Žižek, Laclau und Mouffe
Mehr Populismus wagen?

Wer denkt, […] ist nicht wütend“, hieß es einmal bei Adorno. Ach was, sagen die neuen Freunde des Populismus, Wut ist gut!

Es gibt einen rechtspopulistischen Affekt. Seit einigen Jahren schon bewegt er sich durch Europa und war allein den vergangenen dreizehn Monaten bei Wahlen beeindruckend erfolgreich in Dänemark, der Schweiz, Frankreich, Polen, Österreich und Großbritannien. Noch im Herbst könnte er in Österreich und den USA präsidentielle Weihen erhalten. Das Phänomen scheint von Dauer zu sein und der rechtspopulistische Großerfolg auch hierzulande ist vielleicht nur noch eine Frage der Zeit – bei den Landtagswahlen im März hat die AfD schon einmal Anlauf genommen, die kommende in Mecklenburg-Vorpommern könnte zum Triumphzug werden. Man fragt sich zunehmend: Was tun?

Gewiefte Linke haben eine Idee, die nun diskutiert wird. In der politischen Theorie, aber auch in den Feuilletons tobt seit einigen Monaten eine Populismus-Debatte. Unter den linksliberalen und sozialistischen Demokraten gibt es nämlich einige, die das P-Wort nicht fürchten, sondern zur Lösung erklären. Ihre Vordenker heißen Ernesto Laclau und Chantal Mouffe, ein Intellektuellenpaar, das in den vergangenen Jahren linke Regierungen in Lateinamerika beraten hat; sein Credo: Dem rechten könne man nur mit einem linken Populismus wirksam begegnen. Laclau bezeichnet ihn als die „die Stimme derer, die aus dem System exkludiert sind“. Dieser überzählige Rest der Gesellschaft sei aber nicht bloß ausgeschlossen, sondern auch noch zerstreut, weshalb es eine Strategie der Bündelung brauche:

„Wir müssen Populismus als den Weg betrachten, die Einheit einer Gruppe erst zu konstituieren“.

Mouffe wird noch deutlicher, wenn sie sagt, es müsse darum gehen, „ein Volk zu schaffen“.

Das ist kein schönes Wort, es hat einen unguten Klang und nach der SPIEGEL-Lektüre wissen wir, warum: In einem Artikel beruft sich Jakob Augstein auf Laclau und, wusste, dass das „Volk“ nicht für sich selbst bestehen könne und einen Feind brauche, um zu sich zu kommen. Augstein findet ihn schnell in den „Eliten und Oligarchen“, den Profiteuren des Neoliberalismus. Ob dessen Nutznießer aber auch die Erfinder sind, ob es überhaupt gewiefte Hintermänner gibt, die dem Glück der „normalen Leute“ (Augstein) im Wege stehen, steht auf einem anderen, analytischen Blatt, von dem die intellektuellen Antiintellektualisten aber nicht allzu viel wissen wollen. Das heißt: sie selbst schon, aber ihr „Volk“, dessen Wichtigkeit zu betonen sie nicht müde werden (Laclau findet, dass „die plebs der einzig legitime populus ist“), müsse das nicht. Der Impuls, der Affekt sei dagegen genau der richtige Leitstern fürs Volk, denn gerade die graue, angestaubte Sachlichkeitsdoktrin habe dem Rechtspopulismus das Feld der Emotionen geräumt. Jetzt dürfe, solle sich mal richtig ausgetobt, sich echauffiert werden.

