu lesen und daher unterschreibe ich diesen Kommentar von A bis Z aus ganzem Herzen!

  3. HAM sagt:

    @ Armin Stalder
    .
    Ein gelungener Artikel. Er zeigt auf, dass die kapitalistische Ökonomie ein System ist, welches um zu funktionieren, die Menschen zum Objekt psychologischer Manipulation machen muss, und zwar sowohl im Arbeitsleben sowie im Kauf-, Konsum- und Freizeitverhalten.
    .
    Welche Konsequenzen hat dies für die Zukunft der Gesellschaft?
    .
    Diese psychologische Manipulation ist erkennbar, sonst gäbe es einen Artikel wie diesen nicht, aber eben nicht durchschaubar für die Masse der Menschen. Denn die Masse der Menschen wird durch psychologische Manipulation dumm und krank gemacht sowie durch die Unterhaltungsindustrie in Passivität und Lethargie gehalten.
    .
    Dieses Herrschaftssystem macht die „Nutzmenschen“ systematisch zu Arbeits- und Konsumidioten. Das fängt schon im frühen Kindesalter an, wird dann in den Schulen fortgesetzt und hat längst die Massenhochschulen erreicht.
    .
    Sorry, das ist keine gute Botschaft, vor allem für jene Linken, die noch immer ihre politischen Hoffnungen auf die Massen projizieren sowie ihre Strategien daran ausrichten.
    .
    Soziologisch stellt sich die Frage, in welchen Schichten jene Menschen zu finden sind, welche intelligenzmäßig und psychisch in der Lage sind, zu erkennen, dass diese Gesellschaft immer irrationaler, psychopathischer und autodestruktiver wird und daher ein gesellschaftstransformatives Potential darstellen?

    • Armin Stalder sagt:

      @HAM

      “Welche Konsequenzen hat dies für die Zukunft der Gesellschaft?”

      Nun, wie wir hier alle wohl vermuten, hat dies negative Folgen. Wie in einem Beitrag von Rosi weiter oben bereits erwähnt, gibt es Indikatoren, die gesunde Menschen aufschrecken lassen sollten, wie z.B. Scheidungsrate, Selbstmordrate, Vermögensaufteilung pro Kopf usw. Ich würde aber meinen, dass dies kein spezifischer Zustand der heutigen Gesellschaft ist, sondern durchaus auch in früheren Zeitepochen schon so war, dass sich Gesellschaften weiterentwickelt oder halt zerstört haben. Die Frage ist: Wollen wir uns weiterentwickeln, stagnieren oder zerstören? Immer mit dem Hintergrundgedanke, wem was nützlich ist. Dazu muss man aber unangenehme Überlegungen anstellen, und möglichst umfangreiche, um alle Lebensbereiche abzudecken. Es genügt nicht, rein philosophische, psychologische, historische, wirtschaftliche etc. Gedanken nachzugehen, sondern man sollte dies interdisziplinär versuchen. Von meiner ganz persönlichen Intuition würde ich sogar sagen, dass die “westliche Welt” einen Zenit erreicht hat, ab dem die zukünftigen Entwicklungen destruktiv sind. Dante hatte bereits gesagt, der Mensch sei kein Wesen, dass lediglich zum Fressen und Schlafen existiere.

      Aber die Zustände ermöglichen es der Masse einfach nicht, ihre humanen Potentiale auszuleben. Und weil diese immer mehr verdrängt werden, tauchen die genannten Probleme auf, weil der Mensch kein Wesen ist, dass sich auf Arbeiten/Konsumieren reduzieren lassen will. Doch dieser vermeintliche Liberalismus hat alles infiziert und wird sich weiteren Lebensbereichen bemächtigen, wie Sie bereits erwähnt haben, läuft dies von der Erziehung bis in die Hochschulen, von der Freizeitgestaltung über Partnerwahl.

      Man kann die Folgen nur abschätzen und nicht genau voraussagen, aber wenn es so weiterlaufen wird und keine Wende stattfindet, sieht es wohl düster für unser Zusammenleben aus. Stellt sich dann die Frage, ob die Menschen die Absurditäten wirklich realisieren oder in ihrem falschen Bewusstsein für das Paradies auf Erden halten (der Öko-Wahn ist so ein Bsp., reine Abzocke aber keine nennenswerten oder beweisbaren Ergebnisse, nur merken es die Menschen nicht, da es “doch ein guter Zweck ist”). Auch ob der Kapitalismus sich selbst zerstört oder was danach kommt, ist bekanntlich umstritten, weil er dynamisch ist, er erfindet sich immer wieder.

      Die heutige Psychologie, so würde ich mich den bisherigen Kommentaren anschliessen, hat die vorzügliche Aufgabe, die vermeintlich kranken Menschen wieder in den Arbeitsprozess zu integrieren. Eine sehr heuchlerische Aufgabe, denn damit schickt man sie an den Ort zurück, von wo wahrscheinlich das “Problem” gekommen ist, man bekämpft also Symptome, keine Ursachen. Es geht darum, den Menschen zu lernen, wie er sich automatisch in die vom System gewünschten Bahnen lenkt, “wie er sich selbst steuert”, weil es die effizienteste Methode ist, die keinerlei sichtbare Unterdrückungsmechanismen erkennen lässt.

      Wo kritische Menschen zu finden sind, ist eine schwierige Frage. Solche werden i.d.R. sozial ausgegrenzt und möglichst unschädlich gemacht, weil “Störenfriede” das konformistische Getue beeinträchtigen, und alles was stört, damit will man sich nicht herumschlagen. Deswegen gibt es auch Krisen, Kriege, Armut usw. Dann werden sie mit den bekannten Ausdrücken “Kommunist” oder “Gewaltfanatiker” usw. diskreditiert. Da kommt besonders die Erziehung und deren Reproduktion ins Spiel, d.h. die meisten Menschen werden schon von der Logik her nicht zu kritischen oder mündigen Menschen erzogen, sondern zu Ja-Sagern. Wie sollen sie denn etwas zu denken im Stande sein, was sie nie gelernt haben? Man kann den Sarg nicht von innen schliessen. Und später, wenn das ganze Weltbild mal steht, ist es sehr schwer, noch daran zu rütteln.

