Madagaskar

Neokoloniales Gerangel

Von David Noack

Abseits von der Weltöffentlichkeit ist Deutschland im Kampf um die ostafrikanische Insel Madagaskar ein kleiner diplomatischer Erfolg gelungen. Berlin ist es jedoch bisher nicht wieder gelungen, die Insel wieder unter deutschen Einfluss zu bringen.

Lange Zeit war Madagaskar französische Kolonie (1890- 1958). Nach dem Entlassen in die Unabhängigkeit blieb Madagaskar ein Teil der Frankophonie – also unter wirtschaftlicher Hegemonie des ehemaligen Mutterlandes. Bis zur Präsidentschaftswahl 2001: Der Intimus der Friedrich-Ebert-Stiftung, Marc Ravalomanana, wurde Staatsoberhaupt auf der Insel.

Der ehemalige deutsche Bundespräsident Herzog hat die parteinahen Stiftungen – Heinrich-Böll-Stiftung (Grüne), Friedrich-Ebert-Stiftung (SPD), Friedrich-Naumann-Stiftung (FDP), Konrad-Adenauer-Stiftung (CDU), Hanns-Seidel-Stiftung (CSU) – als “wirksamste und bewährteste Instrumente der deutschen Außenpolitik“ bezeichnet. Der bundesrepublikanische Kulturvertreter auf der Insel schwenkte während der Amtseinführung des neuen Präsidenten Ravalomanana die schwarz-rot-goldene Flagge – und wurde später dafür ausgezeichnet.

Doch Anfang des Jahres schlug Frankreich zurück: „Vergangenen Sommer wurde Gildas Le Lidec zum französischen Botschafter auf der „roten Insel“ ernannt. Präsident Ravalomanana wurde misstrauisch, schließlich war Le Lidec im Jahre 2000 Botschafter im Kongo und von 2002 bis 2005 in der Elfenbeinküste, während dort pro-französische Aktivitäten Paris missliebige Präsidenten in Bedrängnis brachte. In madagassischen Zeitungen war zu lesen: „Er ist hier, um den Präsidenten zu erschießen!“ Der Botschafter wurde nach nur fünf Monaten zur „persona non grata“ erklärt und musste das Land verlassen. […] Zwei französische Oberste kamen im Januar ins Land, um das Militär zu „beraten“.Quelle: NRhZ vom 01.04.2009

Die Beratung zahlte sich aus: Madagassische Militärs wendeten sich gegen den Präsidenten und der Intimus der ehemaligen Kolonialmacht Andry Rajoelina wurde eingesetzt. Doch das französische Kalkül ging nicht auf: Die neue Regierung wurde nicht anerkannt. Die Afrikanische Union suspendierte die Mitgliedschaft Madagaskars. Die südafrikanische Entwicklungsgemeinschaft verweigerte ebenfalls die Anerkennung. Deutschland stellte seine Entwicklungshilfekooperation ein und erhöhte die Stufe der Reise- und Sicherheitshinweise.

Frankreich verurteilte nach dieser einmütigen Verurteilung des Putsches zwar auch die Ereignisse, will aber die nächsten Wahlen abwarten. Eine klare Positionierung für die „Interimsregierung“.

Ende September ereignete sich dann ein weiterer Rückschlag für Paris und das Rajoelina-Regime: Der selbsternannte Präsident durfte nicht vor UN-Vollversammlung sprechen, nachdem eine Mehrheit der anwesenden UN-Mitglieder dagegen stimmte. Nachdem nun Mitte Oktober die Vermittlungsgespräche zwischen legitimen (Berlin-freundlichen) Präsident Ravalomanana und dem de facto (Paris-freundlichen) Präsident Rajoelina abgebrochen wurden, ist die Zukunft des Landes ungewiss.

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