Szenarien für 2013

Demoskopie, Machterhalt und politische Wahllosigkeit

Ein Gastkommentar von Jacob Jung

Die deutschen Politiker haben sich zur Halbzeit der aktuellen Regierungskoalition gerade in die Sommerpause verabschiedet. Dem Wahlvolk ist dieser Luxus dagegen nicht vergönnt: Als permanente Probandengruppe bleibt es unter strenger Beobachtung der Demoskopen und ist rund um die Uhr im Dienst.

Während die Akteure in Berlin auch in den großen Ferien ihre Possen reißen, schauen die Meinungsforscher den Wählern aufmerksam auf die Finger. Kein Testballon wird hier gestartet, ohne dass die Reaktionen detailliert protokolliert würden. Immerhin geht es ab jetzt darum, die Macht- und Regierungsoptionen für die Zeit ab 2013 zu entwerfen und die Wahrscheinlichkeit ihrer Umsetzbarkeit zu bewerten. Langsam wird es ernst.

Als Proband im Dienste der Bundesregierung

In Deutschland hat die Meinungsforschung die Meinungsbildung ersetzt. Als Wähler bilden wir die Gruppe der Probanden. Wir bewerten die politischen Produkte, die uns über die Medien vorgestellt werden. Demoskopen messen und dokumentieren unsere Auffassungen, die wir im Rahmen von Deutschlandtrends, Sonntagsfragen, Landtagswahlen, Äußerungen in Kommentaren und Blogs, Demonstrationen, Petitionen und Eingaben von uns geben.

Während des Atom-Moratoriums wurde nicht geprüft, wie es um die Sicherheit der deutschen Kraftwerke bestellt ist. Das wusste man bereits vorher. Die drei Monate wurden stattdessen von den Demoskopen genutzt, um herauszufinden, was in der Bevölkerung opportun ist.

Im Moment stimmen wir übrigens unbemerkt darüber ab, in welche Richtung die Steuer-, Arbeitsmarkt- und Euro-Finanzpolitik gehen soll. Entlastung für kleine und mittlere Einkommen oder höhere Abgaben für Besserverdiener? Flächendeckender Mindestlohn oder niedrige Lohnstückkosten? Rettungsschirm oder Euro-Rausschmiss? Nichts wird mehr ausgeschlossen, wenn am Ende die Regierungsmacht zu holen ist.

Die FDP hat sich längst damit abgefunden, sich in ihren vorerst letzten beiden Jahren im Bundestag auf die Rolle der Wahl- und Umfragehelferin für künftige Regierungen zu beschränken. Wie einst Maren Gilzer im Glücksrad hält sie die Prämien hoch, streichelt die Geschenke und hält den Kontakt zu den Kandidaten. Die Liberalen lächeln freundlich in die Kameras, während ihre Kündigung bereits beschlossene Sache ist.

Drei Kandidaten, drei Konstellationen, ein Ziel

Mit der Union, den Sozialdemokraten und den Grünen stehen für künftige Wahlen noch drei Kandidaten für mögliche Regierungsbeteiligungen zur Auswahl. Aus den drei Parteien ergeben sich mit schwarz-rot, schwarz-grün und rot-grün auch genau drei potenzielle Konstellationen.

Gemessen an dem Durchschnitt der letzten sechs repräsentativen Wahlumfragen erreichen CDU/CSU hierbei 33,0 Prozent, die SPD kommt auf 26,8 Prozent und die Grünen erreichen 21,8 Prozent.

Die FDP wird von vier der sechs Befragungen unterhalb der 5-Prozent-Hürde gesehen. Den bislang niedrigsten Wert erhalten die Liberalen im Rahmen einer Forsa Studie vom 27. Juli mit 3,0 Prozent.

Die Linkspartei erreicht in der Betrachtung der Durchschnittswerte 8,3 Prozent.

Für die drei möglichen Koalitionen bedeutet dies aktuell:

  • schwarz-rot: 59,8 Prozent
  • schwarz-grün: 54,4 Prozent
  • rot-grün: 48,6 Prozent

Die zur Auswahl stehenden Kandidaten haben sich nicht nur inhaltlich und optisch immer stärker aneinander angenähert. Es eint sie ebenso ein gemeinsames, großes Ziel: Regieren um jeden Preis.

