Falsche Fragen, richtige Fragen
Ein Gastkommentar von Roberto J. De Lapuente
Ob China bei uns Schule machen sollte, fragen sich seit geraumer Zeit innovative Geister. Helmut Schmidt ringt ab und an mit dieser Frage, wenn er sich wieder mal als Sinologe ausweist. Publizistisch wird das Thema gelegentlich ausgeschlachtet. Kürzlich tollte das Feuilleton, als Amy Chua sich als chinesischstämmige Erfolgsmutter ausgab – und nun fragt man sich wieder, ob wir weniger Demokratie wagen sollten, wie wir das aus China wissen. Von China lernen also?
Gleichwohl wir unsere europäischen Werte, unsere Lebensphilosophie gegen die Rotten des Islam zu verteidigen trachten, sinniert man ganz unverblümt über die Annahme von Idealen, die dem chinesischen Kommunkapitalismus, ja der chinesischen Geschichte überhaupt, entwachsen sind. Das historisch entstandene Lebensgefühl Europas ist verhandelbar, wenn es gegen eine Konditionierung Europas auf mehr Markt, mehr Produktivität, weniger Bürokratie in Form von Arbeitnehmerrechten oder Umweltschutzgesetzen, gedrechselt wird. Die Annahme neuer Ideale hat rentabel zu sein, dann kann man sich vorstellen, sie Europa, sie Deutschland aufzuerlegen. Dann wird aus einer Diktatur chinesischer Machart etwas, was vielleicht nicht das Gelbe vom Ei ist, aber immerhin etwas, was uns Wohlstand bescheren könnte.
Natürlich wissen Kenner unserer Situation, dass eine Welt, in der der Profit Gott und der freie Markt dessen Künder ist, dass die Demokratie, wie wir sie kennen – oder wie wir sie kannten? -, in Zugzwang gerät. Sie kostet, sie hemmt, sie steht dem Profit im Weg. Es könnte so schön sein ohne die Rituale, die die Demokratie installiert hat, ohne diese dauernde Rechenschaft, die ständigen Regierungswechsel, die Instabilität, die manche Parteiflügel-Phantasie verursacht. Die Rendite wäre üppiger abschöpfbar, müsste man nicht das Humankapital vor Verletzung, Krankheit und Arbeitslosigkeit schützen, im Alter durchfüttern – müsste man nicht eine Welt bewahren, die uns untertan für Gewinnerzielung zu sein hat.
Wie kann sich die Demokratie gegen diesen Zugzwang aufstellen, fragt man sich. Zyniker sagen, die Demokratie war eine kurze Episode – der Fortschritt leitet uns in eine Diktatur des Kapitals, wie wir sie in China beobachten. Warum zur Wehr setzen, wenn man eh nichts daran ändern kann, erklären sie weise. Wahr ist, dass wir uns bis dato nicht gewehrt haben. Viele Anzeichen nähren den Verdacht, dass wir auf den Weg sind, irgendwie geartete chinesische Zustände zu erlangen. Was wir erleben ist eine Diktatur – noch keine gänzlich politische, auch wenn sich die Politik zum Handlanger wirtschaftlicher Egoismen macht. Aber die Tendenzen stehen stramm. Dass wir uns Fragen gefallen lassen müssen, ob denn die Demokratie ein schwaches Staatswesen sei, weil es wirtschaftlich verkompliziert – was sie gar nicht tut, was aber als Märchen praktisch ist -, liegt an der Dominanz des Profitdenkens, liegt daran, dass wir dieser Denkart, die uns in Fleisch und Blut injiziert wurde, keine Leine um den Hals werfen. Der Wettlauf um satte und immer sattere Einkünfte veranstaltet einen Wettbewerb, der ganze Nationen vor Entscheidungen stellt, die keine Verbesserungen mit sich bringen werden, sondern nur die endlose Gewinnmaximierung einer kleinen Clique von Profiteuren. Das tut der Wettbewerb bereits heute – und wird er immer drastisch tun.
Wollen wir einen Weg aus dieser programmierten Diktatur finden, so müssen wir uns Fragen stellen, die außerhalb der neoliberalen Vorstellungskraft liegen. Fragen nach dem Sinn dieses ganzen Wirtschaftens – Fragen nach dem Motiv einer effizient strukturierten Arbeitswelt, die immer mehr Menschen davon ausschließt, ein Leben in Würde zu führen, weil sie darin keinen Platz mehr finden – Fragen nach der Absicht einer Wettbewerbsfähigkeit, die den Wettbewerb für diejenigen, die ihr unter die Räder kommen, verzerrt – Fragen danach, ob die Arbeit als Gesellschaftsfundament nicht anachronistisch ist, in einer Zeit, da Arbeit immer rarer wird. Das sind die eigentlichen Fragen, die wir uns stellen müssen – nicht solche, ob wir etwa in die Diktatur marschieren sollten, weil da das Leben vermeintlich besser organisiert und wohlständiger ist. Das sind im Diskurs sicher berechtigte, ja auch provozierende, damit aufweckende Fragen – aber es bleiben doch falsche Fragen, weil sie die Spielregeln und die gedankliche Voraussetzung des Neoliberalismus beinhalten, nicht außerhalb dieses Ideologiegebäudes angesiedelt sind.
Nur wenn wir als Gesellschaft in den Wettbewerb zu den (Wirtschafts-)Diktaturen dieser Welt treten, werden wir in die Gefahr geraten, gänzlich in den autoritären Heilslehren zu versumpfen. Der globale Wettbewerb, das Gieren nach Exportweltmeisterschaften und den größten Stück Kuchen des Welthandels, was wiederum zwangsläufig Kostenreduzierung um jeden Preis als Folge zeitigt, macht uns zu Wettbewerbern nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch im Kampf um das beste Staatssystem. Einen solchen Wettbewerb kann man sich nur entziehen, wenn man die treibenden Kräfte aus der Wirtschaft gesetzlich an die Leine nimmt und sie ihren nationalen wie internationalen Verantwortungen überführt – und man kann ihm sich entziehen, wenn man sich weigert, um der Krone der Welt willen, um jeden erdenklichen Preis wettbewerbsfähig zu sein. Entziehen wir uns nicht, so ziehen wir uns die Diktatur auf die eine oder andere Weise zu…
Zum Thema:
15. Oktober Frankfurt Bankenviertel
Ich finde es auch immer erhellend zu sehen, dass sich unsere “großen Führungspersönlichkeiten” offenbar gar nicht schämen, wenn sie vom Erfolgsmodell China schwadronieren und zu meinen scheinen, die verwöhnten europäischen Bürger müssten sich schon mal an den auch hier kommenden Lebensbedingungen der chinesischen Wanderarbeiter orientieren.
Die staatlichen Führungsriegen scheinen sich ja an irgendeinem Punkt für die freiwillige Sklaverei unter der Herrschaft der globalen Finanzmärkte entschieden zu haben, denen sie nun den Wohlstand ihrer Bevölkerungen zum Fraß vorwerfen. Hätten wir nicht alle dieses Führungsproblem, bräuchten uns diese ganzen Finanzkrisen überhaupt nicht zu interessieren, -dann hätten wir nämlich vom Finanzmarkt unabhängige nationale und regionale Versorgungsstrukturen, die eine gute Grundversorgung der jeweiligen Bevölkerung sicherstellen. Aber statt in eine solche Richtung zu denken, liebäugeln manche in unserer politische Elite natürlich eher mit dem Sklavenstaat nach chinesischem Vorbild. Traurig, traurig.
Dass es soweit kommen konnte, dass wir alle nur noch von Günstlingen des staatenlosen Großkapitals regiert werden, ist natürlich als Ergebnis eines langen historischen Prozesses zu betrachten. Das zu beleuchten würde hier zu weit führen – und das können andere auch kenntnisreicher als ich.
Ist es nicht so, dass es statt einzelner (Wirtschafts-)Diktaturen schon längst eine einzige globale Diktatur der nebulösen “Märkte” gibt, unter deren Herrschaft wir alle bereits leben, vielleicht sogar schon sehr lange darunter gelebt haben? Gibt es da überhaupt noch Systemkonkurrenzen?
Die gegenwärtigen Diktaturen, egal welchen Anstrichs, sind ja auch nur Symptome des einen globalen Übels und sie existieren auch nur von Gnaden der verborgenen, international ihre Interessen durchsetzenden Puppenspieler – nennen wir sie mal “Wirtschaftsinteressen”.
Die alte, gute soziale Marktwirtschaft jetzt noch, lange nach ihrem Ausverkauf, in Systemkonkurrenz gegen das chinesische Modell verteidigen zu wollen – dafür ist es leider zu spät, weil nationale Ansätze dieser Art in international völlig deregulierten Rahmenbedingungen für Real- und Finanzwirtschaft keinen Wirkungsradius mehr entfalten können.
Dann wir zur Strafe einfach das jeweilige Land durch Arbeitsstellen -und Kapitalverlagerungen ausgeblutet. Es kann nur globale Lösungen geben – zum Wohle der gesamten Menschheit. Und dafür brauchen wir erst einmal ein neues Führungspersonal. Mit Leuten wie Merkel, Sarkozy und auch Obama ist da wohl leider nichts zu machen. Ich habe leider keine Lösungsansätze zu bieten, so stellt sich meiner Ansicht nach jedoch die Problemlage dar.
>>> Die alte, gute soziale Marktwirtschaft jetzt noch … verteidigen zu wollen – dafür ist es leider zu spät, weil nationale Ansätze dieser Art in international völlig deregulierten Rahmenbedingungen für Real- und Finanzwirtschaft keinen Wirkungsradius mehr entfalten können. … Es kann nur globale Lösungen geben – zum Wohle der gesamten Menschheit.
DUMMES ZEUG!
Rorty, R.: Stolz auf uneser Land, Suhrkamp, 1998, S. 95
Dass ein Sozialstaat im nationalstaatlichen Rahmen durchaus funktionieren kann, belegen nicht zuletzt die skandinavischen Länder, allen voran Schweden.
@Sebastian Müller
Die Betonung auf Nationalstaat ist für mich nicht nachvollziehbar.
Welche Begründung soll es dafür geben?
Ein Sozialstaat kann in jedem Staat etabliert werden, auch in einem Vielvölkerstaat. Vgl. z. B. Schweiz.
@ceterum censeo.2011
dann haben Sie mich falsch verstanden oder bewusst missverstanden. Die Betonung lag nicht auf “national”, ich hätte auch nur von “Staat” reden können. Mit dem Begriff “Nationalstaat” habe ich lediglich auf eine geläufige Umschreibung zurückgegriffen, um im Kontext des Bezuges vom supranationalen Gebilde oder dem Staatenbund abzugrenzen. Eine ethnische Homogenität ist heutzutage ohnehin nirgends mehr gegeben, Über die Nationalität entscheidet heute letztendlich die Staatsbürgerschaft. Und idealerweise sollte und kann die Staatsbürgerschaft auch soziale Rechte mit einschließen.
Ich wollte keine ethnische Diskussion führen, sondern nur darauf hinweisen, dass die Erzählung, dass der Sozialstaat im Zuge der “Globalisierung” nicht aufrechtzuerhalten sei, nicht belegbar ist. Dennoch bin ich der Meinung, dass der Sozialstaatsgedanke auf die europäische Ebene übertragen werden muss.
@Sebastian Müller
dann haben Sie mich falsch verstanden oder bewusst missverstanden.
Wie soll ich ahnen, dass Sie den Begriff des „Nationalstaates“ nicht begrifflich adäquat benutzen?
Die falsche Gleichsetzung von Staat mit Nationalstaat ist typisch deutsch.
Die meisten Deutschen wissen nicht, dass die Schweiz kein „Nationalstaat“ ist.
Das liegt am deutschen Blut-und-Boden-Verständnis einer Staatszugehörigkeit, diese wurde auch vom deutschen Staatsbürgerrecht bis in die jüngste Zeit noch so definiert.
Dass Sozialstaatlichkeit mit Vorstellungen von nationaler „Volksgemeinschaft“ assoziiert wird, ist deutsche Tradition und deutsche Ideologie.
Über die Nationalität entscheidet heute letztendlich die Staatsbürgerschaft.
Keineswegs. So gibt es z. B. viele deutsche Staatsbürger, die sich als Angehörige der türkischen Nation fühlen und sich auch als Türken bezeichnen.
Es gilt daher zwischen „Staatsbürgerschaft“ und „Volkszugehörigkeit“ zu differenzieren.
Dennoch bin ich der Meinung, dass der Sozialstaatsgedanke auf die europäische Ebene übertragen werden muss.
Das war er schon immer. Es geht nur um die Standards.
@Sebastian Müller
“Ich wollte keine ethnische Diskussion führen, sondern nur darauf hinweisen, dass die Erzählung, dass der Sozialstaat im Zuge der „Globalisierung“ nicht aufrechtzuerhalten sei, nicht belegbar ist.”
Ich sprach nicht vom Sozialstaat sondern vom alten Modell der sozialen Marktwirtschaft mit ihren starken Gewerkschaften, fairen (Tarif-)Löhnen und Arbeitszeiten. Dieses Modell ist in der gegenwärtig herrschenden Marktlogik nicht konkurrenzfähig, was man beispielsweise daran sieht, wo unsere Konsumgüter in der Regel hergestellt werden – im Falle der Unterhaltungselektronik in China, der Bekleidungsindustrie vorrangig in Bangladesh – zu miesesten Bedingungen.
Dass ich darauf hingewiesen habe, bedeutet keineswegs, dass ich das gutheiße. Natürlich braucht es einen Sozialstaat oder eben ein neues adäquates Modell, gerade auch um die massiven Arbeitsplatzverlagerungen abzufedern.
Ich würde Deine Idee, den Sozialstaatsgedanken auf europäische Ebene zu übertragen sogar auf eine globale Perspektive ausweiten wollen, weil wir es als einigermaßen intelligente Spezies eben auch nicht hinnehmen sollten, dass etwa die Frauen in Bangladesh beim Nähen unserer Kleidung verrecken.
Ob Schweden als Ideal eines Sozialstaates angesehen werden kann ist auch fraglich – wenn ich lese, dass es auch dort in erster Linie darum geht, Erwerbslose durch allerlei Fördermaßnahmen schleunigst wieder in Arbeit zu bringen, was in Anbetracht des globalen Trends geringer werdenden Bedarfs aufgrund von Automatisierung auch kein dauerhaft tragfähiger Ansatz ist.
Die Sozialstaaten müssen Wege finden, vom Dogma der Erwerbsarbeit um jeden Preis loszukommen und zur Finanzierung auch endlich mal die Sphären in den Blick und in Haftung zu nehmen, wo die Gewinne all der automatisierten und ausgelagerten Arbeit hinfließen. Und diesbezüglich denke ich, dass es dafür staatenübergreifender Lösungen bedarf, weil sich das Kapital nun mal nicht an einzelne Staaten binden lässt – und nebenbei die Werkbänke der globalen Großkonzerne, zumindest was einfache Konsumgüter betrifft, eher außerhalb Europas stehen. Zur wissenschaftlichen Unterfütterung dieser Betrachtungsweise empfehle ich besonders die Lektüre von Donna Haraways “A Cyborg Manifesto”.
@Systemfrager:
“Die vereinigten Staaten von Europa” stehen doch derzeit ganz oben auf der Agenda – und es handelt sich dabei keineswegs um eine linke Agenda. Diese Woche hat der Herr Bundeskanzler a. D. Schröder in der Amerikanischen Huffington Post mal wieder die Werbetrommel dafür gerührt. Das Bestreben dorthin scheint eher von Seiten zu kommen, hinter denen man schon das große Geld vermuten kann. Ich wäre da nicht allzu optimistisch, dass da wirklich humanistische Ideale dahinter stecken.
“…inspirierende Zukunftsvorstellungen für unser Land…” abgekoppelt von der Welt drumherum – das halte ich meinerseits für “dummes Zeug” – oder besser gesagt für sehr kurzsichtig.
@A.S. Flickering
Ich sprach nicht vom Sozialstaat sondern vom alten Modell der sozialen Marktwirtschaft mit ihren starken Gewerkschaften, fairen (Tarif-)Löhnen und Arbeitszeiten. Dieses Modell ist in der gegenwärtig herrschenden Marktlogik nicht konkurrenzfähig, was man beispielsweise daran sieht, wo unsere Konsumgüter in der Regel hergestellt werden – im Falle der Unterhaltungselektronik in China, der Bekleidungsindustrie vorrangig in Bangladesh – zu miesesten Bedingungen.
Das hat mit Marktlogik nichts zu tun. Mit solchen Deutungsmustern will man die Bevölkerung nur dumm machen und die Zusammenhänge verschleiern.
Zugegeben, es ist zu einseitig nur „die Verdummung von oben“ zu betrachten. Denn zur Verdummung gehören immer zwei Seiten, die eine Seite, die Verdummung betreibt, und die andere, die nichts dagegen tut.
Damit stellt sich die Frage nach dem Anteil der Bevölkerung bei diesem Phänomen.
Wer stellt denn die Produkte wie Unterhaltungselektronik, Computer, Telefone, Fotoapparate etc. in China her?
Das sind westliche Konzerne und selbstverständlich könnte man die Gewinne der Unternehmen, ihrer Aktionäre, ihrer Manager etc. entsprechend besteuern und gezielt bestimmte Produkte mit Importsteuern belegen.
Wenn die Leute die Märchen glauben, dass Steuersenkungen für Unternehmen und Reiche, niedrige Löhne, Abbau von staatlichen Leistungen etc. vom „Markt“ oder der „Globalisierung“ verursacht werden und dass daraus „Wachstum“ entsteht, von dem sie später profitieren, dann sind sie eben nicht intelligent genug, die wirklichen Zusammenhänge zu begreifen.
Staatsverschuldung, Senkungen des Spitzensteuersatzes, Senkungen der Reallöhne, Senkung der Staatsausgaben, Abbau des Sozialstaates, Erhöhung der indirekten Steuern, Verlängerung der Lebensarbeitszeit, Rentenkürzungen etc. sind Umverteilungsphänomene .
Ein Weniger auf der einen Seite, führt auf einem Mehr auf der anderen Seite.
Die Armut der einen, ist der Reichtum der anderen.
Zum Beispiel quetscht man in Griechenland die Masse aus und lässt die Vermögenden ungeschoren. Dies zeigen sogar die Polit-Magazine im Fernsehen.
Obwohl diese Zusammenhänge wirklich nicht so kompliziert sind, gibt es nach wie vor nur eine kleine Minderheit, welche die Zusammenhänge richtig begriffen hat.
Im Übrigen gib es keinerlei Kausalzusammenhang zwischen der Größe eines Staates und seinem Sozialstaat. Wie der Sozialstaat aussieht, ist primär eine Verteilungsfrage, und die wird bestimmt durch die gesellschaftlichen Machtverhältnisse.
Bei der Beeinflussung der gesellschaftlichen Machtverhältnisse gilt: „Wissen ist Macht“.
Eine unwissende Bevölkerung lässt sich leicht über den Tisch ziehen. Selbstverständlich ist der Erwerb von „Wissen“ abhängig von verschiedenen Faktoren, vom Interesse, Engagement, Fleiß, Disziplin und – last not least – von Intelligenz.
Eine verblödete und unwissende Bevölkerung hat keine Macht.
@ Sebastian
Ich bitte dich!!!!!!!!! Nur weil die deutsche Geschichte so ist wie sie ist, muss man bei jedem Gebrauch des Wortes “national” eine mehrseitige Entschuldigung nachreichen ?????????????
@ ceterum censeo
welche Begründung für national? Diese:
Der Ökonom mit dem Hammer
Jeder Staat in EU brauch mehr Nationalstaat, nicht weniger.
Jeder Staat in EU brauch mehr Nationalstaat, nicht weniger.
Wer mehr „Nationalstaat“ fordert, will mehr sprachliche, kulturelle und/oder ethnische Homogenität.
http://de.wikipedia.org/wiki/Nationalstaat
Was soll das bringen?
Der Forderung nach kleinen Staaten mit einer bestimmten Maximalgröße in einem Staatenverbund macht Sinn, wenn man einen freiheitlichen und demokratischen Staat will und Großmachtspolitik verhindern will.
Das Modell Schweiz sehe ich als vorteilhaft an: Ein kleiner Vielvölkerstaat, der sich als Willensnation auf Basis einer freiheitlichen und demokratischen Verfassung gegründet hat.
China – Realität und Projektion
Interessant ist die Meinung von Menschen über China, insbesondere jener Menschen, die sich für kritisch und informiert halten.