Wer denkt, […] ist nicht wütend“, hieß es einmal bei Adorno. Ach was, sagen die neuen Freunde des Populismus, nur raus damit, Wut ist gut! Der Skeptiker mag vorsichtig dagegen einwenden: Und was ist mit der Kritik der politischen Ökonomie? Schließlich ist das Gefühl tückisch, es kann sich an alles Mögliche heften und ist ein unzuverlässiger Kamerad auf dem Weg zur Befreiung. Brauchen wir nicht noch immer die gute alte Ideologiekritik? Nur nicht zu viel davon, entgegnen die Populisten, und bloß nicht als Gegenstand langweiliger Debatten! Es scheint: Die linkspopulistischen Intellektuellen wollen, dass man das Denken besser ihnen überlasse – sie, die neoleninistische Avantgarde, bildet den Kopf, das Volk, der große Lümmel, ist bloß eine formbare, affektgetriebene Masse.

Gegen derlei Bevormundung ist an der alten marxistischen Parole festzuhalten, dass die Befreiung der Arbeiterklasse nur das Werk der Arbeiterklasse selbst sein könne – dazu gehört aber auch, dass sich die Arbeiter von sich selbst befreien, dass sie sich als Klasse aufheben müssen. Denn auch sie sind heillos verstrickt in den kapitalistischen Gesamtzusammenhang, weil sie fleißig mittun und die Hoffnung aufs ganz Andere kaum noch haben. Doch das hieße, von einer Affektpolitik abzurücken und die „Anstrengung des Begriffs“ (Hegel) nicht zu scheuen. Aber so nah, dass sie ihm diese Fähigkeit zur Einsicht zutrauen würden, sind die intellektuellen Populisten dem Volk dann doch nicht. Also lassen sie es, so wie es ist, weiterwurschteln und machen ihm, um es von der rechten Konkurrenz wegzulocken, lieber ein paar paternalistische Angebote. So muss sich niemand ändern, alles bleibt beim Alten; Linkspopulismus ist kommod.

Die Linkspopulisten sehen die Sache so: Die Menschen stehen vorm Schaufenster und können sich für das Produkt Emanzipation oder Barbarei entscheiden. Und nur weil die Barbarei die geschicktere Werbung platziert hat, entscheiden sich die leeren Subjekthüllen für sie. Den Massen wird nicht einmal zugetraut, eine rassistische Partei zu wählen, weil sie selbst rassistisch denken; sie sind immer bloß fehlgeleitete Schafe, die den richtigen Hirten noch nicht gefunden haben. Das erniedrigt sie erstens zu äußerst stumpfen, blinden Wesen und spricht sie zweitens vorschnell frei von Verantwortung.

Dass die grölenden rechten Horden nur noch nicht genug vom Klassenkampf gehört haben, und ganz bestimmt zu geläuterten, eifrigen, linken Kosmopoliten werden, sobald die seligmachende Botschaft sie endlich erreicht hat, ist nicht sehr überzeugend. Wahrscheinlicher ist: Diese Leute hassen jeden Gedanken an Emanzipation, sie wollen keinen Klassenkampf, keine Assoziation der freien und gleichen Individuen, sondern sie wollen rassistisch sein und sind bereit, dafür Opfer zu bringen. Das ist ihre derzeitige Gefühlslage und die ist bei der Ideologiekritik wohl deutlich besser aufgehoben als in der politischen Arena, in die der Linkspopulismus sie zerren will.

Ins linkspopulistische Horn stößt auch der marxistische Philosoph Slavoj Žižek, der für das Jahr 2015 zwei Krisenreaktionen in Europa beobachtet hat: eine emanzipatorische Antwort von Syriza und Podemos und eine autoritäre, faschistoide, die der Front National (aber auch der islamistische Terrorismus) gibt. Es komme nun darauf an, den Rechten das Wasser abzugraben, indem die Linke den Frust für ihre Zwecke einspannt.

Dahinter, und Žižek nennt diese Quelle, steckt die Einsicht Walter Benjamins aus den 1930er Jahren, dass jeder Faschismus die Reaktion auf eine vertane Chance zur Revolution ist – weil die Linke einst versagte, kommen nun die Rechten zum Zuge. Beiden liegt ein und dasselbe diffuse Unbehagen an der Gegenwart zugrunde, das die politischen Bewegungen auf ihre Weise in ein Programm zur Veränderung gießen und damit um die Gunst der Unzufriedenen buhlen.

