Debattenkultur
Faschismus – eine Wiederkehr?

Glaubt man den medialen Kassandra-Rufen, scheint der Faschismus in den westlichen Industrienationen wieder aus der verschlossen geglaubten Gruft der Geschichte aufzuerstehen.

faschismus

Ob Donald Trump in den USA, der Front National in Frankreich, Viktor Orban in Ungarn oder die PiS in Polen – in den demokratischen Kernländern Europas und den USA erwacht, so vernimmt man, der (Neo)Faschismus. Ein Attribut, das in immer mehr Analysen und Kommentaren vorbehaltlos übernommen wird, wenn es um die Einordnung des Phänomens „rechtspopulistischer“ Parteien geht.

Im Falle des Front National dürfte das Ganze wohl nicht unwesentlich Luc Melénchon losgetreten haben. Melénchon, damals Kandidat des Wahlbündnisses Front de gauche, hatte 2012 während des Präsidentschaftswahlkampfes im Fernsehen Marine Le Pen gefragt:

„Warum glauben Sie, dass das französische Volk das einzige Volk sein soll, das eine Faschistin an der Spitze haben will?“

Kein Wunder also, das nun vor allem linke Publikationen kaum hinter dem Berg halten: „Faschismus mit modernen Gesicht“, titelte etwa Marx21, „kein Fußbreit dem Faschismus“ das Neue Deutschland.

Doch auch für die bürgerliche Presse wie das Handelsblatt ist die Frage „Wie faschistisch ist die Partei von Marine Le Pen“ allenfalls eine rhetorische, genauso wie für Wolfgang Schäuble. Am martialischsten warnte die Huffington Post vor den „Faschisten auf dem Weg zur Machtergreifung“.

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9 Kommentare zu "Debattenkultur
Faschismus – eine Wiederkehr?"

  1. Hans Tigertaler sagt:

    Erstaunlich, welch politologischer Umwege es heutzutage leider bedarf, um einer den Kapitalismus auslassenden Kritik am Rechtspopulismus, in der die Scheinlinke sogar noch Einigkeit findet mit dem herrschenden Finanzkapital (Hilferding, nicht Schleicher!), endlich zu entgegnen. Ach, wenn diese sogenannte Linke wenigstens Horkheimer noch deklamieren könnte: »Wer vom Kapitalismus nicht reden will, soll vom Faschsimsus schweigen.»

    Wie sagte Alfred Kerr Anfang der Dreißiger über die Filmschauspielerin Renate Müller, ungefähr: »Ich kann nur noch eins sagen: Den Namen Müller wird man sich unbedingt merken müssen.»

  2. QuestionMark sagt:

    @hans tigertaler
    Es handelt sich bei den lieben Genossen (dem Autor, Flassbeck etc.) doch um Keynesianer. Und die finden das Wirtschaftssystem schon in Ordnung. Es werde nur (ach, leider) die falsche Wirtschaftspolitik gemacht. Nämlich die angebotsorientierte. Man möchte lieber mehr nachfrageorientierte Wirtschaftspolitik haben.
    Mehr Probleme sehen die Damen und Herren aus der keynesianischen Ecke überhaupt nicht. Das Wirtschaftssystem wird nicht in Frage gestellt. Dafür ist man schlicht und ergreifend zu faul.
    Dabei sollte zwischenzeitlich sogar der bornierteste Beobachter begriffen haben, dass es einen Zusammenhang zwischen Massenverelendung, der schlechten wirtschaftlichen Entwicklung und dem drastischen Rechtsdrift geben sollte.

    Zum Rechtsdrift: Seit über 10 Jahren machen CDU und SPD nun schon verfassungsfeindliche Politik. Zuletzt wieder mittels Einführung von Staatstrojanern, dem x-fach wiederholten Versuch die Vorratsdatenspeicherung “durchzuschleusen” und dem Aufbau einer (vom Staat aufgenötigten) privatisierten Zensurinfrastruktur.
    Die Verfassungsverletzungen sind dabei so eklatant, dass es eigentlich einen unüberhörbaren Aufschrei hätte geben sollen. Stattdessen: Toleranz.

