Pressespiegel: Beispiele für kritischen Journalismus
Reiche retten ihre Seele
Das neue Gelöbnis einiger amerikanischer Milliardäre, die Hälfte ihres Vermögens zu spenden, ist eine völlig rationale Entscheidung. Auch zugunsten der eigenen Kinder. Nun unterhalten viele Superreiche in den USA bereits vielfältige Stiftungen und haben mit der neuen Initiative jetzt nur eine Plattform, um das öffentlich zu machen. Auch können Spenden öffentliche Sozialausgaben nicht ersetzen. Halten die Leute ihre Zusagen ein, könnten mehr als 100 Milliarden Dollar für wohltätige Zwecke zusammenkommen. Die US-Gesundheitsreform kostet ein Vielfaches.
Es handelt sich für die Superreichen aber letztlich um ein rationales Tauschgeschäft. Denn erstens behalten sie mit den Stiftungen die Zuteilungsmacht über das gespendete Vermögen, das sonst zu einem gut Teil von der Steuer kassiert würde. Die Familien bringen zudem keine spürbaren materiellen Opfer: Die Bloomberg-Erben etwa bleiben reich, denn ein Prozent von 18 Milliarden Dollar sind immer noch 180 Millionen. Die Familie bekommt durch das Spenden einen emotionalen Mehrwert, eine moralische Aufwertung, einen Imagegewinn zurück.
Quelle: taz
Spenden statt Steuern
US-Milliardäre wollen einen Teil ihres Vermögens abgeben. Sie könnten es einfach an den Staat überweisen. Doch so weit geht ihr Verständnis vom Gemeinwesen denn doch nicht. (…) Bevor aber nun jemand vor den Spendern in spe auf die Knie fällt, sei angemerkt, dass deren Nachwuchs auch dann noch die Hände in den Schoß legen könnte, wenn er nur ein halbes Prozent des elterlichen Vermögens erben würde. Nach dem jüngsten Reichen-Ranking des Wirtschaftsmagazins Forbes verfügen mehr als 1000 Menschen auf der Welt über ein Vermögen von mehr als einer Milliarde US-Dollar. (…) Vielleicht hat der eine oder andere mal zu Hause durchgerechnet, dass alle Milliardäre zusammen viele Banken-Rettungsprogramme problemlos hätten stemmen können, für die sich Staaten (und damit Gesellschaften) auf lange Jahre verschulden müssen.
Er hätte es aber nur spaßeshalber durchgerechnet, denn nichts liegt den meisten Reichen dieser Größenordnung ferner, als auch nur einen Teil ihres Besitzes dem Staat zu übereignen, auf dass der damit für höhere Bildung oder bessere Gesundheit sorgen könnte. Gerade dort, wo die Giving-Pledge-Idee geboren wurde, hat Staatsferne Tradition; ehe man dem US-Staat Geld gibt, der damit vielleicht gar ein Museum errichten könnte, baut man lieber selber eins, das dann auch den eigenen Namen tragen kann.
Vermögende, gern auch solche aus dem Show- und Sportgeschäft, inszenieren sich in ihrer Rolle als großherziger Mensch. Charity Lady ist zu einer Berufs- oder sagen wir mal Tätigkeitsbezeichung für Damen geworden, die glamouröse Galas organisieren, deren zahlende Teilnehmer alsdann eine Seite bei Blättern wie Gala füllen. Diese elitären Treffen könnten auch ohne Anlass stattfinden, werden aber erst geadelt, wenn dabei für arme Negerkinder auch noch was abfällt.
Eine bevorzugte Art, sich einen Namen zu machen, ist die Stiftung. Mit den Zuwendungen für sie reduzieren viele Reiche zudem just jenen Beitrag für die Allgemeinheit, den sie für eine Zwangsabgabe halten: Steuern. Nicht dass Mäzene nur Projekte aus purer Eitelkeit fördern würden, aber typisch ist eben, dass die Gabe umso großzügiger ausfällt, je stärker der Geber Einfluss auf seine Verwendung nehmen kann. Und nichts liegt ihm ferner, als mehr Geld als unbedingt nötig in jenen großen Topf zu tun, der Haushalt heißt. Da wäre er ja nur ein popeliger Steuerzahler unter vielen. Ein Reicher aber, der viel spenden und wenig Steuern zahlen will, missachtet das Sozialwesen.
Quelle: FR