      Bei den heutigen typisch Linken eher nicht, die betreibt Konsens- und Gutmenschenpolitik, das hat mit den ursprünglichen linken Ideen nicht viel zu tun. In der Schweiz (die grösste linke Partei hier ist die SP) sind die Parteiprogramme sogar widersprüchlich oder es lässt sich kein deutlicher roter Faden erkennen. Trotzdem würde ich meinen, dass da am ehesten Hoffnung besteht, die Linke müsste vielleicht wieder eher zu den alten Ideen zurückkehren (jeder der behauptet, dass hatten wir vor 30 Jahren alles schon mal und das übliche Gelaber hat definitv nichts von Marxismus/Ideologie oder Arbeiterbewegungen verstanden und sich nie ernsthaft damit beschäftigt).

  4. HAM sagt:

    Kapitalismus = Natur des Menschen?

    Jedes Herrschaftssystem erscheint für jene, die dort hineingeboren werden, zunächst als „natürlicher Zustand“, eben weil sie mangels historischer Kenntnisse oder mangels Erfahrungen mit anderen auf dieser Erde existierenden Gesellschaften nichts anderes kennen.
    .
    So hielt man in Sklavenhaltergesellschaften die Sklaverei für etwas Natürliches. Wenn es in der Geschichte vereinzelt siegreiche Sklavenaufstände gab, dann wurde danach die Sklaverei nicht abgeschafft, sondern die ehemaligen Sklaven nahmen ihre vormaligen Herren als Sklaven.
    .
    Zutreffend ist, dass Menschen sich an die vorgefundenen Gesellschaftssysteme anpassen und dann im Sinne dieser Systeme funktionieren.
    Die Systemapologeten gründen darauf ihre Behauptung, das herrschende System sei Ausdruck der Natur des Menschen. Aufgrund der Scheinplausibilität dieser Behauptung plappern Menschen ohne historische und kulturanthropologische Bildung dies nach und halten sich überdies nicht selten für besonders intelligent, weil sie glauben, den Grund für den Zustand der Gesellschaft in der „Natur des Menschen“ gefunden zu haben.
    .
    Im Artikel hat A. Stalder den „Dunning-Kruger Effekt“ erwähnt.
    Dunning und Kruger kamen zum Resultat,
    dass weniger kompetente Personen
    • dazu neigen, ihre eigenen Fähigkeiten zu überschätzen,
    • überlegene Fähigkeiten bei anderen nicht erkennen,
    • das Ausmaß ihrer Inkompetenz nicht zu erkennen vermögen
    (Wikipedia)
    .
    Kapitalistische Herrschaft – so meine These – beruht ganz wesentlich darauf, dass den Menschen systematisch ein falsch positives Selbstbild vermittelt wird und sie in psychostrukturell in kindlicher Unreife gehalten werden, so dass sie sich für erheblich kompetenter (= intelligenter, gebildeter, leistungsfähiger) halten als es der Realität entspricht.
    .
    Unsere Lehrer formulierten es so: „Manche Menschen sind so dumm, dass gar nicht wahrnehmen können, wie dumm sie sind!”
    .
    Aufgrund ihrer Unfähigkeit zu realitätsgerechter Selbsteinschätzung werden sie Opfer von Werbestrategien. Sie verfallen dem Warenfetischismus, weil sie glauben, durch die gekauften Dinge eine persönliche Aufwertung zu erfahren.
    .
    Wie beim Märchen vom Fuchs und dem Raben werden sie aufgrund ihrer unreifen und narzisstischen Psychostruktur zu Manipulations- und Betrugsopfern.

    • Rosi sagt:

      Dem schließe ich mich an.

    • Armin Stalder sagt:

      Hier spielt ausserdem das kollektive Selbstbild einer Gesellschaft eine Rolle, dass im Westen als liberal usw verkauft wird. In den Massenmedien werden dann Tyrannen als “Feinde, die Bösen” dargestellt, um darzustellen, wie gut es uns doch geht. Das Bild des “unbekannten bösen Anderen” ist essentiell, damit wir uns im Vergleich als besser empfinden, eine Art medialer Chauvinismus. Nur weil andere Kulturen andere Werte bevorzugen, werden sie als faul, dumm, gewalttätig dargestellt, weil sie sich dem Waren- und Geldfetisch nicht anschliessen wollen. Also werden im Hintergrund wirtschaftspolitischer Druck und finanzielle Abhängigkeit (Weltbank, IWF etc) produziert, um sie diesem Zwang zu unterwerfen. Notfalls rückt dann die Armee an und die Medien feiern diese “humanitäre Intervention”, die dazu dient, die anderen Staaten dem neoliberalen Bestreben auszusetzen und die gesamte Industrie zu privatisieren.

      Genauso wie in den Geschichtsbüchern europäische Seefahrer als Entdecker dargestellt werden, tatsächlich haben sie aber die einheimischen Völker häufig einfach ausgerottet.

      Der Waren- und Geldfetisch ist defintiv ein Phänomen, dass durch die Psyche mystifiziert werden kann und wird. Es ist eine wichtige Stütze des Systems, denn dadurch läuft die Konsum-Maschinerie weiter.