Darunter gibt es allerdings eine Menge Autoren, die sich veranlasst sehen, einen Artikel über China schreiben, ohne sich zu fragen, ob sie dies – von der Sache her – überhaupt können.
Ich selbst war mich bislang nicht motiviert, einen Artikel über China zu schreiben, und zwar aus dem einfachen Grund, weil ich zu wenig über China weiß.
Aber soviel meine ich über China zu wissen, um zur Einschätzung zu gelangen, dass viele Meinungen über China mehr oder minder unbrauchbar sind, weil sie entweder (Negativ)Propaganda, Fehleinschätzungen und/oder Wissensdefizite beinhalten.
So wird regelmäßig betont, dass China eine Diktatur sei. Damit wird suggeriert, dass die Menschen in einem System leben, in dem sie unterdrückt werden und unter dieser Unterdrückung sowie dem Mangel an Demokratie leiden.
Gib es Untersuchungen darüber, wie Chinesen über ihr System und über die Demokratie denken?
Wie gesagt, ich weiß zu wenig über China. Mein Wissen stammt aus zweiter Hand, aus Lektüre, TV-Berichten und Dialogen mit China-Kennern. Es ist folglich kein gesichertes Wissen, sondern es sind Vorstellungen in Art von Hypothesen, die für mich eine gewisse Plausibilität besitzen.
Dazu gehört die Annahme, dass die Chinesen – mit Ausnahmen von Minderheiten – an Demokratie gar nicht interessiert sind.
Demokratie halten sie für einen Irrglauben, für ein falsches System und einen Schwindel. Das ist ihnen so fremd wie für uns Europäer der Götterglaube der Balinesen.
Für die Chinesen ist es klar, dass Gesellschaften nur als hierarchisches System funktionieren.
So wie es für Europäer evident ist, dass eine Armee nur als hierarchisches System funktionieren kann.
In der Armee wählen sich nicht die Soldaten ihren Generalstab, sondern zum General wird man durch Aufstieg von unten auf die jeweils höhere Hierarchiestufe, bis man ganz oben angelangt ist. Und dieser Aufstieg hat zur Voraussetzung, dass man Ausbildungsgänge an Militärakademien erfolgreich absolviert.
Dies ist das Grundprinzip, genauso läuft dies auch in der KP China.
Und nicht anders läuft es übrigens auch in den westlichen Ländern in den Sachhierarchien. Man kann keinen Studenten zum Professor und keinen Medizinalpraktikanten oder Assistenzarzt zum Chefarzt wählen.
Aber in den westlichen Demokratien kann man jeden in höchste Ämter wählen, ohne dabei die dafür erforderliche Qualifikation berücksichtigen müssen.
Ein Hitler wurde zum großen Führer und absoluten Herrscher gemacht. Besaß er irgendwelche relevanten fachlichen Qualifikationen? Keineswegs. Die Hauptkompetenz des böhmischen Gefreiten war, durch Reden seine Zuhörer begeistern zu können.
Nach wie vor sind in westlichen Demokratien derartige Aufstiege möglich.
Ein Politiker wurde zum Vize-Kanzler und Außenminister gemacht, dessen einzige, nachweisliche Qualifikation in einem Taxiführerschein bestand. Man weiß, dass er zunächst das Gymnasium und dann eine Lehre abgebrochen hat. Leute, die ihn kannten, berichteten, dass er sich eine lange Zeit als Kleinkrimineller finanziell über Wasser gehalten habe. So hätten die Studenten bei ihm Bücher bestellt, die er dann klaute und ihnen verkaufte.
Bekanntheit in der Öffentlichkeit hat er vor Beginn seiner politischen Karriere einzig als politischer Gewalttäter erlangt.
Was glaube ich zudem noch von den Chinesen zu wissen?
Die Chinesen stellen das gesellschaftlich Ganze – den Staat – über das Individuum. Deren Philosophie ist völlig dem Liberalismus entgegengesetzt. Der Einzelne hat der Entwicklung des Ganzen zu dienen.
Chinesische Frauen schätzen an Männern besonders deren Intelligenz, ihr Ziel ist es, einen intelligenten Mann zu bekommen.
China ist ein jahrtausende alter Gesellschafts- und Kulturprozess, der eine besondere Kollektividentität geschaffen habe.
Im Fernsehen habe ich einen erfolgreichen taiwanesischen Unternehmer gesehen, der sagte, sein größter Wunsch sei, dass China wieder zusammenkommt, also Taiwan wieder zu China komme, weil China zusammengehöre und er unter der Trennung leide.
China ist jahrtausende altes, soziokulturelles Prozessphänomen.
Die Menschen haben dort andere Psycho- und Identitätsstrukturen entwickelt.
Was sehe ich als gesichertes Wissen über China an?
China vollzieht einen nachholenden technischen und wissenschaftlichen Modernisierungsprozess, welcher als Entwicklungsdiktatur unter Führung revolutionärer, sozialistischer Eliten erfolgt.
Diese Entwicklungsdiktatur zum Aufbau einer High-Tech-Industrie unterscheidet sich gegenüber der stalinistischen Modernisierungsdiktatur vor allem in drei Punkten:
1. Es ist keine Terrorherrschaft.
2. Der Schwerpunkt legt auf Entwicklung der Zivilökonomie und nicht der Militärökonomie.
3. In der Ära nach Mao wurde das Konzept einer Mixed-Economy realisiert, welche als Rahmen eine Staatswirtschaft unter Herrschaft der KPCh hat und in einem weiten Bereich als kapitalistische Marktwirtschaft funktioniert.
In China handelt es sich jedoch nicht um einen Kapitalismus, denn in China herrschen nicht die Kapitalisten, also keine Plutokratie, sondern es herrscht die KPCh, welche die Gesamtrichtung der gesellschaftlichen und ökonomischen Entwicklung bestimmt.
Von der wirtschaftlichen Entwicklung haben bislang ca. 500 Millionen Chinesen profitiert, beim Rest werden vor allem deren Kinder davon profitieren, bedingt vor allem durch den Zugang zu den Bildungsinstitutionen und dem ständigen wirtschaftlichen Wachstum.
Es besteht in China ein breiter Massenkonsens für die Politik der KPCh, das Riesenreich ist politisch relativ stabil, also beispielsweise im Vergleich wesentlich stabiler als es Südamerika als „Hinterhof der USA“ in den Jahrzehnten nach dem WK II war.
Auch im Westen besteht weitgehend Übereinstimmung in der Prognose, dass China die kommende Weltmacht Nr. 1 ist und dass es nur noch Jahrzehnte dauert, bis dieses Ziel erreicht ist.
@ ceterum censeo
so etwa sehe ich das auch. Wie betont, auch ich mache mir das Bild aus den verschiedenen zugänglichen Mosaiksteinen, keine persönliche Erfahrung oder Informationen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Chinesen die gesellschaftlich und ökonomisch gescheiterte Hayek-Ordnung des Westens je kopieren werden
@ ceterum censeo.2011 – 13. Oktober 2011 um 20:28
Wenn ich von der “gegenwärtig herrschenden Marktlogik” spreche, ist das natürlich verkürzt.
Das hinter Märkten Personen stehen mit spezifischen Interessen – und dass jene Personen treu ergebenes Personal in unserer und auch in anderen Regierungen haben, wissen wir alle.
Deshalb wird uns die alte soziale Marktwirtschaft seit Jahrzehnten als nicht mehr konkurrenzfähig verkauft – um meine obige Aussage hiermit zu präzisieren.
Aber: Realität wird ja nach den Ideen der Mächtigen geschaffen – wenn die global vernetzten Entscheidungsinstanzen eben beschließen, dass es so zu sein hat, dann ist das eben leider auch so.
Welche Reaktionsketten der ideologiegeleitete Abschied von der sozialen Marktwirtschaft ausgelöst hat, können wir jeden Tag sehen: Die mittelständische Wirtschaft ist gehörig unter Druck geraten, immer weniger Menschen können sich im Inland produzierte Waren aufgrund von zunehmendem Lohndumping noch leisten usw. Daran kann weder die inländische mittelständische Wirtschaft etwas ändern, noch die Beschäftigten, noch die Konsumenten, die aus finanzieller Not schlichtweg häufig zum Konsum unethisch produzierter Waren gezwungen sind.
Ich sehe nirgends Bestrebungen, von staatlicher Seite ein neues Modell sozialer Marktwirtschaft zu propagieren. Es wird doch gerade von den Regierenden nach wie vor die allgemeine Machtlosigkeit einzelstaatlicher Regierungsbestrebungen vor sich hergetragen. Merkel ist mit ihren ständigen Alternativlosigkeiten ja das offenkundigste Beispiel dafür.
Natürlich steht dahinter eine Ideologie und ganz konkrete Umverteilungsinteressen – eben von unten nach oben.
Ich möchte konkreten Personen in Regierungsverantwortung noch nicht einmal unterstellen, dass sie sich bewusst zu Ausführungsorganen der Interessen der überstaatlichen besitzenden Schicht machen. Vielleicht fühlen sich da einige wirklich von ihrer anerzogenen Ideologie gemäßen Sachzwängen getrieben. Im Falle von Frau Merkel ist ihre persönliche Nähe zu Führungspersönlichkeiten im Bankengewerbe und der Energiewirtschaft allerdings etwas zu offenkundig. Und Obama ist natürlich nicht ohne Grund der Lieblingskandidat der Wall Street, was man am Spendenaufkommen von dieser Seite ablesen kann.
@A.S. Flickering
Das hinter Märkten Personen stehen mit spezifischen Interessen – und dass jene Personen treu ergebenes Personal in unserer und auch in anderen Regierungen haben, wissen wir alle.
Deshalb wird uns die alte soziale Marktwirtschaft seit Jahrzehnten als nicht mehr konkurrenzfähig verkauft – um meine obige Aussage hiermit zu präzisieren.
Genau. Die Spin-Doctors konstruieren falsche ökonomische Modelle, um dadurch „nachzuweisen“, dass es zur herrschenden Wirtschaftspolitik objektiv keine Alternative gibt. Das ist dann die neo-liberale TINA-Ideologie.
Das Modell der sozialen Marktwirtschaft basiert auf „Sozialpartnerschaft“ zwischen den Klassen mit antagonistischem Verteilungsinteressen.
Die SPD und die Gewerkschaften – zumindest spielten sie dieses Spiel in der Öffentlichkeit – waren die Interessenvertreter der arbeitenden Bevölkerung bei Aushandlung eines Verteilungskompromisses.
Mit der Wende zur neo-liberalen Politik geht es der „herrschenden Klasse“ – um diese soziologische Abstraktion zu benutzen – nicht mehr um Klassenkompromisse, sondern um einen rigiden „Klassenkampf von oben“ mit dem Ziel einer Umverteilung von „unten“ – aber auch insbesondere von der „Mitte“ – nach „oben“.
Schon seit langem „verkaufen“ die Organisationen der Interessenvertretung der arbeitenden Bevölkerung – SPD und die Gewerkschaften – neo-liberale Politik als „Modernisierung“, noch mehr, die SPD hat seit 1998 die neo-liberalen Gegen-Reformen (Agenda 2010, Hartz IV, Lissabon-Vertrag etc.) in einer Rigidität umgesetzt, wie es der CDU/CSU nicht aufgrund des zu erwartenden Widerstandes in der arbeitenden Bevölkerung nicht möglich gewesen wäre.
Noch zu China und zur weiteren Entwicklung
Die Kritik an China aus westlicher Perspektive macht sich vor allem an zwei Punkten fest, nämlich an der Diktatur und an der Zunahme sozialer Ungleichheit.
Dass der chinesische Weg eine Modernisierungsdiktatur darstellt, ist offensichtlich. Zweifelsohne gab und gibt es auch Menschenrechtsverletzungen.
So wie jene blutige Niederschlagung der studentischen Demokratiebewegung von 1989, welche auch als Tian’anmen-Massaker bekannt ist.
In diesem Zusammenhang sollte man sich allerdings bewusst machen, welche Folgen die Einführung von demokratischen Strukturen in China hätte. Es käme zu westlich-kapitalistischen Verhältnissen, wo Reiche und Superreiche in Verbindung mit Teilen der Mittelschichten die Politik bestimmen würden, und zwar logischerweise gegen die objektiven Gesamtinteressen der Mehrheit der chinesischen Bevölkerung.
Es wäre das Ende des bisherigen chinesischen Entwicklungsweges, mit anderen Worten: Eine Konterrevolution und ein geschichtlicher Rückschritt.
Die Phase der Industrialisierung war auch in den westlichen Ländern mit großen sozialen Verwerfungen, mit Grausamkeiten und der Verelendung großer Teile der arbeitenden Bevölkerung verbunden. Das ist logischerweise so, denn die Mittel für die Industrialisierung müssen zusätzlich aus der arbeitenden Bevölkerung durch verschärfte Ausbeutung herausgepresst werden.
Die Modernisierung zu einer Industriegesellschaft kann daher prinzipiell nur über zwei Wege, nämlich über den kapitalistischen oder über den „stalinistischen“ Weg, erfolgen.
Der kapitalistische Weg führt zu einer mehr oder minder lang andauernden Verelendungsperiode der arbeitenden Bevölkerung, er ist auch als „Manchesterkapitalismus“ bekannt. Eine sozialistische Modernisierungsdiktatur stalinistischen Typs muss hingegen die arbeitende Bevölkerung mit Zwang und Terror antreiben und zugleich dies als notwendiges Opfer auf dem Weg zum Sozialismus idealisieren.
Unter Mao wurde zunächst der Weg des stalinistischen Typs eingeschlagen, danach entschloss sich die Führung der KPCh zu einem „dritten Weg der Modernisierung“, nämlich zu einer Kombination aus sozialistischer Diktatur und kapitalistischer Marktwirtschaft.
Der kapitalistische Weg in die Industrialisierung – in der marxistischen Theorie wird diese Initialphase ursprüngliche oder primitive Akkumulation genannt – führt zwangsläufig zu großen sozialen Verwerfungen und extremer sozialer Ungleichheit: immenser Reichtum auf der einen Seite, Armut und Verelendung auf der anderen Seite.
Genau diese großen sozialen Verwerfungen sind auch in China zu beobachten. Das ergibt sich aus der Entwicklungslogik, welche weitgehend eine des kapitalistischen Typs ist. So entstehen dann die „Höllen der Arbeitswelt“, wie bei Foxconn.
Die entscheidende Frage ist, welche Richtung die gesellschaftliche Entwicklung einnimmt, wenn die „ terroristische Initialphase der Industrialisierung“ abgeschlossen ist und eine industrielle Infrastruktur aufgebaut ist.
Gemäß der marxistischen Theorie steht die Gesellschaft dann am Scheideweg zwischen der Alternative „Sozialismus oder Barbarei“, wie es von Friedrich Engels und Rosa Luxemburg formuliert wurde. Die einzige Alternative zur Barbarei ist gemäß der marxistischen Theorie die sozialistische Revolution mit einer Neugestaltung der Eigentumsverhältnisse.
Wenn aber die sozialistische Revolution nicht erfolgt, was soll man sich dann unter „Barbarei“ vorstellen?
Das, was wir seit Beginn des 20. Jahrhunderts im Westen sehen.
Eine gesamtgesellschaftlich irrationale Entwicklung mit imperialistischen Weltkriegen, Faschismen und die Totalmanipulation des Menschen zum Zwecke seiner wirtschaftlichen Verwertung. Mit den Folgen: psychosoziale Verelendung der Menschen, Dehumanisierung des Alltagsverhaltens, massenhafter Konsum von Psychopharmaka und Drogen, Verbrecherherrschaft, eine Epoche neuer Sklaverei und des Menschenhandels etc.
China ist bislang infrastrukturell binnenwirtschaftlich noch nicht so weit entwickelt, dass es definitiv vor der Weggabelung stände, also vor einer Entscheidung zwischen der Fortsetzung der kapitalistischen Marktwirtschaft mit der Folge einer gesamtgesellschaftlich irrationalen, barbarisch-inhumanen Entwicklung, wie wir sie aus dem Westen kennen, und der anderen Alternative, nämlich einer gesamtgesellschaftlich rationalen, sozialistischen Entwicklung.
Noch lässt sich das chinesische Entwicklungsmodell rational und moralisch begründen, d. h. es hat eine humanistische Legitimationsbasis.
Im völligen Gegensatz zu China entwickeln sich die Länder im kapitalistischen US-Imperium. Dort sehen wir einen – jetzt in der neoliberalen Phase – völlig entfesselten Kapitalismus, der offenkundig nicht mehr unter rationale Kontrolle zu bringen ist und wo man heute nur noch hoffen kann, dass dessen Zusammenbruch nicht in totaler Barbarei endet. Mit der Errichtung von Diktaturen – (pseudo)demokratischer Verkleidung – wird versucht, diesen Kollaps aufzuhalten.
Wenn heute im niedergehenden Kapitalismus – wie es oben Roberto J. De Lapuente ausführt – die Diktatur in China als Vorbild diskutiert wird, so wird bei kritischer Reflexion deutlich, dass es sich inhaltlich aber um völlig gegensätzliche Typen von Diktatur handelt:
Die chinesische Diktatur ist progressiv ausgerichtet, dort gibt es objektiv gesellschaftlichen Fortschritt.
Die sich – „postdemokratisch“ – entwickelnden kapitalistischen Diktaturen sind reaktionär, sie besitzen keine historische Legitimation, da sie gesamtgesellschaftlich nur einen Rückschritt darstellen.
Ihr einziger Zweck ist lediglich der Erhalt einer Herrschaft, die schon längst zur Herrschaft von Verbrechern und Soziopathen geworden ist.
Wenn eine Gesellschaft das Stadium der Verbrecherherrschaft erreicht hat, wie ist dann noch eine Veränderung noch möglich?
Denn die Verbrecher und ihre Helfershelfer müssen im Falle einer Revolution damit rechnen, alles zu verlieren und mit Gefängnis oder dem Tod bestraft zu werden. Deshalb werden sie alles tun, um ihre Herrschaft zu erhalten und daher vor keinem Verbrechen zurückschrecken. Sie halten sich nicht an Gesetze oder ändern Gesetze willkürlich in ihrem Interesse, dabei ignorieren sie die gesellschaftliche Rechtsordnung und Verfassung.
Mit ihrer Macht haben sie sich längst die Herrschaft über die Gesetzgebung und über die staatlichen Informations-, Kontroll- und Gewaltapparate angeeignet
In diesem Stadium ist in modernen Gesellschaften die Bildung einer organisierten Gegenmacht nicht mehr möglich.
Was bedeutet, dass solche Systeme von innen heraus nicht mehr veränderbar sind.
Nun kann man einwenden, dass das Hitler-Regime durch die Gegenverschwörung im Jahre 1944 hätte gestürzt werden können, wenn das Attentat gegen Hitler gelungen wäre. Aber zu diesem Zeitpunkt stand das Hitlerregime sowieso schon vor dem totalen Zusammenbruch und damit auch die soziale Position der an der Gegenverschwörung beteiligten Eliten. Daraus resultierte die Motivation für den Putschversuch der Eliten, die zuvor Anhänger oder Mitläufer gewesen waren.
Das ist eine typische Konstellation für eine „Revolution von oben“, wenn das alte Herrschaftssystem vor dem Zusammenbruch steht, weil es – wie das Hitlerregime – vor einer militärischen Totalniederlage steht oder weil das System von innen her weitgehend dysfunktional geworden ist, wie die Sowjetunion.
Selbstverständlich war es die Strategie des Westens, das Sowjetimperium in den Zusammenbruch zu treiben, sowohl durch „Totrüsten“ wie auch durch die „neue Ostpolitik“ mit Osthandel mit Kreditvergabe.
Trotz des angekündigten „Change“ hat sich das US-Imperium mit den beteiligten Satellitenstaaten als reformunfähig erwiesen und steuert unaufhaltsam in den ökonomischen und zivilisatorischen Niedergang. Zunehmend kann dieses Herrschaftssystem nur noch mit diktatorischen Mitteln aufrechterhalten werden, so pseudo-demokratisch verschleiert dies auch immer geschieht.
Allgemein lässt sich die These formulieren, dass, je mehr das System auf seinen Totalzusammenbruch hinsteuert, es umso mehr eine Chance auf eine Strukturrevolution von oben gibt. Zudem diese ggf. mit alten Eliten dann Straffreiheit durch Amnestie etc. aushandeln kann.
Heute richten sich die Hoffnungen des Großteils der Menschheit auf China.
