Fico bildet Schattenregierung in der Slowakei
Von David Noack
Die größte slowakische Oppositionspartei – die linke SMER-SD – hat am vergangenen Donnerstag die Bildung eines Schattenkabinetts bekannt gegeben und die Mitglieder eben dessen vorgestellt. Nanu – schon wieder Wahlen? Nein – die Wahlen sind erst ein halbes Jahr her und die nächsten stehen planmäßig erst wieder 2014 an. Doch die derzeit herrschende liberal-konservative Regierungskoalition hat sich als äußerst instabil herausgestellt, sodass ein Kollaps der Regierung von Regierungschefin Iveta Radicová nicht unrealistisch ist. Mühsam kümmert sich Radicová darum, ihre 6-Parteien/Gruppen-Koalition zusammenzuhalten. Von Wertkonservativen wie der KDH über religiöse Fanatiker wie die Gruppe Ordentliche Leute (OL, Slowakisch: Obycajní Ludia) bis hin zu Radikalneoliberalen wie der SaS ist so einiges in dieser Koalition vertreten.
Die Ankündigung einer Schattenregierung kommt rechtzeitig zu ersten Nachrichten, dass die neoliberale Regierung anfängt, Teile des slowakischen Tafelsilbers verscherbeln zu wollen. So gehören zu den 24 zu verschlendernden Unternehmen unter anderem 17 Autobusunternehmen, 6 Heizkraftwerke und die Slovak Telekom. Die Regierung Fico hatte bei Amtsantritt 2006 alle Privatisierungen gestoppt und diese Linie nahezu konsequent bis zur Abwahl 2010 durchgezogen. “Ich erwarte von der Schattenregierung, dass sie ganz besonders die Agenda der Regierung überwachen wird, sich ihr widersetzt und alternative Lösungen präsentiert”, sagte der Vorsitzende des Schattenkabinetts, der ehemalige linke Premier Robert Fico.
Fico, auch Schatten-Premier – ist laut Deutscher Welle der “Hugo Chavez Europas”. Vizepräsidentin für Menschenrechte und nationale Minderheiten wird Olga Nachtmannová sein, eine Pädagogin von der Hochschule für Ökonomie in Bratislava. Für Finanzen ist Ján Počiatek zuständig – das der Financial Times Limited gehörende Magazin The Banker wählte ihn im Jahr 2008 zum “Besten Finanzminister Europas des Jahres”. Olga Algayerová ist die Schattenaußenministerin von Fico – sie war bisher für Entwicklungshilfe und internationale Zusammenarbeit zuständig. In der Regierung Fico von 2006-2010 hatte man auf Parteioffiziere als Außenminister verzichtet, da die Regierung sich sowieso heftiger europäischer Kritik ausgesetzt sah. Deswegen setzt man Technokraten als Außenminister ein. Auch “Gegen-Minister” für die Ministerien wie das für Inneres, Verteidigung, Justiz, Wirtschaft und Gesundheit wurden festgelegt und bei einer Pressekonferenz vorgestellt.
Der Schritt des slowakischen Oppositionsführers Robert Fico ist ein ungewöhnlicher. Fakt ist, dass die Linke mit 62 von 150 Sitzen im Nationalrat der Slowakischen Republik die meisten Sitze gewonnen hat, ihr jedoch die Koalitionspartner abhanden gekommen sind. Die Nationalpartei schmolz auf 9 Sitze zusammen und die gaullistische HZDS flog ganz aus dem Parlament. Die SMER hoffte wohl, mit den Wertkonservativen der KDH zusammenzugehen (der Vatikan verhinderte dies) – die schloss sich jedoch der liberalen Koalition an, dürfte damit jedoch enorme Probleme haben. Mit der Bildung einer “Gegenregierung” dürfte die Linke enttäuschte KDH-Parlamentarier ansprechen. Nur vier der 15 Parlamentsmitglieder der Konservativen müssten überlaufen, damit Radicová gestürzt werden könnte. Die international kritisierte Nationalpartei (SNS) hatte bereits nach der Wahl im vergangenen Sommer angekündigt, auch eine SMER-Regierung mitzutragen, ohne direkt daran beteiligt zu sein. Vielleicht ist bald die Zeit dazu gekommen.