    Man toleriert seit über 10 Jahren die Verfassungsfeinde (CDU, SPD). Und diese sitzen nach wie vor und weitestgehend unbeschädigt in Amt und Würden. Gleichzeitig baut die Mainstreampresse diverse Pappkameraden (AfD, NPD, Linkspartei usw.) zum “Demokratiefeind” auf. Das ganze ist wirklich lächerlich.

    P.S. Ihr Beitrag “Nur der Klassenfeind ist kein Rassist” war wirklich sehr gut. Leider war die Kommentarfunktion genau während des Erscheinens für einige Wochen außer Betrieb. Sonst hätte es dazu sicherlich einige interessante Diskussionen gegeben.

  3. QuestionMark sagt:

    sollte natürlich lauten:
    […] dass es einen Zusammenhang zwischen Massenverelendung, der schlechten wirtschaftlichen Entwicklung und dem drastischen Rechtsdrift gibt.

  4. tabascoman sagt:

    Wer sagte:

    “Wenn der Faschismus zurückkommt, hat er das Gewand des Antifaschismus”?

    Wenn ich mir heute die Antifa ansehe und die Radikalität,
    und viele andere Aspekte die mit gleicher Radikalität verfolgt werden,
    wird mir spei-übel..

    Das Grundübel scheint das kritiklose verfolgen eines Ziels zu sein, an dem Viele -primär aus Denkbequemlichkeit glauben. Glauben nicht Wissen. Obwohl ein Wissen des Problemumfeldes einfach zu erlangen wäre.Weil diese Form von Dummheit an den Schalthebeln der Macht ist, reisst sie uns alle in ein dunkles Zeitalter. Aufklärung tut Not. Aber dieses Zeitalter scheint vorbei zu sein.

    Beispiele siehe u.a. bei scienesfiles.org etc.
    Wir können das (fast) nur ändern, indem wir Qualität wählen. Einige Unqualifizierte werden u.a. bei
    http://www.polpro.de/disqual.html genannt.
    Auf anderen Seiten dort stehen auch weiterführende Gründe.

  5. Andreas sagt:

    Faschismus als autoritärer Charakter

    Ein Aspekt wird in dem wirklich guten Beitrag „Faschismus – eine Wiederkehr?“ vergessen: Das Gefährliche am Faschismus ist, dass dieser sich nach wie vor als eine Massenbewegung darstellt! Dieses zu übersehen verharmlost seine Gefährlichkeit. Pegida und ähnliches zeigen dies deutlich.
    Ich glaube nicht, dass Faschismus als Grundlage einer politischen Diktatur gegenwärtig für das Kapital eine Option ist. Die „Marktkonforme Demokratie“ ist weitaus effektiver. Aber die faschistische Ideologie verbreitet sich nach wie vor. Und ich sehe einen Unterschied zwischen Ideologie und Herrschaftsform. Die Frage sollte erlaubt sein: Gibt es gar ein verbreitetes Bedürfnis nach faschistischen Ideologien auf Seiten der Beherrschten?

    Der Arzt, Psychiater und Kommunist Wilhelm Reich war der Ansicht, dass man gerade als Kommunist genau hinschauen sollte, wenn relevant große Menschengruppen einer bestimmten Ideologie verfallen. Da Kommunisten ja den Anspruch hätten, die Menschheit in der Mehrheit von der Unterdrückung zu befreien, verbiete es sich, dem Menschen negative oder selbstzerstörerische Eigenschaften zu unterstellen. Reich begab sich damit in einen Widerspruch zu seinem Lehrer Sigmund Freud. Die tiefere Wurzel destruktiver Gewalt liegen nach Wilhelm Reich in vorangegangenen Störungen und Zerstörungen lebendiger und liebevoller Entfaltung, allem voran in der unbewussten Verknüpfung von sexueller Lust mit Angst, Schuld, Ekel und Abscheu, wie sie typisch sind für eine autoritäre und sexualfeindliche Erziehung und Moral.