Irgendwo habe ich gelesenen, dass der US-Imperialismus und der damit verbundene Gesellschaftstyp in der Welt nur noch 2 Milliarden Anhänger hat, während die anderen 5 Milliarden Menschen ihn hassen.
Besonders wichtig ist, die gegenläufige Entwicklung auf der Welt zu verstehen.
Während es in China und den mit China kooperieren Staaten aufwärts geht, findet ein gegenläufiger Prozess in den USA und den mit ihnen verbündeten Staaten in Form einer Abwärtsentwicklung statt.
Wobei jedoch diese Abwärtsentwicklung nicht alle Schichten der Gesellschaft betrifft, sondern das sogenannte oberste 1 Prozent immer reicher wird und auch noch erhebliche Teile der Mittelschichten davon profitieren, es ihnen zumindest nicht wesentlich schlechter geht.
Genau diese Schichten bilden den entscheidenden Teil des „Establishments“, weil sie entsprechende Positionen in den gesellschaftlichen Hierarchien einnehmen. Dadurch haben sie „Funktionsmacht“ und „Definitionsmacht“.
Welchen gesellschaftlichen Anteil diese „Systemprofiteure“ quantitativ in den USA ausmachen, kann ich mangels entsprechender empirischer Daten nicht einschätzen, ob insgesamt 20, 30 oder 40%. Der mangelnde Zugang zu relevanten soziologischen Daten ist auch ein Beispiel für die vorhandene Informationsasymmetrie. Auch dies war in früheren Zeiten anders.
Wenn diese gegenläufige Entwicklung, also einerseits die Abwärtsentwicklung in den USA und den mit ihnen verbündeten Staaten und andererseits die Aufwärtsentwicklung der BRICS-Staaten sowie der mit ihnen kooperierenden Staaten anhält, dann kommt es sowohl weltweit wie auch in den USA und seinen Satellitenstaaten zwangsläufig zu einer Veränderung der Machtverhältnisse.
Man sollte dazu einfach ein Gedankenexperiment machen, nämlich die gegenwärtige Entwicklung auf die nächsten 10 Jahre extrapolieren und sich die konkreten Folgen vorstellen.
Bislang sehe ich überhaupt keine Ansätze, dass in der „kapitalistischen Staatengemeinschaft“ die „herrschende Klasse“, welche eine transnationale ist (vgl. „Bilderberger“ etc.) ist, von ihrer neo-liberalen Politik weggeht und in Richtung eines „New Deal“ steuert. Im Gegenteil, in den USA ist das neoliberale Establishment zu keinerlei Kompromiss bereit.
Wenn Karl Marx und Friedrich Engels im „Kommunistische Manifest“ schrieben:
Sie [die Bourgeoisie] produziert vor allem ihren eigenen Totengräber.
Ihr Untergang und der Sieg des Proletariats sind gleich unvermeidlich.
dann kann man heute korrigierend ergänzen:
Es sind die Kapitalisten selbst, blind vor Geld- und Machtgier, die zu Totengräbern des Kapitalismus werden.
in Anlehnung an den Beitrag von ceterum censeo.2011 – 14. Oktober 2011 um 17:15
“…in den USA ist das neoliberale Establishment zu keinerlei Kompromiss bereit.”
Nicht nur das – da hat man (- der Großkonzern Koch Brothers -) sich ja mit der TeaParty-Bewegung eine Art Bürgerwehr aus leicht steuerbaren Verblendeten herangezüchtet, die gar nicht merken, dass man sie zu ihrem eigenen Nachteil für die Interessen dieser transnationalen herrschenden Klasse missbraucht, wobei diese Bewegung am Anfang gar nicht so homogen in ihren Zielen und Idealen gewesen sein soll.
In Deutschland gibt es in diese Richtung ja auch schon seit Jahren Manipulationskampagnen (“Du bist Deutschland”, “Initiative Neue soziale Marktwirtschaft”) die immer auch auf eine Herabwürdigung der Verlierer des Systems abzielen – und die in den noch profitierenden/ noch nicht verlierenden Schichten des Bürgertums auch Früchte getragen zu haben scheinen, was zumindest mein Eindruck ist, wenn ich mir die Kommentarspalten der bürgerlichen Presse anschaue.
Der Klassenkampf von oben ist ja gerade hierzulande am lautesten vernehmbar aus der wohlsituierten Mitte der Gesellschaft gegen das verhasste Prekariat.
Wie an anderer Stelle schon angemerkt wurde, ist die wirklich herrschende Klasse ja nur ein ganz kleiner exklusiver Club, dessen Mitgliedern man im Alltag auch sicher nie über den Weg läuft. Demgegenüber sehe ich das extrem aggressiv gestimmte Besitzbürgertum gerade hier in Deutschland auch immer mehr zur Gefahr für den noch notdürftig bestehenden sozialen Frieden werden.
Die Ermordung von Obdachlosen durch Kinder aus den “besseren” Wohngegenden ist ja hierzulande schon vorgekommen – ob das ein rein deutsches Phänomen ist, weiß ich nicht. Es sagt allerdings etwas über die vergiftete Gedankenwelt jener Schichten aus, die sich irgendwie ganz gut mit dem System arrangiert haben.
Ja, hoffentlich begraben die Kapitalisten ihren Kapitalismus bald mal – aber ich fürchte, dass zuvor aus purer Verzweiflung unter anderem noch ein paar der üblichen Konjunkturprogramme in Form von Kriegshandlungen gezündet werden und dabei nicht bloß der Kapitalismus untergeht.
Bei einer aus Profitinteressen hochgerüsteten Welt ist das einigermaßen beängstigend. Ich weiß nicht, ob man diese Posse um iranische Anschlagspläne in den USA als Signal für bevorstehende neue Kriegshandlungen werten kann – ich befürchte es zumindest.
Nein, die Perspektiven sind wirklich nicht erbaulich.
Ich wünsche trotzdem ein schönes Wochenende und bin mal gespannt, was wir morgen in Deutschland so zu sehen bekommen werden. Vieles, was die Bewegung in den USA anspricht, spricht für ein tatsächliches Erwachen der Erkenntnis über die globalen Zusammenhänge von Herrschaft. Mal sehen, wie die andere Seite reagieren wird.
@ ceterum censeo.2011
ich bin wirklich zutiefst beeindruckt
@ceterum censeo.2011
Dafür, dass Du mehrfach vorgibst über China zu wenig zu wissen und dies auch nur aus bestenfalls zweiter Hand (unter der Überschrift “China – Realität und Projektion”), sind die folgenden ausgiebigen Ausführungen und Einschätzungen erschreckend umfangreich. Was den Eindruck erweckt hier kreiere gerade einer seine Copy-Paste Doktorarbeit. Vielleicht stapelst Du aber auch nur gerne mal tief.
Ich denke aber (und ich bin nun wirklich kein Experte) die Studenten, die ihren himmlischen Frieden gefunden haben, die Lohnarbeiter die unter unsäglichen Bedingungen immer nahe am Suizidgedanken die iPads, DELLs etc. zusammenlöten, die Wanderarbeiter, die hungernd und frierend ihr Dasein auf Bahnhöfen fristen, die Dissidenten, die in den elenden Gefängnissen dahinsiechen und die Tausenden die jährlich in Sportstadien hingerichtet werden und deren Organe danach in den Westen verhökert werden … sie alle teilen wohl kaum Deine – soll ich es Begeisterung nennen? – für diese angeblich so andere Diktatur.
Derartige Menschenverachtung ist in kauf zu nehmen, weil sonst die armen Chinesen im westlich geprägten Klassenkonflikt leben müssten? Sorry – Entweder eine kranke Argumentation oder eine ideologisch motivierte. Was jedoch auf dasselbe hinausläuft!
@ W. Buck
Und woher deine “Erkenntnisse” über China
Was du da laberst, ist offensichtlich Copy-Paste von verschiedenen CIA-amerikanischen Propagandastiftungen.
Und erzähle jetzt keinen Unsinn, dass man aus wenigen unbestittenen Infos nicht etwas schlussfolgern kann. ZB:
Schon längst zahlen die chinesischen Bauer keine Steuern, sie können kaufen und verkaufen wo sie wollen. Das ist unbestritten. Sie sind so frei und haben solche Rechte, wie nie in der ganzen langen chinesischen Geschichte. Auch unbestritten. Und wenn die Bauer in die Städte gehen, wo man sie so schrecklich ausbeuetet, wie die westliche Propaganda es behauptet, dann würden sie nicht in die Städte gehen.
In China hat man ein Progress wie selten in der Geschichte, im Westen ein Regress wie selten in der Geschichte.
@ W. Buck
Ach so, du sprchst unverblümt über “kranke Argumetation”. Dann noch dies:
Gray, J.: Die falsche Verheißung, S. 61 und 164.
Bemerkung: Gray ist einer der bekanntesten britischen Liberalen, war Berater der “Eisernen Lady”
Und mit den hoch gepriesenen bürgerlichen Freiheiten des neoliberalen Kapitalismus steht es ebenfalls schon lange nicht mehr zum Besten. So waren 1996 in den USA mehr als 1,6 Millionen Menschen unter teils unmenschlichen Bedingungen eingekerkert, was eine Verdoppelung in knapp zehn Jahren bedeutet. Damit hat die gesamtgesellschaftliche Sträflingsquote diejenige der stalinistischen Sowjetunion zur Zeit des Gulag überschritten, stellte die liberale Wirtschaftswoche verwundert fest, als sie den Rückgang der Kriminalität mit der Praxis der „Zero Tolerance“ lobte. Aber – wird einem sofort entgegnet – dort wären die Sträflinge die Opfer des Systems, hier handele sich um eigenes Verschulden. Mit demselben Argument haben auch die Stalinisten ihre Arbeitslager gerechtfertigt. Originell waren damit aber auch sie nicht. „Nicht wir sind es, die euch verfolgen, sondern eure eigenen Werke“, hat man im Mittelalter immer wieder bei der blutigen Verfolgung von Ketzern gehört. Verblüffend an der heutigen Einstellung zur „Zero Tolerance“ ist, dass man genau das lobt, was vor noch nicht allzu langer Zeit Herbert Marcuse als „repressive Toleranz“ angeprangert hat, weswegen man ihn einen böswilligen Verleumder des Kapitalismus genannt hat. Es war Marcuses Pech, dass er sich gerade zu einer Zeit mit dem Kapitalismus angelegt hatte, als dieser noch willig war, den Sozialstaat zu ertragen.
Wer ist da krankt im Kopf? Wer ist da ein verdammter Lügner? Oder viellicht: Wer betreibt eine Propaganda im Auftrag der westlichen Machteliten? Mit einem Wort: Wer ist da die geistige Hure der westlichen Plutokraten und Oligarchen?
Wenn ich Kommentare – wie jenen von W. Buck – lese, dann frage ich mich regelmäßig, ob die Leute wirklich so dumm sind oder ob sie dafür bezahlt werden?
Aber dann erinnere ich mich an meine Kindheit und die Geschichten, welche ich in über die Russen zu hören bekam:
Weil die Russen kein Spülklosett kennen, haben sie Kartoffeln im Klo gewaschen. Weil sie kein fließendes Wasser kennen, haben sie hier Wasserhähne abgeschraubt, im Glauben, sie könnten diese zu Hause in die Wand schrauben und dann würde Wasser herauskommen.
Es war völlig aussichtslos, etwas dagegen zu sagen. Wenn ich einwandte, jeder wisse doch, dass, wenn man mit einem Nagel ein Loch in die Wand schlägt, dann kein Wasser herauskommt. Wie soll dies mit einem Wasserhahn funktionieren?
Dann wurde entgegnet, natürlich sei das mit dem Wasserhahn völlig idiotisch Das ist es ja. Aber die Russen glauben es.
Offensichtlich wurden in vielen deutschen Familien gleiche oder ähnliche Geschichten – meist von Müttern – erzählt. Wir stellten dies später während der Studienzeit fest, als wir im Freundeskreis darüber redeten.
In der Kindheit hat man solche Geschichten irgendwie hingenommen, man kann als Kind ja nicht am Verstand der eigenen Mutter zweifeln.
Erst später habe ich verstanden, was sie mit diesen Schwachsinnsgeschichten mitteilen wollten. Wir Deutschen sind den Russen kulturell überlegen. Die Rote Armee mag die Deutschen besiegt haben, aber unsere kulturelle Überlegenheit können sie uns nicht nehmen.
Diesen Schwachsinnsgeschichten waren keine bewussten Lügen, sondern unbewusste Projektionen und Realitätsverdrehungen, die Psychoanalyse würde von neurotischen Konstrukten im Dienste narzisstischer Selbstwertregulation sprechen.
Kulturelle Hybris kennzeichnet die Geschichte der Deutschen. Schon den Ersten Weltkrieg begründeten sie mit „Kulturkampf“. Am deutschen Wesen sollte die Welt genesen.
Ich weiß nicht, ob der Durchschnittsdeutsche sich heute noch allen anderen Völkern kulturell überlegen fühlt. Aber in der Nachkriegszeit war das so. Das war angesichts der Nazi-Barbarei und der barbarische Kriegsführung der Wehrmacht völlig absurd.
Mein Eindruck von den heutigen Deutschen ist, dass die meisten sich als Teil einer überlegenen westlichen Kulturgemeinschaft sehen. Da wird eine Fiktion von westlicher Kultur idealisiert, die nichts mit Realität der europäischen und amerikanischen Geschichte und Gegenwart zu tun hat, nichts mit der Realität von Ausbeutung und Unterdrückung, Sklaverei, Völkermord, Kolonialismus, Imperialismus und barbarischen Kriegen.
Dieser kulturelle Überlegenheitswahn richtet sich auch gegen die Chinesen.
Das sind gefühlte 99% der Deutschen, die sich als kulturell höherstehend wähnen. Und die Grünen glauben, dass sie die kulturell fortschrittlichsten Menschen im Lande sind.
Dass in den USA mehr Menschen im Gefängnis sind als in China mit mehr als vier Mal so großer Bevölkerungszahl, wissen sie nicht.
Zum Vergleich zwischen den vom US-Imperium nach dem WK II geführten Kriegen und jenen von China können sie überhaupt nichts sagen. Auch nichts zur Relation der Gewaltopfer der jeweiligen Politik.
Wie viel Prozent der Menschen hungern in New York oder in den USA?
Wie viele Menschen verhungern jährlich im Herrschaftsbereich des US-Imperiums?
Darüber wissen sie nichts und wollen es auch gar nicht wissen, denn sie sind an Objektivität gar nicht interessiert.
Zur chinesischen Geschichte wissen sie nichts, sie kennen ja noch nicht einmal ihre eigene.
Die Arbeitsbedingungen bei Foxconn sehen als Beweis an, wie die chinesische Regierung mit ihrer Arbeitsbevölkerung umgeht. Dass Foxconn kein chinesisches Unternehmen ist, wissen sie nicht.
Es ist ihnen auch kein bisschen peinlich, wenn sie mit Fakten widerlegt werden. Und es hindert sie vor allem nicht daran, den gleichen Schwachsinn am nächsten Tag wieder zu erzählen.
Sie sind völlig überzeugt davon, dass sie zu den Guten auf dieser Welt mit überlegener Moral und Kultur gehören, und dass jene anderen, die zu von ihren Überzeugungen abweichenden Positionen gegenüber der chinesischen Politik kommen, ideologisch indoktriniert und/oder krank sind.
Sie selbst halten sich natürlich für kein bisschen ideologisch indoktriniert, sondern im Gegenteil für kritische Menschen. Und geistig für völlig gesund.
Den entscheidenden Unterschied zwischen der westlich-kapitalistischen und der chinesischen Realität können sie nicht begreifen:
Im Westen müsste aufgrund des wissenschaftlich-technischen Fortschrittes und seiner entwickelten industriellen Infrastruktur kein Mensch mehr Hungern oder in Armut leben. So ist das Entstehen eines – ständig zunehmenden – Prekariats in den westlichen Industrieländen ein künstlich geschaffenes Phänomen, Ausdruck einer Ausbeutungs- und Raubökonomie.
Weil es dafür keine historische Legitimation gibt, handelt es sich um illegitime Herrschaft, mit anderen Worten: Verbrecherherrschaft.
De Soziologie spricht dann euphemistisch von „Legitimationskrisen des Spätkapitalismus“.
China hingegen geht den Weg von einer agrarischen zur einer industriellen Gesellschaft. Dieser Weg war immer mit sozialen Verwerfungen verbunden.
Wer der chinesischen Regierung hier Menschenverachtung vorwirft, zeigt, dass er überhaupt keine Kenntnisse über die Geschichte der Industrialisierung im Westen besitzt. Vielleicht ist er ein übler Heuchler und Lügner, wahrscheinlich ist er aber nur ein ganz gewöhnlicher, narzisstischer Normopath im Gutmenschen-Wahn. So wie jene, die uns in voller subjektiver Überzeugung die Schwachsinnsgeschichten über die Russen erzählten.
Vielleicht sollte ich noch ein paar psychologische Erläuterungen zu den Schwachsinnsgeschichten über die Russen geben.
Warum haben die Mütter in der Nachkriegsära dies ihren Kindern erzählt?
Realitätsferne Konstrukte in den Köpfen entstehen nicht irgendwie zufällig, sondern sie haben immer etwas mit Erfahrungen zu tun, die nicht realitätsgerecht verarbeitet wurden.
Bei der Generation unserer Mütter waren dies die traumatischen Erfahrungen mit Russen, die sie entweder selbst erlebt haben oder von denen berichtet wurden.
Fakt ist, dass Millionen von deutschen Frauen von Soldaten der Roten Armee vergewaltigt wurden.
Daraus entstanden sowohl ohnmächtige Angst wie auch ohnmächtiger Hass.
Über die Vergewaltigungserfahrungen konnten diese Frauen nicht reden, die meisten niemals in ihrem gesamten Leben.
Das Thema Vergewaltigung durch Soldaten war ein Tabu, sonst hätte man sich Tatsache der Vergewaltigung durch deutsche Soldaten in den eroberten Gebieten auseinandersetzen müssen – und diese Vergewaltiger waren die Väter und Ehemänner dieser Frauengeneration.
Dann entstehen solche Konstrukte im Gehirn, wo die Russen zu ganz primitiven Menschen gemacht werden. Indem dies den eigenen Kindern erzählt wird, kann man ein wenig Hass und Verachtung loswerden, vielleicht spielt – unbewusst – auch das Motiv der Rache mit, wo Hass und Verachtung gegenüber den Russen an die Kinder weitergegeben wird.
Was die negativen Bewertungen der chinesischen Politik sowie die realitätswidrigen Projektionen betrifft, so würde ich dazu eine andere Hypothese aufstellen.
Das Gerede von der „gelben Gefahr“ gibt es schon seit den 50-iger Jahren. Es gab zwar keine reale Bedrohung durch China, sondern es war eher eine paranoide Furcht vor den chinesischen Menschenmassen, die irgendwann die Minderheit der weißen Menschen beherrschen könnten.
Heute hingegen ist bereits der Zeitpunkt absehbar, wann die Chinesen die Weltherrschaft übernehmen.
Was ist die reale Basis für die Bildung der paranoiden Konstrukte in den Gehirnen der Menschen?
Meine Hypothese ist, dass Angstprojektionen eine entscheidende Rolle spielen, und zwar die Angst vor der Rache jener Völker, die Opfer des eurozentristischen Kolonialismus und Imperialismus sind.
Wie oben bereits erwähnt wurde, wird der US-Imperialismus von über zwei Dritteln der Weltbevölkerung gehasst.
Selbstverständlich verachten und hassen viele Chinesen die „Langnasen“. Sie haben ja auch allen Grund dazu.
So ist die Ursache für die „Höllen der Arbeitswelt“ in China kapitalistische Profitgier.
Aber im Gegensatz zu den identitätsgestörten China-Hassern in den Unter- und Mittelschichten des Westens, kann die chinesische Bevölkerung zwischen Herrschenden und Beherrschten im Westen unterscheiden. Denn sie verfügen über historische und soziologische Bildung.
Umfrage zum Wohlstand
Armes Amerika, reiches China
SPON – gerade heute – weiter lesen >>>
Warum soll es den Menschen überall auf der Welt – in China und Russland vor allem – viel viel viel beschissener gehen?
Damit man uns noch mehr ausquetschen und versklaven kann!
@Systemfrager
15. Oktober 2011 um 08:04
Als Mitglied von ai habe ich den Großteil meiner Erkenntnisse eben von amnesty international. Informationen über die Arbeitsbedingungen habe ich Außerdem von der Gewerkschaft, der ich angehöre (verdi) sowie zugegeben von diversen Fernsehberichten vorzugsweise in 3sat und Phoenix.