  5. HAM sagt:

    Florian Hauschild schreibt im Artikel Homo ignorans.
    Über eine manipulierte Gesellschaft
    :
    “Was hier wie ein Einzelfall partieller Blindheit wirkt, ist in Wirklichkeit jedoch Ausprägung einer zu weiten Teilen gehirngewaschenen, obrigkeitshörigen Untertanengesellschaft in der selbst kritische Geister bis heute meist nicht gelernt haben selbst zu denken und sich ihres eigenen Verstandes zu bedienen.”
    .
    Die psychologische Manipulation, wie z. B. in der Werbung, ist nur ein Moment in der Herstellung eines herdenhaften, gehirngewaschenen Untertanentums (F. Hauschild). Tatsächlich ist der Prozess der Psychogenese durch eine Mischung von Manipulation und der Selbstkonditionierung bestimmt.
    .
    Im Unterschied zur Frühphase des Kapitalismus, wo Menschen noch mit Gewalt an die kapitalistischen Strukturen angepasst werden mussten, damit sie im Sinne des Systems funktionierten, verläuft heute der Anpassungsprozess weitgehend frei von manifester Gewalt. Während physische Gewalt im Erziehungsprozess von Seiten der Eltern, Erzieher, Lehrer, Lehrherren, militärischen Ausbilder etc. in der Vergangenheit zur Normalität gehörte, ist diese heute gesellschaftlich unerwünscht und sogar strafbar.
    .
    Der Sozialisationsprozess hat sich verändert. Sozialisation ist heute weitgehend Selbstsozialisation. Es ist das Individuum selbst, was sich an die vorgefundenen Bedingungen systemimmanent so anpasst, dass es seine Bedürfnisse relativ am besten befriedigen kann.
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    Die autoritäre Erziehung ist weitgehend verschwunden, es dominiert die permissive Erziehung, welche eigentlich Nicht-Erziehung ist und aus Perspektive eines bürgerlich-emanzipatorischen Erziehungsideals als „Verwahrlosung“ bezeichnet werden kann.
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    Zugleich ist die „Erziehung zur Mündigkeit“ kein gesellschaftliches Erziehungsideal mehr, im Gegenteil, in den Medien und pädagogischen Institutionen will man nicht mehr einen Bürger mit kritischer Urteilskraft und Fähigkeit zu selbstbestimmten, gesellschaftlich verantwortlichen, rationalen und moralischen Handeln heranbilden. Der gesellschaftliche Anpassungsprozess verläuft unreflektiert und unkritisch, so wie bei primitiven Völkern. Man könnte davon sprechen, dass die Menschen im Spätkapitalismus „vertieren“.
    .
    Der Entwicklung der kapitalistischen Gesellschaften hat die bürgerlich-emanzipatorische Kultur zerstört. Das gebildete, humanistisch orientierte Bürgertum ist weitgehend untergegangen. Heute finden wir bei den gesellschaftlichen Machteliten sowie den Intellektuellen und Künstlern größtenteils nur noch egoistische und egozentrische Psychopathen und Dilettanten. Die Anpassungsprozesse „oben“ in der Gesellschaft sind zwar anders als „unten“, aber qualitativ ebenso durch menschliche Selbstentfremdung, Verdinglichung und Verblödung gekennzeichnet. „Oben“ verfügt man zwar über Geld im Überfluss, aber nicht über mehr gesellschaftliche Vernunft und Lebenskunst. Sondern auch dort findet man vor allem Konsumidioten, die unfähig zur Entwicklung einer Hochkultur sind. Im Vergleich zu den bürgerlich-emanzipatorischen Eliten in der Vergangenheit führen sie ein geistig und kulturell armseliges Leben

  6. HAM sagt:

    @Armin Stalder 21. April 2013 um 16:04
    Auch ob der Kapitalismus sich selbst zerstört oder was danach kommt, ist bekanntlich umstritten, weil er dynamisch ist, er erfindet sich immer wieder.
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    Es gibt Kritiker des Kapitalismus, es gibt dessen Liebhaber und Befürworter sowie Menschen, die glauben, der Kapitalismus besitze ein ewiges Leben. Letztere sind heutzutage gar nicht so selten in der linken Szene, im Gegenteil, es scheint, dass sie heute das Gros der Linken ausmachen. Es sind nicht resignierte und/oder konvertierte ehemalige “Systemüberwinder”, sondern vor allem Linke, die sich gar nichts anderes als einen marktwirtschaftlichen Vergesellschaftungsmodus vorstellen können und daher einen staatlich regulierten Kapitalismus mit entsprechendem Sozialstaat anstreben. Sie halten das neoliberale Stadium für eine Fehlentwicklung, statt zu begreifen, dass es sich beim Neoliberalismus um die „Neue Soziale Marktwirtschaft“ handelt, welche die „alte soziale Marktwirtschaft“ der sozialliberalen Ära historisch ablöst. No way back.
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    Es gibt Nationalstaaten, wie die Schweiz, wo diese Entwicklung langsamer oder zeitverzögert einsetzt.
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    Ich sehe jedoch nicht, dass sich der Kapitalismus immer wieder “neu erfindet”. Zutreffend ist, dass nach immer neuen Möglichkeiten der profitablen Kapitalverwertung, also von G -> G´, gesucht wird.
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    Die ganze Entwicklung des kapitalistischen Systems ist nichts anderes, als die Subsumption sämtlicher gesellschaftlicher Bereiche unter die Kapitalverwertungslogik von G -> G´. Neoliberalismus ist nichts anderes als radikale Marktwirtschaft, neoliberale Politik baut die „Markthemmnisse“ wie Rechts- und Sozialstaat, nationalstaatliche Souveränität etc. ab.
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    Möglichkeiten zu einer weiteren Expansion des kapitalistischen Systems sind noch vorhanden, aber begrenzt. Beispiele sind die Privatisierung der Wasserversorgung oder des Bildungssystems.
    In der Versorgung mit materiellen Gütern ist es aufgrund des wissenschaftlich-technischen Fortschrittes bereits früh zur Marktsättigung gekommen, weil die Individuen über die alltagsnotwendigen Gebrauchsgüter verfügten. Dem wurde mit Werbung und Obsolenzproduktion entgegengewirkt. Daraus entstanden der „Vergeudungskapitalismus“ (A. Kozlik) und die Konsumgesellschaft. Wenn Kaufkraft fehlt, werden Kredite angeboten. Reicht dies nicht aus, um Kapitalverwertung zu ermöglichen, kommt der Staat mit Erneuerungszwängen, so insbesondere im Bereich der Automobile und Immobilien (Abgasvorschriften; Wärmedämmung, Emission Heizanlagen etc.). Darüber finanziert der Staat sogar den Konsum durch Subventionen, wie z. B. bei der Abwrackprämie.
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    Exportländer, wie Deutschland, vergeben Kredite an Importländer, damit diese die Exportgüter kaufen können. Da diese Importländer, wie z. B. Griechenland, die Kredite nie zurückzahlen können, werden diese Länder „gerettet“, indem die deutschen Staatsbürger zu deren Gläubigern gemacht werden.
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    Der Witz bei der Sache ist, dass die Lohnarbeiter sich im Spätkapitalismus nicht nur kaputt arbeiten, sondern auch arm arbeiten. Das funktioniert nur, weil diese Menschen die Verhältnisse nicht durchschauen können bzw. gar nicht durchschauen wollen.
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    Je mehr das “Wirtschaftswachstum” durch Staatinterventionismus aka Keynesianismus künstlich gefördert wird, umso schlechter geht es der arbeitenden Bevölkerung. Umso deutlicher wird der irrationale, menschenfeindliche und zerstörerische Charakter der kapitalistischen Ökonomie. Allerdings nur aus der reflexiven Distanz. Die Nutzmenschen in ihren Hamsterrädern – die Arbeits- und Konsumidioten – begreifen es nicht.
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    Über den Zusammenhang von Werbung, Obsolenzproduktion und Kreditvergabe gibt es einen exzellenten Dokumentarfilm der Regisseurin Cosima Dannoritzer „Kaufen für die Müllhalde“:


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    Die historisch neue Situation für die Masse der Lohnarbeiter ist, dass ihre Arbeitskraft immer weniger auf dem Arbeitsmarkt nachgefragt wird, weil aufgrund von Automatisierungs- und Rationalisierungsprozessen menschliche Arbeit immer weniger profitabel verwertet werden kann. Der Kapitalismus ersetzt menschliche Arbeitskraft durch Maschinen und hierdurch schafft er die technologischen Voraussetzungen, einen Großteil der Lohnarbeit in Zukunft abzuschaffen.
    .
    Systemimmanent führt dies jedoch zu immer größer werdenden Arbeitslosigkeit, zu Ausweitung des Niedriglohnsektors sowie zum ständigen Anwachsen der Masse von – im kapitalistischen Sinne – „überflüssigen“ Menschen, welche in einem künstlichen System der Armutsökonomie zu Zwangsarbeit gezwungen werden oder der Verarmung und Verelendung anheim fallen.
    .
    Das ist ein historisch irreversibler Prozess.
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    Er bedeutet das definitive Endstadium des Kapitalismus, weil Mehrwert nur aus der lebendigen Arbeit abgeschöpft werden kann. Was heute in der Sphäre des Finanzkapitals abläuft, sind im Prinzip Nullsummenspiele. Der Kapitalverwertung, also G -> G´, fehlt die materielle Basis. Der Kapitalismus funktioniert hauptsächlich nur noch als Ponzi-Schema, der Geldvermehrung steht kein entsprechendes Wachstum des materiellen Reichtums gegenüber.
    .
    Das Ende des Kapitalismus bedeutet das Ende des marktwirtschaftlichen Vergesellschaftungsmodus, aber nicht zwangsläufig das Ende des plutokratischen Herrschaftssystems bzw. des Wirtschaftsfaschismus. Letzteres würde eine Kulturrevolution erfordern.

    • Armin Stalder sagt:

      Danke für den Hinweis zur Doku.

      Bei der Abwrackprämie kommt mir André Gorz in den Sinn, der hatte sich mit Ökologie im Kapitalismus auseinandergesetzt.

      Ich stimme mehrheitlich mit Ihren Analysen überein. Was ich meinte mit “der Kapitalismus erfindet sich immer wieder”, ist, dass er es schafft, sich laufend und der Situation entsprechend, die Menschen mit einem neuen “Image” zu überzeugen, in diesem Schmutzspiel mitzuwirken. Dies geschieht in einem dynamischen Prozess, der für das Individuum als solches nicht unbedingt greifbar sein muss. Es ist einfach eine Verschiebung der Symbole, von der physischen Produktion zur mentalen Unterwerfung.

      • HAM sagt:

        @Armin Stalder

        An André Gorz habe auch ich gedacht:


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        Die Anpassungs- und Konformitätsbereitschaft ist bei Menschen ein ubiquitäres Phänomen, ganz gleich, ob im Kapitalismus, Sozialismus, Diktatur, Faschismus …

        .
        Dies lässt sich als Mehrheitsverhalten in den unterschiedlichsten systemischen Kontexten beobachten. Nach dem Zusammenbruch des Nazi-Systems machten Ex-Faschisten die Metamorphose zu Demokraten, Ex-68-er wurden zu Apologeten des Kapitalismus, Anhänger des SED-Systems zu Liebhabern der Markwirtschaft.
        .
        Die Mehrheit der heutigen Menschen verhält sich opportunistisch, sie spielt im jeweiligen System mit und ist das Gegenteil von dem bürgerlichen Ideal eines wertgeleiteten, charakterfesten Menschen. Man könnte auch sagen, dass sie zu einer Systemopposition zu ich-schwach, zu faul, zu feige und zu dumm sind, ganz gleich, um welches System es sich handelt.
        .
        Sie sind Mitläufer und Mitspieler im jeweiligen System und vermeiden Oppositions- und Außenseiterrollen. Sie wollen „in“ sein, das zeigt sich besonders in der Mode. Wenige definieren, was „in“ ist, und die Massen machen es nach. Wenn Tätowieren oder Piercing „in“ ist, dann geben die Menschen ihr Geld dafür aus, weil sie dem Irrglauben unterliegen, sie würden dadurch an Individualität und Attraktivität gewinnen. Im Grunde machen sie sich zu Imitaten, wenn sie Erscheinungsbild an irgendwelchen Idolen der Pop- oder Modeszene ausrichten.

