Innenansichten der FDP

Rechts-Links-Schemata haben ausgedient

Ein Gastkommentar von Florian Sander

Nach den furiosen Siegen der Grünen bei den letzten Landtagswahlen sind Union und FDP in Existenzkrisen gestürzt, bei denen es um die Frage nach der programmatischen Ausrichtung geht. Konservative wie Liberale reagieren auf den Druck der Ereignisse, indem sie in mehreren Punkten auf SPD und Grüne zugehen und in vielen Punkten ihr Bestes tun, um Unterschiede zwischen den Parteien insgesamt zu verwischen. Henryk M. Broder sprach gar von einer rundum grünen Parteienlandschaft. Gleichzeitig warnen Kommunikationswissenschaftler vor genau diesem Vorgehen und weisen darauf hin, dass Parteien nur gewählt werden, wenn ihnen vertraut werden kann, was auch bedeutet, dass sie in ihrer inhaltlichen Ausrichtung einen klaren Kurs fahren müssen, um das Vertrauen nicht zu verlieren und nicht als beliebig wahrgenommen zu werden.

All dies hat dazu geführt, dass in beiden Parteien nun Diskussionen darüber entbrannt sind, wie man sich künftig inhaltlich positionieren sollte. Im Falle CDU / CSU ist die Sache relativ klar: Merkel hat mit einer Politik der Beliebigkeit und dem Weg-Intrigieren nahezu aller konservativer Hoffnungsträger der Union in den letzten Jahren erheblich dazu beigetragen, dass der rechte Flügel kaum noch repräsentiert ist. Es steht daher letzten Endes außer Frage, dass CDU und CSU dieser Entwicklung nur mit einem konservativen Schwenk begegnen können.

Etwas anders liegt der Fall bei der FDP, deren Anhängerschaft politisch heterogener gestrickt ist und teilweise sehr unterschiedliche Erwartungen an die Partei hat. In der inner- und außerparteilichen Diskussion über die beste Marschrichtung für die FDP wird jedoch oft der Eindruck erweckt, es gäbe lediglich die Option, entweder in eine linksliberale Richtung zu gehen (was von der anderen Seite als „Aufweichung“ und Sozialdemokratisierung kritisiert wird) oder aber einen marktradikal-libertären Schwenk einzuleiten, wie es der Liberale Aufbruch vorschlägt (den die Vertreter der ersten Option ablehnen, weil er zu sehr das Klischee sozialer Kälte bestätige, das der FDP sowieso schon wie ein Klotz am Bein anhänge).

Eine Verengung auf eine solche Gegenüberstellung, die sich im Grunde an nichts anderem als dem klassischen Links-Rechts-Schema orientiert, ist letzten Endes unterkomplex und suggeriert der Partei wie der Öffentlichkeit eine Einfachheit der Entscheidung, die so nicht existiert und auch nicht existieren sollte. Partei und Öffentlichkeit wird suggeriert, die FDP habe nun entweder die Wahl, entweder einen vollends libertären Kurs einzuschlagen, welcher die reine liberale Lehre buchstäblich auf sämtliche Politikfelder anwendet und pragmatische Einzelfallbetrachtungen somit komplett ausblendet, oder aber mittels einer linksliberalen Ausrichtung (die fälschlicherweise ständig mit sozialliberaler Ausrichtung gleichgesetzt wird), nicht nur in sozialpolitischen Fragen nach links zu rücken, sondern im Automatismus auch ebenso in außen-, sicherheits- und energiepolitischen Themen. Kurz: Der Kurswechsel solle immer ausgedehnt aus alle Politikfelder erfolgen, die Ideologie, ob nun libertär oder linksliberal, solle alles dominieren und Partei wie Politik komplett einnehmen und verändern.