Tut mir leid, dass ich daher außer CIA-Propganda nichts liefern kann. >>irre<<
Vermutlich ist es auch nur CIA-Propaganda, dass der "Progress" den China wirtschaftlich unbestritten durchmacht, der kapitalistischen Öffnung zugeschrieben werden kann, die just zu superreichen Chinesischen Tycoons führt bei einem verarmten Proletariat und dass der Jugend, gerade in den Städten das iPad als Statussymbol wesentlich wichtiger ist als irgend eine kommunistische Ideologie.
Ich bin mit verlaub weder ein Freund des Kapitalismus noch der USA. Aber irgend wie war ich der Meinung nachdem der Irrweg Stalins und der folgenden Sowjetkommunisten in der DDR letztlich zu Helmut Kohl geführt hat, dass selbst der Letzte gemerkt hat das aus himmelschreiendem Mist keine rote Rose erblüht.
PS: ich werde versuchen mir Eure folgenden Anmerkungen noch zu Gemüte zu führen. Ich habe allerdings die Erfahrung gemacht, dass die Auseinandersetzung mit Ideologen, gleich welcher Art, zu nichts führt.
@ceterum censeo.2011
15. Oktober 2011 um 12:28
Zitat:
“Wenn ich Kommentare – wie jenen von W. Buck – lese, dann frage ich mich regelmäßig, ob die Leute wirklich so dumm sind oder ob sie dafür bezahlt werden?”
Leider werde ich dafür nicht bezahlt. Ich bin wirklich so dumm. Gutmenschen wie ich einer bin gehören in ein Umerziehungslager.
PS: war heute bei einer Demo in Stuttgart, naiv wie ich bin. In China war vermutlich kaum jemand demonstrieren, weil da ja alles soooo wunderschööön ist und der Chinese an sich sich gerne führen lässt.
PPS: wer sagt eigentlich, dass ich dieses kapitalistische (Kack)System gut finde oder die USA verteidige? Antwort: Außer Schwarz und Weiß können ideologische Starrköpfe nichts mehr erkennen.
@Systemfrager 15. Oktober 2011 um 18:18
Hier zeigt sich die gegenläufige Entwicklung, die sich beschleunigt fortsetzen wird, wenn China seine Binnenökonomie entwickelt.
Die logische Folge ist, dass die Löhne in China steigen werden und damit werden „chinesischen“ Waren teurer werden. Und das wird zu Lasten des Konsums der Bevölkerungen in den kapitalistischen Ländern gehen.
„Made in China“ bedeutet lediglich, dass die Waren in China produziert werden, was aber im Westen gekauft wird, sind vor allem Produkte von Apple, Dell, Canon, Sony etc., China ist lediglich die „Werkbank“ für die Produkte dieser Firmen.
Zum Artikel von Roberto J. De Lapuente ist anzumerken, dass die Rede vom „Vorbild China“ nur eine Metapher ist und keineswegs der chinesische Weg gemeint, sondern im Gegenteil eine Diktatur, die von der Struktur her gewisse Parallelen zur Nazi-Ökonomie aufweist..
Wie funktionierte der Nationalsozialismus?
Das war eine politische Diktatur, welche als „Staatskapitalismus“ die Rahmenbedingungen und die Ziele der Ökonomie vorgab mit Beibehaltung der kapitalistischen Eigentumsverhältnisse.
Die Betriebe wurden zu „Höllen der Arbeitswelt“, mit dem Ziel, aus der Arbeiterschaft zum Zwecke der Hochrüstung ein Maximum an Arbeitsleistung herauszupressen.
Die Arbeitslosigkeit wurde unter Hitler zwar beseitigt, aber wie?
Durch ein terroristisches Zwangsarbeitssystem
Wenn man sich mit der NS-Ökonomie beschäftigt, dann werden gewisse Parallelen, aber auch die entscheidenden Unterschiede zur heutigen Entwicklung deutlich.
Die NS-Ökonomie war noch eine „Nationalökonomie“, ihr Ziel war die Etablierung einer Raub- und Versklavungsökonomie im Osten mittel Krieg.
Die NS-Ökonomie konnte noch die Infrastruktur verbessern.
Der „globalisierte Kapitalismus“ hingegen kann nur seine eigenen Bevölkerungen ausrauben, die Infrastruktur der Staaten gleicht einem Steinbruch, sie wird zunehmend zerstört.
Theoretisch wäre zwar noch ein „New Deal“ denkbar, wo eine Umverteilung von „oben“ nach „unten“ vorgenommen wird, wie in der Roosevelt-Periode.
Aber einen „New Deal“ verhindern Gier und Geiz der Reichen.
Zudem kann ein „New Deal“ das Problem nicht lösen, dass menschliche Produktionsarbeit immer mehr durch Maschinen abgeschafft wird. Damit verschwindet immer profitable verwertbare Arbeitskraft. Aber die Lohnarbeit ist die materielle Quelle des kapitalistischen Profits.
Der Kapitalismus ist an seine systemische Schranke gestoßen. Man kann ihn nur durch ein neues System ersetzen.
Solange dies nicht geschieht, ist nicht China ist das „Zukunftsmodell“ für Europa, sondern Griechenland.
@ W. Buck
Ich kann nich so viel essen, wie viel ich kotzen könnte
Was will Amnesty? Sie ist gegen die “superreichen Chinesischen Tycoons”, weil diese nach der Pfeife der KP tanzen, und nicht nach der Pfeife der amerikanischen Reichen? Ja, das ist es!
Die superreichen russischen Tycoons, die waren von Anfang an ganz anders. Unvorstellbar kriminell, verräterisch und böse. Weil sie Angst hatten, irgendwann würde man prüfen, wie sie reich geworden sind, haben sie vor den amerikanischen Reichen auf Knie gefallen. Diese würden Russland bekommen, aber sie sollten diese Tycoons zu den Herrschern der neunen amerikanischen Kolonie „demokratisches und freies Russland“ machen. Und Putin hat dies verhindert. Deshalb hasst ihn der Westen und deshalb vergöttern ihn die Russen. Schief gelauffen Herr Buck. Diese kriminellen, verräterischen und bösen russischen Tycoons würden dann – das muss ich Ihnen doch nicht sagen – ganz ordentliche Summen für ihre Amnesty spenden. Auch für Sie würde man irgendwelche Belohnung finden. Wie schade, wie schade
???
Bei der Arbeit von ai geht es in keinem Fall um irgend welchen politischen oder wirtschaftlichen Ziele.
Es geht um die Einhaltung von Menschenrechte überall in der Welt.
Ich habe nicht einmal ansatzweise eine Ahnung was das Posting aussagen soll. Irgendwie “wirr”… sollte einem chinesischen Tycoon unrecht geschehen, so wäre das natürlich genau so anzukreiden, wie wenn einem Wanderarbeiter unrecht geschieht.
???
@ W. Buck
Ich probierte es einfach, mit Google, was ich bekommen habe, hat mich wirklich nicht überrascht. Wie sagte einmal ein amerikanischer Präsident, als man ihn über die Unterstützung der südamerikanischen rechten Diktatoren fragte: Es sich Schurken, aber es sind unsere Schurken.
Herr Buck, sie sind Gewerkschaftler? Passt gut zur Erklärung, warum die deutschen Gewerkschaften die größten Versager in der EU sind. Sie tun alles (und alles falsch), nur nicht das, was sie tun sollten.
Um genau zu sein war es Ronald Reagan, der dies über Sadam Hussein äußerte. Ich bin ebenfalls enttäuscht über die Arbeit unserer Gewerkschaften seit mindestens 2003 (eigentlich auch schon ein paar Jahre vorher).
Was das mit Timoschenko soll ist mir wie beim Posting weiter oben unklar…und hey! Ich bin überzeugt die Situation unserer Arbeiter in Deutschland ist um “Lichtjahre”besser als diejenige unserer Kollegen in China!
@ ceterum censeo.2011
>>> Die Betriebe wurden zu „Höllen der Arbeitswelt“, mit dem Ziel, aus der Arbeiterschaft zum Zwecke der Hochrüstung ein Maximum an Arbeitsleistung herauszupressen.
Woher weißt du das. Woher weiß ich, dass es nicht (ganz) so war?
Von deiner Mutter? Also muss nicht stimmen. Hast du auch darüber gelesen? Muss nicht stimmen. Weil ich habe was anderes gelesen. Muss auch das nicht stimmen.
Was tun?
Es bleibt nur die Logik übrig.
Hatten wir damals eine freie Wirtschaft? Ja. Und wenn es keine Aribeitslosigkeit gibt, dann haben die Arbeiter Macht, viel macht. Auch wenn man versucht hätte, sie politisch zu beschränken.
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2. Phase des ökonomischen Zyklus: Die Erholung (Aufschwung)
Das mag vielleicht in der Theorie funktionieren, aber in Wirklichkeit …
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@Systemfrager
Zunächst zur Darstellung auf Deiner Website. Das ist eine sehr interessante und informative Darstellung mit sehr viel Recherchearbeit. Chapeau!
Meine Einschätzung der NS-Ökonomie habe ich aus der Literatur.
Was die „Oral History“ betrifft:
Die NS-Wirtschaftspolitik ab 1933 wurde von den Menschen sehr positiv beurteilt.
Diese „Zeitzeugen“ waren ganz normale Leute aus dem Mittelstand. Für diese war es damals ein „Wirtschaftswunder“, denn endlich ging es nach 1933 wieder „aufwärts“.
In der Darstellung gut informierter Ökonomen, wie bei Alfred Sohn-Rethel in „Ökonomie und Klassenstruktur des deutschen Faschismus. Aufzeichnungen und Analysen“ wird jedoch deutlich, dass
1. es sich im Kern um eine Rüstungsökonomie zur Kriegsvorbereitung handelte
und
2. diese Ökonomie 1939 vor ihrem Kollaps stand.
Der Raub- und Versklavungskrieg gegen den Osten war von Anfang an das Ziel der herrschenden Kräfte. Hitler war aus deren Sicht nur eine Marionette.
Weil die NS-Ökonomie vor dem Kollaps stand. kam es zum „verfrühten“ Kriegseintritt am 1.9.1939, bevor die – aus militärischer Sicht –notwendigen Rüstungsziele erreicht waren. Inwieweit Hitler da der britischen (Pseudo) Appeasement -Politik in die Falle gegangen ist, ist eine andere Frage (vgl. z. B. Guido G. Preparata).
Die forcierte Ausbeutung der industriellen Arbeiterschichten wird von anderen Autoren beschrieben, wie von Karl Heinz Roth in „Die „andere“ Arbeiterbewegung und die Entwicklung der kapitalistischen Repression von 1880 bis zur Gegenwart“.
Was tun?
Es bleibt nur die Logik übrig.
Hatten wir damals eine freie Wirtschaft? Ja. Und wenn es keine Aribeitslosigkeit gibt, dann haben die Arbeiter Macht, viel macht. Auch wenn man versucht hätte, sie politisch zu beschränken.
Du schreibst auf Deine Website:
„Die Nazis haben in der Tat von Vierjahresplan gesprochen. Mit einer Zentralplanung, wie man sie aus den kommunistischen Wirtschaften kennt, hatte diese Planung so gut wie nichts gemeinsam. Bei den Nazis ging es darum, Prioritäten der Volkswirtschaft festzulegen und mit günstigen Krediten, Subventionen und Know-How die privaten Unternehmen zu unterstützen und anzuspornen.“
So ist es, das war „kapitalistische Planwirtschaft“. Und ihr Hauptziel war die Aufrüstung zum Eroberungskrieg gegen den Osten.
@W. Buck 15. Oktober 2011 um 20:01
PS: war heute bei einer Demo in Stuttgart, naiv wie ich bin. In China war vermutlich kaum jemand demonstrieren, weil da ja alles soooo wunderschööön ist und der Chinese an sich sich gerne führen lässt.
So funktioniert Ihre Denk-Logik. Wie auch jene der AI-Leute.
Das werden einzelne Phänomen herausgegriffen, die isoliert betrachtet moralisch zu verurteilen sind. Wie Repression, soziale Ungleichheit, Todesurteile etc.
Und dann wird auf der Basis von moralischer Empörung mit einer Pars-Pro-Toto-Logik Partei ergriffen, gegen China, gegen Putin, gegen Cuba etc.
Wie kürzlich gegen das Gaddafi-Regime in Libyen. Der Krieg gegen Libyen wurde in den Medien als humanitäre Aktion im Interesse der Zivilbevölkerung dargestellt.
Und „Gutmenschen“ fallen auf diese Propaganda hinein.
Tatsächlich ist das Resultat des Libyen-Krieges der Tod von 30.000 – 50.000 Menschen aus der Zivilbevölkerung und hunderttausende Zivilisten werden verletzt und zum Teil irreparabel verstümmelt.
Das wollten die „Gutmenschen“ natürlich nicht. Obwohl es bei kritischer Reflexion voraussehbar war.
Aber kritisches Denkvermögen fehlt genau diesen „Gutmenschen, sie sind nicht weiter als „nützliche Idioten“ der Herrschenden.
“Gutmenschen”, wie ich einer bin sind gegen den Libyen-Krieg, gegen den Balkan-Krieg, gegen den Irak-Krieg, gegen den Afghainstan-Krieg und überhaupt gegen jeden Krieg, da Krieg menschenverachtend ist. Ebenso menschenverachtend ist die Politik der USA (Guantanamo, Abu Grhaib, Faludscha, Patriot Act etc etc) ebenso wie die Politik Chinas (Hinrichtungen, Repression etc.). Was falsch läuft gehört benannt ob in Deutschland oder in Kuba und ist nicht abhängig davon was für Nationalität, Gesinnung oder Glaube der Täter hat!
Das Eine gegen das Andere ausspielen zu wollen ist mir fremd. Nur eben Ideologen haben solch eine pervertierte Logik und sind letzen Endes auch bereit als nützliche Idioten anderen Menschen zu schaden. Genau aus solchem Klientel werden die Henker dieser Welt (ÜBERALL!) rekrutiert.
@W. Buck
Außer Schwarz und Weiß können ideologische Starrköpfe nichts mehr erkennen.
Richtig.
Nur sehen Sie nicht, dass Sie es sind, welcher einem Schwarz-Weiß-Denken verfallen ist.
Weil Menschen wie Sie die kindische Vorstellung von einer „bösen Welt“ und einer „guten Welt“ haben, wo in einer „guten Welt“ die „guten Menschen“ nichts Böses tun.
Nur leben wir nicht in einer friedlichen Welt, sondern in einer Welt von Kriegen, von Kriegen zwischen Imperien und sozialen Klassen, mal als offener Krieg ausgetragen, meist als verdeckter und/oder als Wirtschaftskrieg.
Die „Gutmenschen“ sind gegen jegliche Gewalt und gegen jeglichen Krieg.
Was natürlich völlig idiotisch ist, denn es gibt illegitime und legitime Gewalt, Gewalt, die Unrecht ist, und Gewalt, welche die Rechtsordnung aufrechterhält.
Staaten werden immer von Gewalt zusammengehalten, daher spricht man auch von den „drei Gewalten“ und der Gewaltenteilung. Wobei die Rede von den „drei Gewalten“ irreführend ist, weil es mehr Gewalten gibt, so auch die Gewalt der Wirtschaft.
Völlig unsinnig ist es, mit „Gewalt“ nur physische Gewalt zu assoziieren.
Wo Menschen zusammenleben, gibt es immer Gewalt.
Gewalt wird von Verbrechern und von Polizisten ausgeübt, „Erziehungsgewalt“ von Erziehungspersonen. Etc.
Nicht nur verbrecherische Regimes praktizieren Gewalt, sondern auch die Regierungen, die gesellschaftlichen Fortschritt anstreben, müssen es tun.
Aber derartige Reflexionen passen nicht in die kindische Vorstellungswelt von „Gutmenschen“.
lol
Nun fehlt wohl nur noch “das Sieg und Heil”? Ich denke ihre etwas krude darwinistische Logik wird dazu führen, dass sie irgend wann unter die Räder geraten. Ich mache mir echt sorgen.
Wirklich kindisch sind jene die meinen mit dem Mord an irgend jemandem würde die Welt besser.
“Und wenn wir heute alles Hässliche töten würde so lebten wir morgen nicht in einer schöneren Welt.”
Ein schönes Leben noch. Und ich meine den Wunsch wirklich ernst. :-)
Im Übrigen ist niemand dagegen gefeit, als „nützlicher Idiot“ missbraucht zu werden.
Auch ich nicht. Auch in meinem Leben gab es Irrtümer und Fehler.
Errare humanum est.
Ich versuche, vernünftig zu denken und zu handeln, also mit Verstand und Moral.
Nicht nur aus Verstand ohne Moral resultiert Unvernunft, sondern auch aus Moral ohne Verstand.
Ich versuche dieser Unvernunft mit kritischer Selbstreflexion entgegenzutreten, indem ich das Prinzip „de omnibus dubitandum“ auch gegenüber meinem Denken, meinen Ideen und Vorstellungen anwende.
Eine prinzipielle Frage: Jene – die hier lesen und posten – nehme ich zumindest an – sind “systemkritisch”.
Wer von Euch wäre – ohne die kleinste Chance das es in der Fläche wirkt hierzu bereit:
http://oberham.wordpress.com/2011/09/30/ein-brief-hilflosigkeit/ ?
Ich persönlich bin überzeugt, dass wir uns von materiellen Dingen abgrenzen müssen, um auch nur eine winzige Chance zu haben, grundlegende Veränderungen hin zu Friede, Solidarität, “Würde” und einer Grundversorgung mit Nahrung und sauberem Wasser für alle Menschen zu bewirken.
@oberham 17. Oktober 2011 um 10:16
Frau Oberham, Ihre Sehnsucht nach einem selbstbestimmten Leben kann ich sehr gut verstehen. Für problematisch halte ich Ihr Schuldgefühl.
Aus dem System aussteigen, dass war doch Motiv der „Hippies“, von Landkommunen usf.
Bis dahin hoffen wir freiberuflich etwa 1000 Euro im Monat erwirtschaften zu können – das wird uns künftig zum Leben genügen.
Das wird dann ein Leben ohne Krankenversicherung. Ein Leben, wie in Zeiten vor dem Sozialstaat.
Wenn Sie oder Ihr Mann krank werden, dann bleibt als einzige Möglichkeit, HartzIV zu beantragen. Und dann sind sie einem System ausgeliefert, dass Sie zur Zwangsarbeit zwingt, wenn sie weiter HartzIV erhalten wollen.
Das ist das Gegenteil von einem selbstbestimmten Leben.
Es sei denn, Sie sind im Rentenalter.
Aber das Leben als HartzIVler auf Kosten der Arbeitenden wird möglicherweise viel schlimmere Schuldgefühle hervorrufen, als jene, die Sie jetzt erleben.
Vielleicht schauen Sie einmal in den Nebenthread.
https://le-bohemien.net/2011/10/03/seitenblick-2/
@oberham
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Ich hatte mich mit zwanzig entscheiden, auf keinen Fall im öffentlichen Dienst arbeiten zu wollen, das hat sich als schwerer Fehler herausgestellt. Ich hab reingehauen und verbrate jetzt Ersparnisse, bis ich in HartzIV darf. Das habe ich mir nicht träumen lassen. Von wegen, eigene Leistung zählt. Alle wollen freelancer, damit sich auch ja kein Rechtsverhältnis einstellt. Niemand stellt einen ein, der selbständig denken kann. In den fest strukturierten Arbeitsmärkten wird nur auf Abstand nach unten geachtet. Die, die die Jobs kriegen, müssen bereit sein, Familie und Gesundheit dem Vorzug, ich habe Arbeit zu opfern, die anderen müssen sich als Schmarotzer betrachten und unterbezahlte Jobs annehmen, damit sich ihr Selbstwertgefühl nicht für diesen Schurkenstaat völlig verflüchtigt. …
http://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2011-10/solarwirtschaft-arbeitsbedingungen?commentstart=9#cid-1632475
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@W. Buck 16. Oktober 2011 um 22:31
Herr Buck, ginge es nur um Ihre Person, wäre es die Mühe einer Antwort nicht wert.
Aber leider sind Sie nicht der Einzige, dem ein elementares Rechtsbewusstsein fehlt und der nicht zwischen legitimer und illegitimer Gewalt unterscheiden kann.
