Tod eines Superstars

Apple Messias Steve Jobs im iHeaven 

Ein Gastkommentar von Jacob Jung

Steve Jobs, Gründer und langjähriger CEO des Computer-Konzerns Apple, ist tot. Der mehrfache Milliardär starb gestern in Kalifornien an den Folgen einer Krebserkrankung und hinterlässt eine trauernde Weltgemeinde, die mit Jobs ihren Verkünder, ihr Oberhaupt und ihren Messias verliert.

Wie kein anderes Unternehmen gilt Apple als Konzern der Innovationen. Dabei war keines seiner jemals auf den Markt gebrachten Produkte wirklich innovativ. Neu- und bislang einzigartig ist jedoch die Strategie, eine Marke zur Religion zu erheben. Alle Bestandteile einer Religion – Mythos, Prophet, Symbol, Antagonist, Konzil und Devotionalien – verbinden sich bei Apple zu einem Markenkonzept, dessen Intentionen Marktanteile, Geld und Macht sind.

Apple, die sechste Weltreligion

Der Mythos Apple wurde in einer Garage, der neuen Form des Stalls, geboren. Dort entstand 1976 der Apple I, der zum Preis von 666,66 Dollar angeboten wurde und dessen Prototyp zwar nicht in einer Krippe, dafür aber in einem selbstgebautes hölzernes Gehäuse zur Welt kam.

Der angebissene Apfel ist heute eines der bekanntesten Symbole der Welt. Das Logo ziert überdeutlich die von Dritten sichtbare Seite jeden Apple Produktes und ersetzt damit nicht nur in Klassenzimmern und Hörsälen sondern auch in Wohn- und Schlafzimmern, in Büros, in Konferenzräumen, in Zügen, in Flugzeugen und auf der Straße das Kruzifix.

Die Produkte sind dabei die Devotionalien der Apple Religion. iMac, iPod, iPhone und iPad dienen der religiösen Andacht und sind gleichzeitig offen getragenes Glaubensbekenntnis. Sie demonstrieren Zusammengehörigkeit, missionieren Ungläubige und halten den Antagonisten auf Abstand.

Gegenspieler der Apple Religion war zunächst IBM und später Windows. In der betonten Gegensätzlichkeit zum teuflischen Gegner wird das Credo von Steve Jobs: „think different“ zum Weihwasser in den Händen der Gläubigen.

Die weltweit 345 Apple Retail Stores sind die Kirchen, Bethäuser und Gemeindezentren der sechsten Weltreligion. Dort ersetzt die Genius Bar Beichtstuhl und Seelsorge. Für die Kommunikation mit den Genius Mitarbeitern gilt ein strenges Protokoll. Mitgebrachte Geräte müssen zu Beginn der Sitzung auf der Bar abgestellt, Probleme zutreffend beschrieben, Fragen ehrlich beantwortet werden. Nach 15 Minuten erteilt der Genius dann die Absolution.

Einzigartige Innovation oder teure Kopie?

Apple gilt als Innovationsmotor in der Computerbranche. Beschäftigt man sich jedoch eingehender mit den Apple Produkte, dann stellt man fest, dass die hauptsächliche Innovation in der extremen Preisakzeptanz und dem gefälligen Design besteht. Der Gedanke Bildschirm und Motherboard, wie im iMac, in einem Gehäuse zu vereinen, war auch 1998 nicht neu. Als Apple 2001 den iPod auf den Markt brachte, war das Konzept MP3-Payler bereits sechs Jahre alt. Auch das iPhone konnte sich zur Markteinführung im Jahr 2007 auf eine lange Entwicklungsgeschichte von Smartphones stützen. Und als das iPad 2010 auf den Markt kam, waren bereits neun Jahre vergangen, nachdem Microsoft 2001 den Begriff Tablet PC eingeführt hatte.

Trotzdem feiern die Apple-Jünger jedes neue Produkt als Offenbarung, erteilt Monate vor dem Verkaufsstart tausendfache Vorbestellungen und reißt den Apple-Händlern die eintreffenden Neuheiten gierig aus den Händen. Und selbst wenn sich Apple im Jahr 2006 dazu entscheidet, seinen Kunden mit der Apple Remote eine simple Infrarot-Fernbedienung anzubieten, dann bricht die Apple-Gemeinde in kollektive Verzückung aus und vergisst, dass man sogar in Deutschland ab 1956 mit dem „Zauberschalter“ der Firma Tonfunk sein Radiogerät drahtlos ein- und ausschalten konnte.