Nun weiß jeder, der in seinem politischen Leben mehr getan hat als auf JuLi-Kongressen Anträge und Pamphlete mit laut tönenden Forderungen zu verabschieden, dass Politik, die beim Bürger Anklang finden soll, auch flexibel und pragmatisch auf Probleme reagieren können muss. Von Ideologie ist der Bürger genervt: Er will keine Phrasen hören, keine endlosen Programmatikdebatten über Liberalismus. Er will Lösungen sehen. Die FDP gehörte immer zu den Parteien, die über ihre Vernunft gepunktet haben, die die Kopfmenschen für sich gewonnen haben. Die Utopien, das Wohlfühlen, den politischen Blumenduft konnte sie stets den Grünen überlassen, nicht zuletzt in dem Bewusstsein, dass deren Bauchgefühlpolitik nicht mehr honoriert wird, sobald sie denn mal regieren.

Fakt ist, dass die FDP sich ändern kann und muss, ohne deswegen zur unvernünftigen Ideologiepartei der reinen liberalen Lehre oder zur nächsten grünen Partei werden zu müssen. Es stimmt: Die FDP leidet noch immer unter dem Ruf der sozialen Kälte, und dies nicht ohne eigenes Verschulden. Angefangen von der „Partei der Besserverdienenden“, über auf Steuer- und Wirtschaftspolitik fokussierte Programmatik hin zur Diskussion über „spätrömische Dekadenz“ wurde nicht eben viel dafür getan, sich vom Image einer Partei zu lösen, die sich nur als Lobby eines bestimmten Milieus betrachtet. Ein sozialliberaler Kurswechsel, der nicht nur umfasst, auch für soziale Probleme ein vertrauensvoller Ansprechpartner zu werden (ja, dazu wäre die FDP tatsächlich imstande! Stichwort: sozialpolitische Nachhaltigkeit durch Vernunft in der Haushaltspolitik), sondern auch maßgeblich dazu beiträgt, Vokabular und Außendarstellung zu ändern (Beispiel: „Arbeitsplatzschaffung“ statt „Wirtschaftsförderung“ – Wirtschaft ist ein Instrument, kein Selbstzweck) ist längst überfällig.

Aber Achtung: Sozialliberal ist eben nicht zwingend gleich linksliberal. Eine vernünftige Partei macht einen Kurswechsel vom Politikfeld abhängig. So sieht die Lage etwa in der Sicherheits- und der Integrationspolitik vollkommen anders aus. Linke und grüne Parteien gibt es hier genug, wie die Sarrazin-Debatte gezeigt hat. Nicht zuletzt in diesen Politikfeldern sind die Bürger zunehmend entfremdet von den Parteien, die sich stets beharrlich weigern, die Sorgen der Menschen aufzugreifen und daraus politische Vorschläge und Positionen abzuleiten. An diesem Punkt böte sich für die FDP nicht nur die Gelegenheit, mit einem rechtsliberalen Kurs neue Wählerschichten zu erschließen, sondern es besteht geradezu die Pflicht, als demokratische Partei endlich die Sorgen der Bürger aufzugreifen, bevor Extremisten und Rattenfänger dies tun. In anderen Ländern Europas, in denen Rechtsliberale längst stärkste Partei sind oder gar regieren (Niederlande, Polen, Dänemark), hat dies gut funktioniert.

All dies zeigt: Politische Kurswechsel umfassend in eine einzige Richtung zu vollziehen, hieße, Probleme zu simplifizieren. Plumpe Rechts-Links-Schemata haben ausgedient. Wenn man sie denn verwendet, so müssen sie unterschiedlich und je nach Politikfeld angewendet werden. Würde die FDP dies tun, und hätte sie vor allem den Mut, dies zu tun, so könnte sie davon profitieren – und die Bürger dadurch ebenfalls.

Florian Sander ist Politikwissenschaftler und FDP-Ratsmitglied der Stadt Bielefeld.

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16 Kommentare zu "Innenansichten der FDP"

  1. Michi sagt:

    Vielleicht könnte der Autor seine Aussagen im vorletzten Absatz präzisieren.

    Sind für den Autor die Rechtsliberalen in Holland und Dänemark ein Vorbild, die dort mit Hilfe von Rechtspopulisten regieren (Volkspartei in Dänemark, Geert-Wilders-Partei in Holland)?

