Für Noam Chomsky sind die großen Verlagshäuser ideologische Institutionen und damit vor allem Instrumente der Meinungsmache.
Von Sebastian Müller
Wer mehr als oberflächliche Kritik an der bestehenden Ordnung fordert, kann sie nicht von den bestehenden ideologischen Institutionen erwarten. Das ist das ernüchternde, aber keineswegs überraschende Fazit, das kein geringerer als der Linguist und Medienanalyst Noam Chomsky in seinen Arbeiten zieht.[1]
Nicht nur, dass den Medien der Vorwurf einer fehlenden kritischen Distanz gegenüber den herrschenden Machtstrukturen immer wieder vorgehalten würde. Mehr noch, seit etwa der Jahrtausendwende wird der Presse auch allmählich der Status als Vierte Gewalt aberkannt. Diese Kritik kommt aber natürlich nicht von den etablierten Medien selbst.
Doch was soll man eben von jener Institution erwarten, die zunehmend vom kritischen Wächter der Demokratie zu einem Sprachrohr einer ökonomischen Elite wird? Die großen Verlage und Sender sind Kapitalgesellschaften, die sich in immer größeren Kartellen konzentrieren. Eine Medienstruktur, die internen kommerziellen Interessen unterliegt, neigt zweifellos eher dazu, Meinungsmache für eben solche Interessen zu liefern.
Reflexionen über Demokratie und Medien
Die Massenmedien sind – aufgrund ihrer ökonomischen Strukturen und Abhängigkeiten – nur Teil eines Systems, das handfeste wirtschaftliche und damit auch politische Interessen verfolgt. Sie repräsentieren einen wirtschaftlich-journalistischen Elitenkonsens. Dieser Konsens beruht darauf, die öffentliche Legitimität einer elitären Führungsschicht aufrecht zu erhalten. Dazu gehört die Stützung einer liberalen Hegemonie, die nach Chomsky auf einem Demokratieverständnis fußt, in dem die Bevölkerung von der Regelung ihrer Angelegenheit ausgeschlossen und der Zugang zu den Informationsmitteln streng begrenzt und kontrolliert wird.[2]
Die Herstellung dieses liberalen Elitenkonsenses wird durch Manipulation mit Hilfe von Public-Relations gewährleistet. Themen werden über die öffentlichen Medien lanciert oder aber vermieden. PR-Agenturen machen die Interessen ihrer Kunden, also von Interessensverbänden oder Politikern publik, indem sie sie auf die Agenda der Berichterstattung setzen, und dort möglichst lange zu halten versuchen. Damit werden Themen gesteuert. Oft ist dabei nicht mehr zu erkennen, was PR ist und was nicht.
Asymmetrie der öffentlichen Kommunikation
Die Themenwahl wird in der Medienlandschaft von den wenigen großen Leitmedien, bzw. den Elitemedien bestimmt. Diese trendbestimmenden Medien verfügen über die größten Mittel und Ressourcen, um den thematischen Rahmen abzustecken, in dem die restlichen Medien der Peripherie operieren.[3] Zeitungen, die von diesem regulierten und kontrollierten System der Berichterstattung abweichen, und Berichte publizieren, die den Unwillen der großen Medienhäuser erregen, haben mit einer gewissen Form der Sanktionierung zu rechnen.