Auf wirklichem technischen Fortschritt kann die Begeisterungsfähigkeit also nicht beruhen. Scheinbar ist es also eher das Design der Apple Produkte, das ihre Begehrlichkeit verständlich macht. Eine große Kunst ist es allerdings nicht, sich mit einem Klientel, das bereit ist mehr als das Doppelte üblicher Preise zu zahlen, vernünftige Industrie-Designer zu leisten. Doch wenngleich auch das Apple-Design im Vergleich mit anderen Technik-Produkten angenehm hervorsticht: Eine unglaubliche Innovationskraft steckt wohl nicht darin, Ecken zu runden, Oberflächen zu glätten und Unansehnliches geschickt zu verbergen.

So bleibt zur Erklärung des Phänomens Apple eigentlich nur der religiös anmutende Impetus, mit dem die Marke von Beginn an konsequent aufgeladen wurde. Das Image ist blütenrein, kreativ, smart und fortschrittlich. Wer seine Persönlichkeit um diese begehrten Attribute ergänzen will, der schmückt sich mit den Insignien seiner Glaubensgemeinschaft und trägt den schimmernd satinierten Apfel wie eine Monstranz vor sich her. Und wenn Raum, Zeit und Gelegenheit dies gerade einmal nicht erlauben, dann bleiben immer noch die weißen Kopfhörerkabel, die zu dezenten Taschen leiten, in denen sich Großes vermuten lässt.

Sei individuell. Trage unsere Uniform und zahle dafür.

Think different. So ermutigt Apple Ungläubige und so stellt der Konzern sicher, dass sich die Zahl Abtrünniger in Grenzen hält. Unter dem Diktat von Oberhaupt Steve Jobs und seinen Keynotes genannten Konzilen ordneten sich Gläubige auf der ganzen Welt den Konsumanweisungen ihres Messias unter und betonen ihren teuer erworbenen Individualismus durch das Tragen einer einheitlichen Uniform.

Während die Kirchen ein Mitglied nach dem anderen verlieren, gewinnt Apple seit Jahren sekündlich neue Anhänger hinzu. Dabei vergrößerte sich das Vermögen von Steve Jobs mit jedem verkauften „i“ und mit jedem Klick in iTunes- und App-Stores bis zu seiner aktuellen Höhe von rund 8,3 Milliarden Dollar. Doch solche Beträge sammelt man nicht durch den Verkauf guter und fair hergestellter Produkte. Und auch eine hohe Moral ist für eine solch ausgeprägte Generierung von Vermögen eher hinderlich als nützlich.

Bereits 1974 gewährte Steve Jobs seinem damaligen Freund und Mitbegründer Steve Wozniak einen Einblick in seinen karstigen Charakter. Er beschaffte Wozniak einen Auftrag von Atari über die Programmierung des Computer-Spiels Breakout. Jobs erhielt hierfür 5000 Dollar, behauptete jedoch gegenüber seinem Partner, nur 700 Dollar erhalten zu haben und speiste diesen mit einem Anteil von 350 Dollar ab.

2006 geriet der taiwanesische Computerhersteller Foxconn aufgrund unmenschlicher Arbeitsbedingungen in die Schlagzeilen. Mitarbeiter von Foxconn leisten durchschnittlich rund 80 Überstunden, erhalten teilweise gerade einmal einen Monatslohn von 50 Euro, dürfen während der Arbeitszeit nicht miteinander sprechen und sind gezwungen, mit gefährlichen Substanzen zu arbeiten, wenn sich durch diese das Produktionstempo erhöhen lässt. Apple lässt den überwiegenden Teil seiner Produkte in Asien fertigen und hat Foxconn die Auftragsfertigung übertragen. Von einer Mitverantwortung für den Selbstmord von mindestens 18 Foxconn Mitarbeitern kann sich Apple nicht freisprechen.

Die Akkus vieler Apple-Produkte lassen sich nicht mehr austauschen und haben insgesamt eine eher niedrige Lebensdauer. Kritiker sehen hierin einen Garantiebruch, einen unfairen Wettbewerb und eine geplante Obsoleszenz. Laut Greenpeace verhält sich Apple in den Bereichen Umweltschutz, Verwendung von giftigen Materialien und Klimaschutz, entgegen anders lautenden Konzernaussagen, nicht bestmöglich.