Profillos, wahllos, alternativlos

Für den Wähler wird es 2013 schwierig. Alle für eine Regierungsbeteiligung in Frage kommenden Parteien haben in den letzten Monaten und Jahren vor allem Eines unter Beweis gestellt: Wenn es darum geht, die Machtoptionen für die Zukunft zu optimieren, kann nichts mehr ausgeschlossen werden.

Da setzen sich konservative Christen für den Mindestlohn, die Reichensteuer und die Lieferung von Angriffswaffen an totalitäre Systeme ebenso ein, wie Sozialdemokraten für die Vorratsdatenspeicherung, die Fortsetzung der Hartz-IV Gesetze und die Unterdrückung und Ausbeutung der Bevölkerungen von schwachen Euro-Ländern oder die Grünen für eine Beteiligung an internationalen Militäreinsätzen, einen halbherzigen Atomausstieg, eine Fortführung von Stuttgart 21 oder eine stärkere Überwachung von Innenstädten durch die Polizei.

Die Profillosigkeit der maßgeblichen Parteien sorgt dafür, dass es zumindest in politischer Hinsicht kaum eine Rolle mehr spielt, wem wir unsere Stimme geben. Der Ausgang der Bundestagswahlen 2013 wird insofern vor allem eine dekorative Wirkung entfalten, die gut bedacht sein will. Schließlich hängt hiervon ab, wie gut wir in den Jahren von 2013 bis 2017 unterhalten werden.

Wollen wir erfahren, für welchen Haarschnitt, welchen Kostümschnitt und welchen Ausschnitt sich Angela Merkel in der nächsten Saison entscheidet? Wollen wir sie lieber neben Peer Steinbrück oder neben Jürgen Trittin sehen, wenn sie uns erklärt, dass es Deutschland so gut geht wie lange nicht? Oder wollen wir endlich einmal Andrea Nahles und Claudia Roth gemeinsam auf nur einem Bildschirm erleben, während sie uns die Alternativlosigkeit von Bundeswehreinsätzen, Waffengeschäften und Banken-Rettungen vor Augen führen?

Finden wir es unterhaltsamer, wenn Hans-Peter Friedrich an der Seite von Cem Özdemir vor der Islamisierung warnt oder es sich neben Frank Walter Steinmeier bequem macht, während er auf die zunehmende Bedrohung durch den Linksextremismus hinweist.

Wir haben die Wahl. Die Wahl zwischen drei Kandidaten und drei Konstellationen, die Wahl zwischen drei Farben und ihren möglichen Mischungsverhältnissen. Die Wahl zwischen den Vertretern einer Berufsgruppe, deren Horizont es gerade eben noch erlaubt, die bestmöglichen Voraussetzungen für die eigene Karriere zu schaffen.

Die von der Kanzlerin so häufig beschworene Alternativlosigkeit trifft nun also endlich auch auf den Urnengang zu. Es sei denn, wir schicken den von uns bezahlten und eingestellten Vertretern die Kündigung und fordern sie auf, sich ein anderes Volk zu suchen.

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19 Kommentare zu "Szenarien für 2013"

  1. “Kein Testballon wird hier gestartet, ohne dass die Reaktionen detailliert protokolliert würden.” Jacob es baut sich seit Wochen ein bundesweiter Journalistenstreik auf, wie gestern berichtet: http://www.djv.de/ und hier: https://le-bohemien.net/2011/07/29/herren-im-haus/

    Es wird also nicht einfach nur total viel (bzw. mehr als sonst) meinungsgeforscht und besonders streng beobachtet, wie du vermutest, es mangelt einfach an richtigem Textmaterial um die Zeitungen zu füllen…oder was glaubst du warum die seit Wochen immer dünner werden?

    Was nun noch in den Konzernmedien veröffentlicht wird ist zu 99% von Lohnschreibern fabrizierte PR, die sich dafür entweder nicht zu schade sind oder eben auch noch selbst völlig gehirngewaschen sind.

    …du würdigst ein bereits gescheitertes System mit viel zu viel deiner sonst sehr wertvollen Arbeit. Schön aber, dass du am Ende die Kurve bekommst: “Es sei denn, wir schicken den von uns bezahlten und eingestellten Vertretern die Kündigung und fordern sie auf, sich ein anderes Volk zu suchen.”