Es gibt eine Menge von Machtmechanismen, durch die jemand, der aus der Reihe tanzt, wieder auf Linie gebracht werden kann. Wenn man versucht, das Regelwerk des Systems zu sprengen, wird man sich nicht lange darin halten können. All das funktioniert recht gut, und es ist nicht schwer zu erkennen, dass sich darin lediglich ganz offenkundige Machtverhältnisse äußern.[4]
Es lässt sich in diesem Zusammenhang auf einen besonders dramatischen Vorfall hinweisen, der sich 1997 bei den San Jose Mercury News abspielte. Gary Webb, ein renommierter Investigativjournalist der Mercury News – unter anderem Gewinner des Pulitzer-Preises – veröffentlichte 1996 seine Artikelserie „Dark Alliances“, in der er Verbindungen der CIA zum organisierten Drogenhandel beschrieb. Die Serie traf auf große Resonanz, die Internetseite der Zeitung verzeichnete in der Hochphase 1,3 Millionen Besucher pro Tag. Die Enthüllungen lösten einen Aufruhr in der Black Community aus, da vor allem die Afro-Amerikaner Opfer der durch den Zustrom von billigem Kokain nach Kalifornien ausgelösten Crack-Welle der 1980er Jahre waren.
Auf dem Höhepunkt des Aufruhrs sah sich der damalige CIA-Chef John Deutch bei einer öffentlichen Veranstaltung in Los Angeles einer aufgebrachten Menge gegenüber, die er nur durch das Versprechen einer offiziellen Untersuchung besänftigen konnte.
Infolge der scharfen Kritik großer US-Zeitungen (vor allem der New York Times, Washington Post und Los Angeles Times) an der umfangreich dokumentierten Artikelserie verlor Webb im darauf folgenden Jahr seinen Job. Obwohl die von Webb dargelegten Tatsachen und Zusammenhänge nie im Detail widerlegt wurden, gab sein Chefredakteur unter dem Druck der etablierten Medien schließlich nach und entschuldigte sich für die Artikel. Webb konnte daraufhin beruflich nie wieder Fuß fassen. 2004 wurde er tot aufgefunden, die Todesursache waren zwei Kopfschüsse. Die Behörden deklarierten den Tod als Suizid.
Sanktionen, oder Interventionen der Leitmedien, wenn auch in einem weit weniger drastischen Ausmaß, sind ebenso in der deutschen Medienlandschaft zu beobachten. Auch der auf le bohémien thematisierte Fall Lötzsch ist ein Beispiel dafür. Der Artikel, den die Bundesvorsitzende der Linken in der Jungen Welt veröffentlichte, brachte nicht nur Lötzsch selbst massive Kritik ein, sondern auch der Zeitung. Die Junge Welt, die zuvor in den Mainstreammedien kaum Beachtung erfuhr, wurde plötzlich allenthalben desavouiert. Die Süddeutsche Zeitung bezeichnete das Blatt in diesem Kontext zum Beispiel als linksradikal.
Die nach marktwirtschaftlichen Prinzipien organisierten Elitemedien sind also die Institutionen, die die Tagesordnung der Peripherie der Zeitungslandschaft festlegen. Darüber hinaus haben die meisten von ihnen enge Verbindungen zu weit größeren Konzernen oder gehören direkt zu ihnen. Damit mischen sie ganz oben in der Machtstruktur der Privatwirtschaft mit.[5] Medien weisen also die gleichen institutionellen Strukturen auf, wie andere Unternehmen auch. „Die Institutionen, mit denen die Medien im Rahmen ihrer Aktivität zu tun haben und mit denen sie in Verbindung stehen, sind ihrerseits bedeutende Zentren gesellschaftlicher Macht – die Regierung, die Großunternehmen oder auch die Universitäten.”[6]
Die nahe liegende Schlussfolgerung, die daraus zu ziehen ist, ist die Befangenheit der Medienakteure. Das Medienprodukt, das heißt die Auswahl dessen, was in den Medien publiziert wird und wie es publiziert wird, spiegelt „die Interessen der Käufer und der Verkäufer des Produkts sowie der Institutionen und Machtzentren, unter deren Einfluss sie stehen“[7] wider.
Diese Strukturanalyse kann nicht nur als Erklärungsmuster für die Reaktion der großen amerikanischen Zeitungen im Fall Gary Webb herangezogen werden, sondern lässt sich auch auf die europäische bzw. deutsche Medienlandschaft übertragen. Das Mediensystem ist ein Kind der existierenden Machtstrukturen, es leitet – wie das Wort Leitmedium schon suggeriert – die öffentliche Meinungsbildung und den öffentlichen Diskurs im abgesteckten Rahmen der sozioökonomischen Ordnung und ihrer Interessen.