    Oder sollte für den Autor die FDP gleich den Rechtspopulistichen Weg einschlagen?
    Ist Stimmungsmache gegen Ausländer ein gangbarer Weg, damit die FDP aus ihrer Krise kommt?

  2. Hallo Florian,

    danke erstmal, dass du uns einen Einblick in die Denkwelt eines FDP-Mitgliedes gewährst. In der Tat steht deine Partei da vor schwierigen Fragen und wie du es ja auch selbst benennst wurde in der Vergangenheit so einiges verbockt was Selbstdarstellung und Programmatik angeht. Ich denke das größte Problem der FDP ist einfach, dass der mitdenkende Bürger bei dieser Partei geradezu in Reinstform vorgeführt bekommt, wie es im politischen Geschäft oft mehr um Machtinteressen als um Sachthemen geht. Der Erfolg der Grünen hängt im Gegenzug auch damit zusammen, dass man den Leuten in dieser Partei einfach abnimmt, dass sie sich für die Themen an denen sie arbeiten interessieren und eine „gute“ Lösung wollen.

    Genau das kann man von der FDP und ihrem Spitzenpersonal eben nicht behaupten. Ich sehe da hauptsächlich Leute die ich als Politik-Karrieristen bezeichnen würde und das prägt dann eben das Bild von der Partei in der Öffentlichkeit. Nun ja tiefer kann man imagetechnisch nun nicht mehr fallen von daher gut, dass sich nun wenigstens mal ein paar Basismitglieder Gedanken zu machen scheinen. Gerade bei deinen sozialliberalen Ausführungen steckt ja auch durchaus sympathisches drin…aber weißt du was mir dabei aufgefallen ist? Du richtest deine ganzen Überlegungen letztendlich doch nur an der strategischen Frage des Stimmengewinns aus. Meine Prognose: Wenn in der FDP die Programmdebatte so geführt wird, wird das nichts. Egal wie ihr euch letztendlich positioniert. Die Leute spüren dann einfach, dass es der FDP mal wieder nur um Parlamentssitze geht und nicht um Visionen für eine Gesellschaft. Wo sprichst du zum Beispiel mal ethische Fragen an? Gerade die Liberalen hätten da doch grandiose Leitbilder. Wie wäre es mit Kant zum Beispiel? Wie wäre es mal damit Freiheit wieder als echte Freiheit zu denken und sich dafür einzusetzen? Die Möglichkeiten gibt’s doch. Stattdessen scheint aber in der Partei lieber über Strategien des Stimmengewinns sinniert zu werden. Ich seh da schwarz (bzw. grün).

  3. Aurel sagt:

    Hehe, “sozialliberal” bedeutet also, daß die FDP nun nicht mehr nur die Interessen seelenloser Karrieristen, sondern auch die Ängste durchschnittlicher deutscher Spießer ansprechen soll, die alle Angst vor dem Islam haben? Und zwar sowohl innen- als auch außenpolitisch? Tut das nur, es wird zur Eskalation der innen- wie der außenpolitischen Lage führen und “unseren” westlichen Demokratien am Ende den Untergang bringen. Das ist ganz in meinem Interesse.

  4. Florian Sander sagt:

    @Michi
    Es geht mir, wie ich im Text ja auch schrieb, um das Vorbild der rechtsliberalen Parteien in den Niederlanden, Dänemark und Polen. Dass es mir nicht um “Stimmungsmache gegen Ausländer” geht, sollte der unterm Text verlinkte Beitrag zu “Gelebte Weltkultur als Leitkultur” hinreichend deutlich machen. Worum es aber geht, ist das konkrete und tabulose Aufgreifen und Ernstnehmen der Sorgen der Bürger, die sich ergeben aus Migrantenkriminalität und -delinquenz. Das sind Probleme, die es gibt, wie ich aus eigener Erfahrung weiß, und die schlicht kaum angesprochen werden können, ohne dass man – als Überbringer (!) der schlechten Nachrichten – in eine politische Ecke gerückt wird, in der man gar nicht steht. Die FDP sollte sich hier als Vorkämpferin für Meinungsfreiheit betätigen. Darum geht es mir.