2011 erhielt Apple den Negativpreis „Big Brother Award“, weil herausgekommen war, dass der Konzern mit iPhones und anderen GPS-fähigen Geräten detaillierte Nutzerdaten sammelt. Eine Möglichkeit, dieser Datennutzung zu widersprechen, fehlt in Apples Datenschutzerklärung.

Weltreligion oder Börsenkonzern: Die Entscheidung liegt beim Anwender

Ein Konzern aus den USA legt eine religiöse Fährte und Millionen von Anwendern gehen Apple auf den Leim. Der Besitz und die offensive Zurschaustellung eines der hochgeschätzten Produkte ist gleichsam die Eintrittskarte für einen besonderen Lifestyle. Wer individuell, kreativ, smart und irgendwie anders sein will, der ordnet sich dem „think different“ gerne unter und sieht im Tod von Steve Jobs die vorläufige Erfüllung eines religiösen Mythos.

Keine Frage: Apple Produkte sind anziehend. Es macht Freude, sich ihnen durch vielschichtige Verpackungen zu nähern, an ihnen zu riechen, sie zu berühren, sie einzuschalten und sie bedächtig in den Alltag zu überführen.

Weniger „think different“ und mehr “think differentiated” würde allerdings zu einer zutreffenderen Beurteilung führen. Wer den Ärger über schrittweise ausfallende Anschlüsse, CD-Laufwerke, Trackpads und Tasten an seinem MacBook, das Unverständnis über die zurückgehende Batterieleistung seines nicht austauschbaren iPhone Akkus und die Wut darüber, dass man sich Apple ganz und gar ausliefern muss, wenn man die zahlreichen Funktionen und Ausstattungselemente seiner teuer erworbenen Geräte auch tatsächlich vollumfänglich nutzen will, zulässt, der gelangt zu einer differenzierten Beurteilung des Konzerns und seiner Produkte: Vergleichsweise teure Geräte mit eher konventioneller Technik und reduzierter Haltbarkeit in einem attraktiven Gewand, hergestellt von einem gewinnorientierten Konzern, der sich in Sachen Moral und Umweltschutz nicht wesentlich von anderen börsennotierten Konzernen unterscheidet und der mit großem Aufwand Daten über seine Kunden sammelt.

Eine solche Betrachtungsweise würde auch Steve Jobs eher gerecht. Jobs war ohne Zweifel ein begabter Unternehmer mit vielen guten Ideen, dem es gelungen ist, innerhalb weniger Jahrzehnte eine international verbreitete Marke mit dem weltweit höchsten Markenwert und ein immenses Privatvermögen aufzubauen.

Zum Propheten, Glaubensführer und Messias wird er erst von seinen Anhängern gemacht, denen der frühe Tod ihres Meisters zum göttlichen Zeichen dafür gerät, selber Teil eines Mythos, einer Legende und einer weltumspannenden Gemeinschaft zu sein. Think differentiated!

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23 Kommentare zu "Tod eines Superstars"

  1. fjunchclick sagt:

    Sehr guter Artikel, der sich wohltuend von dem ganzen “Lichtgestalt Steve Jobs”-Geschwurbel abhebt. Natürlich ist es nicht schön, wenn ein Mensch so früh stirbt. Aber wenn ich diese Anbetungsszenen vor den Apple-Kirchen im TV sehe, komme ich doch etwas ins grübeln ob der offensichtlichen Verblendung dieser Menschen. Wahrscheinlich wird sein Grab zu einem neuen Wallfahrtsort.

  2. D. sagt:

    Diesem Text ist wirklich kein Wort hinzuzufügen.

    Danke!

  3. Steve Dzicher sagt:

    *hervorragend!* :D

  4. LebensWert sagt:

    Ich lese dieses Portal nun schon seit einigen Monaten und war eigentlich immer sehr positiv von der Qualität der Beiträge hier angetan. Nicht allem stimmte ich 100%ig zu, natürlich nicht, aber selbst wenn ich zu einzelnen Aussagen abweichende Meinungen hatte, so war doch der Gesamteindruck weiterhin gut.