Die Sprache der Manipulation
Unter den beschriebenen strukturellen Bedingungen wird Information zunehmend durch Meinungsmache (ein Begriff, den Albrecht Müller für den deutschen Sprachraum prägte) abgelöst. Der Begriff impliziert die gezielte Konstituierung einer bestimmten „Wirklichkeit“. Entscheidend für das Gelingen dieses Vorhabens ist die Wahl der richtigen Begrifflichkeiten; Manipulation geschieht über Sprache – oft in Kombination mit Bildern. Manipulationen durch Sprache und der Sprache bestimmen zuletzt auch das politische Handeln im Sinne der Medienakteure.
Politisches Handeln wird durch (mit) Sprache entworfen, vorbereitet, ausgelöst, von Sprache begleitet, beeinflusst, gesteuert, geregelt, durch Sprache beschrieben, erläutert, motiviert, gerechtfertigt, verantwortet, kontrolliert, kritisiert, be- und verurteilt.[8]
Der Linguist Naser A. Shrouf verweist folgerichtig darauf, dass eine wesentliche Eigenschaft der Sprache insgesamt sei, „eine gegebene gesellschaftliche Ordnung zu stärken wie auch zu verändern.”[9] In diesem Sinne können Sprache und Begriffe instrumentalisiert werden, also in dem man Wörtern (bewusst) eine bestimmte realitätskonstituierende Bedeutung unterstellt (möglicherweise hatte das Wort ursprünglich eine gänzlich andere Bedeutung) um damit den Diskurs und öffentlichen Meinungsbildungsprozess zu steuern.
Sprache ist nicht nur ein Mittel gesellschaftlicher Kommunikation, sondern auch ein Mittel gesellschaftlicher Kontrolle. Sie hat die Funktion, das Denken und das politische Verhalten zu erzeugen, zu stärken oder zu festigen, sie aber in die von den Machthabern gewollte Richtung zu lenken.[10]
Gerade in liberaldemokratisch konstituierten Gesellschaften bemüht sich die politische und ökonomische Elite systematisch darum, Einfluss auf Verbreitung von Sprache und auf die Entwicklung ihrer politischen Terminologie zu nehmen.[11] Um Sprache und Begriffe als politisches Werkzeug zu optimieren, werden so genannte Schlüsselbegriffe verwendet, die entweder eine positive oder negative Assoziation beim Rezipienten wecken soll.
Eine Analyse des öffentlichen Medien- und Fachdiskures über demokratische Grundwerte, etwa Freiheit, soziale Gleichheit oder Gerechtigkeit zeigt, wie diese Begriffe im letzten Jahrzehnt modifiziert wurden; Von der Bedarfs- zur „Leistungsgerechtigkeit“, der Verteilungs- zur „Beteiligungsgerechtigkeit“ und der sozialen zur „Generationengerechtigkeit“. Zudem werden soziale Gleichheit und Gerechtigkeit insofern diskreditiert, indem die Freiheit stärker im Sinne von „Privatinitiative“, „Eigenverantwortung“ bzw. „Selbstvorsorge“ interpretiert wird. Das verdeutlicht, dass sich „Sprachpolitik“ auch ohne weiteres als Propaganda beschreiben lässt:
Propaganda arbeitet über und mit Sprache und Bildern. Diese werden von ihr dahingehend manipuliert, dass im Rezeptionsprozess neue Verknüpfungen zwischen vorhandenen positiven oder negativen Einstellungen und bestimmten Sachverhalten hergestellt werden.[12]
Nahe liegend ist, dass eine solche Steuerung/Manipulation – wenn sie Einfluss auf die gesellschaftliche Ordnung haben will – nur über die Massenmedien erfolgen kann. Politik, und damit Sprache in der Politik wird durch Massenmedialität bedingt und bedient sich massenmedialer Vermittlung – wie zum Beispiel durch politische Talkshows. Dabei strebt die Propaganda einen Alleinstellungsanspruch an. Denn Propaganda – oder in anderen Worten PR – will einen offenen Diskurs, wie er in offenen demokratischen Gesellschaften normativ vorherrschen soll, vermeiden.
