Soldaten sind mehr als “Staatsbürger in Uniform”
Ein Gastkommentar von Florian Sander
Im Rahmen des derzeit diskutierten Bundeswehr-„Skandals“, von dem wir eigentlich bisher noch gar nicht so genau wissen, ob er denn auch wirklich einer ist – die alleswissenden, von Berufs wegen moralisch höher stehenden Presseredakteure natürlich ausgenommen – kursieren mittlerweile recht abenteuerliche Überlegungen, die man nicht unkommentiert lassen kann.
Die allgemein vertretene Erwartung an die Bundeswehr, die von einem „Staatsbürger in Uniform“ ausgeht, erliegt, wie momentan wieder zu beobachten ist, zahlreichen Missverständnissen, die eben dieser missverständlichen Formulierung entspringen. Ein Soldat – auch einer der Bundeswehr – ist eben noch etwas mehr als lediglich ein Staatsbürger, der eine Uniform angezogen hat. Ein Bundeswehrsoldat hat sich für einen nicht leichten Lebensweg entschieden, der vorsieht, dass er nicht nur bereit sein muss, sein Leben für sein Land zu geben, sondern auch essenzielle Grundrechte, die andere, nicht-uniformierte Staatsbürger genießen, abzugeben. Daraus ergibt sich etwa die Einbindung in strikte Hierarchien und Befehlsketten, die sich mit den allgemein institutionalisierten Prinzipien von demokratischer Mitbestimmung und freier Meinungsäußerung immer und überall schwer bis gar nicht verbinden lässt, dieser sogar grundsätzlich widerspricht. Eine einfache, allgemein bekannte Erkenntnis – sollte man meinen.
So einfach scheint sie dann aber doch nicht zu sein, wenn man betrachtet, wie die Diskussionen der letzten Tage verliefen. Da wurde beklagt, dass auf dem Schulungsschiff Gorch Fock zuweilen ein „rauer Ton“ herrsche und die auszubildenden Rekruten in Hängematten schlafen müssten. Dass all dies nun einmal Bestandteil eines Lebens ist, das jemand gewählt hat, der sich für das Militär hat verpflichten lassen, scheint in unserer individualistischen, nur noch Rechte, aber keine Pflichten mehr kennenden Gesellschaft vergessen worden zu sein.
Ein anderes wichtiges Thema in dem Zusammenhang waren die Fälle von Verletzung des Postgeheimnisses, welche ebenfalls in den letzten Wochen bekannt geworden waren. Auch hier lässt sich wiederum das besagte Phänomen einer völligen Gleichsetzung des Soldaten mit dem „Normalbürger“ feststellen. Zweifellos müssen etwaige Straftaten auch in diesem Bereich konsequent verfolgt werden. Nichtsdestotrotz gilt: Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die teils jungen Soldatinnen und Soldaten die Sicherheitsrisiken, die sich durch Preisgabe zu vieler Informationen eventuell ergeben können, beim Schreiben jedes Briefes mit bedenken. Vor diesem Hintergrund wäre es richtig darüber nachzudenken, die sich aus diesen Risiken unvermeidlich ergebenden Einschränkungen des Postgeheimnisses für Soldatinnen und Soldaten künftig rechtlich zu präzisieren.
Vielleicht keine Gleichstellungsbeauftragte, aber warum keinen weiblichen Kapitän und Ersten Offizier auf der Gorch Fock?
Dann allerdings nur aus Gründen der tatsächlichen Qualifikation und Fähigkeit, und nicht aus Gründen der Quote oder derlei Schwachsinn.