So nicht auch zwischen Mord und der Tötung in Notwehr oder zwischen einen Angriffs- und einem Verteidigungskrieg.
Das ist Moralismus ohne Verstand.
Sie entblöden sich nicht, so einen Satz einzubringen:
„Und wenn wir heute alles Hässliche töten würde so lebten wir morgen nicht in einer schöneren Welt.“
So als ginge es um eine ästhetische Frage.
Ein erfolgreicher Krieg gegen Drogenmafia würde Mexiko nicht schöner machen, aber das Morden dieser Drogenmafia würde aufhören.
Mit Ihrem verstandlosen Moralismus werten Sie alle Menschen ab, die für den Kampf um das Recht Leib und Leben riskieren und all die vielen, die dabei ihr Leben verloren haben.
Dass Menschen wie Sie in zivilisierten Verhältnissen leben können, verdanken Sie diesen Menschen. Ihresgleichen würde dafür nicht kämpfen, mehr als moralisierendes Geschwätz eines Mitläufers bringen Sie nicht zustande.
Und kommen Sie mir nicht mit „Sieg Heil“. Ohne den Krieg der Alliierten gegen das Hitler-Regime würden Sie und Ihresgleichen heute in einem terroristischen und mörderischen System leben.
Aber soweit zu denken, dafür reicht Ihr Verstand offensichtlich nicht aus.
ceterum censeo.2011
>>> Dass Menschen wie Sie [Herr Buck] in zivilisierten Verhältnissen leben können, verdanken Sie diesen Menschen.
Genau. Der Wohstand und die Rechte im Westen waren die Folge des Sieges des Kommunismus. Ist Kommunismus verschwunden, herrscht der Kapitalismus nach seinen authentischen Gesetzen. Er ist ein sozialer Genozid auf dem Niveau des ganzen Volkes, nicht nur für welche Minderheiten. Er ist unser Henker – der Faschismus und Kommunismus waren nur verzweifelte Versuche, die Völker vor dem Aussterben zu retten.
@Systemfrager
Es gibt Varianten des Kapitalismus.
Oben schreibt Sebastian Müller (12. Oktober 2011 um 19:51)
Dass ein Sozialstaat im nationalstaatlichen Rahmen durchaus funktionieren kann, belegen nicht zuletzt die skandinavischen Länder, allen voran Schweden.
Bei der Analyse von Schweden ist festzustellen, dass es sich um einen Typ des „nationalen Sozialismus“ auf kapitalistischer Basis handelt, welcher „innen“ einen Sozialstaat auf hohem Niveau praktiziert, jedoch „außen“ genau das Gegenteil macht.
Das wird deutlich, wenn man die Arbeitsbedingungen derselben schwedischen Konzerne in Schweden und beispielsweise in Deutschland vergleicht.
Dann wird das „schwedische Modell“ deutlich, nämlich sozialdemokratischer Korporativismus in Schweden, knallharter Neoliberalismus „außen“.
Wenn die chinesische Entwicklungspolitik hingegen betrachtet wird, beispielsweise in Afrika, so wird deutlich, dass es echte Entwicklungspolitik ist, nämlich dass chinesische Investitionen nicht zum Zwecke der Ausbeutung und Ausplünderung dieser Länder gemacht werden, sondern dass es sich um eine faire Entwicklungspolitik handelt, welche nicht nur chinesischen Interessen dient, sondern tatsächlich zur Förderung der Entwicklung in diesen Ländern führt.
Auch Thailand ist ein Beispiel, man könnte auch andere Länder nehmen. Nachdem sich Thailand durch Handelsbeziehungen mit China von der Dominanz des US-amerikanischen Wirtschaftsimperialismus befreien konnte, kam es dort zu einem wirtschaftlichen Aufschwung. So durch viel höhere Reispreise, welche China zahlte.
Deutschland hingegen betreibt eine Wirtschaftspolitik des „Exportimperialismus“ und richtet die Ökonomien jener Länder zugrunde, in die es exportiert. Bestes Beispiel ist Griechenland. Um dorthin exportieren können, wurden Kredite an Griechenland gegeben, von denen man wusste, dass Griechenland diese aufgrund seiner zu schwachen Wirtschaftskraft NIE zurückzahlen kann. Aber die exportierenden Unternehmen sowie die kreditgebenden Banken haben mit diesem „Exportimperialismus“ hohe Profite gemacht.
Und jetzt wird der deutsche Bürger für diesen „Exportimperialismus“ zu Kasse gebeten, indem er über die angebliche „Griechenlandrettung“ durch Staatsverschuldung zum Gläubiger dieser Kredite gemacht wird. Staatsverschuldung ist nichts anderes als Volksenteignung.
Das spürt das griechische Volk – mit Ausnahme der Reichen – jetzt; dies dies wird auch das deutsche Volk – mit Ausnahme der Reichen – süren, wenn sich die deutschen Verhältnisse in Zukunft immer mehr den griechischen annähern.
Weil das Gros der „Occupy-Demonstanten“ diese Zusammenhange nicht versteht, protestieren sie gegen die „Bankenherrschaft“ und gegen den „Finanzkapitalismus“, anstatt gegen den „Exportimperialismus“.
Und „Mutti“ kann sich dann ganz verständnisvoll zeigen:
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat «großes Verständnis» für die Proteste gegen die Macht ungezügelter Finanzmärkte.
Darin drücke sich ein «Gerechtigkeitsverlangen» aus, den internationalen Finanzmärkten Zügel anzulegen, wie man sie in Deutschland für richtig halte und zum Teil schon umgesetzt habe, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin.
http://www.stern.de/politik/deutschland/merkel-hat-verstaendnis-fuer-finanzmarkt-protest-1739498.html
Schon diese Diktion zeigt, dass die Demonstranten von der Politik gar nicht ernst genommen werden. Insgeheim lachen sie über den ökonomischen Unverstand der „Occupy-Demonstanten“.
@ Systemfrager
In der Vergangenheit wurde die Systemkonkurrenz um die Zukunft der Welt zwischen dem „kapitalistischen Block“ und dem „sowjetkommunistischen Block“ ausgetragen, heute besteht die Systemkonkurrenz zwischen der kapitalistischen Staatengemeinschaft unter Führung der USA und den mit China assoziierten Staaten.
Wer wissen will, wie sich die Welt entwickelt, sollte sich daher theoretisch und analytisch nicht nur mit dem Kapitalismus, sondern auch mit China auseinandersetzen.
Über China gibt es viele falsche Vorurteile und daraus resultierend falsche Parteinahmen gegen China, aber wenige Kenntnisse.
Das zeigt auch der Verlauf in diesem Thread, wo wir die beiden einzigen waren, die versuchten, eine sachlich begründete Diskussion darüber führten.
Ob dieser Diskussionsverlauf auf mangelndem Interesse oder auf mangelnden Kenntnissen beruht, kann ich nicht beurteilen.
Besonders wichtig erscheint mir, sich nicht nur mit den Verhältnissen in China auseinanderzusetzen, sondern auch mit der chinesischen Entwicklungspolitik, weil dort deutlich wird, welche Globalpolitik China verfolgt.
Solche Beiträge, wie der von Roberto J. De Lapuente, bringen uns daher nicht weiter, zumal er sich auch überhaupt nicht an der Diskussion beteiligt hat. Was ich als Ausdruck mangelnder Diskurskultur ansehe.
Die Welt befindet sich in einem Umwandlungsprozess. Die USA sind nicht mehr das Zentrum der Welt, die westlich-kapitalistische Zivilisation befindet sich im unaufhaltsamen Prozess des Niederganges.
Eine alte Welt geht unter.
Diese alte – europäisch geprägte – Welt ist nicht in der Lage, aus sich heraus sich revolutionieren. Die Arbeiterbewegung ist gescheitert, der Sowjetkommunismus ist gescheitert, die 68-er-Bewegung ist gescheitert.
Es war das große Trauma der 68-er-Generation, als sie feststellen musste, dass sie nicht in der Lage war, diese alte westliche Zivilisation zu revolutionieren.
Was dieses Trauma besonders schlimm machte, war, dass sich damals noch nicht die Entwicklung einer neuen Welt abzeichnete, was den Eindruck hervorrief, die Menschheit befinde sich Prozess ihres Unterganges.
Auch wenn insbesondere bei Teilen der Jugend gegenwärtig viel Begeisterung für die Protestbewegung existiert, so ist bislang in dieser Bewegung keine einzige wirklich neue, vorwärtstreibende und zukunftsträchtige Idee zu erkennen. Was hat dort theoretischen Tiefgang? Da waren die 68-er viel weiter.
Aber die beteiligten Menschen ist es etwas Neues. Sie machen neue Erfahrungen. Die Bewegung gibt ihnen neue Hoffnung. All dies ist zweifelsohne positiv, weil es aus dem Gefühl der Ohnmacht herausführt.
Europa hat im 20. Jahrhundert seinen Einfluss auf die Weltentwicklung an die USA verloren. Aber auch das US-Imperium hat schon längst seinen Zenit überschritten und befindet sich im Niedergang.
Auch diese Protestbewegung wird die Erfahrung machen, dass es unmöglich ist, diese alte Zivilisation zu revolutionieren. Da wird es keine Renaissance mehr geben.
Eine neue Welt entsteht jenseits von Europa und den USA.
Die „Alten“ sollten nicht versuchen, dieser jungen Bewegung ihr Weltwissen aufzudrängen. Sondern bereit sein, ihr Wissen und ihre Erfahrung anzubieten, wenn danach gefragt werden.
Systemfrager, wir werden sicherlich diese Diskussion an anderer Stelle irgendwann weiterführen.
Die Veränderungen, die in der Welt stattfinden, sind in ihrer Dynamik in Ermangelung guter Präsentationen entsprechender Daten leider recht schwer zu erfassen. Zwar schon etwa fünf Jahre alt, doch dieses Video zeigt sehr gut die Dynamik verschiedener Kenngrößen für unterschiedliche Regionen der Welt im Zeitverlauf; unter anderem ist auch einen Vergleich der Entwicklung der Einkommensverteilung in China und den USA um Minute 17:30 herum, jedoch kann ich das vollständige Anschauen des Videos nur wärmstens empfehlen: http://www.ted.com/talks/hans_rosling_reveals_new_insights_on_poverty.html
Das Video kannte ich schon. In einem anderen Blog, der aber vom Netz genommen ist, haben wir ausführlich und kritisch darüber diskutiert. Rosling macht Propaganda für den Kapitalismus, seine Kausalbehauptungen stimmen so nicht.
Wäre erfreulich, wenn die vergangene Diskussion erneut zugänglich gemacht werden könnte. Ich hatte das Video gar nicht als Werbung für irgendeine Sache verstanden, sondern fand zunächst einmal die Art der Präsentation beachtlich. Derartige Visualisierungen sind eher die Ausnahme, was schade ist. Der Datenjournalismus ist noch nicht dort angekommen, wo er sein könnte und sollte. Einige der vorgeführten Kenngrößen fand ich auch mit einiger Mühe für den durchschnittlich Interessierten eher schwer zu ermitteln. Woher bezieht derjenige, der gewillt ist, sich zu informieren, seine Daten? Bevor man Gedanken dazu anstellt, wie die Welt gestaltet werden sollte, und Mittel vorschlägt, dies zu erreichen, wäre es ja immerhin nicht schlecht, zu wissen, wie den überhaupt der Stand der Dinge ist und wohin die Entwicklung zu tendieren scheint und aus welchen Gründen.
Leider kann ich keinen LInk setzen, weil der Blog nicht mehr existiert.
Das Thema ist sehr interessant und die Präsentation höchst professionell.
Vielleicht ergibt sich die Möglichkeit, das Thema noch einmal zu diskutieren.
Falls die Adresse noch bekannt ist und das Blog zumindest eine Weile existierte und verlinkt war, ist es ja vielleicht bei http://www.archive.org/ noch zu finden. Ansonsten bleibt zu hoffen, dass sich die Thematik bei Gelegenheit irgendwann nochmal aufgreifen lässt.
@ ceterum censeo.2011
Mensch, du machst mit Probleme, große Probleme … Warum sollte ich Komentare lesen, in denen (genau) das steht, worauf ich schon selber gekommen bin? Wann sollen wir uns bitte “in die Haare geraten”?
;-)
;-)
;-)
War doch nur Spaß! Natürlich ist jeder Mensch (über-)glücklich, wenn er einem begegnet, der gleich denkt. Ich meinte aber was anderes:
J. St. Mill
@ ceterum censeo.2011
“Ob dieser Diskussionsverlauf auf mangelndem Interesse oder auf mangelnden Kenntnissen beruht, kann ich nicht beurteilen.”
Also ich habe eure Diskussion hier mit Interesse verfolgt, habe mich aber mangels Innenansichten und wirklicher Kenntnisse darüber, wie das chinesische System funktioniert, nicht beteiligt.
Ich habe aber wertvolle neue Denkanstöße und Informationen aus eurer Diskussion gewonnen.
Ich muss zugeben, dass auch ich vorher einen eher angstvollen Blick auf die Perspektive drohender chinesischer Verhältnisse in der westlichen Welt hatte, was eben hauptsächlich an den Bildern liegt, die man aus jenen “Höllen der Arbeitswelt” von dort zu sehen bekommt.
Dass dies westliche Konzerne sind, die dafür verantwortlich sind, war mir schon klar – aber ich denke, solche Zustände muss ja der jeweilige Staat, auf dessen Territorium solches stattfindet, auch erst einmal erlauben. Ich kann nur vermuten, dass die chinesische Regierung dies bisher auch billigend in Kauf nimmt – vielleicht aus Interesse an Investitionen westlicher Betriebe in die chinesische Wirtschaft und Infrastruktur und zum Zweck der Erlangung weiteren technischen Know-Hows. Ob dadurch langfristig die Situation der chinesischen Arbeiter insgesamt verbessert werden wird, muss sich noch zeigen.
Andererseits war mir auch bewusst, dass man die Höllen der Arbeitswelt nicht nur in China findet. Vor einigen Jahren war ja Günter Wallraf mal undercover in einer deutschen Backwarenfabrik – und das erinnerte schon sehr an die Bilder, die man aus chinesischen Fabriken gewohnt ist.
Ich habe auch keinen Zweifel daran, dass unsere deutsche Regierung im großen Stil solche Produktionsbedingungen im Inland billigen würde, wenn nur irgendein vermeintlicher Sachzwang dafür anzuführen wäre.
Ansonsten teile ich Deine Ansicht, dass diese neue Bewegung den Lauf der Dinge nicht großartig ändern können wird, was meiner Meinung nach aber nicht am Mangel einer klaren Agenda liegt, sondern schlicht daran, dass die Träger und Profiteure des scheiternden Systems sowieso bis zum bitteren Ende an ihren Methoden und Privilegien festhalten werden.
Ich weiß nicht, inwiefern die 68er-Bewegung eine einheitliche Agenda mit klar definierten Zielen oder einen komplexen alternativen Gesellschaftsentwurf (- abgesehen von den im kleinen Rahmen gelebten Modellen) hatte. Am Anfang stand sicher auch erst einmal für jeden Einzelnen die Unzufriedenheit und die Einsicht, dass die Dinge nicht so weiterlaufen können, wie sie damals gelaufen sind.
Dass am Ende der umfassende Systemwechsel gescheitert ist, macht sicher wenig Hoffnung innerhalb dieser neuen Bewegung.
Ich denke, diese Menschen, zu denen ich mich auch zähle, brauchen trotzdem einfach auf dieser Klippe, auf der wir alle stehen, einen Halt in der neu entstehenden Gemeinschaft ( -selbst wenn es mitunter nur eine virtuelle Gemeinschaft ist).
Bescheidenere Lebensbedingungen, sofern das noch nicht hartes materielles Elend bedeutet, sind ja nicht unbedingt nicht zu ertragen – wenn es eben unbürokratische, mitmenschliche Auffangsysteme gibt. Ich denke, dies erkennt die Bewegung zu großen Teilen – und das wird auf den Plätzen im kleinen Rahmen jetzt schon gelebt.
Was Menschen kaputt machen kann, ist dieses Gefühl, von lauter glücklichen Sklaven umringt zu sein – und die Erfahrung, dass man für sein eigenes nicht klarkommen mit dem System von seinen Mitmenschen nur Verachtung statt Verständnis erntet.
Dagegen setzt diese Bewegung ein Zeichen: Es gibt vielleicht gar nicht so viele zufriedene Sklaven um uns herum. Vielleicht können wir Menschen doch anders miteinander umgehen und besser gemeinsam leben.
Ich persönlich habe so ein Zeichen dringend gebraucht.
Das alles ist sehr wahrscheinlich nur ein kleines Licht in dieser Dunkelheit des Untergangs.
Was ich dennoch sehe – nicht nur bei mir persönlich – ist, dass diese Bewegung eine heilsame Wirkung auf so manch geschundene Seele dieser Verwertungs- und Effizienzgesellschaft hat. Das ist mehr als nichts und wahrscheinlich das einzig Sinnvolle, was die Menschen in diesem System überhaupt noch bewirken können.
A.S. Flickering 19. Oktober 2011 um 16:01
Danke für die ausführliche Rückmeldung!
Ich muss zugeben, dass auch ich vorher einen eher angstvollen Blick auf die Perspektive drohender chinesischer Verhältnisse in der westlichen Welt hatte, was eben hauptsächlich an den Bildern liegt, die man aus jenen „Höllen der Arbeitswelt“ von dort zu sehen bekommt.
Dass dies westliche Konzerne sind, die dafür verantwortlich sind, war mir schon klar – aber ich denke, solche Zustände muss ja der jeweilige Staat, auf dessen Territorium solches stattfindet, auch erst einmal erlauben. Ich kann nur vermuten, dass die chinesische Regierung dies bisher auch billigend in Kauf nimmt – vielleicht aus Interesse an Investitionen westlicher Betriebe in die chinesische Wirtschaft und Infrastruktur und zum Zweck der Erlangung weiteren technischen Know-Hows.“
Die Phase der Industrialisierung ist immer mit großen Opfern verbunden.
Mao hat es zunächst – wie Stalin – „binnenwirtschaftlich“ versucht, das ging nur mit großem Zwang und die Folge war eine große Hungerkatastrophe (s. „Großer Sprung nach vorn“).
Unter Deng Xiaoping entstand eine „mixed economy“, eine „Kombination von Wirtschaftsplanung und Marktwirtschaft“, welche „sozialistische Marktwirtschaft“ genannt wird.
Der Kapitalismus kommt – anders als die Sklavenhaltergesellschaft – weitgehend ohne physischen Zwang aus. Der Zwang wird vermittels der Strukturen geschaffen und damit zum „Selbstzwang“, Geld zu verdienen, um leben zu können. Der Lohnarbeiter wird nicht mit der Peitsche zu Arbeit angetrieben, er ist sein eigener Antreiber. Er ist dankbar, wenn ihm der Unternehmer einen Arbeitsplatz gibt, an dem er Geld verdienen kann.
Daher auch die Bereitschaft zur Selbstausbeutung beim Lohnarbeiter, wodurch eine Industrialisierung unter kapitalistischen Bedingungen viel leichter ist.
Zurück zu China.
Ziel ist der neuen Wirtschaftspolitik unter Deng Xiaoping ist der Technologietransfer nach China.
Der chinesische Staat stellt ausländischen Unternehmen billige, disziplinierte und leistungswillige Arbeitskräfte zu Verfügung, vertraglich gehen dann diese Unternehmen nach 30 oder 50 Jahren in chinesisches Staatseigentum über.
Das war und ist für die kapitalistischen Unternehmen eine höchstprofitable Sache, zugleich erfolgt ein Technologietransfer nach China, welcher eine extrem schnelle industrielle Entwicklung ermöglicht.
Das ist die Win-Win-Konstellation bei „Chimerika“.
Aber auch diese Form der Industrialisierung erfordert große Opfer auf Seiten der arbeitenden Bevölkerung.
„Ob dadurch langfristig die Situation der chinesischen Arbeiter insgesamt verbessert werden wird, muss sich noch zeigen.“
M. E. auf jeden Fall, wenn es nicht zu einer Konter-Revolution kommt. Bei 500.000.000 Chinesen ist diese Verbesserung bereits realisiert.
Aber zunächst geht die soziale Schere auf und die soziale Ungleichheit nimmt immer mehr zu.
Als nächstes Ziel – so habe ich gelesen – will die KPCh daher anstreben, die Binnenökonomie zu entwickeln und diese Schere langsam, aber kontinuierlich wieder enger zu machen.