Institutionen der Macht
Um sicherzustellen, dass sich gesellschaftspolitische Fragen oder auch Themen innerhalb des liberal-demokratischen Ordnungsrahmens befinden, oder in diesem bleiben, wird von den Medien letztendlich „Macht“ ausgeübt. Macht wird in diesem Fall als die „Fähigkeit oder Möglichkeit, auf das Verhalten oder Denken des anderen Einfluß auszuüben“[13] verstanden. Man kann also von einerDominanz des liberal-demokratischen Gesellschaftsentwurfes sprechen, dessen Organe und Profiteure Strukturzwänge herstellen, und diese für die eigenen Interessen instrumentalisieren.
Ähnlich wie bei Talkshows wird die Ausgrenzung von „ordnungswidrigen“ Äußerungen oder Standpunkten durch Bildung von Teams bzw. Koalitionen[14] – in diesem Fall von sich ergänzenden oder aufeinander verweisenden Nachrichten, Berichten, Kommentaren oder Kolumnen – ermöglicht. Die Redakteure der Zeitungen und Magazine agieren dabei wie verbündete Gesprächspartner, die sich die Bälle zuspielen. Diese geschilderten Strukturzwänge führen uns zu dem oben angerissenen Propagandabegriff zurück.
Wenn man einschlägige Beispiele der medialen Berichterstattung, wie die „Kommunismus-“ oder die angedeutete Sozialstaatsdebatte heranzieht, dann lässt sich ohne weiteres die These aufstellen, dass auch formal offene, mit vordergründiger Meinungsvielfalt gesegnete Gesellschaften durchaus zentrale propagandistische Elemente in sich tragen. Hier ist erstens auf den Ansatz der Propaganda als Normalmodus gesellschaftlicher Kommunikation zu verweisen. Dieser Ansatz vertritt die These,
dass Propaganda in einer maßgeblich durch das Mediensystem organisierten Gesellschaft mit einer pluralistischen Öffentlichkeit automatisch hervorgebracht wird, da die heterogenen Interessensgruppen sich auf dem Markt der Meinungen möglichst vorteilhaft in Stellung bringen wollen.[15]
Aufgrund der zentralistischen und hierarchischen Struktur der Medienlandschaft, die von wenigen großen Verlagen kontrolliert wird, garantiert der Markt der Meinungen aber keinesfalls einen Interessenausgleich. So pluralistisch die Medien auf den ersten Blick erscheinen, wird doch nur ein bedingter Pluralismus zugelassen. Presseorgane jenseits des medialen Mainstreams haben nur eine geringe Reichweite.
Einer zweiten Perspektive zufolge – und für die These dieses Artikels etwas ergiebiger – ist Propaganda eine omnipräsente Kommunikationsform, „welche durch sedative oder konformistische Botschaften die Integration des Einzelnen in die Gesellschaft sicherstellt.“[16] Auch hier wird Propaganda als ein Mittel zur Herstellung sozialer Kohärenz aufgefasst, die von zentralen Agenturen der Gesellschaft (Regierung, Wirtschaft, Think Tanks etc.) geplant und betrieben werden kann, aber auch spontan und unbewusst als Ideologiediffusion von den Gesellschaftsmitgliedern selbst ausgeht.