        Eine spannende Frage ist, warum diese Imitate heutzutage (noch) diese Attraktivität aufs andere Geschlecht ausüben? Denn diese Ich-Schwächlinge werden sich – im Gegensatz zu ihren imitierten Idolen – kaum erfolgreich in der sich verschärfenden gesellschaftlichen Konkurrenz durchsetzen.
        .
        Im Stadium der Überflussproduktion und des Vergeudungskapitalismus muss das Gesellschaftssystem, um die Kapitalverwertung am Laufen zu halten, die Bevölkerung systematisch zu Konsumidioten verblöden. Ingenieure optimieren die Obsolenz, Designer den Warenfetischismus, Psycho-Ingenieure die Individuen.
        .
        Dem System gelingt es, Jugendlichen kaputte Jeanshosen für teuer Geld zu verkaufen, und diese Konsumidioten finden es noch „geil“, in kaputten Hosen herumzulaufen.
        Kleidung, Handys, Piercings, Tätows etc. werden zu Statussymbolen im doppelten Sinne, sie zeigen zum einen an, dass der Konsument über das Geld verfügt, diese Statussymbole zu kaufen, zum anderen den geistigen und psychischen Status des Konsumenten, welcher sich auf der Entwicklungsstufe eines Kindes befindet, welches nicht zu kritisch rationalem ökonomischen Handeln in der Lage ist.
        .
        Die Gesellschaft befindet sich im Umbruch und damit verändert sich entsprechend das Verhalten. Am deutlichsten ist dies bei jungen Frauen. Immer mehr orientieren sich materialistisch und wählen erfolgreiche und vermögende Männer zu ihren Partnern und Ehemänner, wobei sie immer größer werdende Altersdifferenzen hinnehmen.
        .
        Der bisherige männliche Normotyp – ich-schwach, faul, feige und dumm – wird unter den sich verändernden gesellschaftlichen Bedingungen zum Loser und Kandidaten fürs Prekariat. Gefordert ist ein ich-starkes und intelligentes Individuum, das bereit und fähig ist, aus dem Massenverhalten auszubrechen und etwas zu riskieren. Z. B. durch Auswandern.

        • Rosi sagt:

          @Ham
          @Armin Stalder

          Den Meinungen kann ich mich anschließen.

          Nur, werter @HAM hierzu:
          “Eine spannende Frage ist, warum diese Imitate heutzutage (noch) diese Attraktivität aufs andere Geschlecht ausüben?”

          Weil das Weibliche nicht am Rande als Zuschauer steht und das überwiegend analysiert und für sich berechnet, sondern gleich wohl imitiert. Sie sind Teil dieser Gesellschaft und ebenso vom Anpassungs- und Konformitätsprozess betroffen.

          Auch das unabhängig vom System, sie gehen einfach mit, von mir aus, mit der Zeit, wie immer man das benennen möchte. Sie fordern gar nichts, sondern nehmen ganz opportunistisch mit, was sich ihnen bietet und das entspricht der jeweiligen Kultur. Das betrifft beide Geschlechter gleichermaßen.

          Davon abgesehen, dass Partnerschaften, über eine gewisse temporäre Verbindung hinaus, zwischen den Geschlechtern längst an Relevanz verloren haben; wir hätten sonst nicht derart viele Single, dass man bspw. Berlin schon als Stadt der Single bezeichnet … Am Einwohnermangel kann es dort sicherlich eher nicht liegen …

          Darüber mag hinwegtäuschen, dass gleichgeschlechtliche Beziehungen noch nach Gleichbehandlung streben … Doch sie sind ziemlich spät dran …

  7. HAM sagt:

    Ergänzend, um hinsichtlich meiner Beiträge nicht missverstanden zu werden:
    .
    Die Anpassung der Menschen an vorgefundene Systeme ist aus meiner Sicht nicht per se etwas Schlechtes. Der Mensch ist ein Gemeinschaftswesen, er entwickelt sich in seinem jeweiligen sozialen Kontext gemäß der Kultur dieses Kontextes, ganz gleich, welche Abstammung er seitens seiner biologischen Eltern aufweist.
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    Nicht die Anpassung der Menschen an vorgefundene Gesellschaftsysteme ist das Problem, sondern die Anpassung an ein FALSCHES SYSTEM.
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    Die Entwicklung der Menschheit vollzieht sich in einer Dialektik von Konstanz und Kontinuität einerseits und Innovation andererseits. Beide Momente dieser Dialektik werden von anthropologischen Grundtypen repräsentiert, so gibt es bodenständige Bauern, an Institutionen gebundene Beamte, aber auch Abenteurer und Entdecker. Eine Gesellschaft braucht das Bewahrende/Konservative genauso wie das Verändernde/Revolutionäre.
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    Veränderung kommt immer von einzelnen Individuen. Ihre Entdeckungen, Forschungen, Erfindungen und Ideen induzieren gesellschaftliche Entwicklungen, vorausgesetzt die Gesellschaften sind „reif“ für Veränderungen, was bedeutet, dass sich im Alten bereits das Neue als Potential so weit entwickelt hat, dass es verwirklicht werden kann.
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    Den Übergang vom Alten zum Neuen nennt man Umbruchphase. Für die meisten Menschen sind diese gesellschaftlichen Umbruchphasen erst im Nachhinein zu erkennen.
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    Gegenwärtig befindet sich die Menschheit in einer derartigen Umbruchphase, welche durch den Ersatz menschlicher Arbeit durch Maschinen gekennzeichnet ist.
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    Innerhalb der alten Eigentumsordnung wird dieser Prozess zum Problem, und zwar sowohl für die Kapitalistenklasse wie auch die Lohnarbeiterklasse. Bei den ersten kommt es zum Entwertungsprozess ihres Kapitals, dem sie z. B. mit Werbung, Obsolenzproduktion, Kreditvergabe, Betrug, Raub etc. entgegenwirken wollen. Bei der Lohnarbeiterklasse kommt es zur Entwertung ihrer Arbeitskraft. Sie müssen immer mehr für immer weniger Kaufkraft und Rente arbeiten, d.h. sie arbeiten immer mehr und werden immer ärmer. Zugleich sind sie froh, wenn sie überhaupt noch „Arbeit“ haben, denn das Heer der „Überflüssigen“ wird immer größer. Und daher rufen sie nach „Arbeit, Arbeit, Arbeit!“ und fordern dass diese „Arbeit“ künstlich geschaffen wird. Dadurch entsteht ein völlig unproduktiver, immer größer werdender Dienstleistungssektor, der gesamtgesellschaftlich völlig unnütz ist und gewissermaßen das Pendant zur Obsolenzproduktion darstellt.