Aber das Benjamin-Zitat, und das wird gern unterschlagen, geht noch weiter: Der faschistischen „Ästhetisierung der Politik“ müsse von emanzipatorischer Seite mit der „Politisierung der Kunst“ begegnet werden. Linkspopulisten machen aber etwas anderes, sie ästhetisieren die Politik und fordern den Rechtspopulismus damit dort heraus, wo er am stärksten ist. Ein Sieg dürfte schwer und auch nur möglich sein, wenn sie die Rechten soweit imitieren, dass sie ihnen gefährlich nahe kommen. Und dann gibt es plötzlich „Fremdarbeiter“-Debatten von links.

Eine Politisierung der Kunst dagegen, so wie Benjamin sie gefordert hat, müsste die Hoffnung auf das ganz Andere dem Kunstwerk entnehmen und das darin erfahrene Glücksversprechen auch gesellschaftlich einfordern. Mit Linkspopulismus hätte das dann nicht mehr viel zu tun, eher mit einer vagen Hoffnung, die Gesellschaft möge anders eingerichtet sein, die sich dann aber mit der „Anstrengung des Begriffs“ (Hegel) verbindet.

Freilich: Der Grat zwischen zweckgebundener Propagandakunst, die letztlich doch wieder mit dem Populismus im Bunde steht, und einem (relativ-)autonomen Kunstwerk, das „interesseloses Wohlgefallen“ (Kant) erzeugt, dann aber über sich hinausweist und in die Sphäre des Politischen einbricht, ist schmal. Aber was bliebe sonst? Gehen wir davon aus, dass die Veränderungsmöglichkeiten einstweilen verstellt sind und die politischen Räume heillos okkupiert sind vom schlechten Ganzen, so vermag womöglich Kunst allein sich als Raum einer minimalen Freiheit zu behaupten. In ihm könnte Kritik noch möglich sein.

Vielleicht müsste die Debatte um Gefühl und Vernunft in der Politik daran anschließen – am ganzen, nicht am halben Benjamin. Denn die Menschenseele ist ja wirklich nicht aus Stein und will gestreichelt werden. Aber der Populismus streichelt sie nicht, er tut ihr Gewalt an.

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8 Kommentare zu "Žižek, Laclau und Mouffe
Mehr Populismus wagen?"

  1. andi sagt:

    Nach allem, was ich so über und von Laclau und La Mouffe gelesen habe, beziehen sie sich doch sehr stark auf Foucault und andere postmoderne Autoren vor allem Derridas Dekonstruktivismus. Wenn zumindest Laclau mit dem Populismus wie im Artikel zitiert, denjenigen eine Stimme geben will, die exkludiert sind, dann meint er nach meinem Verständnis gerade so etwas wie die LBGT-Bewegung. Als Lehre aus den Kaderparteien marxistisch-leninistischen Zuschnitts versuchen la Mouffe und Laclau gerade die Pluralität sozialer Bewegungen mit Hilfe diskurstheoretischer Mittel zu einem Projekt radikaler Demokratie zusammenzubauen, ohne jedoch den theoretischen Mörtel dafür zu liefern und ausreichend zu spezifizieren, worin sich die radikale Demokratie von der vorherrschenden unterscheidet. Das Volk muss aus der dekonstruktivistischen Sicht freilich als Diskurs erst geschaffen werden, weil es das so nicht gibt.

  2. Hase sagt:

    “Die Linkspopulisten sehen die Sache so: Die Menschen stehen vorm Schaufenster und können sich für das Produkt Emanzipation oder Barbarei entscheiden. Und nur weil die Barbarei die geschicktere Werbung platziert hat, entscheiden sich die leeren Subjekthüllen für sie.”