Unabhängig davon, ob einem nun die erste oder zweite Perspektive plausibler erscheint: beide Ansätze gehen davon aus, das Propaganda zwangsläufig ein zentrales System der Gesellschaftskonstituierung darstellt. Und noch etwas verdeutlichen diese Propagandakonzeptualisierungen. Sie
würden von Vertretern der Unterhaltungsindustrie, PR-Leuten oder Wahlkampfstrategen auch gar nicht mehr als Propaganda etikettiert werden, obwohl dort eindeutig propagandistische Techniken angewandt werden.[17]
Nimmt man diese Erkenntnisse ernst, dann ergeben sich auch in formaldemokratisch organisierten Gesellschaften für diejenigen Akteure Konsequenzen, die sich in irgendeiner Form von dem determinierten Rahmen des Systems entfernen bzw. distanzieren, d.h. die Spielregeln insofern nicht beachten, als dass sie gegen den Strom der Propaganda schwimmen. Das ist vor allem dann der Fall, wenn man die existierende Ordnung grundlegend kritisiert, in Frage stellt (wie Gesine Lötzsch) oder gar wie im Fall Webb, an ihren zentralen Institutionen rüttelt. Die Konsequenz der gesellschaftlichen Ächtung, der Skandalisierung und des medialen Drucks kann auch dann entstehen, wenn man sich noch im Rahmen der Verfassung bewegt.
Dass bei mir so lange alles reibungslos lief, lag nicht etwa daran, dass ich sorgfältig und fleißig und gut in meinem Job war. Nein, es lag einzig und allein daran, dass ich in all den Jahren nichts geschrieben hatte, das wichtig genug war, um unterdrückt zu werden. (Gary Webb) [18]
Artikelbild: pk210 / Flickr / CC-BY-SA-2.0
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[1] Chomsky, Noam: Media Control. Wie die Medien uns Manipulieren, München 2006.
[2] Vgl. Chomsky, Noam: Warum die Mainstreammedien „Mainstream“ sind, in: URL: http://chomskyarchiv.de/vortrage/document.2007-10-19.1648147001
[3] Ebd.
[4] Ebd.
[5] Vgl. Chomsky, Noam: Warum die Mainstreammedien „Mainstream“ sind, in: URL: http://chomskyarchiv.de/vortrage/document.2007-10-19.1648147001
[6] Ebd.
[7] Chomsky, Noam: Media Control. Wie die Medien uns Manipulieren, München 2006, S. 44.
[8] Girnth, Heiko/ Spieß, Constanze (Hg.): Strategien politischer Kommunikation. Pragmatische Analysen, Berlin 2006, S. 7.
[9] Shrouf, A. Naser: Sprachwandel als Ausdruck politischen Wandels, Frankfurt am Main 2006, S. 16.
[10] Grünert, Horst: Deutsche Sprachgeschichte und politische Geschichte in ihrer Verflechtung, Berlin 1984, S. 29.
[11] Stöber, Rudolf: Kommunikations- und Medienwissenschaften, München 2008, S. 79.
[12] Bussemer, Thymian: Propaganda: Konzepte und Theorien, S. 41.
[13] Ebd., S. 39.
[14] Stöber, Rudolf: Kommunikations- und Medienwissenschaften. Eine Einführung, München 2008, S. 64.
[15] Bussemer, Thymian: Propaganda: Konzepte und Theorien, S. 39.
[16] Ebd., S. 39.
[17] Ebd., S. 44.
[18] Vgl. auch: Gary Webb: Information oder Intoxikation? Die CIA, das Crack und die Contras, in: Kristina Boriesson (Hg.): Zensor USA. Wie die amerikanische Presse zum Schweigen gebracht wird.
Zum Thema:
– Der Mythos der freien Presse – Warum die Mainstreammedien „Mainstream“ sind
– Was ist DER SPIEGEL? – Linksliberales Magazin? Vorposten der Meinungsfreiheit? Atlantisches Instrument? Neoliberaler Agitator?
