Das US-Repräsentantenhaus billigt eine deutliche Erhöhung der Militärhilfe für Israel
Von Sebastian Müller
Die demokratische Regierung unter US-Präsident Barack Obama hat Israel indirekt einen diplomatischen Blankocheck für seine Nahostpolitik erteilt.
Das Repräsentantenhaus beschloss am Mittwochabend, dem 15. Dezember, die Militärhilfe für Israel deutlich zu erhöhen, obwohl die meisten Haushaltsansätze der US-Regierung für das Jahr 2011 wegen akuter Finanzprobleme auf dem Niveau des Haushaltsjahres 2010 eingefroren sind.
Der größte Posten der Erhöhung betreffen mit 205 Millionen Dollar die Anschubfinanzierung des Projekts Iron Dome (Eisenkuppel), eines Abwehrschirmes gegen Kurzstreckenraketen. Obama hatte das Geld zwar schon im Mai dieses Jahres zugesagt, es wurde aber bis jetzt zurückgehalten.
Wie die Jerusalem Post berichtete, soll die Militärhilfe für Israel, die 2010 bei 2,775 Milliarden Dollar lag, im Haushaltsjahr 2011 auf insgesamt 3 Milliarden Dollar aufgestockt werden, während die Militärhilfen für Ägypten und Jordanien auf dem Niveau von 2010 bleiben sollen.
Diese Steigerung resultiert aus einer für zehn Jahre geltenden Absichtserklärung, auf die sich die USA und Israel verständigt haben. Weil es dem Kongress bisher aber nicht gelungen ist, einen regulären Haushalt für das Jahr 2011 zu verabschieden, hatte man sich darauf geeinigt, die Haushaltsansätze aus dem Jahr 2010 einfach zu übernehmen, damit die Regierung überhaupt Geld ausgeben kann. Deshalb hätte eigentlich auch die Militärhilfe für Israel auf dem Stand des Jahres 2010 eingefroren werden müssen.
Andere Militärhilfen für Israel – zum Beispiel die 200 Millionen für den Abwehrschirm gegen Langstreckenraketen und das System David’s Sling (Davids Schleuder) zur Abwehr von Mittelstreckenraketen – bleiben auf dem Niveau von 2010.
Das David’s Sling Waffen System/ DSWS wurde und wird seit Ende Oktober 2009 von der israelischen Firma Rafael Advanced Defense Systems Ltd. mit der US-Firma Raytheon Missile Systems für über 100 Millionen Dollar entworfen und entwickelt.
Die Erhöhung der Militärhilfe für Israel wurde vom Repräsentantenhaus mit 212 gegen 206 Stimmen beschlossen; sie muss noch vom Senat bestätigt werden, damit sie durch die Unterschrift des Präsidenten Gesetzeskraft erlangen kann. Der demokratische Abgeordnete Steve Rothman, einer der überzeugten Befürworter der Erhöhung, machte den amerikanischen Standpunkt unmissverständlich klar:
Wenn man bedenkt, das unsere Bürger genau kontrollieren, wofür wir jeden einzelnen Dollar ausgeben – auch wenn das für die Verteidigung der USA und unserer Verbündeten geschieht – ist die Erhöhung der Militärhilfe für Israel ein Zeichen für die große Bedeutung, die wir seinen Vorhaben zumessen. Die erhöhte Militärhilfe ist eine deutliche Botschaft – sowohl an die Feinde der USA als auch an unsere Verbündeten; wir stellen Israel mehr Geld als jemals zuvor für die Errichtung seiner Raketenabwehrschirme zur Verfügung.
Allerdings dürfte das Raketenabwehrsystem “Eisenkuppel” indirekt nicht nur defensiven Überlegungen geschuldet sein, sondern auch zur Abwehr einer iranischen Vergeltungsaktion im Falle eines israelischen Militärschlages gegen das iranische Atomprojekt dienen.
