Koch, Bofinger und die Verhältnisfrage

Unabhängig voneinander haben Roland Koch im Spiegel und der “Wirtschaftsweise” Peter Bofinger in der Süddeutschen Zeitung Stellung zur Wirtschafts- und Haushaltspolitik bezogen. Bemerkenswert sind dabei die gegensätzlichen Kernaussagen der Beiden, die als Überrschrift gewählt wurden. Während Koch seine, jüngst im Le Bohémien kritisierte Sparpolitik, mit der Behauptung, wir lebten über unseren Verhältnissen, rechtfertigt, kommt Bofinger zum gegenteiligen Schluss: Deutschland lebt unter seinen Verhältnissen.

Der Artikel von Bofinger und das Interview mit Koch sind eine herrvoragende Ergänzung zu den Vorwürfen des Kommentars “Nach der Wahl, vor dem Kahlschlag“.
Während Koch in einem national beschränkten, neoliberalen Krisenmanagement – ganz in der Tradition der Sanierungspolitik des IWF und der Weltbank seit den 80er Jahren – haften bleibt, fordert Bofinger in Hinblick auf den Euroraum, von Deutschland eine Stärkung der Binnennachfrage und öffentliche Investitionen.
In diesem Kontext verweist er darauf, dass die Schuldenbremse explizit in Notsituationen umgangen werden kann – Koch hingegen nimmt die Schuldenbremse zum Anlass, die staatlichen Ausgaben in den nächsten Jahren dramatisch zurückzuführen. “Es geht nicht mehr um die Frage, ob wir sparen, sondern wie wir sparen”. Sogar eine Schuldenbremse für die EU stellt Koch, genauso wie Schäuble, in Aussicht. Die Vorstellungen Bofingers laufen dagegen auf eine koordinierte Wirtschaftspoltik im Euroraum hinaus.

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Ein Kommentar zu "Koch, Bofinger und die Verhältnisfrage"

  1. Solaris Post sagt:

    Es wird wohl der Realität entsprechen, dass die Politische Klasse weit über unsere Verhältnisse lebte und lebt, hinsichtlich ihrer Versorgungsansprüche wie auch der tatsächlichen organisierten Verantwortungslosigkeit. Nachzulesen z.B. bei Hans Herbert von Arnim. Warum hat eigentlich die LINKE BT-Fraktion dem beschleunigten Gesetzgebungsverfahren zugestimmt, als es um den Soffin(2008) und die Griechenlandhilfe ging? Die Begründung steht noch aus.DIE LINKE hätte die Aufgabe, den "Nebel um das Geld" massenwirksam lichten zu helfen. Das Finanzsystem zu erklären und immer die Fragen zu stellen:1. Von wo nach wo fließt das Geld2. Wer hat welches Interesse So schreibt Thomas Münchau,FTD über Kreditverbriefungen:"Diese Produkte sind zutiefst asozial, nicht weniger asozial als eine hypothetische Brandschutzversicherung auf des Nachbarn Grundstück. Nur ist das bei den CDS zumindest für die breite Öffentlichkeit nicht so klar. Diese Produkte sind technisch kompliziert. Sie sind nur deswegen nicht kriminell, weil es keine konkreten Strafgesetze gibt, die das Handeln mit diesen Produkten untersagen. Aber sie verstoßen genauso gegen das Strafrechtsverständnis moderner Gesellschaften wie Bernie Madoffs Schneeballsystem." Er spricht von krimminellen Machenschaften.Also nochmal: Wer sind die Akteure, warum können bestimmte Finanz-Aktivitäten nicht strafrechtlich verfolgt werden?Ist es die (partei-)politische Abhängigkeit der Staatsanwaltschaften und Bundesrichter? Der Zustand des Geld- und Finanzsystems ist ein hinreichender Grund eine verfassungsgebende Versammlung einzuberufen, mit dem Ziel einer Neukonstruktion des politischen Systems. Darauf läuft es wohl hinaus. Die unbeantworteten Fragen liegen auf der Straße und grinsen uns an.

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