Na toll. Der olle Chomsky und die Propaganda der ökonomischen Eliten. Nix neues in diesem Beitrag, soweit ich das sehe. Es war schon immer so und wir auch so bleiben. So kann man Affirmation auch betreiben. Wo sind die Widersprüche, Konflikte, Der Wandel durch Internet u.a., die Interventionsmöglichkeiten?
hier: https://le-bohemien.net/about/
Ich finde aber gerade auf den Punkt des Agenda Settings kann man nicht oft genug hinweisen. Den meisten Leuten ist dieser Punkt nämlich leider gar nicht bewusst. Zur Einführung: http://de.wikipedia.org/wiki/Agenda_Setting
Meiner Meinung nach eines der zentralen Werkzeuge um Meinungsmache zu betreiben.
Alles in allem kann ich dem Beitrag nur zustimmen. Ich hätte aber noch ein paar Anmerkungen im Detail zu machen:
1. Zu dem Satz “Die Themenwahl wird in der Medienlandschaft von den wenigen großen Leitmedien, bzw. den Elitemedien bestimmt. Diese trendbestimmenden Medien verfügen über die größten Mittel und Ressourcen, um den thematischen Rahmen abzustecken, in dem die restlichen Medien der Peripherie operieren.” wäre zu bemerken: Gerade Blogs oder andere nichtkommerzielle Angebote im Internet könnten hierzu ein Korrektiv darstellen. Ganz subjektiv habe ich schon den Eindruck, dass Blogs nicht nur zum Teil andere Themen setzen als konventionelle Medien, sondern auch von diesen abweichende Interpretationen. Will heißen: Wenn die beschriebenen Mechanismen der traditionellen Medienlandschaft nicht greifen, kann sich auch ein anderer Diskurs entwickeln. Das mag angesichts der begrenzten Reichweite der meisten Blogs etwas zu optimistisch klingen, ist aber doch zumindest ein Anfang, oder?
2. Die junge Welt ist laut eigener Angabe eine “marxistische Tageszeitung” (siehe hier: http://www.jungewelt.de/ueber_uns/diese_zeitung.php). Ob man das Etikett “linksradikal” nun als Diffamierung oder neutrale Bezeichnung eines politischen Standpunktes versteht, hängt wohl vor allem vom Betrachter ab. Ich tendiere aber zu letzterem.
3. Den Begriff “Meinungsmache” halte ich für etwas unglücklich: Er wirkt einfach reichlich unsachlich. Die zutreffende Kritik, die dahinter steht, erfährt so eine Abwertung, die nicht sein müsste. Zumal gerade die NachDenkSeiten viel interessantes Material zusammenstellen.
Ich möchte dem Autor nicht unrecht tun wenn ich feststelle, dass seiner guten Analyse die letzte Radikalität fehlt, die Tatsache nämlich, dass es – aufgrund der Verfügungsgewalt über die massenmedialen Produktionsmittel (Print- und AV-Medien 9 – heutzutage überhaupt keinen kritischen Journalismus mehr geben kann, weil auch – und gerade – die kritische Analyse und Beurteilung der herrschenden Verhältnisse für die Konsumenten dieser Kritik nichts weiter als eine “Verdoppllung der Realität” darstellen und deshalb (!) ihre Resignation vertiefen/befesten würde.
Anders gesagt: die “repressive Toleranz” autokratischer Präsidial-Demokratien (hier insbesondere die USA und Frankreich, die russischen Machthaber werden diese Lektion auch noch lernen!) bewirkt die politische Apathie der Stimmbürger gerade dadurch, dass sie Kritik – wie z. B. über Blogs – zulassen – und sie durch ihre praktische Wirkungslosigkeit für den Skeptiker als praktisch wirkungslos erlebbar werden lassen. Das Ziel, die Entmutigung des Widerstands zu bewirken, wird am Besten durch dieses Erlebnis der eigenen Ohnmacht bewirkt.