    Genauso Erich Fromm: Er sieht im Streben nach Freiheit und nach Gerechtigkeit fundamentale Wesenszüge aller Menschen. Viele Menschen seien dieser Freiheit jedoch nicht gewachsen, weil sie durch Erziehung und gesellschaftliche Zwänge einen Sozialcharakter entwickelten, der an Macht und Gehorsam orientiert sei. Als typische Züge dieses “autoritären Charakters” nannte Erich Fromm die Unterwürfigkeit gegenüber Autoritätspersonen, außerdem Destruktivität (Zerstörungslust), Selbsterhöhung und starre Konformität.

    Der „autoritäre Charakter“ entspricht nach Fromm dem, aus der Psychopathologie stammenden „sadomasochistischen Charakter“. Dieser tritt in der aktiven Variante überwiegend mit sadistischen Tendenzen (Freude an Beherrschung eines Schwächeren, Befriedigung durch Machtausübung) und in der passiven Variante überwiegend mit masochistischen Tendenzen (Freude an Unterwerfung unter einen Stärkeren, Befriedigung durch Gehorsam) in Erscheinung.

    „Diese Terminologie ist auch dadurch gerechtfertigt, dass der Sado-Masochistische immer durch seine Einstellung zur Autorität gekennzeichnet ist. Er bewundert die Autorität und strebt danach, sich ihr zu unterwerfen; gleichzeitig aber will er selbst Autorität sein und andere sich gefügig machen.“ (Fromm, Escape from Freedom 1941/1978, S.163)

    Das Interessante dabei ist die Differenzierung zwischen der Ideologie und der Herrschaftsform. Eine Verbreitung des autoritären Charakters kann sehr wohl diktatorische Herrschaftsformen erleichtern aber niemand sollte meinen, dass sich die faschistische Ideologie zwangsläufig in eine politische Diktatur entwickeln muss. Schaut man sich das Grundprinzip dieser Geisteshaltung an, nämlich die Selbsterhöhung durch Erniedrigung anderer, so ist dieses kranke Prinzip innerhalb einer „marktkonformen Demokratie“ sehr gut vorstellbar.

    Wenn man die Erkenntnisse der modernen Wertkritik mit berücksichtigt, können wir sogar noch grundsätzlicher werden. Denn warum müssen wir uns überhaupt auf-werten, speziell dadurch, dass wir andere ab-werten? Warum müssen wir überhaupt be-werten oder wert-voll sein?

    Hinter diesem verbreiteten Denkmuster steckt die vollständige Identifikation des Menschen mit der Warengesellschaft, genauer gesagt mit dem Blick auf sich selbst als den einer Ware, deren Selbst-Wert sich im Vergleich mit anderen Waren ergibt.
    Warum funktioniert das überhaupt? Diese Denkweise, obwohl entfremdet, befriedigt nämlich eine real existierende Bedürftigkeit! Hinter dem Drang einen möglichst hohen Wert zu haben, versteckt sich das nicht genug befriedigte Gefühl von „Stolz“. Und schon dieser Begriff unterliegt einem Tabu, speziell in linksliberalen Kreisen.

    Aber zitieren wir Karl Marx: „Der Arbeiter wird umso ärmer, je mehr Reichtum er produziert, je mehr seine Produktion an Macht und Umfang zunimmt. Der Arbeiter wird eine umso wohlfeilere Ware, je mehr Waren er schafft. Mit der Verwertung der Sachenwelt nimmt die Entwertung der Menschenwelt in direktem Verhältnis zu. Die Arbeit produziert nicht nur Waren; sie produziert sich selbst und den Arbeiter als eine Ware, und zwar in dem Verhältnis, in welchem sie überhaupt Waren produziert.“ (MEB 40, S. 511f.)