    Dem kann ich mich anschließen, jedoch auch mit einem Vorbehalt: Die sollen sich nicht ein anderes Volk suchen, sondern es einfach ganz sein lassen. Auch andere Bevölkerungen haben so einen Unfug nicht verdient!

  2. “Die sollen sich nicht ein anderes Volk suchen, sondern es einfach ganz sein lassen. Auch andere Bevölkerungen haben so einen Unfug nicht verdient!”

    Wir wollen nicht vergessen, das eine Mehrheit der Wähler schwarz-gelb an die Regierung gewählt hat.

    • Solveigh Calderin sagt:

      Wir wollen nicht vergessen, dass diese Regierung von weniger als 30 % der Wahlberechtigten gewählt wurde!

    • oh gott ich glaub ich such mir nen andern blog :-p …was soll das werden hier? nachfolgeprojekt für die faz wenn die jetzt den bach runtergeht? …schon das wort “wahlen”! …es gibt derzeit nicht mal ein gültiges wahlgesetz in deutschland…nichts gehört davon? …komisch…

      • …vielleicht streik ich auch mal…mal gucken :-)

      • “Wir wollen nicht vergessen, dass diese Regierung von weniger als 30 % der Wahlberechtigten gewählt wurde!”

        Ja, dank der Nichtwähler;-)

        – In Hamburg wurde eine Schulreform der Landesregierung für gemeinsames längeres Lernen von einer Bürgerinitiative gekippt.
        – In Hessen haben die Wähler für die “Schuldenbremse” gestimmt.
        – Studien zeigen auf, dass rechtspopulistisches Gedankengut und ein “soziales Klima der Kälte” in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind.
        – Karl Theodor zu Guttenberg war trotz der Plagiatsaffäre der beliebteste Politiker Deutschlands.

        Das sind nur einige wenige Beispiele, die nahelegen, dass man die Fehler nicht NUR bei der Politik suchen sollte, Frau Calderin und Herr Hauschild.

        Und bleiben sie im Sinne des Kommentarleitfadens und der Diskussionskultur in Zukunft bitte sachlich.

  3. Solveigh Calderin sagt:

    @”Es sei denn, wir schicken den von uns bezahlten und eingestellten Vertretern die Kündigung und fordern sie auf, sich ein anderes Volk zu suchen.”

    Ich bin mit Florians Antwort zu diesem Satz sehr einverstanden: “Auch andere Bevölkerungen haben so einen Unfug nicht verdient!”

    Vielleicht ist es eine Lösung, sie irgendwo auf eine einsame Insel zu schicken, da können sie sich gegenseitig regieren und schaden niemandem…

    Die Kündigung der Bundesregierung ist bereits im vorigen Jahr ausgesprochen und von mehr als 21.000 Menschen unterschrieben worden. Könnt Ihr Euch gern anschließen: http://www.wir-treten-zurueck.de/#stimmen Die Kommentare auf dieser Seite sind nicht ziemlich daneben, das ändert jedoch nichts an der Kündigung.

    Ich frage mich manchmal, ob sich die Politiker darüber im Klaren sind, dass wir – die Menschen, über deren Köpfe hinweg sie regieren – sie bezahlen? Ich bezweifle das ganz stark. Sonst könnten sie nicht so arrogant handeln.

    Das, was hier beschrieben ist und dem ich zustimme, ist Grund genug, sich an diesen Wahlen, die keine sind nicht zu beteiligen.

    Zeit für Veränderung! http://www.youtube.com/watch?v=g8VqIFSrFUU

  4. Ja Schwarz-Weiss-Denken ist nicht gut…auch deshalb schreib ich ja hier auch seit Mitte Mai hier geschätzte 10Mio Zeichen Text in denen alles bis ins letzte Detail besprochen wird.. damit ist jedem anderen, der liest ich würde Scharz-Weiss oder sonst wie denken und sich näher mit solchen Unterstellungen beschäftigt klar, dass es sich bei dieser Meinung nur um eine Schutzbehauptung des Absenders handelte. ;-)

    • “Die sollen sich nicht ein anderes Volk suchen, sondern es einfach ganz sein lassen. Auch andere Bevölkerungen haben so einen Unfug nicht verdient!”