    Das ist zwar überspitzt, aber dennoch ganz treffend. Ja, so denken wir Linkspopulisten. Was daran soll falsch sein?

    Sie meinen, das wäre bevormundend. Was nicht ganz richtig ist, denn es soll ja gerade ein Kampf um die Meinungshoheit gewonnen werden. Bei simpler Bevormundung wäre es egal, was die Massen denken.

    Man kann berechtigter Weise kritisieren, so ein Menschenbild sei nicht sehr positiv. Richtig ist, im Gegesatz zum klassischen Liberalismus kann man als Linker nicht davon ausgehen, dass alle Menschen von Natur aus Vernunftbegabt sind und Politik zu ihrem eigenen besten betreiben. Überheblich? Vielleicht. Aber wahr.

    Gucken sie sich die Entwicklung der letzten Jahrzehnte an. Wenn in einer Demokratie der Lebensstandart breiter Bevölkerungsteile stetig sinkt, dann kann es mit der Vernunftbegabung beim Wahlverhalten nicht so weit her sein – jedenfall nicht solange man nicht annimmt, die Masse der Lohn- und Transferabhängigen wolle lieber prekärer leben.

    Wenn aber die Masse der Wahlberechtigten offensichtlich nicht so abstimmt, dass ihnen ökonomisch zugute käme muss man sich fragen, warum das so ist. Die alte Antwort, wonach die herrschende Ideologie die Ideologie der Herrschenden ist, ist da nach wie vor die plausibelste (natürlich gibt es Haufenweise Theorektiker, die diese Ansätze weiter getrieben haben als Marx, aber die Richtung nimmt eben hier ihren Anfang).

    Das heißt nicht, dass die Masse der Menschen irgendwie geistig behindert wäre. Ne. Man muss sich aber mit Dingen auch erst mal befasst haben, sie durchdacht haben, bevor man zu den verstandesgemäß besten Schlüssen kommt. Die Masse der Menschen hat eben nicht “Philosophie in Tübingen und […] zuvor […] Politik- und Geschichtsstudium in Leipzig, Berlin, Lyon, Paris und Brügge” studiert. Ist auch gesellschaftlich nicht machbar. Jemand muss ja produktiv arbeiten. :b
    Bei der Masse der Menschen läuft die politische Bildung also bestenfalls nebenbei. Es geht eben nicht darum den Menschen als “äußerst stumpfen, blinden Wesen” zu brandmarken.

    Sie meinen weiterhin, der Linkspopulismus sei bequem, er belasse die Menschen wie sie sind. Das Gegenteil ist wahr und hier widersprechen sie sich auch selbst. Der Linkspopulismus will die Menschen formen. Er will sie mit ihrem Verstand ansprechen und über das bloße Ausleben ihre Affekte (zB Rassismus) hinausbringen. Bequem ist es, so zu tun als gäbe es da eben Rassisten, die vermutlich schon als Rassisten auf die Welt gekommen sind und die man einfach doof finden muss, dann wird alles besser. Letzteres implizieren sie. Bei ihnen sozialisiert sich der Mensch im luftleeren Raum.

    Jetzt fragen sie vielleicht, was daran Polulismus sein soll, die Menschen mit ihrem Verstand anzusprechen. Der Polulismus liegt für mich darin, die Sprache der Menschen zu sprechen, eben keinen Elitendiskurs zu führen. Sie schwadronieren von “rechten Horden”. Eben das ist der Blick von oben. Es ist ein Blick der ein Freund-Feind-Schema abseits der ökonomischen Verhältnisse schaffen will. Der zentrale gesellschaftliche Kampf ist dann nicht mehr einer zwischen Ausgebeuteten und Ausbeutern, sondern verschiebt sich hin zu einem Konflikt zwischen Kosmopoliten und Globalisierungsverlierern.