    Was aber „entwertet sich in der Menschenwelt“, wenn wir den Mensch nicht als eine Ware sehen wollen sondern als ein Wesen mit Gefühlen und Bedürfnissen?
    Es ist nicht nur „Das variable Kapital, das nur eine besondere historische Erscheinungsform des Fonds von Lebensmitteln oder des Arbeitsfonds ist, den der Arbeiter zu seiner Selbsterhaltung und Reproduktion bedarf und den er in allen Systemen der gesellschaftlichen Produktion stets selbst produzieren und reproduzieren muss.“ (K. Marx, Kapital I, MEW 23, 593)

    Es gibt neben den Bedürfnissen wie Hunger oder eine warme Wohnung auch noch ein anderes, wichtiges Bedürfnis, welches schon viel früher verloren geht: Es ist genau das erwähnte Gefühl „Stolz“, welches wohl eines der grundlegendsten sozialen Eigenschaften des Menschen ausdrückt!

    Stolz ist die Freude, die der Gewissheit entspringt, etwas Besonderes, Anerkennenswertes oder Zukunftsträchtiges geleistet zu haben und entsteht zum großen Teil durch gesellschaftliche Anerkennung. Es entspringt der Fähigkeit seine Sippe, seine Familie also die eigene Spezies zu beschützen, zu ernähren und sich fortzupflanzen. Als Jäger und Sammler bei der Jagd, beim Hausbau, beim Handwerk, beim Hobby oder beim Sex.

    Ebenso wie bei Ärger, Furcht, Traurigkeit, Überraschung, Ekel und Freude handelt es sich beim Stolz um eine elementare Emotion, die angeboren und nicht anerzogen ist. Die Gemütsbewegung wird durch eindeutige, in allen menschlichen Kulturen gleichartigen Gesten und Gebärden (aufrechte Körperhaltung, zurückgelegter Kopf, Arme vom Körper gestreckt) ausgedrückt und wird daher universell erkannt.[1][2]

    Wenn der natürliche Stolz, z.B. durch die entfremdete Produktionsweise oder andere Missstände, nicht mehr entsteht, ist der Mensch bereit sich auf Ersatzbefriedigungen einzulassen. Die bekannteste ist da schon mal der Nationalstolz, die Grundlage moderner Kriegsführung.

    Über den Begriff “Stolz” zu reden, löst heute bei vielen Linken schon den Verdacht auf faschistische Ideologie aus. Die deutsche, nationalfaschistische Vergangenheit ist die verständliche Ursache dafür. Rechte Parteien benutzen den Begriff Stolz meist im Zusammenhang mit nationalistischer Verherrlichung und Rassismus.

    Politisch korrekt scheint hingegen der Begriff “Selbstwertgefühl” zu sein! Aber dieser ist viel entfremdeter! Diese Wortschöpfung ist selber Ausdruck der Entfremdung vom ursprünglichen Gefühl „Stolz“. Diese Wortschöpfung drückt die einzig erlaubte Ersatzbefriedigung für den natürlichen Stolz aus, nämlich das Gefühl, das man über seinen eigenen Wert als Ware besitzt! Selbst-Wert-Gefühl. Es ist erbärmlich: Einem menschlichen Gefühlsausdruck wurde der eigentliche Name entzogen und durch einen kapitalistisch-definierten ersetzt.

    Zusammengefasst:
    Faschismus ist das unbewusste Bedürfnis des unterdrückten Menschen, sich den verlorengegangenen Stolz innerhalb der Warengesellschaft zurückzuholen, wenn die Ware Arbeitskraft vom kapitalistischen Lohnsystem nicht mehr ausreichend bewertet wird! Genau das macht ihn gefährlich und zwar im hier und jetzt. Dieses Prinzip hält den Kapitalismus aufrecht:

    „In gesellschaftlichen Hierarchien fügt sich, so argumentiert Fromm, der autoritäre Charakter kritiklos ein, weil er sich in der Identifikation mit Machtträgern nicht länger mit seiner Nichtigkeit und Ohnmacht konfrontiert sieht, sondern diese Gefühle kompensieren kann. Die autoritäre Gesellschaftsstruktur produziert demnach Bedürfnisse nach Gehorsam, Unterwerfung und Machtausübung und bindet gleichzeitig das Individuum an Autoritäten und hierarchische Strukturen, die diese Bedürfnisse befriedigen.“

    Für Wilhelm Reich war das in seinem Buch „Massenpsychologie des Faschismus“, die Erklärung dafür, warum in der kapitalistischen Krise die Massen nicht nach links gehen, sondern nach rechts und damit entgegen ihren ökonomischen Interessen handeln.