      Ich habe mich nicht auf Ihre 10 Mio. Zeichen Text, sondern logischerweise auf Ihr obiges Kommentar zu diesem Text bezogen. Ständige Rückverweise sind keine sehr gute Argumentation, sie müssen sich schon an Ihrer Argumentation hier im Kommentarbereich messen lassen. Und hier wurde generell nunmal eine erkenntnistheoretisch abträgliche, weil vereinfachte Tendenz spürbar. “Die bösen Politiker und das arme unschuldige Volk”. Diese Robin-Hood-Logik, sofern sie nicht zu Gunsten eines analytischeren Niveaus verworfen wird, wird mich jedenfalls zu keinen weiteren Kommentaren verleiten. Denn eine infantile Politkerhetze, die andere Aspekte der politischen Kultur/Struktur blind ausklammert, führt zu nichts. (siehe unten)

      “Vielleicht ist es eine Lösung, sie irgendwo auf eine einsame Insel zu schicken, da können sie sich gegenseitig regieren und schaden niemandem…”

      Es gibt ja den zynischen Satz: “Jedes Volk hat die Regierung, die es verdient.” Auch wenn ich diesen nicht zu 100% teile.

      “Ich frage mich manchmal, ob sich die Politiker darüber im Klaren sind, dass wir – die Menschen, über deren Köpfe hinweg sie regieren – sie bezahlen?”

      Das Problem ist, dass es mittlerweile zahlungskräftigere Kunden als die einfachen Steuerzahler gibt. Man nennt das auch Spenden und Lobbyismus. Das Problem sind also nicht primär “die Politiker”, sondern die poltischen Machtstrukturen, innerhalb derer sie sich bewegen und mangelnde Anti-Korruptionsgesetze.

  5. Systemfrager sagt:

    >>> Das Problem ist, dass es mittlerweile zahlungskräftigere Kunden als die einfachen Steuerzahler gibt.

    Und solange sich dies nicht ändert, kann man von der “Demokratie” nichts erwarten. Da gibts 2 Mögichkeiten:

    1) Das ändert sich nichts. Dann komm der Prozess in Gang, den schon Platon und Aristoteles als “natürlich” bezeichnet haben: Demokratie – Diktatur – Demokratie – Diktatur – Demokratie – Diktatur – …

    2) Man findet die Möglichkeit heraus, dass die Wähler die zahlungswichtigsten Kunden der Politiker sind.

    Wenn 2, dann – Herr Müller – wird nicht mehr gelten: Das Volk bekommt, was es verdient. Die heutigen Nichtwähler – wo auch ich gehöre – sind nicht ganz dumm, sondern sie wissen, dass sie nichts ändern können. Hat SPD-Münti nicht gesagt: Wahlversprechen kann die spätere Regierungspolitik nicht beeinflussen

  6. Sebastian…man versteht einen Satz eben immer so wie man ihn verstehen will…da kann ich noch so erkenntnistheoretisch rumschwurbeln. Wenn der Empfänger es falsch verstehen WILL, dann schafft er das auch. Wo siehst du in meinem Satz bitte eine Robin-Hood-Logik nur wenn ich sage dass gewisse Leute bitte aufhören sollen eine Tätigkeit zu tun mit der sie nachweislich mehr schaden als nutzen!?

    Anstatt solche dämlichen Unterstellungen abzulassen frag DU dich doch lieber mal ob und wie eine Bevölkerung sich vielleicht auch selbst organisieren könnte…aber entweder bist du dazu selbst zu borniert und hast nicht genug Vetrauen in deine Mitbürger oder du hast halt selbst noch nen viel zu großen Untertanen-Habitus, als dass du dich endlich mal mit solchen Themen beschäftigen würdest…dazu muss man sich nämlich erst mal selbst aufmachen und neue Wege gehen…aber es ist ja immer leichter an denen rumzumotzen, die das schon tun, nicht?

    War das jetzt erkenntnistheoretisch genug?