    Ganz vereinfacht: Es wird heute unter dem Schlagwort Links/Rechts eine Debatte geführt ob nun der Immigrant gegen den einheimischen Proletarier ausgespielt werden soll, oder einheimische Proletarier gegen den Immigranten. Das ist fatal. Aus linker (meinetwegen linkspopulistische) Sicht muss es dagegen heißen: Umverteilung von den Wohlhabenden zu den Nichtshabenden. Den Kampf um die Brotkrumen vom großen Tisch – und genau das ist Rechtspopulismus – muss man als solchen entlarven.

  3. Günter Buchholz sagt:

    Kritik der „Postmodernen Linken“

    Kaum ein Wort hört oder liest man in den Medien so häufig wie den Begriff „Rechtspopulismus“, obwohl in den jeweiligen Sachzusammenhängen fast immer völlig unklar bleibt, was erstens „Populismus“ und was zweitens „rechts“ sein soll, oder, ganz genauso, was „links“. Hinzu kommt, daß der Begriff Rechtspopulismus immer als Vorwurf und als negatives Etikett verwendet wird, aber eine Begründung dafür fehlt und wird durch den anklagenden oder diffamierenden Tonfall ersetzt. So kann man die vermeintlich Dummen manipulieren, meint man wohl, ohne eine Begründung nennen zu müssen, eine Begründung, an der es tatsächlich fehlt.

    Der Begriff des Rechtspopulismus setzt voraus, daß es auch den Begriff Linkspopulismus geben muß, aber dieser wird so gut wie nie verwendet, weil die negativen emotionalen Konnotationen, die in der öffentlichen Propaganda dem Populismusbegriff beigemengt werden, dann unvermeidlich auch auf die zurückfielen, die den Begriff oft, gerne und immer vorwurfsvoll verwenden.

    Aber logisch gibt es keinen Rechtspopulismus ohne Linkspopulismus. Was tatsächlich zu beobachten ist, das ist, daß Linkspopulisten alle jene, die ihre Weltsicht und Programmatik nicht teilen, also alle Nicht-Linkspopulisten, vorwurfsvoll und pauschal als Rechtspopulisten bezeichnet, die zugleich als solche diffamiert werden.

    Wir halten fest: Linkspopulisten bezeichnen also alle Nicht-Linkspopulisten als Rechtspopulisten, um ihnen damit implizit vorzuwerfen, keine Linkspopulisten zu sein, so wie sie selber es sind.

    Aber was gilt jenen, die Linkspopulisten sind, aber so nicht benannt werden wollen, als „links“?

    Erstens sicherlich der Feminismus/Genderismus mit seiner Prägung durch die postmoderne (französische) Philosophie, zweitens die homophile Politik zwecks Normalisierung der Homoerotik, drittens, paradoxerweise, die Islamophilie. All das wird als „links“ bezeichnet. Aber warum?

    Tatsächlich hat nichts davon mit dem, was historisch gesehen politisch links war, d. h. mit der theoretischen und praktischen Kritik der kapitalistischen Produktionsweise, sozialgeschichtlich mit der Entwicklung der Arbeiterklasse innerhalb dieser Produktionsweise und womöglich über sie hinaus, noch irgend etwas zu tun.

    Erstens: Feminismus/Genderismus führen zu objektiv rechten Politiken, weil sie u. a. in einer Privilegierungspolitik für Frauen zu Lasten von Männern resultieren.

    Zweitens: die Normalisierung der Homoerotik ist ebenfalls ein objektiv rechtes Projekt, weil in ein entsprechendes geopolitisches Konzept der Bevölkerungspolitik eingebunden ist.

    Drittens: Islamophilie ist erstens Ausdruck der irrig für harmlos gehaltenen Expansionswünsche der OIC, zweitens eine selbstbetrügerische Maskierung des alten Antisemitismus, drittens, aufgrund der objektiven Merkmale des Islam, eine profaschistische, also rechtsradikale Politik.