„Ansonsten teile ich Deine Ansicht, dass diese neue Bewegung den Lauf der Dinge nicht großartig ändern können wird, was meiner Meinung nach aber nicht am Mangel einer klaren Agenda liegt, sondern schlicht daran, dass die Träger und Profiteure des scheiternden Systems sowieso bis zum bitteren Ende an ihren Methoden und Privilegien festhalten werden.“
Unter den gegenwärtigen gesellschaftlichen Machtverhältnissen kann diese Bewegung allein kaum etwas an den Strukturen der Gesellschaft verändern.
Ich weiß nicht, inwiefern die 68er-Bewegung eine einheitliche Agenda mit klar definierten Zielen oder einen komplexen alternativen Gesellschaftsentwurf (- abgesehen von den im kleinen Rahmen gelebten Modellen) hatte. Am Anfang stand sicher auch erst einmal für jeden Einzelnen die Unzufriedenheit und die Einsicht, dass die Dinge nicht so weiterlaufen können, wie sie damals gelaufen sind.
Das allgemeine Ziel war ein freiheitlicher Sozialismus.
Aber diesen wollte weder das Establishment im „kapitalistischen Westblock“ und schon gar nicht jenes im „kommunistischen Ostblock“.
Die 68er-Bewegung ist im gewissermaßen zwischen den Blöcken zerrieben worden.
Das war die Zeit des „Kalten Krieges“. Da wurden alle Systemveränderer und Oppositionelle als systemdestabilisierende Feinde angesehen.
Dass am Ende der umfassende Systemwechsel gescheitert ist, macht sicher wenig Hoffnung innerhalb dieser neuen Bewegung.
Die neue Bewegung will Veränderungen im Interesse der 99% durchführen, aber bislang bringt diese Bewegung nur Menschen im Promillebereich auf die Straße.
Und solange es keine konkreten Veränderungsziele gibt, kann man überhaupt nicht sagen, wie viel Prozent der Bevölkerung tatsächlich hinter dieser Bewegung stehen. „Occupy Wallstreet“ ist nur eine symbolische Aktion. Denn die Aktivisten fordern noch nicht einmal die Verstaatlichung der Banken.
„Ich denke, diese Menschen, zu denen ich mich auch zähle, brauchen trotzdem einfach auf dieser Klippe, auf der wir alle stehen, einen Halt in der neu entstehenden Gemeinschaft ( -selbst wenn es mitunter nur eine virtuelle Gemeinschaft ist). …
Was Menschen kaputt machen kann, ist dieses Gefühl, von lauter glücklichen Sklaven umringt zu sein – und die Erfahrung, dass man für sein eigenes nicht klarkommen mit dem System von seinen Mitmenschen nur Verachtung statt Verständnis erntet.
Dagegen setzt diese Bewegung ein Zeichen: Es gibt vielleicht gar nicht so viele zufriedene Sklaven um uns herum. Vielleicht können wir Menschen doch anders miteinander umgehen und besser gemeinsam leben.
Ich persönlich habe so ein Zeichen dringend gebraucht. …
Was ich dennoch sehe – nicht nur bei mir persönlich – ist, dass diese Bewegung eine heilsame Wirkung auf so manch geschundene Seele dieser Verwertungs- und Effizienzgesellschaft hat. Das ist mehr als nichts und wahrscheinlich das einzig Sinnvolle, was die Menschen in diesem System überhaupt noch bewirken können.“
Die Menschen brauchen Ermutigung, so dass sie herauskommen können aus ihrer Ohnmacht, Resignation, Depression und aktiv werden können.
Diese Ermutigung ist gerade für die jungen Menschen ganz wichtig, sie können heraustreten aus ihrem Leben als vereinzelter Einzelner, Gemeinschaften bilden, ein Wir-Gefühl entwickeln, das sie psychisch stark macht.
Das alles ist sehr wahrscheinlich nur ein kleines Licht in dieser Dunkelheit des Untergangs.
Das sehe ich anders. Viel optimistischer als zur 68-er-Zeit.
Wir leben in einer globalen Umbruchphase. Eine neue Weltzivilisation ist im entstehen, die anders als die europäische Welt nicht auf Sklaverei, Völkermord, Kolonialismus und Imperialismus beruht.
Die neu entstehende Basisbewegung kann zu einem Teil des globalen Veränderungsprozesses werden, wenn sie zur Bewusstseinsentwicklung und neuen Kooperationsformen insbesondere bei der Jugend beiträgt. Natürlich kann sie nur bestimmte Teile der Gesellschaft erreichen.
Aber in anderen Bereichen, wie der Wissenschaft, in der Wirtschaft und der Verwaltung werden auch Bewusstseinsprozesse ablaufen, denn auch dort werden bei fortschreitendem gesellschaftlichen Niedergang immer mehr Menschen die Notwendigkeit sowie die Möglichkeiten zu einer gesellschaftlichen Veränderung sehen.
Bewusstseinsprozesse sind immer an soziale Kontexte gebunden, d. h. sie verlaufen in unterschiedlichen sozialen Kontexten anders.
Die moderne Gesellschaft kann nicht ohne Wissenschaft auskommen. Aber die Teilnahme am wissenschaftlichen Diskurs ist nicht voraussetzungslos, sondern sie setzt im Gegenteil ein bestimmtes Niveau fachlichen Wissens und Könnens voraus.
Daran scheitert jede Idee einer totalen Basisdemokratie. Laien können nicht über Fragen abstimmen, die Expertenwissen erfordern. Sondern die wissenschaftliche Entscheidungsfindung hat eine eigene Logik.
„Basisdemokratie“ ist in meinem Verständnis eher ein Korrektiv gegenüber Entscheidungen der „Expertokratie“. So wie das Referendum in der Schweiz. So dass die „Expertokratie“ keine Politik gegen das Volk machen kann.
Zu mehr gesellschaftlicher Mitgestaltung gehört auch eine „Re-Kommunalisierung“ von sozialen und wirtschaftlichen Prozessen.
Selbstverständlich gehört zum Konzept einer neuen Gesellschaft auch eine bedingungslose Existenzsicherung für alle. Anders kommt man aus den fremdbestimmten Zwangsstrukturen der Lohnarbeit nicht heraus.
Was jedoch erst möglich ist, wenn Maschinen und Automaten den Großteil der einfachen, repetitiven Arbeiten übernehmen, also die Menschen von diesen Arbeiten befreien.
Dies setzt einen entsprechenden Stand von wissenschaftlich-technischer Entwicklung voraus, welcher heute erreicht ist.
Aber um diese neuen Strukturen zu realisieren, bedarf es eines anderen gesellschaftlichen Systems, eines anderen Vergesellschaftungsmodus.
Im Kapitalismus ist dies nicht möglich.
Gerade zum letzten Punkt gibt es heutzutage viel Dissens.
Das war in der 68-er-Bewegung anders. Aber diese war eine Bewegung der wissenschaftlichen Intelligenz. Das ist m. E. der entscheidende Unterschied zu heute.
Die entscheidenden Kämpfe der 68-er fanden nicht auf der Straße, sondern im Wissenschaftsbetrieb stand. Nämlich als das professorale Establishment mit seinen Ideologien wissenschaftlich delegitimiert wurde.
Eine Bewegung der wissenschaftlichen Intelligenz mit entsprechenden Kompetenzen fehlt heute.
Aber was noch nicht ist, kann ja noch werden …
>>> Die Phase der Industrialisierung ist immer mit großen Opfern verbunden. Mao hat es zunächst – wie Stalin – „binnenwirtschaftlich“ versucht, das ging nur mit großem Zwang und die Folge war eine große Hungerkatastrophe (s. „Großer Sprung nach vorn“).
So ist es. Man muss sich dies vorstellen können: Die chinesischen Kommunisten haben gemeint, wenn der Wille da ist, würde man Stahl auf dem Herd kochen können. (sic!!!) Kein Wunder. Ihr Marx war ein deutscher Philosoph, pardon Metaphysiker bzw. Scharlatan, wo der Wille alles kann und wo gilt: Desto schlimmer für die Tatsachen. Nun haben die Chinesen begriffen, dass NIX ohne das akkumulierte Wissen der ganzen menschlichen Zivilisation geht und dieses akkumulierte Wissen befindet sich (befand sich) im Westen.
Das die Chinesen zu einem Egalitarismus kehren würden, folgt schon aus der fernöstlichen Mentalität. Japan und S-Korea sind sehr egalitäre Gesellschaften. Die Chinesen werden dies auch sein.
>>> „Basisdemokratie“ ist in meinem Verständnis eher ein Korrektiv gegenüber Entscheidungen der „Expertokratie“. So wie das Referendum in der Schweiz. So dass die „Expertokratie“ keine Politik gegen das Volk machen kann. Zu mehr gesellschaftlicher Mitgestaltung gehört auch eine „Re-Kommunalisierung“ von sozialen und wirtschaftlichen Prozessen.
Eben. Und der Staat muss zurück. Ich will den DEUTSCHEN Staat zurück, natürlich ohne das „deutsche Wesen“ (an dem alles Scheiß gewesen war)
>>> Eine Bewegung der wissenschaftlichen Intelligenz mit entsprechenden Kompetenzen fehlt heute.
Man findet nicht einmal 2 Blogger, die nicht richtig verfeindet sind. (Naja, gut … ich übertreibe jetzt … es ist die Enttäuschung … aber eine minimale Bereitschaft zur Kooperation ist weit und breit nicht in Sicht)
Ergänzend zu meinem vorigen Beitrag möchte ich einen Punkt vertiefen, der offensichtlich die größten theoretischen Schwierigkeiten macht und am wenigsten verstanden wird.
Es geht um die scheinbare Paradoxie zwischen einer sozialistischen Revolution und dem Einsatz von kapitalistischer Methoden, also um den Weg, den die KPCh unter Deng Xiaoping eingeschlagen hat.
Wenn man unter „Sozialismus“ die Herstellung von sozialer Gleichheit und von Verteilungsgerechtigkeit versteht, kann es zunächst so erscheinen, als habe die KPCh die sozialistische Idee verraten und eine kapitalistische Elitendiktatur errichtet, wo der Sozialismus dann nur noch ein Schwindel ist, weil ein neuer Typ von Klassenherrschaft errichtet wurde, in dem die Parteibürokratie herrscht.
Milovan Đilas hat dies in seinem Buch „Die neue Klasse. Eine Analyse des kommunistischen Systems“ (12958) treffend für die Entwicklung des Sowjetkommunismus analysiert, also jenes Systems von kommunistischer „Staatssklaverei“ (Dutschke).
Genau dahin MUSSTE der leninistisch-trotzkistisch-stalinistische Weg damals führen, Rosa Luxemburg hat das in ihrer Schrift „Die russische Revolution“ (1918) klar analysiert und prognostiziert.
Auch in der Nach-Stalin-Ära waren Strukturreformen nicht möglich, weil die Sowjetunion im „Kalten Krieg“ ständig von militärischer Vernichtung bedroht war und ihre ökonomischen Ressourcen vorrangig für den Militärbereich aufwandte. Erst Gorbatschow hat mit seiner Kapitulation eine neue Phase der Entwicklung ermöglicht.
Aufgrund der Erfahrungen mit dem Sowjetkommunismus ist verständlich, dass viele vermuten, dass die KPCh einen ähnlichen Weg geht, nämlich eine bürokratische Klassengesellschaft errichtet, welche mit sozialistischer Bemäntelung verschleiert wird. Selbstverständlich ist die Gefahr einer derartigen konter-revolutionären Entwicklung aufgrund von „Korruption durch Macht“ nie auszuschließen.
Nun zum theoretischen Problem.
Viele sehen als Wesen einer sozialistischen Gesellschaft die soziale Gleichheit und Verteilungsgerechtigkeit an. Die Aufgabe der Sozialisten ist folglich, Gleichheit und Verteilungsgerechtigkeit herzustellen.
Basis dafür ist die „sozialistische Moral“.
Eine derartige moralische Vorstellung von sozialistischer Politik kennzeichnet von Anfang an die Mehrheitsposition der sozialistischen Bewegung in Deutschland. Bekanntlich stand im Zentrum der Politik von Ferdinand Lassalle die Forderung nach einem „gerechten Lohn“.
Marx und Engels hingegen – sie waren die schärfsten Kritiker von Lassalle – ging es hingegen um eine neue Stufe der gesellschaftlichen Entwicklung, welche Kapitalismus und Lohnsklaverei überwindet.
Auf eine einfache Formel gebracht:
Lassalle ging es um Verbesserungen im System von Kapital und Lohnarbeit, Marx und Engels ging es um die Überwindung dieses Systems und das Erreichen eines neuen Stadiums von gesellschaftlicher Entwicklung.
Was alle Anhänger des Liberalismus nicht verstehen können oder wollen, ist das Verhältnis von Markt und Staat.
Die Liberalen wettern gegen den Staat, gegen die Staatssklaverei, aber begreifen nicht, dass es die Marktwirtschaft ist, die diesen ständig wachsenden Staat mit seiner ausufernden Bürokratie erst erforderlich macht. Denn eine freie, staatlich unregulierte Marktwirtschaft würde zu Chaos, Verelendung und Zusammenbruch führen.
Folglich musste auch ein ökonomisch völlig unsinniges System, nämlich der Sozialstaat, eingeführt werden.
Durch die „Marktwirtschaft “ – genauer: durch die kapitalistischen Marktteilnehmer – wird Arbeitslosigkeit produziert. Der Sozialstaat alimentiert diese Arbeitslosen, der sich im Arbeitsprozess befindende Teil der Arbeitsbevölkerung muss folglich umso mehr arbeiten, weil er die vom „Arbeitsmarkt“ exkludierten und zur Untätigkeit gezwungenen Arbeitslosen noch zusätzlich „durchfüttern“ muss, anstatt dass die gesellschaftlich notwenige Arbeit auf die Arbeitsfähigen umverteilt wird, so dass alle weniger arbeiten müssen.
Aber so funktioniert eben die Marktwirtschaft, gesamtgesellschaftlich irrational, betriebswirtschaftlich für die Kapitaleigner profitabel.
Weil sich die Menschen aber dem Zwang des kapitalistischen Staates entziehen wollen, sei es durch Bestechung, Steuerbetrug, Erschleichung von Sozialleistungen, Schwarzarbeit oder durch sonstige Formen der Kriminalität, muss der Staat ständig ausgebaut werden, zum Kontroll- und Repressionsstaat mit wuchernder Bürokratie und ständig zunehmender rechtlicher Regelungsdichte, um die in der Marktwirtschaft entstehende Anti-Sozialität unter Kontrolle zu halten und das System nicht zusammenbrechen zu lassen.
Aber das verstehen die Markt-Idioten nicht, dass es die Marktwirtschaft ist, die zwangsläufig zu einem ständig ausufernden Staat mit zunehmender Staatssklaverei führt.
Wenn begriffen hat, dass die Marktwirtschaft ein falsches System ist, welches das Gegenteil von dem hervorbringt, was die Ideologie des Liberalismus verkündet, dann hat man den wichtigsten Teil der Marxschen Theorie begriffen.
Auf eine einfache Formel gebracht:
„Freiheit statt Marktwirtschaft“.
Marx´ elementare Erkenntnis ist, dass die Marktwirtschaft nicht zum Positiven reformierbar ist:
„So sehr sind alle Fortschritte und Inkonsequenzen innerhalb eines falschen Systems der höchste Rückschritt und die höchste Konsequenz der Niedertracht.“ (1844)
Das ist etwas, was die Sozialdemokraten nie begriffen haben, sieht man historisch von einer kleinen Minderheit ab, die sich dann im WK I von der SPD trennte.
Denn immer haben Sozialdemokraten und Gewerkschafter nur versucht, ein falsches System zu reformieren. Und es immer mehr zu einem völlig irrationalen System gemacht, und dabei die Menschen so in den gesellschaftlichen Wahnsinn getrieben, so dass sie keinerlei Ausweg mehr aus diesem System sehen.
Im Gegensatz zu Lassalle ist die Marxsche Kritik am Kapitalismus nicht moralisch, sondern analytisch.
Er sieht durchaus, dass der Kapitalismus auch positive Aspekte hat(te), nämlich durch Konkurrenz und Profitgier die Entwicklung der „Produktivkräfte“, also den wissenschaftlich-technischen Fortschritt, voranzutreiben und industriell umzusetzen.
Allerdings nur bis zu einem gewissen Stadium, wo dann das System „kippt“ und durch seinem – über den Kredit vermittelten – Wachstumszwang (auto)destruktiv wird.
Rosa Luxemburg sprach vom Kredit als dem „Motor der kapitalistischen Entwicklung“. Aber es ist ein „Motor“, den man nicht drosseln oder gar abschalten kann. Der Kapitalismus funktioniert wie ein Ponzi-Schema, und dieses muss immer weiter laufen, ansonsten bricht es zusammen.
Im System der Marktwirtschaft gibt es also nur die Alternative:
Entweder fortschreiten im gesellschaftlichen Wahnsinn oder ein neues Wirtschaftssystem auf gesamtgesellschaftlich rationaler Basis.
Zurück zu den chinesischen Kommunisten. Die haben die Marxsche Theorie gut studiert und sind offensichtlich zu dem Schluss gekommen, dass der Einsatz von Marktwirtschaft ein sehr effektives Mittel ist, um industrielle Entwicklung voranzutreiben, viel besser als die stalinistische und maoistische Methode des Zwangs und Terrors.
Jede Industrialisierung erfordert große Opfer bei der arbeitenden Bevölkerung – und eine Alternative zur Industrialisierung gibt es nicht.
Die chinesischen Kommunisten folgten dabei der Marxschen Methode, Gesellschaftsentwicklung nicht primär moralisch, sondern analytisch zu betrachten.
Für Marx ist der Industriekapitalismus ein notwendiges Durchgangstadium in der gesellschaftlichen Weiterentwicklung. Erst die Industrialisierung schafft die Voraussetzung für die Menschen, sich ein großes Stück vom Naturzwang zur Reproduktionsarbeit zu befreien, indem diese Arbeit auf Maschinen übertragen wird.
Nirgendwo wird diese „Befreiung vom Naturzwang zur Reproduktionsarbeit“ deutlicher als in der Landwirtschaft, wo nur noch eine kleine Anzahl von Menschen benötigt wird, um die gesamte Bevölkerung zu ernähren.
Für die Führung der KPCh bedeutete dies, das moralische Postulat des Sozialismus, nämlich die Herstellung von sozialer Gleichheit und Gerechtigkeit, für die historische Übergangsphase der Industrialisierung hintanzustellen.
Genau dies verstehen jene Menschen nicht, die nicht in historischen Entwicklungen denken können und nur empirisch vergleichen.
Selbstverständlich ist es nicht völlig falsch, wenn oben Herr Buck schreibt:
„Ich bin überzeugt die Situation unserer Arbeiter in Deutschland ist um „Lichtjahre“ besser als diejenige unserer Kollegen in China!“
Aber das ist eine a-historische Betrachtung ohne jegliches Verständnis für die sozio-ökonomischen Zusammenhänge.
Den Arbeitern in Deutschland geht es im Augenblick besser als ihren chinesischen Kollegen, richtig, aber falsch ist, dass die Chinesen „Lichtjahre“ davon entfernt seien. Im Gegenteil, in Deutschland geht es ständig abwärts, in China langsam, aber kontinuierlich aufwärts.
Wann „schneiden“ sich diese Entwicklungen?
Wenn wir die Verhältnisse in den USA. in Großbritannien, In Griechenland usf. sehen, dann kommt vielleicht eine Ahnung auf, dass der Zeitpunkt vielleicht gar nicht mehr so weit entfernt ist, wo immer mehr Menschen in den kapitalistische Staaten die Chinesen um deren Entwicklung beneiden werden.
@Systemfragers 20. Oktober 2011 um 06:56
Ich will den DEUTSCHEN Staat zurück …
Was meinst Du damit?
@ceterum censeo.2011
13. Oktober 2011 um 21:35
Vielen Dank zu diesem Link!
Ich habe noch nicht alle Texte zu diesem Link lesen können. Daher verstehe diesen Kommentar bitte erstmal als ein Dankeschön, mich hierher geführt zu haben. :-)
Eine kuzre Selbst-Darstellung dazu.
Ich beschäftige mich mit China seit über 20 Jahren. Meine ersten Erfahrungen an der Sinologie dazu waren allerdings sehr frustrierend. Als ich im Erst-Semester einem mir sympathischen Dozenten fragte, ob es realistisch sei, dass ich in drei,vier Jahren eine Hausarbeit in Chinesisch schriebe, antwortete er mir, dies wäre ihm noch nie vorgekommen. Ich sollte besser Englisch lernen. Dies sei wichtiger, da die USA eine der besten Sinologien unterhielte.