    .
    Das ist auch der Grund, weshalb das Gros der heutigen Linken defensiv und konservativ orientiert ist. Diese Retro-Linke will zu den sozialliberalen Zeiten von Klassenkompromissen, hohen Löhnen, Vollbeschäftigung und entwickeltem Sozialstaat zurück und hängt der falschen Idee an, dass der Neoliberalismus eine Folge von neoliberaler Politik ist und nicht systembedingtes, zwangsläufiges Resultat der Aufrechterhaltung der Kapitalverwertung. So kommt es, dass diese Retro-Linke mit ihrer Rückwärtsorientierung den reaktionären Kräften in die Hände spielt. Gerade die eingefleischten “Kritiker des Neoliberalismus” werden, so scheint es, so ziemlich die letzten sein, die Markt und Kapital in Frage stellen.
    Diese Retro-Linke – eine Mischung aus linken Sozialdemokraten, Gewerkschaftern und Poststalinisten – ist längst zu einem reaktionären Moment der Systemerhaltung geworden, seit über 100 Jahren steht das Establishment von Sozialdemokratie und Gewerkschaften im Dienste von der Verhinderung von Systemtransformation.
    .
    Wie in jeder gesellschaftlichen Umbruchphase wollen die Profiteure des alten Systems, nämlich die herrschende Klasse und die im alten System Privilegierten, den Wandel des gesellschaftlichen Systems verhindern, zumindest möglichst lange herauszögern.

    Zur Dialektik der Umbruchphase gehört auch, dass die gesellschaftlich fortschrittlichsten Elemente vom Establishment bekämpft werden. Obwohl die herrschende Klasse über fast alle Machtmittel verfügt, so über gekaufte Politiker, Wissenschaftler, Journalisten, Künstler etc., und sich Medien, Denkfabriken etc. in ihrem Privateigentum befinden, kann sie trotzdem den gesellschaftlichen Verfall nicht aufhalten.
    .
    Die Masse der Menschen wird ärmer, kränker und psychopathischer, die Sozialsysteme, wie Bildungs- und Gesundheitswesen, sowie die gesellschaftliche Infrastruktur – auch und besonders das Rechtssystem – werden immer schlechter, die Kriminalitätsrate wächst, die Slums werden zahlreicher und größer.
    .
    Im gesellschaftlichen Leben findet zudem eine Erstarrung statt, die Masse der Individuen versucht nur noch, in ihren Hamsterrädern irgendwie zu überleben. Aber dies wird in einem System der Obsolenzproduktion mit zunehmender Betrugs- und Raubökonomie immer schwieriger. Denn zunehmend werden immer mehr Lebensbereiche und Mittel zum Leben privatisiert.
    .
    Geschäftsmodelle, wie die Privatisierung von Volkseigentum, wie z. B der Bahn oder der Post, oder des Wassers, des Saatgutes etc., sind im Prinzip nichts anders als legaler Raub. Der gesamte Patentschutz und „Schutz des geistigen Eigentums“ folgt der Logik der Aneignung profitabler Verwertungsrechte. Die Gesellschaft entwickelt sich – anders als Andrè Gorz es meint – nicht zur „Umsonstökonomie“, sondern in Richtung Totalprivatisierung, wo alles bezahlt werden muss, was zum Leben notwendig ist, angefangen von der Straßenbenutzung bis hin zum Bildungswesen.
    .
    In derartigen Umbruchphasen stellt sich für die Individuen die Frage nach „Anpassen“ oder „Aussteigen“ bzw. Mischformen davon. Die einen wandern aus, und suchen sich Orte auf dieser Welt, wo es sich besser und leichter leben lässt. Andere versuchen, in dieser Gesellschaft Gegenstrukturen zu entwickeln. Da gibt es interessante Modelle, wie z.B. das autarke Dorf, welches hinsichtlich Energie- und Wasserversorgung sich frei gemacht hat von den kapitalistischen Oligopolen. Es werden regionale Wirtschaftskreisläufe mit Regionalgeld entwickelt, es gibt „Arbeitstauschbörsen“. Nicht alles ist gesamtgesellschaftlich sinnvoll, nicht wenige Projekte sind gesamtgesellschaftlich parasitär.
    .
    Defizitär und ein von den fortschrittlichen Individuen vernachlässigtes Potential ist aus meiner Sicht die Entwicklung im kulturellen Bereich. Das lebendige Geistesleben, welches die 68-er-Zeit und das folgende Jahrzehnt kennzeichnete und bereicherte, scheint weitgehend eingetrocknet zu sein. Es fehlen die „Zukunftswerkstätten“, die „Technologieläden“, die „Spassguerilla“, der Austausch von revolutionären Ideen und das Realisieren neuer Projekte.
    .
    Mag sein, dass ich mich täusche, aber mir scheint, als ob auch das Internet inzwischen weitgehend einen Hamsterradcharakter entwickelt hat und zunehmend durch Wiederholungen und Immergleichheit gekennzeichnet ist. Hinsichtlich neuer, revolutionärer Ideen, deren Kommunikation und insbesondere der Realisierung neuer Projekte, so scheint dort gegenwärtig „tote Hose“ zu sein.
    .
    Wer eine neue Gesellschaft will, muss dafür auch etwas tun. Empörungs- und Betroffenheitsbekundungen führen nicht zu gesellschaftlicher Veränderung. Im Gegenteil, wenn sie den Diskurs dominieren, dann verhindern sie Kommunikation und Entwicklung neuer, zukunftsweisender Ideen.