    Und all dies wird in der Öffentlichkeit nun von Linkspopulisten irrig oder schwindelhaft mit dem Etikett vermarktet, das sei politisch links. Aber eine gesellschaftlich relevante Linke im eigentlichem Sinne gibt es längst nicht mehr. Was es gibt, das sind Leute, die verschiedene rechte Politiken vorantreiben und sich selbst als Linke i. w. S. wahrnehmen, und die sich gegen die anderen, die (bösen) „Rechtspopulisten“ abgrenzen, weil sie sich selbst als „die Guten“ wahrnehmen, was zur Spottbezeichnung der Gutmenschen, also der Linkspopulisten, geführt hat.

    Aber es sind die Nicht-Linkspopulisten, oder die „Rechtspopulisten“, die Front machen

    gegen die profaschistische Islamisierung der Gesellschaft,

    gegen die Normalisierung der Homoerotik, und

    gegen die Privilegien und Absurditäten von Feminismus/Genderismus,

    nicht diejenigen mit der Falschdeklaration „Linke“.

    Für sie hat Lucas Schoppe den treffenden Begriff „Postmoderne Linke“ vorgeschlagen.

    Aber diese „Postmoderne Linke“ steht eben gar nicht links, sondern – objektiv – rechts!

    Was sie aber nicht wahrhaben will …

    Es gilt: Summe der Fehler der etablierten Parteien = Erfolg der AfD

    Der Erfolg der AfD erklärt sich somit nicht aus dieser Partei, sondern aus den Fehlern der etablierten Parteien. Ohne diese Fehler gäbe es gar keine AfD.

    Eine selbstkritische Fehlerdiskussion steht daher für die etablierten Parteien auf der Agenda.

    http://frankfurter-erklaerung.de/2016/08/populismus-rechtspopulismus-linkspopulismus/

  4. Günter Buchholz sagt:

    Auf geistiger Ebene ist die postmoderne Philosophie ein Übel, und soweit die moderne Linke sich durch sie zur postmodernen Linken gewandelt hat, ist sie ebensfalls ein Übel.
    Zur Kritik dieses modernen Irrationalismus siehe:
    http://alexander-ulfig.de/2016/07/18/das-elend-der-postmoderne/

    Was die postmoderne Linke allererst brauchte, und dies anstelle einer Gegner-beschimpfung, das wäre eine bitterernste Selbstkritik, eine Benennung und selbstkritische Bearbeitung der eigenen Fehler – sowohl im Denken wie im Handeln.

    Wenig nervt mehr als diese insuffiziente und mit Besserwisserei und falscher moralistischer Dominanz verbrämte postlinke Pseudoanalyse, die sich ihrer eigenen Unwahrheit nicht bewußt ist.

  5. G.S. Hart sagt:

    Leider schwafelt der Autor des Artikels nur allgemein daher, anstatt den Linkspopulismus kritisch unter die Lupe zu nehmen.
    Was bedeutet Linkspopulismus konkret?
    Es sind Illusionen und Lügen, welche von – im doppelten Sinne – „linken“ Polit-Popstars und BerufspolitikerInnen propagiert werden.
    Diese wollen Publicity, wollen in Talkshows eingeladen werden und ihre Bücher verkaufen bzw. vom „dummen Stimmvolk“ Stimmen für ihre Partei und Karriere akquirieren.
    Glauben LinkspopulistInnen an ihre eigene Propaganda?
    Never ever.
    Eine Sahra Wagenknecht weiß genau, dass angesichts der realen Machtverhältnisse es niemals eine Umverteilung nach unten oder eine Rückkehr zur „Sozialen Marktwirtschaft“ geben wird.
    Die Zahl derer, die auf diese Art von „linkem“ Populismus hineinfallen, wird immer geringer. Daher der Niedergang der SPD und die Stimmenverluste der Linkspartei.