Damals wurde von vielen meiner Kommilitonen die Auffassung vertreten, China ist ein so spannendes Projekt, dass es gilt die Erfahrung/das Abenteuer in diesem Land zu geniessen. Das Lernen der Sprache geriet unter diesem Aspekt in den Hintergrund. Mit Englisch käme man bestens durch das Land…..
Auf einem meiner vielen Flüge traf ich beispielsweise einen gebürtigen rumänischen Arzt der durch Heirat die schweizerische Nationalität erhalten hatte. Er hatte in einem Crash-Kurs Chinesisch gelernt und flog nach Peking zu einem Akupunktur Lehrgang. 400 Stunden Zusaztausbildung.
Oder die Begegnung mit einer 30-jährigen Chinesin auf einem 8-stündigen Flug, die in Heidelberg studierte und kürzlich ein Stipendiat für chinesiche Medizin in London erhalten hatte.
Es gibt aber auch ein China abseits diese Karrierpfade.
Dieses China findet man an den Ecken, für die der Westen sich nicht interessiert.
Beispielswiese im schlecht entwickelten Hinterland. Bei den einfachen Menschen. Und nicht in den Touristen-Gegenden Guanlin’s, wo sich die Freaks herumtreiben.
Aus meiner Sicht ist die Gegenwart schrecklich. Sowohl die Kultur-Revolution, mit ihren vielen Opfern und den gegensitigen Bezichtigungen. Aber auch der Verkauf des Landes in der jetzigen Phase.
Der große Schatz dieses Landes sind seine Bücher.
Es gibt in China seit über 2500 Jahren eine Geschichtsschreibung.
In China haben Intellektuelle ihr Leben oft aufs Spiel gesetzt. Die Geschichtsbücher sind voll mit tragischen Geschichten…
Es scheint mir kaum möglich diese zwei Welten zu verbinden.
Je mehr ich darüber nachdenke, desto weniger verstehe ich.
Lieber @Ham, jede dieser zwei Welten benutzt die andere in einer Art Alibi-Funktion.
Das Denken in der anderen Sprache ist ein völlig anderes.
Das Problem der Opportunisten gibt es aber in beiden dieser Welten.
Daher mein Tip: Wenn du dich mit jemand unterhällst,…schauen ihm/ihr in die Augen und achte weniger auf die Worte.
Solidarität ist weniger ein theoretisches Konzept als vielmehr die praktische Handlung.
Viele liebe Grüsse und bis später wieder einmal, :-)
guang
ceterum censeo.2011
Es geht um die scheinbare Paradoxie zwischen einer sozialistischen Revolution und dem Einsatz von kapitalistischer Methoden, also um den Weg, den die KPCh unter Deng Xiaoping eingeschlagen hat.
Nein!
Beispiel Kommunen. Ehemals wurde das Leben in sogenannten Kommunen organisert. Diese Kommunen waren nicht nur Arbeitsstätte, sondern sie boten auch medzinische Versorgung, Ausbildung, Kindergarten, Einkaufsmöglichkeiten etc. Die Kommunen wurden als eine Basis Zelle gesellschaftlicher Organisation verstanden, die selbständig im Verbund mit den anderen Kommunen bestand.
Aktuell werden in China neue Sozialversicherungssystem aufgebaut.
In den Stadtzentren bauchen Walmart und andere Ladenketten gigantische Shopping-Center.
Früher standen dort die Fabriken (Mao wollte die Fabriken und die Arbeiter im Zentrum).
Im Grunde genommen wurden in den letzten 20 Jahren alle kapitalistischen Elemente der Volkswirtschaft nachgebaut.
Worauf ich hinaus will. Wenn Du das ehemalige Gesellschaftssystem mit dem jetzigen vergleichst, kannst Du strukturelle Differenzen im Stadtbild, in der Organisation gesellschaftlichen Lebens, der gesellschaftlichen Institutionen (Rentenversicherungen gab es vormals nicht, denn diese Aufgabe wurde von der Kommune übernommen)…etc erkennen.
Dengxiaoping hat seinen Verrat mit der Notwendigkeit den Kommunismus über den Kapitalismus zu erreichen begründet. Dies war aber nur ein Vorwand, um das alte System zu zertrümmern. Das die Zerstörung zugelassen wurde, lag vor allem an dem Wahnsinn der Kulturrevolution. Die Menschen sehnten sich nach einem neuen System und wollte ein neues. Das es das jetzige System werden würde, konnten sie nicht ahnen.
Eine alte chinesische Weisheit sagt, der Weg ist das Ziel.
@Guang 4. November 2011 um 17:21
Dengxiaoping hat seinen Verrat mit der Notwendigkeit den Kommunismus über den Kapitalismus zu erreichen begründet. Dies war aber nur ein Vorwand, um das alte System zu zertrümmern. Das die Zerstörung zugelassen wurde, lag vor allem an dem Wahnsinn der Kulturrevolution. Die Menschen sehnten sich nach einem neuen System und wollte ein neues. Das es das jetzige System werden würde, konnten sie nicht ahnen.
Dass das alte „maoistische“ System damit zerstört wurde, ist unstrittig.
Die Frage ist jedoch, ob dieses überhaupt überlebensfähig war?
Strittig ist, ob man Dengxiaoping „Verrat“ vorwerfen kann, wie es insbesondere die stalinistisch-maoistischen Kommunisten machen.
Wäre der Weg des stalinistischen Terrors zur Herstellung einer nachholenden Industrialisierung besser gewesen als der kapitalistische Weg?
Kein ernsthafter Entwicklungstheoretiker wird jedoch die Notwendigkeit dieser Industrialisierung bestreiten. Darum geht es in der Diskussion in diesem Thread.
Die entscheidende Frage ist, ob das derzeitige System nur eine Übergangsphase darstellt und im nächsten Schritt die Weichen wieder in Richtung Sozialismus gestellt werden? Oder ob es in Richtung Kapitalismus so weiter geht?
Aus meiner Sicht kann man diese Frage heute nicht beantworten, sie wird erst durch die weitere Entwicklung beantwortet werden. Vielleicht sieht man in 10 Jahren klarer, wohin der Weg führt.
Bislang ist die Behauptung, in China herrsche der Kapitalismus und der Weg werde weiter in den Kapitalismus führen, eine Position, die vor allem von den Feinden Chinas“ im Westen vertreten wird.
Und dass von Seiten der „westlichen Staatengemeinschaft“ unter Führung der USA ein „Kalter Krieg“ gegen China geführt wird, ist doch unübersehbar, auch wenn es zugleich wirtschaftliche Kooperation gibt.
Die Gier der westlichen Kapitalisten nach Profit ist eben größer als alles andere.
P.S.
Dass sich viele Menschen in China nach einem neuen System sehnen, ist angesichts der herrschenden Zustände völlig plausibel. Das war in allen Industrialisierungsphasen so.
Aber sehnen sie sich nach dem „american way of life“?
Wo wollen sie hin, was ist ihr Modell?
Das ist die entscheidende Frage.
Vielleicht kannst Du dazu aufgrund Deiner China-Erfahrung dazu etwas sagen.
Die entscheidende Frage ist, ob das derzeitige System nur eine Übergangsphase darstellt und im nächsten Schritt die Weichen wieder in Richtung Sozialismus gestellt werden? Oder ob es in Richtung Kapitalismus so weiter geht?
Es gibt eine neue Schicht der Reichen. Freiwillig werden die die neuen Besitztümer nicht wieder herausrücken. Eine Umkehr ist daher friedlich nicht möglich. Auch wenn große Teile der Bevölkerung dies inzwischen wieder wollen.
Die Entwicklung gewinnt eine Eigendynamik. Ich brauche Dir glaube nicht die Sachswänge nach stetig wachsender Profitabiltät in einem kapitalistischen System erklären?
Btw., viele der neuen Reichen kommen aus Familien mit Bezug zur Parteispitze.
Bislang ist die Behauptung, in China herrsche der Kapitalismus und der Weg werde weiter in den Kapitalismus führen, eine Position, die vor allem von den Feinden Chinas“ im Westen vertreten wird.
Warum sollte es nicht erlaubt sein, eine Position zu vertreten, nur weil sie der falschen Seite nützt. Ich bin kein Politiker und beteilige mich daher nicht an den “Grabenkämpfen”. Ich schreibe hier nur, was mir auffällt. (Siehe dazu auch unten meine Frage an Dich.)
Strittig ist, ob man Dengxiaoping „Verrat“ vorwerfen kann, wie es insbesondere die stalinistisch-maoistischen Kommunisten machen.
Ich bin kein Anhänger Mao’s. Der Mann war verrückt. Er hat seine Geliebte im Gefängnis zu Tode foltern lassen und brachte seine Mitstreiter um. Für Mao ging die Revolution stetig weiter, auch als die Revolution bereits gewonnen war. Die letzten Jahre seine Herrschaft waren Terror und Schrecken. In China gibt es den Spruch, man gewinnt ein Land auf (Kriegs-)Pferden, aber man kann es nicht auf ihnen regieren. Unter jungen Menschen sehnt sich kaum jemand nach Mao zurück.
Aber sehnen sie sich nach dem „american way of life“?
Wo wollen sie hin, was ist ihr Modell?
Das ist die entscheidende Frage.
Die Mehrheit der Menschen in China ist apolitisch, so wie bei uns auch. Streben nach materiellen Wohlstand steht im Vordergrund des Handelns.
Die entscheidende Frage für mich ist die öffentliche Meinungsfreiheit. Die ist in den letzten Jahren stetig eingeschränkt wurden und viele Intellektuelle wurden mittlerweile eingesperrt.
Menschen wie Aiweiwei oder Liuxiaobo werden vom kapitalistischen Westen instrumentalisiert. Okay, aber ist dies bereits ein Grund, diese Menschen einzusperren? Wieso fürchted die Regierungspitze den Dialog?
Die kritisierten Misstände treffen aus meiner Sicht zu. Beispielsweise die Korruption sowie die Dofu-Bauten, die dazu führten dass im Erdbeben insbesondere die Schulen mit den Kindern einsürzten. Wer dies öffentlich kritisiert, kommt in den Knast. Kritik ist nur privat erlaubt, also z.B. bei Freunden.
Bei den Dissidenten muss du unterscheiden zwischen “Karrieristen” deren Ziel es ist, mit Hilfe westlichern Medien berühmt zu werden und naiven Menschen die aufgrund ihrer Meinung in irgendetwas hineingeraten sind. Einige handeln aber auch wirklich aus Überzeugung. Die Misstände sind offensichtlich und nicht jedem gelingt es zu schweigen über das, was sichtbar ist. Auch wenn dies politische opportun ist.
Die prominenten chinesischen Bürgerrechtler Ai Weiwei und Hu Jia sind wieder frei. Zahlreiche andere Regimekritiker sitzen in China aber weiter aus politischen Gründen hinter Gittern. Menschenrechtsorganisationen schätzen ihre Zahl auf bis zu 5500.
Aus Focus. http://www.focus.de/politik/deutschland/menschenrechte-hintergrund-chinesische-dissidenten-in-haft_aid_640743.html
Ich hätte gern eine andere Qulle zitiert. Allerdings habe ich keine AI Bericht zur Hand und in den westlichen Medien findet man bis auf in den populistischen Medien (Bild, Spiegel, Focus) kaum Informationen darüber.
Westlicher Politiker weisen zwar vereinzelt auf die Meinungsfreiheit hin, allerdings tun sie es in einer solchen Weise, dass der KP China es bewusst wird, dass dies aus innenpolitischen Gründen geschieht.
Wen meinst Du mit den Feinden Chinas im Westen? Wo sind die?
P.S. Ich bin ersteinmal wieder off-line. Ich werde Deine Antwort aber sorgfältig lesen.
@Guang 5. November 2011 um 18:38
Es gibt eine neue Schicht der Reichen. Freiwillig werden die die neuen Besitztümer nicht wieder herausrücken. Eine Umkehr ist daher friedlich nicht möglich. Auch wenn große Teile der Bevölkerung dies inzwischen wieder wollen.
Die Entwicklung gewinnt eine Eigendynamik. Ich brauche Dir glaube nicht die Sachzwänge nach stetig wachsender Profitabiltät in einem kapitalistischen System erklären?
Btw., viele der neuen Reichen kommen aus Familien mit Bezug zur Parteispitze.
Dass es eine neue Schicht der Reichen gibt, ist offenkundig.
Aber gibt es in China plutokratische Herrschaft?
Verfügen die Reichen über Medienkonzerne, haben sie eigene TV-Sender?
Ist es in China erlaubt, Politiker ganz legal zu bestechen?
Gibt es in China Lobbyisten, die sich in Politiknähe eingenistet haben?
Wer bestimmt die Inhalte der Lehrpläne, der Schulbücher?
Welche Deutungsmuster und Botschaften stehen in den Schulbüchern?
Idealisieren sie – wie hier – eine kapitalistische Gesellschaft?
Welches Menschen- und Gesellschaftsbild wird dort vermittelt?
Auf diese Fragen gilt es – aus der Empirie Chinas – Antwort zu geben.
Ich weiß zu wenig über China, um darüber eine zuverlässige Antwort geben zu können, muss mich daher auf Eindrücke und Annahmen beschränken.
Der „Sachzwang“ nach stetig wachsender Profitabiltät in einem kapitalistischen System ist kein „Naturgesetz“, sondern abhängig von den – politisch gesetzten – Rahmenbedingungen.
Niemand erwartet, dass die Reichen die die neuen Besitztümer Reichen freiwillig wer wieder herausrücken. Dafür gibt es entsprechende Steuer-Gesetze. So kann man die soziale Schere wieder zusammenführen. Warum so das, was in westlichen Welfare-States praktiziert wird, in China nicht möglich sein?
Die entscheidende Frage für mich ist die öffentliche Meinungsfreiheit. Die ist in den letzten Jahren stetig eingeschränkt wurden und viele Intellektuelle wurden mittlerweile eingesperrt.
Die Meinungsfreiheit ist überall in der Welt eingeschränkt worden, auch und besonders in den Staaten, die sich als Demokratie darstellen. Da läuft die Herstellung von Konformität über ökonomische Exklusion, aber es gibt auch Menschen, die wegen Meinungsdelikten im Knast sitzen.
Dies zeigt, dass sich die Welt im Krieg befindet.
Was ist der Neoliberalismus anderes als „Klassenkrieg“?
Im Übrigen war die Phase der Industrialisierung auch im Westen von großer Repression gekennzeichnet. Hier sollte man an China die angemessenen historischen Vergleichsmaßstäbe anlegen.
Wen meinst Du mit den Feinden Chinas im Westen? Wo sind die?
Diese Frage überrascht mich wirklich.
Denn es ist doch offenkundig, dass gegen das kommunistische China seit seiner Existenz ein „Kalter Krieg“ geführt wird, genauso wie gegen die Sowjetunion. China hat sich mit der kommunistischen Revolution aus imperialistischer Ausbeutung befreit. Nur hat sich China – anders als die Sowjetunion – nie auf einen Rüstungswettlauf eingelassen.
Zudem hat das kommunistische China nach meiner Kenntnis nur einen Krieg geführt, den dreiwöchigen Grenzkrieg gegen Vietnam.
Im Vergleich dazu war die BRD war bereits an zwei Angriffkriegen direkt militärisch beteiligt und befindet sich noch im Krieg.
Und dass es das Ziel der verlogenen Menschenrechtskampagne des kapitalistischen Westens gegen China ist, China zu destabilisieren, dürfte Dir doch nicht entgangen sein.
@ceterum censeo.2011
Aber gibt es in China plutokratische Herrschaft?
Verfügen die Reichen über Medienkonzerne, haben sie eigene TV-Sender?
Ist es in China erlaubt, Politiker ganz legal zu bestechen?
Gibt es in China Lobbyisten, die sich in Politiknähe eingenistet haben?
Da es in China keine gewaltreie öffentliche Diskussion hierüber gibt, ist es schwierig diesen Fragen nach zu gehen. Es gibt aber Anhaltspunkte. Im Netz finden sich bisweilen Diskussionen über die Kinder einflussreicher Politiker. Teilweise wird dieses Thema auch unter den Auslandschinesen in Amerika diskutiert. Oder der Strassenfunk der Menschen untereinander. Bestechung und Korruption ist weit verbreitet. Warum sollte die Einflussnahme auch beim staatlichen Fernsehen aufhören? Reiche Unternehmer haben oft über ihre Familien Bezug zur Regierung. Als General würdest Du z.B. über Deine Tante ein Hotel gründen lassen, in welche die Delegationen der Armee offiziell beherbergt werden. Oder als Kultusminister könntest Du über einen Freund eine Firma gründen über welche Infrastruktur-Projekte abgewickelt werden. Über den Immobiliensektor werden Vermögen unter Keyplayern verteilt. All das gibt es bei uns auch. Aber aufgrund der zentralen Gewalt ist es nach meinem Eindruck in China einfacher diese Fälle unter dem Teppich zu kehren. Die Einflussnahme der Plutokraten ist daher mindestens so groß wie bei uns. Die Einflussnahme funktioniert nur anders. Nämlich über Familien.
Wer bestimmt die Inhalte der Lehrpläne, der Schulbücher?
Welche Deutungsmuster und Botschaften stehen in den Schulbüchern?
Btw., Schulbücher wurden ehemals kostenfrei zur Verfügung gestellt. Inzwischen müssen die Eltern die Bücher kaufen (zumindest in Peking).
Idealisieren sie – wie hier – eine kapitalistische Gesellschaft?
Welches Menschen- und Gesellschaftsbild wird dort vermittelt?
Ja, das ist die Schizophronie dabei. :-)
Das offizielle Weltbild hat sich in dieser Zeit nicht viel geändert. Es werden offiziell die alten Inhalte vermittelt. Im Fernsehen laufen kommunistische Filme mit den alten Helden….so what?
Als einmal ein Dissident verhaftet wurde, hat er später in einem Interview ausländischen Reportern geschildert, er sei sich vorgekommen, wie ein kommunistischer Untergrundkämpfer in einem der alten Filme, wo die Kuomindang die Bösen und die Kommunisten die Guten sind. Sie seien gekommen und hätten ihn abholt, so wie er es vormals in den kommunistischen Filmen gesehen hätte als die Kommunisten von den Kuomindang abgeholt worden wären.
Die Verhältnisse haben sich gedreht. Die politisch denkenenden Menschen werden zensiert. Opportunisten haben die Machstruktuen unterwandert. Das offizielle Weltbild ist nur ein Lippenbekenntnis, das niemand für ernst nimmt.
Denn es ist doch offenkundig, dass gegen das kommunistische China seit seiner Existenz ein „Kalter Krieg“ geführt wird, genauso wie gegen die Sowjetunion.
Vor 20 Jahren vielleicht noch.
BBC hatte ehemals eine gute Podcast-Sendung, die nach dem letzten Besuch des Premiers abgeschaltet wurde. DW und VOA leisten sich noch einen kritischen Sender. Hetzparole würde ich dies aber nicht nennen, da dort renommierte chinesische Intellektuelle zu Wort kommen, die in China offiziell gemieden werden.
Das Problem ist doch, dass die westlichen Kapitalisten Druck auf ihre Regierungen ausüben, jegliche Kritik unterbleiben an China unterlassen zu lassen und daß die westlichen Regierungen diesen Druck bereitwillig nachgeben. Widerstände gibt es in unserem System bei dem konservativen Mittelbau. Dieser Widerstand ergibt sich aus der Sache. Z.B. dann, wenn ein Funktionsträger vom auswärtigen Amt aufgefordert wirt, bestimmte Intelektuelle nicht zu einer Buchmesse einzuladen. Der politische Druck wird von oben auf die Funktionsträger ausgeübt und diese wehren sich, sei es aus politischer Naivität oder aus einem weltfremden Demokratieverständnis (“Wir leben doch in einem Rechtstaat….”) gegen das, was sie als ungerecht empfinden. Ähnliche Diskussionen kannst Du in der FAZ zum Thema Demokratie finden. Dumm wer glaubt, was auf der Verpackung darauf steht, muss auch der Inhalt sein.
@Guang 7. November 2011 um 18:59
Was sind die Schlussfolgerungen aus Deiner Position?
Die KP China und damit die chinesische Regierung werden von korrupten Familien beherrscht, im Grunde handelt es sich um die Diktatur einer Plutokratie, um einen Scheinsozialismus.