    @Florian Hauschild
    Was die fehlende “Leidenschaft” der Akteure, deren Opportunismus und deren Karrierismus angeht, stimme ich dir zu, obwohl ich nicht im Geringsten sehe, dass das bei den anderen Parteien anders sein soll. Peter Lösche hat nicht umsonst vor etwa 10 Jahren einen Artikel veröffentlicht, der genau das bei den “Youngsters” der SPD kritisiert.
    Was deine Kritik an mir angeht, so muss ich dir widersprechen: Es geht NICHT nur um Strategie – das macht der letzte Satz deutlich. Würde die FDP eine Programmatik in diese Richtung ändern, so bin ich der festen Überzeugung, dass das auch dem Bürger zugute kommt. Es ist immer beides. Das sind Anliegen von mir, die ich in meiner eigenen kommunalpolitischen Arbeit auch sehr stark vorantreibe. Aber: Um “Ethik” kann es m. E. nicht gehen und darum darf es auch gar nicht gehen. Moralische Erwägungen gehören nicht in die Politik, weil Gut/Böse-Klassifizierungen zu Fundamentalismus führen. Näheres hier: http://florian-sander.blogspot.com/2011/03/lehren-aus-den-landtagswahlen-moralin.html

  5. Michi sagt:

    Florian, Du drückst Dich um eine klare Aussage:
    Sind die Niederländischen (VVD) und Dänischen Rechtsliberalen (Venstre), die beide mit Tolerierung von Rechtspopulisten regieren für Dich ein Vorbild?

    Bei Wikipedia steht, dass die dänische Venstre mit der Forderung nach einer härteren Gangart in der Ausländerpolitik punkten konnte. Soweit ich weiss gilt das auch für die niederlänische VVD.
    http://de.wikipedia.org/wiki/Venstre_%28D%C3%A4nemark%29

    Daher bitte ich noch einmal um eine klare Aussage: Du schreibst, es “hätte gut funktioniert”.
    Sind das Vorbilder für Dich?

  6. Florian Sander sagt:

    Ich drücke mich absolut nicht. Warum auch?

    Ich habe doch deutlich gesagt, dass die besagten rechtsliberalen Parteien für mich Vorbilder sind. Und das auch unter Berücksichtigung von deren Koalitionen bzw. Tolerierungen – auch die FDP hat in Hamburg ja schon einmal mit der damaligen Schill-Partei koaliert. Solange SPD und Grüne mit der Linken koalieren, sind auch solche Bündnisse legitim, zumal es sich bei Koalitionen ja nicht um Liebesehen handeln muss, sondern um Zweckbündnisse, in denen man versucht, soviele von seinen eigenen Inhalten durchzusetzen wie nur möglich. Wenn das dann klappt, umso besser. Das sage ich übrigens als jemand, der in Bielefeld eine Ampel-Koalition mit ausgehandelt und diese stets verteidigt hat. Das kann in beide Richtungen gut funktionieren, je nach Fall, Ort und Konstellation.

  7. Florian Sander sagt:

    Zusatz: Diese Vorbildfunktion gilt aber ausdrücklich nur für die im Text an der Stelle genannten Politikfelder. Im Bereich der Wirtschafts- und Sozialpolitik würde ich ggf. andere Beispiele vorziehen, etwa die FDP der sozialliberalen Koalition.

    • Michi sagt:

      En passant erwähnst Du auch kurz Sarrazin, um Dich von den Linken und Grünen Parteien abzugrenzen, von denen es hier genug gäbe.
      Wie hätte sich denn die FDP Deiner Meinung nach da positionieren sollen? Etwa eindeutig Pro-Sarrazin?