    Ich denke, diese psychologische Variante des Faschismus, sollte tiefer problematisiert werden. Denn in diesem Fall deckt sich eventuell die alte Form von Faschismus mit den heutigen „rechten“ Bewegungen wie PEGIDA usw.

    Vielen Dank für euern Beitrag!

    1. Jessica L. Tracy & Richard W. Robins: Emerging Insights Into the Nature and Function of Pride. In: Current Directions in Psychological Science. Bd. 16, S. 147–150, Juni 2007. doi:10.1111/j.1467-8721.2007.00493.x. Bericht in Wissenschaft.de
    2. Shariff, A. & Tracy, J. (2009): Knowing Who’s Boss: Implicit Perceptions of Status From the Nonverbal Expression of Pride. Emotion, Vol. 9, Nr. 5, S. 631–639.

    • QuestionMark sagt:

      Das ist sicherlich alles sehr gut, was sie da beschreiben. Und sicherlich ist vieles davon richtig. Gerade die Hinweise bzgl Erich Fromm fand ich sehr gut. Und auch die Hinweise auf den sadomasochistischen Charakter der ganzen Abläufe sind sehr treffend.
      Nur: Sie vergessen etwas unter welchen politischen Rahmenbedingungen das alles stattfinden tut.

      Vorher passiert doch etwas. Erst kommt die Enteignung der Gemeinschaft. Dann kommt die Versklavung der Menschen. Dann benötigt man keine Sklaven mehr. Gleichzeitig werden die Menschen gedemütigt. Gleichzeitig kommt es zu einer Straffung der Hierarchien.
      Das hat alles seine Ursache in einem perversen Wirtschaftssystem. Und das Ding nennt sich Marktwirtschaft.

      Genau aus dem Grund hat Tigertaler doch weiter oben geschrieben:
      “Wer vom Kapitalismus nicht reden will, soll vom Faschsimsus schweigen.”

      => Faschismus ist ein Symptom.

      • Andreas sagt:

        Klar, da sind wir uns doch völlig einig! Es geht ja auch nur darum, welche Hindernisse beseitigt werden müssen, um diesen Kapitalismus endlich los zu werden!!! Und dazu müssen diese Hindernisse erst einmal gesehen werden! Und einmal ehrlich: eine wirkliche Erfolgsgeschichte ist “Links” doch eigentlich nicht. Irgend etwas Wichtiges scheint übersehen zu werden…