  7. Romeo sagt:

    Merkzettel für die nächste Wahl
    ===========================
    * keinesfalls CDU/CSU, SPD, die Grünen, FDP oder die Linken wählen
    * keinesfalls rechts- oder linksradikale Parteien wählen !!!
    (also nicht NPD oder ähnliche Idioten wählen)
    * eine Woche vor der Wahl den Vorrat an kleinen Parteien wie z.B freie Wähler, Piratenpartei,… untersuchen und deren Webseiten im Internet lesen
    * Für eine dieser kleinen Parteien entscheiden und diese wählen

    Lasst euch nicht von diesem Vorhaben abbringen mit irgendwelchen dummen Argumenten wie man würde seine Stimme verschwenden.
    Wer immer noch die immer gleichen Parteien wählt die uns Bürger belügen und betrügen, DER verschwendet seine Stimme!!
    Und geht bitte auch zur Wahl und denkt nicht “es hat sowieso keinen Sinn” – nein das Wahlrecht ist noch eines der wenigen Rechte, das euch geblieben ist, also nutzt es.

    • Es gibt derzeit kein gültiges Wahlgesetz in Deutschland weil die Damen und Herren Abgeordneten sich nicht einigen konnten wie sie besagte kleine Parteien am besten benachteiligen können.

      Das von die angesprochene Wahlrecht exisitiert also nur theoretisch.

  8. e-lena sagt:

    Die Diskussion zwischen Herrn Hauschild und Herrn Müller brachte sicherlich nicht nur mich zum Lächeln, besonders das “erkenntnistheoretische rumschwurbeln” -> und das wirklich nur gut gemeint, liebe strengen Herren! :-)
    Zur Demoskopie: könnte ich meine Stimme abgeben bei der Auswahl der besten deutschen Presse-Organe, würde ich Euch und Euren Gastautoren meine Stimme geben. Zum Protokol.

    Ich finde, Romeo und Systemfrager haben recht:
    Unsere Wahlstimme ist – vorausgesetzt, es finden keine Wahlfälschungen statt – in der Tat die einzige Möglichkeit einer direkten Einflussnahme. Schaut Euch die POLITIKER an, merkt Euch alle Fehler, Fehlversprechen. Parteizugehörigkeit in den grossen Parteien ist eh fliessend, wie die Farbe eines Chameleons. Traut Versprechen nicht. Schaut Euch die kleinen Parteien an.

    Die Tatsache ist: wir müssen arbeiten, häufig lange Anfahrtswege zu Arbeit in Kauf nehmen, ca. 50% des Verdienstes wird jedem Arbeitnehmer für versagende Sozialversicherungssysteme weggenommen und …. wir wollen trotzdem noch Zeit/Geld übrig haben für unsere Familie und Freunde .
    Dehalb, vielleicht, interessieren sich die meisten Bürger NICHT für die Politik. Wir haben unseren politischen Einfluss an die Clique der teuren Berufspolitiker abgegeben im Guten glauben, dass die mit dem vielen Geld auch was Anständiges anstellen. Diesem “neuen Glauben” begegne ich leider alltäglich. WACHT AUF!

  9. dieterbohrer sagt:

    “Ich liebe Euch alle”, hat zwar dieser elende STASI-Schurke gesagt, ich aber meine es ernst, weil Ihr so engagiert seid. Das sind ja schon einmal die meisten leider nicht.

    Aber Ihr könnt Euch ohnehin entspannen: Es wird die letzte Wahl dieser bekannten und hier reflektierten Art sein: Wie immer auch das endgültige Ergebnis der sogenannten Regierung aussehen wird, das der sogenannte Bundespräsident dann mit seinen geprägten Urkunden legalisieren wird: Der Supertrust VW/BMW/Daimler hat schon den grossen Plan XXL im Kasten: Die Wirtschaft wird die Gewalt im Staate offen übernehmen, die zuvor gewählten Bundestagsabgeordneten werden in Pension geschickt; die gerade gebildete Regierung wird für die internationale Staatsschauspielerei beibehalten, weil Wirtschaftsbosse sich für solchen überflüssigen Quatsch zu schade sind. Regiert wird dann lautlos aber effektiv im Dreieck Wolfsburg-München-Stuttgart. Wer dagegen aufmuckt, wird entlassen und bekommt lebenslang Hartz IV.