  8. Hallo Florian,

    ich habe deinen anderen Artikel über die Moral gelesen. Meiner Meinung nach begehst du den Fehler aus einem „kann“ ein „muss“ zu machen. Natürlich kann moralischer Eifer die von dir beobachteten Folgen haben und auch schließlich im Fanatismus münden, muss er aber nicht. Deshalb ist es auch abwegig eine moralfreie Politik zu fordern. Der Politik kommt in der Gesellschaft die zentrale Ordnungsfunktion zu und wenn du denkst das könne ohne moralische Prinzipien geschehen, verkennst du glaube ich die Realität.

    Das Problem scheint mir eher zu sein, dass du – wie man in deinem Artikel ja gut herauslesen kann – zu sehen scheinst, dass die moralische Hoheit zur Zeit eben nicht von der FDP eingenommen wird. Gerade im Gegenteil: Die FDP hat da überhaupt nichts aufzubieten. Der politische Gegner hat sich da weitaus klüger positioniert und als Konsequenz forderst du nun das Thema Moral sozusagen nicht in die Wertung mit aufnehmen zu dürfen.

    Menschen fordern vom politischen System aber eben auch, dass es die Gesellschaft so gerecht und fair wie möglich gestaltet und diesen Anspruch verbindet man heutzutage als allerletztes mit den Liberalen. Und das ist eigentlich das Absurde wie gesagt. Würdet ihr mal ernsthaft über den Begriff der Freiheit nachdenken würde euch auffallen, dass sich ganz viele Menschen in unserem Land eben nicht mehr frei fühlen. Da gibt es beispielsweise ein Heer von fast 1mio Leiharbeitern, die oft unter ziemlich miesen Bedingungen leben. Man wird den Eindruck nicht los, dass der FDP die Freiheit dieser Leute scheissegal ist und es auch in Zukunft sein wird.

    Es herrscht das Bild, dass es der FDP nicht um den Gedanken der Freiheit geht, sondern dass euch vor allem am Herzen liegt ausgewählten Teilen der Bevölkerung die Freiheit vor gesellschaftlicher Verantwortung zu sichern. Der Begriff des Liberalismus wird damit ad absurdum geführt und die Partei wird von der Gesellschaft zurecht nicht mehr gewählt, weil sie keinen Nutzen für sie hat. …die wenigen Nutznießer mal außen vor gelassen, aber Klientelpartei wollt ihr dann ja auch nicht genannt werden.

  9. Florian Sander sagt:

    So, Verzeihung wegen der späten Antwort, aber war einige Tage im Urlaub und hatte dort kein Internet.

    @Michi
    Ich glaube langsam, dass du mich gezielt missverstehst, weil du unterlässt, Aussagen einzubeziehen, die ich ebenfalls gebracht habe. Wenn ich sage, dass die FDP sowohl mit rechteren als auch mit linkeren Parteien koalieren kann, dann bedeutet das nicht Beliebigkeit, sondern lediglich das Aufgeben eines starren und unpragmatischen Blockdenkens. Ich sage auch nicht, dass die FDP immer und überall mit jedem “können” muss, sondern schrieb, dass es auf Fall, Ort und Konstellation ankommt.
    Ich bin im übrigen ja auch der Meinung, dass Deutschland eine restriktivere Ausländerpolitik braucht, insofern nochmal: Dänemark ist Vorbild, nicht zulertzt aufgrund der Statistik, die die dortige Regierung jüngst vorgelegt hat. Dass das der ohnehin zu mächtigen EU-Bürokratie nicht passt, ist mir ehrlich gesagt relativ egal. Wenn es nach mir ginge, dürfte sich Brüssel da gar nicht einmischen.
    Die FDP hätte sich durchaus pro Sarrazin positionieren können, ja. Das heißt nicht, dass sie absolut allem, was er äußerte (insbesondere nicht: WIE er es äußerte), kritiklos hätte zustimmen müssen. Aber zumindest hätte sie und hätte der Generalsekretär darauf verzichten können, in den Reigen der politisch korrekt Empörten noch mit einzustimmen. Die FDP sollte sich als Kämpferin für Meinungsfreiheit hervortun und nicht als weitere Empörerin.