    Mein Eindruck ist, dass es durchaus Individuen gibt, die neue, gute und revolutionäre Ideen haben, aber es diesen Menschen nicht gelungen ist, im Internet entsprechende Strukturen zu entwickeln, wo sie diese Ideen kommunizieren, weiterentwickeln und in die Praxis eingehen lassen können. In den üblichen Blogs werden sie entweder bekämpft oder ignoriert. Und so verläuft im Internet zwar ein anderer, aber im Effekt ähnlicher Exklusionsprozess wie in den etablierten Medien.

    • Danke für diesen wunderbaren Kommentar. Treffender könnte man es wohl kaum beschreiben.

      • HAM sagt:

        @ Drache
        Danke! Das freut mich!
        .
        Mir stellt sich die Frage: Warum sind viele Menschen so inaktiv, so desinteressiert? Es geht doch um ihre Zukunft.
        .
        Dabei ist die gegenwärtige Weltsituation höchst interessant und spannend. Nach langen Jahrzehnten von welthistorischem Stillstand kommt Bewegung in die Geschichte. Endlich ist Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Wie jede historische Umbruchphase weist sie ihre eigene Dialektik von Niedergang und Innovation, von Dummheit und Intelligenz, von Erstarrung und Lebendigkeit, von Lebenstüchtigkeit und Untüchtigkeit auf.
        .
        Gerade diese Zeiten sollten Anlass und Herausforderung sein, sich intellektuell mit der Zukunft und deren Bewältigung zu befassen, und zwar sowohl in individueller wie auch systemischer Hinsicht.
        Gegenwärtig ist jedoch das Gegenteil, nämlich ein kollektiver Verdrängungs- und Realitätsverleugnungsprozess, zu beobachten, in dem sich die Menschen wie die bekannten drei Affen verhalten.
        .
        Es scheint, die meisten Menschen glauben, dass sie selbst gar nichts gesellschaftlich bewegen können, und stehen der Zukunft nach dem Motto: „Ich kann nichts daran ändern. Was kommt, das kommt.“ fatalistisch und politisch passiv gegenüber. Sie suchen nur noch den privaten Erfolg oder wollen nur noch Spaß haben und „gut drauf sein“. Auf der anderen Seite gibt es politischen Aktionismus, wie bei „Occupy“, aber diese Aktivität kommt meist „aus dem Bauch heraus“, ohne Theoriearbeit, ohne geschichtliches Wissen und Bezug, ohne Planung.
        .
        Völlig irrational glaubt man derzeit an so etwas wie „Schwarmintelligenz“