Ein Beispiel: der “Verschwörungstheorie-Vorwurf” und seine Profiteure: http://forum.spiegel.de/showpost.php?p=7794020&postcount=653
Dem Artikel kann ich beipflichten, auch wenn er nicht viel Neues bringt. In den Kommentaren ist der Hinweis auf das Agenda-Setting hervorzuheben. Durch geschicktes Nichtthematisieren und einem Mix aus Bildern und Sprache, kann es meiner Meinung nach gelingen, den Konsumenten von der Realität, die ihn umgibt, fast komplett abzukoppeln. Dabei möchte ich auf die Wichtigkeit des Fernsehens und des Bildes hinweisen. Ein Bild, das sich in die Gefühlszentrale des menschlichen Gehirns einbrennt, ist mit rationalen Argumenten nicht zu widerlegen. Auch wenn der Seher schließlich doch zweifelt an dem, was er gesehen hat, wird er, wie ein Ertrinkender nach einem Strohhalm greift, jede Information sofort selektiv annehmen, um seine Zweifel wieder einzuschläfern. Er will diesen ersten starken Eindruck bestätigt wissen. Der Kommentator profilprofil hätte seinen ersten Absatz getrost weglassen können. Der zweite Absatz birgt den durchaus interessanten Gedanken, dass die staatlich erlaubte Bloggerfunktion nichts bis wenig bewegt. Wer hat noch nicht den Zweifel daran gespürt, sich in diesen Foren zu äußern würde praktisch etwas auslösen. Wir, die wir überhaupt darauf kommen uns hier herumzutreiben, um uns mit solchen Themen zu beschäftigen, sind vom Fernsehproll weit entfernt.
Herr Selassi: ich danke Ihnen für Ihren Kommentar, der zwar für mich keine neue Information geboten hat, wohl aber für andere, denn Ihre Aussagen sind zutreffend.
Wenn ich Ihnen einen Tipp geben darf, so vermeiden Sie in Zukunft einen Satz wie diesen: “Der Kommentator profilprofil hätte seinen ersten Absatz getrost weglassen können”, weil einem als Leser eigentlich nur noch die Wahl zwischen zwei Alternativen gelassen wird, von denen Sie sicherlei keine bewirken wollten: Weghorn ist ein Schwätzer vs. Selassi ist ein Egozentriker. Oder hatten Sie mit dieser Bemerkung noch eine dritte, mir entgangene Absicht bezweckt? Sie würde mich privat interessieren: weghorn@kampfkompetenz.de
Hallo Frau/Herr Weghorn,
ich würde auf Herr tippen, aber man kann ja nie wissen. Meiner Meinung nach kann es kritischen Journalismus geben. Aber wer davon erfährt oder wie es wahrgenommen wird, ist wohl die entscheidende Frage. Die Verdopplung der Realität ist ja eine Auffassungsfrage. Einerseits gibt es die sich gebildete Meinung beim Konsumenten und andererseits die Relativierung dessen von der kritischen Seite her. Sie haben recht, dass das Verunsicherung beim Konsumenten nach sich zieht. Für die Form meiner Kritik entschuldige ich mich hiermit. War überreagiert. Zu meiner Entlastung muss ich anführen, dass mir in meinem Studium der Soziologie Kategorien wie “Verfügungsgewalt über Produktionsmittel oder “Verdoppelungen” von was auch immer, letztlich auf die Nerven gegangen sind. Vielleicht wirken solche Begriffe auf mich wie Reizwörter, die vorschnelle Reaktionen hervorrufen. Sorry!
Hallo Herr Selassi: vielen Dank für Ihre Rückmeldung und für den professionellen Umgang mit meiner Kritik: was Ihnen passiert ist, das ist auch mir schon passiert, nobody is perfect, ausschlaggebend für mein Verständnis von Professionalität ist nicht die Fehlerlosigkeit eines Verhaltens, sondern der Umgang mit dem eigenen Fehler, die Qualität des “Fehlermanagements”, sozusagen.