    • oberham sagt:

      Wer aufmuckt, wird bereits heute entlassen, bzw. solange gemobbt, bis er von selber geht. Wer den aufrechten Gang probt, muss entweder ein weit überdurchschnittlich talentierter Zeitgenosse oder ein Einsiedler sein.
      Diogenes in seiner Tonne, ach wenn sie wenigstens an einem lauschigen, ruhigen, trockenen, Plätzchen steht, auf dass man seine Isolation wenigstens mit der Wärme der Sonne, dem Zwitschern der Vögel und dem Duft von Kräutern und Blumen teilt.

      Unsere Gesellschaft hat sich leider noch niemals in der Geschichte solidarisiert, es wurde immer das Spiel, wer gewinnt am meisten gespielt.
      Einzige Ausnahme, im Augenblick der größten Not, geht man kurz ein Zweckbündnis mit seinen Nächsten ein – doch diese Bande lösen sich, sobald einer für sich die Chance zur “effizienten” Wirtschaft erspäht.

      Ups, ich vergaß, es gibt überall auch in Deutschland Kleinstkommunen, die ein solidarisches Miteinander versuchen.
      Allerdings sollte man nicht ausklammern, dass hier schon eine gehörige Portion ideologische Selektion nötig ist, wobei es trotzdem oft nicht wirklich funktioniert.

      Wir, die wir hier die Zeit und die Möglichkeit haben, uns zumindest mittels Tastatur zu reflektieren, womöglich noch mit einer schönen Tasse Kaffee, einem Honigbrötchen und zur Jahreszeit passend frisches Obst am Tisch, sind genauso ein Teil dieser selstamen Spezies Mensch, wie eine Merkel, ein Ackermann, eine Netrebko, ein Irving, eine
      Stadler, ein Baumann und ca. 7 Mrd. weiterer Namen.

      Wir sind unglaublich begünstigt von der Gnade der geographischen und der zeitlichen Geburt.

      Ich behaupte mal schlapp, etwa 5 Mrd. Menschen auf dieser Welt haben es schlechter getroffen – nimmt man die zeitliche Kathegorie noch dazu – haben wir unisono den Hauptgewinn!

      Es könnte natürlich noch viel schöner sein auf diesem Planeten – nur, uns fehlt die Fähigkeit zum Frieden – wir kennen nur den Frieden der im Grab geborgen liegenden.

      Seien wir froh, dass unser “Krieg” sich auf Systemkritik, persönliche Wohlstandsbefindlichkeit und vielleicht den enttäuschten, hilflosen Idealismus in uns beschränkt – dass wir keinen “Krieg” um eine Hand voll Reis, um einen Schluck trinkbaren Wassers oder um einen winzigen Rest Würde führen müssen.

      Ich behaupte nochmal schlapp, jeder hier kann würdevoll in unserem Land leben – wie oben beschrieben – ein simples Beispiel: Ich habe heute beim Sattler eine uraltes Sofa zum Beziehen abgeliefert, kostet mich wohl ca. 500 Euro, der Sattler ist 70 Jahre alt, er bezieht das Sofa schon zum dritten mal.
      Für 500 Euro krieg ich ein neues Sofa im Möbelsupermarkt – ich war noch nie in einem Möbelsupermarkt.

      Wer sein Konsumverhalten nicht überdenkt, der muss erst gar nicht über die Politik und die Demokratie nachdenken!

      Entschuldigt die Belehrungen – trotzdem – denkt an Diogenes – macht Eure Augen auf, wenn ihr wieder mal in eine Einkaufscity fahrt, geht einmal durch – kauft nichts – fahrt anschließend an einen ruhigen Ort in der Natur, besinnt Euch.

      Was hat Bedeutung?