  6. Denken statt Handeln sagt:

    Die ganzen Faschismus-Debatten dienen nur als Strohfeuer, um die tumbe Masse in Bewegung zu halten. Beginnend beim Wort Fascio (z.dt. Bund, Bündelei) kann sich hinter dem Begriff Faschismus nahezu alles verbergen. Wer wollte, könnte jede Partei eine faschistische Organisation nennen. Betrachtet man die Entstehung der faschistischen Bewegung im Italien der 20er Jahre, stellt man sogar fest, dass es (traurig aber wahr!) ursprünglich Anarchisten, konkret Syndikalisten und Gewerkschafts-Sozialisten waren, die maßgeblich am Aufbau erster faschistischer Kampfbünde beteiligt waren. Was für ein ausgelutschter Begriff, an dem sich alle abarbeiten. Ein wunderbarer Schauplatz, an dem das Publikum gern stehen bleibt, während nebenan die großen Schweinereien abgezogen werden. Ob der Faschismus nun ein Symptom oder systemimmanent sei, was spielt das für eine Rolle? Auch eine kontextuelle sozialpsychologische Analyse der sogenannten autoritären Charaktere ist (wenn auch sinnvoll) völlig nutzlos. Die meisten Menschen eiern noch jedem Führer (auch denen einer “marktkonformen Demokratie”; für mich eine liberale Oligarchie) begeistert hinterher. Wie hat Ludendorf 1935 in “Der totale Krieg” geschrieben? Dass “das Menschenmaterial des Verwertungsprozesses in keiner anderen Staatsform so widerspruchslos und kostengünstig an der Leine geführt werden kann wie in der Demokratie“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Schwarzbuch_Kapitalismus#cite_note-6). Er hätte parlamentarische Demokratie oder Parteiendemokratie schreiben sollen. Ich stelle mir heute gar die Frage, ob wir nicht all die Jahre im Faschismus lebten!? Nach Mussolini sollte er eigentlich “Korporatismus heißen, weil er die perfekte Verschmelzung der Macht von Regierung und Konzernen ist.” Heute würde er vermutlich von der Kanzel von Public-Private Partnership schwadronieren. Also was soll das??? Worum geht es wirklich? Um Totalitarismus? Wer ist totalitärer? Die Antifa oder Pegida? Merkel, Putin oder Trump? Der Islam, das Judentum oder das Christentum? Das Volk, der Staat oder der Markt? Die Kommunisten oder die Nationalsozialisten? Letztlich sind sie es alle: http://www.exit-online.org/link.php?tabelle=autoren&posnr=144 Ich möchte an dieser Stelle noch einmal auf Johannes Angolis Werk “Transformation der Demokratie” (http://copyriot.com/sinistra/reading/agnado/agnoli06.html) und Takis Fotopoulos Werk “Umfassende Demokratie” (http://www.inclusivedemocracy.org/fotopoulos/other_languages/germ/germtid.htm) hinweisen. Denn wenn breite Teile der Gesellschaft nicht endlich die kapitalistische industrielle Produktion (Robert Kurz spricht in diesem Kontext von der “fordistischen Verbrennungswirtschaft” eingebettet in einen “ideellen Gesamtimperialismus” (Weltordnungskrieg: Das Ende der Souveränität und die Wandlungen des Imperialismus im Zeitalter der Globalisierung)) kritisieren, anstatt über die ideologischen Färbungen desselben zu diskutieren, und dezentrale demokratische Lösungen finden, werden wir als Spezies vermutlich nicht überleben. Da bringt auch die forcierte “Transformation” zu einer Solar- und Elektrowirtschaft nichts, solange das wirtschaftliche Prinzip hinter der Transformation nicht kritisiert wird. Harald Welzer sprach 2009 einmal von der Veränderung kultureller Praxis, die es bräuchte, um nachhaltige Lösungen zu entwickeln (https://www.youtube.com/watch?v=aS3Eck7c-3Q). Was das konkret hieße, darüber ließe sich vortrefflich streiten.

    • Hella-Maria Schier sagt:

      Freiheit, Demokratie ist Learning by Doing. Links und rechts streitet man sich um das ideologische Konzept nach dem die Menschen leben sollen. Und anscheinend gibt es nur ein einziges, das “richtig” ist. Und das soll dann weltweit gelten? Hier liegt für mich ein grundlegender Fehler. Ich halte sehr viel vom Subsidarietätsprinzip, denn eine größtmögliche Mitbestimmung jedes einzelnen ist nur in lokal überschaubarem Rahmen möglich. Auch ist ein weltumfassendes homogenes System nicht wünschenswert, da es als alternativlos und allmächtig erschiene. Die Menschen selbst müssen entscheiden, wie sie leben wollen auf der Basis allgemein anerkannter Menschenrechte, eines grundlegenden Humanismus sollten alle Varianten offen stehen. Eine Gemeinschaft, die davon abhängig ist, anderen bGemeinschaften ihr System aufzunötigen, oder sie anders zu manipulieren, hätte selbst das falsche. Interkultureller Austausch sollte auf Interesse und mentaler Bereicherung beruhen, nicht auf wirtschaftlichen Zwängen.Dann ist er fruchtbar und friedlich. Die Intellektuellen können Angebote machen, müssen aber lernen zurück zu treten und loszulassen, damit die Völker erwachsen werden können.

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