    @Florian Hauschild
    Nein, Moral muss nicht zu Fundamentalismus führen, aber sie kann, und genau deswegen, und weil sie letztlich ohne jeden Mehrwert bleibt (abseits von rhetorischen Mitteln), ist sie auch ein völlig überflüssiges Risiko, sobald sie verallgemeinert und generalisiert werden soll. Ich sage nicht, dass nicht jeder seine persönliche Moral haben kann und darf. Das sollte sogar so sein. Aber eben, weil sie so persönlich ist, kann sie nicht generalisiert werden. Die Ordnungsfunktion kommt Politik und vor allem Recht zu – das genügt voll und ganz.
    Wieso hat denn die FDP da “nichts zu bieten”? Weil die FDP eben eine liberale Partei ist, die genau erkannt hat, was es mit dem Phantom einer übergreifenden Moral auf sich hätte. Das ist mit ein Grund, wieso ich (nach 6 Jahren SPD-Mitgliedschaft 2000 bis 2006) Mitglied dieser Partei bin! Zumal du als FDP-Mitglied auch sehr schnell sehr genau merkst, dass die politischen Abläufe und Umgangsmethoden anders sind als etwa bei der Sozialdemokratie. Sicherlich gibt es Intrigen und all das, was es in der Politik immer und überall gibt, aber es herrscht auch innerparteilich eine weitaus größere Toleranz gegenüber abweichenden Meinungen und Lebensstilen. Die FDP von heute hat einige Fehler, aber für diese Art der politischen Kultur gerade OHNE andauernde Moralisiererei bin ich ihr höchst dankbar.
    All deine Forderungen, all das, was du da schreibst, sind Fragen, die nicht von irgendeiner Moral oder Ethik geklärt werden, sondern von Gesetzen. Schau dir mal die Diskussion in meinem Blog unter dem Moralin-Text an, die klärt im Grunde genau die Frage, die du aufgeworfen hast.

  10. Maurice sagt:

    Der Artikel und der Dialog rund um die “Innenansichten” der FDP zeigen eine sehr realistische Position auf die politische Ausrichtung, die sich die FDP erarbeiten möchte. Es wäre der FDP zu wünschen, dass Sie Kernfelder findet, in denen Sie je nach inhaltlicher Ausrichtung links oder rechts auftreten kann. Zwei grundlegende Probleme sehe ich dabei aber immer noch: erstens wird die FDP grade durch ihre Verbrüderung mit der CDU wohl immer als tendentiell rechte Partei angesehen (und das wird sich auch nicht durch die Betonung von einzelnen Ausnahmen ändern lassen) zweitens sehe ich eine grundlegende Problematik für die FDP die diese “ökologische” Wende in der deutschen Parteienlandschaft mit sich bringt. Meiner Einschätzung nach hat der Liberalismus/Neoliberalismus oder wie auch sonst sich die Idee der Freiheit nennt das Kernproblem neben der Freiheit nicht ausreichend die Verantwortung für die Freiheit mitzubetonen. Die Grünen profitieren zur Zeit sehr davon, dass sie einerseits eine mobilisierbare Öffentlichkeit vorfinden und gleichzeitig in der Parteienlandschaft als sehr glaubwürdig für die ökologischen Herausforderungen gesehen werden. Die FDP muss in ihren wichtigen Politikfeldern erst noch verdeutlichen, wie sie individuelle Freiheit neu auf die ökologischen Herausforderungen anwenden will. Diese Frage wird selbst Realos in der FDP noch vor große Herausforderungen stellen, aber sie wird wohl über die Glaubwürdigkeit der FDP entscheiden. Jüngere Wählerschichten haben offensichtlich eine höhere Sensiblität für die Herausforderungen gegenüber der Umwelt als ältere Generationen und auch die FDP wird nicht vermeiden können ihr “Handwerk der Freiheit” offenzulegen. Ich bin gespannt, wie es ihr gelingen wird…

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