  10. blogfighter sagt:

    @Jacob Jung: Deine Analyse halte ich für zutreffend, die Schlussfolgerungen, die Du und andere daraus gezogen haben, jedoch für mehr als bedenklich

    „Es sei denn, wir schicken den von uns bezahlten und eingestellten Vertretern die Kündigung und fordern sie auf, sich ein anderes Volk zu suchen.“

    „Ich frage mich manchmal, ob sich die Politiker darüber im Klaren sind, dass wir – die Menschen, über deren Köpfe hinweg sie regieren – sie bezahlen?“
    Dieses WIR ist eine fatale Fiktion, denn es gibt dieses „wir“ nicht, weder als Gesellschaftsschicht, noch als Klasse, geschweige denn als „Volk“. Das „Wir“ ist vielmehr ein Gedankenkonstrukt der ganz üblen Art, weshalb auf seine Verwendung verzichtet werden sollte.
    Als den Erfinder des völkischen WIR – und nur als solches ist es politisch relevant geworden – habe ich den alten Kaiserwilhelm gefunden, der es sich angelegen sein ließ, im August 1914 zu verkünden, dass er „keine Parteien, sondern nur noch Deutsche“ kenne. Die Folgen sind bekannt.

    In der Weimarer Republik zerfiel das vermeintliche Volk der Deutschen in miteinander konkurrierende Fraktionen, bis der Gröfaz damit Schluss machte und das Gros der Deutschen unter seiner Wir-Parole „Ein Volk – ein Reich – ein Führer“ im kaiserlichen Ansinnen wiedervereinigte. Auch diese Folgen sind bekannt.

    Als nach 1945 neue „Parteien“ – also Teile des Volksganzen – gegründet werden mussten, kam als erstes die CDU/CSU auf die glorreiche Idee, die einzig wirkliche „Volkspartei“ – ich spreche von der NSDAP mit ihren 8 Mio. Mitgliedern im Mai (!) 1945 – zu kopieren, quasi also als „Union“ (Einheit) ideell den Organisationsgedanken der ns Bewegung in den Neuzeit mit hinüber zu retten (und nicht nur diesen); mit dem „Godesberger Programm“ schwenkte dann auch die SPD auf das Konzept der „Volkspartei“ ein, die es in der DDR als „Einheitspartei“ mit sozialistischem Anstrich schon seit 1946 gegeben hatte. Spätestens 1968 – mit der Großen Koalition – war der eine Demokratie überhaupt erst legitimierende Parteigedanke tot, so dass es Dich nicht zu wundern braucht, wenn die von Dir benannten Karrieristenvereinigungen dem „Volk“ aufs Maul schauen (lassen), statt als Avantgarde „an der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken“ ((Art. 21 GG).

    Was fehlt, das sind verschiedene (!) Parteien, die der „konzertierten Aktion“ namens massenmedialer Mainstream – wozu auch das gesamte „Bildungssystem“ mit den 850.000 Informellen Mitarbeitern des raffenden Kapitals zu zählen wäre – Paroli bieten könnte, doch der einzigen Organisation, die über die materielle Basis für einen sozial-demokratischen Systemwechsel verfügt, fehlt das Führungspersonal mit der entsprechenden „Kampfkompetenz“ http://profiprofil.wordpress.com/2011/06/01/womit-die-spd-die-wahlen-gewonnen-hatte/.

    Damit ist das parteiische (!) WIR erledigt, was niemand so gut weiß, wie die sich aufs Blut bekämpfenden Fraktionen des raffenden und des schaffenden Kapitals, denen es aber im Laufe der letzten hundert Jahre gelungen ist, durch die Wachstumsmaxime des (gesetzmäßig in periodischen „Überproduktionskrisen“ endenden) Konsumismus – ihr (!) Synonym für Freedom an Democracy – den arbeitenden Menschen und ihre Angehörigen jeden revolutionären Schneid abzukaufen.

    Was ich befürchte – und wovon auch die Intellektuellen auszugehen scheinen – das ist, dass es in den Erstweltländern das sozialistische WIR nie mehr geben wird, egal, wie hart auch die kommende Weltwirtschaftskrise die „gekauften Subjekte“ der vom raffenden Kapital ausgehaltenen Plappernden Kasten treffen wird: weil es keine revolutionäre Organisationen – im Verständnis von Rudi Dutschke gibt http://www.youtube.com/watch?v=8W-9EIWWXWY&feature=player_embedded, die an der „politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken“ imstande wären!

    Es gibt nurmehr diese politischen Scheinriesen und die karrieristisch gesonnenen und handelnden Flitschpiepen ihrer opportunistischen Gefolgschaft.

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