Die Massen werden betrogen und ausgebeutet, es profitiert nur eine kleine Schicht – eine neue Klasse, eine Mafia aus Funktionären und Kapitalisten.
Jenes in der Erziehung vermittelte Menschen- und Gesellschaftsbild stehen in völligem Widerspruch zur Realität in der chinesischen Gesellschaft.
Die Idee des Sozialismus wurde von der KP China völlig verraten, es gibt keine Entwicklung in Richtung Sozialismus – alles Lüge und Betrug.
Daraus resultiert die Prognose: Es geht weiter in Richtung Kapitalismus, die soziale Ungleichheit nimmt zu und bald gib es auch in China die Bilder wie in der kapitalistischen Welt: zunehmende Armut und Elend sowie Verslumung verbunden mit einer Zunahme staatlicher Kontrolle und Repression.
Meine China-Bild ist anders. Es ist im Thread nachzulesen.
Dass es in China Korruption und „Vetternwirtschaft“ gibt, ist unvermeidbar, denn es gehört zu Normalität aller Gesellschaften.
Plutokratische Herrschaft ist aber etwas anderes, als einem Familienmitglied über „Beziehungen“ einen Posten in einem staatlichen Unternehmen zu verschaffen oder Familienangehörige mit staatlichen Aufträgen zu begünstigen.
Die KPChina hat ca. 80 Mio. Mitglieder, davon wahrscheinlich – wie früher im Ostblock – 90% Opportunisten, die primär um ihres persönlichen Vorteils in der Partei sind.
Auch dies ist Normalität.
Was den Zugang zur Bildung betrifft, so steht er nach meiner Information weitgehend allen Kindern offen. Da ich auch Schweizer Fernsehen empfange, sehe ich ganz andere Berichte über China als im deutschen Staatsfernsehen.
Deine kritischen Hinweise von Dir als China-Kenner finde ich wichtig.
Ich sehe dies alles viel distanzierter, aus einer historischen und soziologischen Perspektive.
China ist für mich eine fremde Kultur. Ich respektiere diese Kultur und habe Hochachtung vor ihren Leistungen. Aber ich bin ein Kind einer anderen Kultur, einer europäischen Kultur der Aufklärung und der bürgerlichen Revolution. Für mich sind individuelle Freiheitsrechte unverzichtbar.
In diesem Punkt stimmen wir sicherlich überein. Ich freue mich, von Dir zu lesen. Und grüsse Dich herzlich.
Die Massen werden betrogen und ausgebeutet, es profitiert nur eine kleine Schicht – eine neue Klasse, eine Mafia aus Funktionären und Kapitalisten.
Meine subjektive Schätzung ist, dass 70% der Menschen materiell vom System profitieren, 25% gehören zu den Verlieren. Weniger als 5% gehören zur neuen Spitze.
Die Unterschiede zwischen arm und reich sind grösser geworden. Der soziale Zusammenhalt ist schwächer. Es fehlt ein gemeinsamer Traum. Der Zusammenhalt der Kommunen beispielsweise ist durch eine Wettbewerbsgesellschaft ersetzt worden. Statt über Politik zu diskutieren, sorgen die Studenten sich um ihre Karriere. Statt über die Entwicklung des Landes zu diskutieren (Tiananmen 1989), werden über die richtige Bewerbung in einem ausländischen Unternehmen diskutiert. Der allgemeine Zugang zur Bildung und zum Gesundheitswesen wurde über den Preismechanismus eingeschränkt. Gleichzeitig wird für wenige Menschen neue verbesserte Gesundheitsinstitute und Bildungseinrichtungen geschaffen, die auf internationalen Niveau mithalten können. Nur leider können sich die nur sehr wenige Menschen leisten.
Letztendlich verlieren möglicherweise alle Menschen in einer solchen Gesellschaft, weil Kriege, Umweltkatastrophen etc. vor den Klassenunterschieden nicht halt macht.
Was wären die Alternativen gewesen? Die Kommunisten standen damals vor der Herausforderung die Macht zu halten. Bedingt durch die Schrecken der Kulturrevolution gab es eine sehr hohe Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Gleichzeitig gab es hohe Erwartungen der Bevölkerung, dass die Partei den Schrecken beendete und das Land in eine neue Zukunft führte.
Dengxiaoping hat die geschichtliche Chance genutzt sein Land an die Kapitalisten zu verkaufen.
Das ist ihm gelungen. China hat eine Entwicklung aus eigener Kraft hingelegt, die niemand im Westen für möglich gehalten hätte.
Der Preis hierfür jedoch ist hoch.
Die Regierung hat das Vertrauen an eine offene und gerechte Gesellschaft verspielt.
Die Studenten von 1989 die blutig auf ihrer friedlichen Versammlung zusammengeschlagen wurden, waren doch keine Verbrecher.
Den Studenten ging es um die Zukunft China’s.
Es ging ihnen um das Gemeinwohl ihres Landes.
Diesen Zusammenhalt zwischen den Menschen, so wie er in den 80er Jahren bestand, den gibt es heute nicht mehr.
Die Intellektuellen ziehen sich zurück. Die Opportunisten steigen in der Gesellschaft auf.
Es wäre aber falsch zu behaupten, dass die Masse betrogen wird, da sie, ähnlich wie auch bei uns, schweigend oder tolerierend im System mitmacht. Die Masse ist Opfer und Täter zugleich. Die Verlierer sind diejenigen, die in der Wettbewerbsgesellschaft herausfallen ohne hierfür entschädigt zu werden.
Ansonsten hast Du oben in Deinem Kommentar meine Positionen korrekt wiedergegeben. Ich sehe es tatsächlich so.
Btw., ich habe kein Fernsehen und weiß daher nicht, welche Themen zurzeit in Deutschland aktuell sind. Auch kenne ich nicht das offizielle Chinabild des deutschen Staatsfernsehens.
Gelegentlich sehe ich im Internet das chinesische Staatsfernsehen. :-)
Letzter Punkt dazu. Ich will das chinesiche System nicht verteufeln. Es ist in einigen Punkten anders als das unserige System. Letztendlich kann ich aber weder im chinesichen System noch in dem unserigen System irgendwelche Merkmale ausmachen, die das eine System über das andere stellten. Auf meiner Bewertungsskala schneiden beide Systeme sehr schlecht ab.
Viele herzliche Grüsse zurück. :-)
P.S. Bin jezt erstmal eine zeitlang off-line.
@Guang 8. November 2011 um 20:00
Letzter Punkt dazu. Ich will das chinesische System nicht verteufeln. Es ist in einigen Punkten anders als das unserige System. Letztendlich kann ich aber weder im chinesischen System noch in dem unserigen System irgendwelche Merkmale ausmachen, die das eine System über das andere stellten. Auf meiner Bewertungsskala schneiden beide Systeme sehr schlecht ab.
Wenn man das chinesische System mit dem westlich-kapitalistischen vergleicht, dann ist es immer eine Frage der Perspektive und des Bewertungsmaßstabes.
Für mich hat sich nie die Frage gestellt, in China zu leben oder gar nach China auszuwandern. China ist eine andere, eine autoritäre und hierarchische Kultur, und für mich hat individuelle Freiheit einen hohen Stellenwert.
Daher kommt für mich auch nur ein freiheitlicher Sozialismus in Frage, ein Sozialismus, der die liberale Tradition der bürgerlichen Revolution weiterentwickelt. Insofern sah ich den Maoismus als Ausdruck historischer Rückständigkeit an, so wie auch das jetzige China von nachholender Industrialisierung gekennzeichnet ist.
Wenn man aus historischer Perspektive den westlichen Kapitalismus und den „chinesischen Kapitalismus“ betrachtet, so sehen wir in China einen „Frühkapitalismus“ und im Westen einen „Spätkapitalismus“.
Der große historische Vorteil Chinas ist, dass es sieht, wohin der kapitalistische Weg führt, nämlich in die kulturelle Selbstzerstörung der westlichen Gesellschaften.
Im Westen hingegen ist der Kapitalismus nicht mehr zu zähmen, der Selbstzerstörungsprozess schreitet unaufhaltsam voran. Es ist Wahnsinn mit Methode.
Kapitalismus ist nicht nur ein Wirtschaftssystem, das ist ein Vergesellschaftungsmodus, also auch eine „Philosophie“ und eine Kultur, die das Fühlen, Denken und Handeln der Menschen bestimmt. Heraus kommt ein kapitalistischer Mensch, ein entfremdetes, verdinglichtes, vom Geld- und Waren-Fetischismus beherrschtes Wesen.
Ein egoistischer und egozentrischer Mensch, der weder willens noch in der Lage ist, sich im Sinne eines gelingenden Ganzen zu verhalten. Diese Egozentriker erleben sich nicht mehr als Teil von menschlicher Gemeinschaft, im Gegenteil, Gesellschaft, das sind die anderen, die Konkurrenten, die Feinde – jene, die man niederkonkurrieren muss, bekämpfen muss …
Diese spätkapitalistischen Menschen sind in ihrem System gefangen, weil ihr Gehirn entsprechend programmiert ist und sie auch nicht mehr psychisch in einen moralischen Konflikt mit dem System geraten.
Das System ist ihnen zur „Zweiten Natur“ geworden. Und wenn es ihnen emotional nicht gut geht, dann nehmen die Menschen Psycho-Drogen, Alkohol und Medikamente.
In der weltweiten 68-er-Bewegung gab es letztmalig Protest und Opposition gegen die „Kultur des Kapitalismus“. Diese „68-er“ – zu denen ich gehöre – erlebten das kapitalistische System als gegen ihre menschliche Natur als Gemeinschaftswesen gerichtet, sie wollte eine Welt mit „love and peace“.
Aber diese Bewegung wurde gebrochen und ist untergegangen. Der Großteil der 68-er-Aktivisten wurde zu jenen Menschen, gegen die sie vorher kämpften und die sie nie sein wollten.
Die Erfahrungen aus dieser Zeit und der Zeit danach zeigten, dass der kapitalistische Westen ist unfähig geworden ist, sich von innen heraus zu revolutionieren, er befindet sich in einem auto-destruktiven Prozess. Da gibt es eine Kontinuität vom 11.9.1973 über den 11.9.2001 bis heute.
Gäbe es nur den kapitalistischen Westen, so hätte die Menschheit keine Zukunft mehr, sie würde sich selbst zerstören.
Der kapitalistische Westen hat die Alternative zwischen Sozialismus oder Barbarei nicht mehr. Der ist in der Barbarei gelandet und kommt aus eigener Kraft dort nicht mehr heraus.
China hingegen – so meine Annahme – besitzt noch Alternative, einen Weg zum Sozialismus einzuschlagen.
Beste Grüße!
Vollkommene Zustimmung. Bis auf den letzten Satz:
China hingegen – so meine Annahme – besitzt noch Alternative, einen Weg zum Sozialismus einzuschlagen.
Der kapitalistische Prozess ist aus meiner Sicht nicht zu stoppen.
Ich unterscheide den Kapitalismus auch nicht in Phasen.
Einerseits ist der Kapitalismus in China jung, die Reformen wurden erst vor wenigen Jahren eingeführt. Andererseits hat der chinesische Kapitalismus den des Westens bereits in einigen Bereichen überholt. Wir werden es in den nächsten Jahren erleben, dass der Westen – Europa – in einigen Aspekten mit der Entwicklung China’s hinterher hinken wird und dass wir – um in der Sprache der Kapitalisten – konkurrenzfähig zu bleiben – Reformen durchführen werden müssen, die unser System dem des chinesischen angleichen wird.
Die neuen Technolgien machen es möglich nationale Industrien und gloabale Firmen über den Globus hinweg zu vernetzen. Dabei loten die Kapitalisten die jeweiligen regionalen Standortvorteile aus und beziehen dies in ihre internationale Strategie mit ein. Ähnlich wie auch in einen Pkw oder in einem Computer Bausteine aus verschiedenen Ländern zusammengesetzt werden, zu erstrechken sich ganze Produktionslinien und Firmen über die Landesgrenzen hinweg.
Die Politik nimmt in dieser Welt nur noch die Rolle eines Erfüllungsgehilfen ein, dessen Aufgabe es ist, Hindernisse der freien Marktentfaltung auszuräumen. So wir Verkehrspolizisten die Aufgabe haben, den Verkehrsfluss freizu halten. Politik ist reduziert auf Problemlösung der Wirtschaftsentwicklung. Dazu gehört beispielsweise Patentrechtsfragen, Internet,….
Ob wir in deser Entwicklung am Anfang oder am Ende stehen läßt sich nicht prognostizieren. Trotz all der chaotischen Zustände an den Finanzmärkten könnte dies erst der Anfang einer weiteren langen und stabilen Phase eines neuen Kapitalismus sein. Wir würden dann von einem neuen Spätkapitalismus sprechen. Es könnte doch aber auch sein, dass dieser neue Spätkapitalismus in seinen Strukturen sehr dem englischen Frühkapitalismus gliche. Zumindest habe ich teilweise diesen Eindruck, wenn ich die Flaschensammler im Bahnhof sehe oder Berichte über die Strassenbande in den Zeitungen lese. (Ich selber traue mich nicht mehr in die Problemgebiete meiner Stadt, ich habe dort aber auch nichts zu suchen.)
Die Entwicklung des Kapitalismus kann mit dem Problem der Optimierung einer quadratischen Gleichung verglichen werden. Es gibt kein mathematisches Verfahren das Optimum exakt zu bestimmen. Alle Verfahren sind nur Näherungsermittlungen. Sobald ein neues Optimum gefunden ist, ist das alte wiederlegt. Auf unserem Zeitstrahl erleben wir düstere und helle Phasen einer gesellschaftlichen Entwicklung. Die Kontrolle hierüber zum Wolle eines Gemeinwohl liegt nicht beim Menschen, sondern ist als restriktive Größe durch unsere Umwelt und deren Resourcen gegeben.
Daher kommt für mich auch nur ein freiheitlicher Sozialismus in Frage, ein Sozialismus, der die liberale Tradition der bürgerlichen Revolution weiterentwickelt.
Bürgerliche Revolution?
Das hat mich überrascht. Aus meiner Erfahrung richten sich bürgerliche Interessen weitgehendst an den Eigeninteressen. Die bürgerliche Revolution war immer nur eine Zweckgemeinschaft ohne nachhaltig geistiges Fundament.
P.S.
Off-topic
Interessenvertretung und Vernetzung für Selbstständige und freie Mitarbeiter/innen
http://freie.verdi.de/
Unglaublich, aber hinter dem Link oben verbirgt sich eine Gewerkschaft. Wenn man dies nicht weiß, könnte man den Eindruck haben es handle sich um eine Arbeitgebervereinigung zur Förderung des Kapitalismus.
@Guang 9. November 2011 um 18:33
Meine Annahme:
China hingegen – so meine Annahme – besitzt noch Alternative, einen Weg zum Sozialismus einzuschlagen.
Deine Einschätzung:
Der kapitalistische Prozess ist aus meiner Sicht nicht zu stoppen.
Eine interessante Kontroverse:
Du bist der China-Kenner, hast dort lange gelebt und dorthin Kontakte.
Ich hingegen argumentiere primär auf Basis von Medieninformationen sowie theoretischer Einschätzung.
In ein paar Jahren, spätestens in 10 Jahren, werden wir Klarheit darüber haben, wie der weitere Weg Chinas verlaufen ist.
Im nächsten Frühjahr werde ich eine kurze China-Reise machen und bin gespannt auf die Eindrücke dort.
Wir werden es in den nächsten Jahren erleben, dass der Westen – Europa – in einigen Aspekten mit der Entwicklung China’s hinterher hinken wird und dass wir – um in der Sprache der Kapitalisten – konkurrenzfähig zu bleiben – Reformen durchführen werden müssen, die unser System dem des chinesischen angleichen wird.
Ja, das war von vornherein das Ziel, auch ohne China: Überwendung der sozialstaatlichen Ära, soziale Spaltung wie im Manchesterkapitalismus bzw. wie in der Dritten Welt.
Die neuen Technologien machen es möglich nationale Industrien und globale Firmen über den Globus hinweg zu vernetzen. Dabei loten die Kapitalisten die jeweiligen regionalen Standortvorteile aus und beziehen dies in ihre internationale Strategie mit ein. Ähnlich wie auch in einen Pkw oder in einem Computer Bausteine aus verschiedenen Ländern zusammengesetzt werden, zu erstrecken sich ganze Produktionslinien und Firmen über die Landesgrenzen hinweg.
Zunehmend werden Roboter – auch in China – hierbei eingesetzt. Lohnkosten spielen eine untergeordnete Rolle.
Ob wir in dieser Entwicklung am Anfang oder am Ende stehen läßt sich nicht prognostizieren. Trotz all der chaotischen Zustände an den Finanzmärkten könnte dies erst der Anfang einer weiteren langen und stabilen Phase eines neuen Kapitalismus sein. Wir würden dann von einem neuen Spätkapitalismus sprechen. Es könnte doch aber auch sein, dass dieser neue Spätkapitalismus in seinen Strukturen sehr dem englischen Frühkapitalismus gliche.
Nein, der Kapitalismus ist definitiv am Ende. Wenn die menschliche Arbeit aus der Produktion verschwindet, dann ist keine Ausbeutung der Lohnarbeit mehr möglich und damit auch keine Mehrwertaneignung.
Danach kann sich vielleicht e eine gewisse Zeit eine neo-feudale, plutokratische Verbrecherherrschaft halten, so ein neuer Typ von Faschismus. Das ist aber kein „echter“ Kapitalismus im Sinne eines Produktionskapitalismus, sondern primär nur noch Betrugs- und Raubökonomie.
Auf unserem Zeitstrahl erleben wir düstere und helle Phasen einer gesellschaftlichen Entwicklung. Die Kontrolle hierüber zum Wolle eines Gemeinwohls liegt nicht beim Menschen, sondern ist als restriktive Größe durch unsere Umwelt und deren Resourcen gegeben.
Zunächst werden wir hier im kapitalistischen Westen düstere Zeiten erleben, wo es für die Masser der Bevölkerung immer weiter abwärts geht.
In Asien, Brasilen, Russland etc, wird es weiter aufwärts gehen:
“More than 10 years ago, before 9/11, Goldman Sachs was predicting that the BRIC countries (Brazil, Russia, India, China) would make the world economy’s top ten — but not until 2040. Skip a decade and the Chinese economy already has the number two spot all to itself, Brazil is number seven, India 10, and even Russia is creeping closer. In purchasing power parity, or PPP, things look even better. There, China is in second place, India is now fourth, Russia sixth, and Brazil seventh.” (Pepe Escobar: The collapse of neoliberal capitalism)
Vgl.
http://www.therichest.org/world/worlds-largest-economies/
Wenn diese Länder in nicht allzu ferner Zeit die USA und Europa an allgemeinem Wohlstand überholen, so wird dies nicht ohne politische Folgen bleiben.
Aus meiner Erfahrung richten sich bürgerliche Interessen weitgehendst an den Eigeninteressen. Die bürgerliche Revolution war immer nur eine Zweckgemeinschaft ohne nachhaltig geistiges Fundament.
Das ist der Wirtschaftsbürger, der Bourgeois.
Daneben gibt es aber auch die Staats- und Kulturbürger, die Citoyens, die Vertreter des bürgerlichen Humanismus und der Emanzipation. Kant, Rousseau, Goethe, Schiller, Humboldt …, um nur einige zu nennen.
@ceterum censeo.2011
Ich bin kein China-Kenner, wie Du oben schreibst. Ich kenne ja noch nicht einmal mein eigenes Land.
Ich stimme mit Dir aber darin über ein, was Du oben über die Menschen schreibst, die über China schreiben ohne dieses Land zu kennen.
Dies ist mein dritter Versuch Dir zu antworten. Meine vorherigen Versuche wurden gelöscht. Jetzt versuche ich es mit geänderten Nick und anderer e-Mail-Adresse. Ich habe aber keine Lust, alles noch einmal zu schreiben. Daher nur soviel: Ich wünsche Dir viel Spaß in China! Gute Reise und einen interessanten Aufenthalt. Vergiß nicht auch abseits der neuen Shopping-Hallen nach dem alten China Ausschau zu halten.
Deng Xiaoping
Der Mann, der 500 Millionen Arme rettete
Aus: FAZ Online
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/deng-xiaoping-der-mann-der-500-millionen-arme-rettete-11534172.html
http://www.celebritynetworth.com/articles/entertainment-articles/the-10-largest-economies-in-the-world/