    • Hase sagt:

      Wenn sie ein klitzekleinwenig nachgedacht hätten wäre ihnen aufgefallen dass es unfassbar unlukrativ ist linker Politiker zu sein und dass dieselben Personen in so ziemlich jedem anderen Betätigungsfeld mehr finanziellen Erfolg hätten. Auch Verschwörungstheorien benötigen ein Minimum an Plausibilität. ;)

  6. JanusB sagt:

    Sieht denn keiner die sprachliche Eleganz, den brillanten Stil? Der Text scheint fast schon zu jenen Kunstwerken zu gehören, deren Politisierung der Autor einfordert. Aber die meisten Kommentatoren sind offenbar blind dafür, sie haben kein Sprachgefühl und so schreiben sie auch.

  7. FriedoK sagt:

    Den Artikel finde ich ganz lesenswert, vielen Dank erstmal dafür. Aus meiner Sicht ist die Frage nach dem Umgang mit dem Populismus sehr zentral und sehr wichtig, denn sie trägt dazu bei, sich gegenüber der erstarkenden Rechten zu positionieren ohne im postmodernen Partikularismus zu enden. Gleichzeitig belebt sie auch die Auseinandersetzung mit oder vielmehr über das politische Subjekt wieder.

    Leider sind einige Ausführungen in dem Aufsatz allerdings sehr unscharf/wenig ausführlich und werden den besprochenen Autoren nicht gerecht. Zumindest gilt dies für Zizek. Soviel vorab: Zizek ist kein Verfechter des Populismus. Er hat gewisse Sympathien für linke populistische Strömungen. Dabei handelt es sich aber eher um ein politisch-instrumentelles Verhältnis. Populistische Strömungen sind häufig in der Lage, mit ihren Forderungen die Unfähigkeit des liberal-kapitalistischen Systems zu offenbaren, seinen eigenen Ansprüchen gerecht zu werden. Zizek bezieht sich dabei oft auf sogenannte “Points of Impossibility”, einen Begriff, den er von Alain Badiou übernommen hat. Gemeint sind damit Sollbruchstellen im System, an denen immanente Inkonsistenzen sichtbar werden. Hier können populistische Bewegungen ansetzen, indem sie beispielsweise gleiche Chancen für alle fordern – eine Forderung, die eigentlich ein universelles Prinzip im liberalen Kapitalismus ist, das von ihm aber niemals eingelöst werden kann. Solche Forderungen können dazu dienen, die Möglichkeiten des Denkbaren zu erweitern. Zizek vergleicht das in Vorträgen manchmal mit der Truman-Show. Eigentlich sind es moderate Forderungen, die keinen revolutionären Gehalt o.ä. haben. Wenn man aber an der richtigen Stellen ansetzt (bei Truman ist es die Wand jenseits des Wassers), dann fällt die Realität, die dominante Ideologie usw. auseinander.

    Das Problem ist aber, dass populistische Strömungen, so wie das kapitalistische System, selbst in sich widersprüchlich sind. Auch sie verschleiern in der Gesellschaft vorherrschende Antagonismen. Es gibt schließlich nur “ein Volk”, das es zu repräsentieren gibt. Das sechste Kapitel in seiner Monographie “In Defense of Lost Causes” hat Zizek “Why populism is (sometimes) good enough in practice, but not good enough in theory” genannt. Dieser Titel ist schon sehr richtungsweisend. So sinnvoll einige Forderungen von populistischer Seite sein mögen, so wenig taugt der Populismus dazu, eine genuine politisch-systemische Alternative zu finden. “Für einen Populisten ist der Fehler letztliche niemals das System selbst, sondern der Eindringling, der es korrumpiert hat”. In diesem Sinne ist der Populismus das schlechte Gewissen der etablierten Politik. Das gilt übrigens sowohl für links als auch für rechts (wie man jetzt auch sehr schön wieder in den Diskussionen der CDU über die AfD sehen kann). Für Zizek kann dies aus theoretischer Perspektive niemals befriedigend sein (und aus praktischer eben auch nur manchmal).

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