Zu meiner Person empfehle ich Ihnen das Studium des “Kooperations-Angebots” auf http://www.blogfighter.de
In der Hoffnung, mit Ihnen noch viele intellektuelle Klingen kreuzen zu können und
freundlichem Gruß
Gerd Weghorn
Auch, wenn schon ein paar Jahre seit der Veröffentlichung des Artikels ins Land gegangen sind, die hier dargestellten Tendenzen sind nach wie vor aktuell. Müssen sie auch sein, denn sie sind systeminhärent. Wie auch schon von John Swinton 1880 bezüglich der Unabhängigkeit der Presse angemerkt (http://de.wikipedia.org/wiki/John_Swinton).
Die Frage ist eher, ob es unter den Bedingungen des Internetzeitalters realistische Möglichkeiten gibt, die oben diskutierten ‘Strategien der Meinungsmache’ einiger weniger monopolartiger Medienanstalten zu überwinden? Ist das nicht bereits der Fall? Infolge der geringen Kosten für eine digitale Publikation weltweit hat die Zahl der Quellen explosionsartig zugenommen. Man kann sich heute detailliert über alles informieren, wenn man nur genügend Zeit in die oft mühsame Internet-Recherche investiert.
Genau da liegt der Haken! Ausgewogene Perspektivenvielfalt ist nur eine theoretische Option. In der Praxis werden wir regelrecht überschwemmt mit der von den Leitmedien vorgegeben Perspektive. Das Monopol der Meinungsmacher brechen heißt nicht, mehr alternative Meinungen zu äußern. Sondern, den Zugang zu den Alternativen zu erleichtern.
Unser kleines Team von iKANTOS-News ( http://ikantos.de) hat sich genau das auf die Fahnen geschrieben: den Zugang zu einer ausgewogenen Vielfalt an qualitativ hochwertigen und vertrauenswürdigen Nachrichten vereinfachen.
Wir wollen einen Qualitätsfilter für den Nachrichtenstrom entwickeln, bei dem der Internetnutzer gemäß seinen individuellen Vorgaben, Medienbeiträge nach Thema und Qualität selektieren, sprich den Mainstream auf ein gesundes Maß reduzieren, kann. Die Basis bildet eine Kombination aus semantischen Algorithmen und einer Bewertung durch die ‘Weisheit der Vielen’. Wir suchen übrigens noch Unterstützer und Mitstreiter (Journalisten, Entwickler, Soziologen …).
Medienmanipulation (im Sinne von Manipulation durch die Medien) kann man kritisieren – im Einzelfall mag das hilfreich sein – aber nicht systematisch ‘bekämpfen’. Sowohl die Entstehung von Nachrichten wie auch die Auswahl und die Aufbereitung sind immer subjektiv – durch technische Prozesse oder Interessen bestimmter Gruppen bedingt. Wenn wir an der Meinungsfreiheit als Grundpfeiler unseres Demokratiemodells festhalten, dann müssen wir auch den Medienmachern das Recht zugestehen, dass sie Medienmanipulation betreiben dürfen. Wenn wir als Rezipienten in die Lage versetzt werden, in der Masse eine wirklich ausgewogene Perspektivenvielfalt zu konsumieren, dann werden sich die Medienmacher ganz schnell darauf einstellen und eine hochwertigere Qualität, einhergehend mit einer ausgewogenen Vielfalt zu produzieren. In diesem Sinne sind Nachrichten ein Produkt ganz ähnlich einem Lebensmittel: der aufgeklärte (mündige) Verbraucher entscheidet mit seinem Kauf oder Nichtkauf über die Qualität, die produziert wird.
Da wäre dann noch die Frage nach dem mündigen Bürger, der Interesse am gesellschaftspolitischen Geschehen hat …. aber das ist ein anderes Thema.