        Kay Sokolowski schreibt dazu:
        “Wenn 1.000 Menschen sich versammeln, um ein Problem zu lösen, stehen 999 blöd rum und warten darauf, den einen, der die richtige Antwort findet, anzuspucken und in die Wildnis zu jagen. […] Deshalb ist es kaum mehr als eine sympathische Schnapsidee gewesen, vom Internet zu erwarten, es würde die Weisheit der Spezies exponentiell mit jedem angeschlossenen User erweitern und den Traum der Aufklärer, das Mündigwerden des Menschen, endlich realisieren. […]
        Das Konzept der „Schwarmintelligenz“ setzt voraus, daß die beste Lösung jeden Widerstand überwindet, weil sie im Interesse sämtlicher Schwärmer ist. An so was kann nur glauben, wer nie Bilder von einem Nazi-Reichsparteitag gesehen hat. Es genügt sogar schon, den Einsatz des „Publikums-Jokers“ bei „Wer wird Millionär?“ zu beobachten, um an dem Ganzen, das klüger sein soll als die Summe seiner Teile, erhebliche Zweifel zu entfalten.
        […] wie der Informatiker Joseph Weizenbaum bereits im Jahr 2000 erkannte: „Das Internet ist ein riesiger Müllhaufen, aber einer mit Perlen darin.“
        Denen es freilich wie allen Perlen ergeht, die man vor die Säue wirft. Es ist bestimmt kein Zufall, daß die Ära der Postdemokratie und das Zeitalter des Internet simultan stattfinden. […]-
        Wenn Menschen intellektuelle Verbindungen bilden, addieren sie keineswegs ihre Intelligenz, sondern ihre psychischen Defekte, ihre emotionale Verblendung und soziale Verkrüppelung, zu meist grauenerregenden Resultaten.
        Als Beweis muß man gar nicht mal solche Extremisten des gemeingefährlichen Schwachsinns wie die Anhänger der „Tea Party“ oder der FDP anführen. In jedem Online-Forum jedes großen News-Portals ist jeden Tag zu beobachten, daß die allermeisten Menschen nicht nur nicht fähig, sondern auch ums Verrecken nicht bereit sind, die Dürftigkeit des eigenen Arguments einzusehen, einen Irrtum einzugestehen und gemeinsam mit den anderen Foristen ein stärkeres Argument zu erarbeiten. Statt dessen wird geschmollt und gepöbelt, ignoriert und nix kapiert, und zwar aus Überzeugung und mit Aplomb.”
        [Hervorh. HAM]
        .
        Der Glaube an die „Schwarmintelligenz“ basiert m. E. auf Wunschdenken, Naivität und Unerfahrenheit. In den „Fetisch Masse“ werden Hoffnungen und ein gesellschaftsveränderndes Potential hineinprojiziert, welches die Masse nicht besitzt. Viele Vorstellungen erinnern dabei an „Fantasy“. So kam nach der Occupy-Hype der große Frust, wo dann der Aktionismus in Inaktivität, Resignation und Regression umgeschlagen ist.
        .
        Wenn die gegenwärtige Diskussion im Internet betrachtet wird, so mangelt es an rationalen Analysen des Weltprozesses und an Verständnis hinsichtlich der historischen Umbruchphase. Man befasst sich hauptsächlich mit dem „Hier-und-Jetzt“ und mit „Nebenkriegsschauplätzen“, es fehlt eine Konzentration auf das Wesentliche.
        .
        Das Ganze ist auch eine methodische Frage. Wenn das Internet ein „riesiger Müllhaufen mit Perlen darin“ ist, dann muss man eine Methode entwickeln, die Spreu vom Weizen zu trennen.
        .
        Dann braucht man „Leuchttürme“, an denen man sich orientieren kann, nämlich Intellektuelle, Think Tanks, ausgearbeitete Theorie und entsprechende Medien. So wie Anfang der 70-er Jahre das „Kursbuch“ ein Orientierungsmedium war, ein „must read“ für alle, die über Gesellschaft „mitreden“ wollten. Auch die etablierten Medien konnten diesen Diskurs nicht ignorieren.
        .
        Die 68-er-Studentenbewegung war zunächst eine „Multitude“ gewesen. Ihr gesellschaftlicher Einfluss resultierte nicht aus „Masse“, sondern basierte auf der Intellektualität von Wenigen, deren Ideen eine lernfähige, lernwillige und argumentationsfähige Jugend aufgriff.
        .
        Zweifelsohne gibt es diese „Perlen“ im Internet, also Texte, Videos etc., aber nach meiner Kenntnis gibt es kein Medium, was systematisch auf diese „Perlen“ hinweist und wo man sich in Art von „Abstracts“ schnell orientieren kann. Natürlich macht dein derartiges Info-Medium Arbeit und kostet Zeit und Geld. Aber umsonst ist eben nur ein Müllhaufen.
        .
        Das Internet ist heute das zentrale Medium, aber mein Eindruck ist, dass es bislang der kritischen Intelligenz nicht gelungen ist, dieses Medium effektiv zu nutzen. Deshalb ist das Interesse am Verfolgen der Beiträge und Diskussionen und vor allem am Mitdiskutieren stark gesunken. Das Internet, so wie es ist, raubt viel Zeit. Wer über wenig freie Zeit verfügt, geht sparsam mit dieser Ressource um. Deshalb haben sich viele aus der Lektüre und Diskussionen in den Internetblogs zurückgezogen. Zumal die Diskussionen dort häufig „verslumt“ sind.
        .
        Das Internet benötigt – so meine These – eine qualitative Differenzierung und neue Strukturen, wenn es eine gesellschaftlich relevante Leserschaft erreichen will.

        • Im grossen ganzen sehe ich die heute herschenden Umstände wie Sie. Leider bin ich nicht so ein gewandter Schreiber und habe deshalb oft Mühe mich richtig auszudrücken.

          Sie schreiben:
          Das Internet benötigt – so meine These – eine qualitative Differenzierung und neue Strukturen, wenn es eine gesellschaftlich relevante Leserschaft erreichen will.

          Nun, meiner Meinung nach spielt dies eigentlich gar keine Rolle mehr. Ich bin in dieser Sache eher ein Fatalist und glaube, dass man heute überhaupt keine gesellschftlich relevante Leserschaft erreichen kann. Es sind Minderheiten und zwar kleinste Minderheiten, die sich überhaupt noch dafür interessieren was so alles abläuft.

          Dieser kleine Prozentsatz, vielleicht 1% oder 2% der Menschen, sind auch heute schon weitgehend informiert. Der grosse Rest, ist halt leider nur eine instinkt und inteligenzlose Masse, die sich durchs Leben rollt. Diesen ist weitgehend alles egal, solange Bassisbefriedigungen wie Konsum, Sex und Skandale regelmässig ihr Leben berreichern.

          Schwarmintelligenz.? Ja natürlich haben Menschen eine Schwarmintelligenz. Eine ähnliche Schwarmintelligenz wie alle sozialen Säugetiere. Einer trottet hinter dem anderen her, und zuvorderts läuft ein Führer, bei den Menschen auch Elite genannt. Das diese Elite bei Menschen leider nur noch aus asozialen Soziopathen besteht, nun dies hebt die Rasse der Menschen aus dem übrigen Reich der Säugetiere heraus. Nicht mehr und nicht weniger. Was die Psychofritzen sonst noch hinzudichten ist einfach nur abwegig.

          Wenn dann wieder einmal alles den Bach runter geht, Millionen von Toten und vernichtete Existenzen zu beklagen sind, nun dann fängt der Mensch wieder von vorne an. Wie er dies seit seinen Anfängen vor über 200’000 Jahren schon immer getan hat. Um dies zu sehen braucht man nur Geschichte lesen. Zu glauben dass es diesmal anders werden wird ist einfach nur lächerlich. Der durschnittliche Mensch ist viel weniger schlau als er selber von sich glaubt. Von wegen Evolution, man braucht sich ja nur umzusehen und man erkennt ohne grössere Probleme, dass wenn diese überhaupt stattfindet, sie sich sehr langsam vorwärts bewegt. Seit den alten Agyptern, Griechen und Römern, hat sich kaum etwas relevantes verändert, wenigstens nicht in der Psyche der Menschen.

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