Bereits vor einem guten Jahr haben die Vereinigten Staaten und Israel – von der Weltpresse kaum beachtet – die größte gemeinsame Übung zum Abfangen von Raketen beendet, die jemals von den beiden Staaten durchgeführt wurde. Sie wird, was Umfang und die Raffinesse angeht, als das vielleicht umfassendste Manöver bezeichnet, das mehrere Staaten gemeinsam veranstaltet haben. Die Übung schloss auch das Abfeuern von Raketen ein, die zum Abfangen ballistischer Raketen geeignet sind.
Vor diesem Hintergrund zitierte am 2. November die BBC unter der Überschrift “Der Schatten hinter den Kriegsspielen der USA und Israels” einen Korvettenkapitän der US-Navy, der zum Hauptziel des Manövers Juniper-Cobra gesagt hatte:
Wir sind aus einigen sehr spezifischen Gründen hier, wegen spezifischer Bedrohungen, die gegen die Israelis gerichtet sind, und die uns auch interessieren. Mehr möchte ich dazu nicht sagen.
Im gleichen Bericht wird ein Szenario erwähnt, über das die von der BBC interviewten US-Militärs nicht reden wollten:
Israel bombardiert iranische Atomanlagen – und der Iran schlägt zurück. In diesem Fall bräuchte Israel ganz bestimmt einen Raketenabwehrschild – bestehend aus einem hoch empfindlichen Radarsystem großer Reichweite und Antiraketen-Raketen des Typs Patriot – und genau der wurde in den Kriegsspielen dieser Woche getestet.
An der Operation Juniper-Cobra sind etwa 2.000 amerikanische und israelische Soldaten beteiligt. Sie findet regelmäßig alle zwei Jahre statt, aber in diesem Jahr wird heftiger als sonst spekuliert, dass sich Israel darauf vorbereitet, den Iran zu bombardieren, um dessen vermutetes Atomwaffenprogramm zu stoppen.
Auch deutsche Waffentechnologie und Rüstungshilfe spielen in den strategischen Überlegungen Israels eine bedeutende Rolle. Im Jahr 2009 lieferte Deutschland zwei U-212 Unterseeboote der Dolphin-Klasse an Israel, von denen “Marschflugkörper mit Atomsprengköpfen” starten können.
Mit den beiden neuen U-Booten verfügt Israel jetzt über insgesamt fünf deutsche Unterseeboote; es sind die teuersten Waffensysteme in Israels Arsenal. Israelische Medien haben berichtet, den Dolphin-Unterseebooten fiele bei einem Angriff auf die umstrittenen Atomanlagen des Irans eine Schlüsselrolle zu. (Agence France-Presse, 29.09.2009)
Am 15. Oktober 2009 veröffentlichte die JERUSALEM POST zudem einen Bericht, der Information eines französischen Magazins rezipierte und in dem zu lesen war, das Israel frühestens nach Dezember 2009 militärische Aktionen gegen den Iran plane. Gabi Ashkenazi, der Generalstabschef der Israel Defense Forces/ IDF, soll bei seinem jüngsten Besuch in Frankreich dem französischen Generalstabschef Jean-Louis Georgelin mitgeteilt haben, dass Israel zwar nicht plane, den Iran zu bombardieren; man möglicherweise aber Elitetruppen entsenden werde, um Aktivitäten am Boden zu entfalten. Denkbar seien Sabotageakte gegen Atomanlagen und die Ermordung führender iranischer Atomwissenschaftler.
Die gemeinsamen Geopolitischen und strategischen Interessen der USA und Israels in der Iranfrage stehen im Widerspruch zum ursprünglichen Vorhaben Barack Obamas, den Nahost-Friedensprozess auch mit erhöhten Druck auf die Regierung Netanjahu/ Lieberman voranzubringen. Auch im wochenlangen Ringen um den Stopp des israelischen Siedlungsbaus knickte die Obama-Administration ein.