    Jetzt bei diesem Artikel – ja, ich sehe schon, ist auch “nur” ein Gastbeitrag – war ich das erste mal durch und durch unzufrieden mit diesem Artikel. Sicher, ich stimme zu, dass Apple-Produkte überteuert sind, und auch nicht halb so innovativ, wie gerne behauptet. Aber der Vergleich hier mit einer Weltreligion ist völlig überzogen. Kann ja gut sein, dass das als Satire gemeint war (in er Form habe ich den Vergleich auch selbst schon gezogen), doch der allgemeine, auf mich “gehässig” wirkende, Ton in diesem Artikel erweckt eher den Eindruck, es sei völlig ernst gemeint.

    Ich selbst nutze keine Apple-Produkte (unter anderem sind sie mir zu teuer), doch von dem was ich so mitbekommen habe, kann man ihnen zumindest folgendes zu Gute halten:
    1. Sie weisen eine hohe Produktionsqualität auf, sprich gute Verarbeitung, Haltbarkeit, etc.
    2. Sie lassen sich auch von technischen Laien problemlos bedienen.

    Nein, den Preis, den sie verlangen rechtfertigt es nicht. Ich würde zwar sagen, ein höherer Preis als von Konkurrenzprodukten wäre dafür in Ordnung, aber nicht um so viel höher.

    • Im Gegenteil finde ich persönlich die Analogie zur Religiösität sehr gelungen. Denn Jobs, und das haben schon viele Beobachter festgestellt, inszeniert seine Produktvorstellungen und PR-Veranstaltungen – etwas überspitzt formuliert – ähnlich wie amerikanische Prediker von christlichen Sekten.

  5. h.B sagt:

    also bitte, auch wenn ich einigen Stellen im Text zustimmen muss, ist es wohl keine Frage nicht solch ein Titel zu wählen,(iHeaven) für mich sieht das sehr herablassend aus, und egal was er schlechtes getan hat er sollte mit respekt behandelt werden,so wie jeder andere Mensch auch, sonst seid ihr genau gleich wie alle anderen arschlöcher.

    • Jacob Jung sagt:

      Ich bezichtige Jobs in meinem Artikel nicht, etwas besonders “Schlechtes” getan zu haben. Ich wende mich lediglich gegen die Glorifizierung einer Person, dessen Lebenswerk vor allem dem Zweck diente, sehr viel Geld zu verdienen.

      Eine sonderliche Herablassung kann ich in dem gewählten Titel ebenfalls nicht erkennen. Ich fand die Parallelen der Unternehmenskommunikation zu den Strukturmerkmalen von Religionen interessant und habe entsprechende Merkmale beschrieben und herausgestellt. Der Titel des Artikels folgt diesem Blickwinkel.

      Abschließend musste ich bei dem Kommentar schmunzeln: Respekt gegenüber allen Menschen zu fordern und gleichzeitig diejenigen, die dieser Forderung zuwider handeln pauschal als “Arschlöcher” zu bezeichnen fand ich unter humoristischen Aspekten gelungen. Dagegen wirkt selbst der “iHeaven” sehr brav.

  6. ceterum censeo.2011 sagt:

    Apple produziert und verkauft nicht nur ein technisches Gerät für bestimmte Funktionszwecke, sondern dieses Gerät ist zugleich Spielzeug, Designerschmuck und gibt den Apple-Konsumenten auch eine Identität als „Apple-Besitzer“ und Mitglied der „Apple-Community“.

    Die Beziehung der Besitzer zu ihrem Apple-Gerät ist daher auch nicht rational, sondern fetischisiert, weil sich auf Basis von technischer und ökonomischer Rationalität wohl kaum jemand ein Eier-Phone kaufen würde.

    Aber der Umgang mit Schmuck, Mode und Statussymbolen ist eben häufig nicht rational. Obwohl Eier-Phones überteuert und technisch zum Teil wenig funktional sind, erleben viele Apple-Konsumenten deren Kauf nicht als ökonomisch irrational, sondern im Gegenteil als Beweis dafür, dass sie sich überteuerten Luxus leisten können, was ihr Selbstwertgefühl illusionär steigert.

    Das ist ähnlich wie mit dem Tätowieren, wo man bei Mitgliedern von bestimmten Generationen überwiegend tätowierte Menschen in der Badeanstalt sieht.

    Den Menschen wird suggeriert, dass sie ihr Bedürfnis nach Individualität und Besonderheit durch den Kauf eines Massenproduktes bzw. durch Veränderung ihrer äußeren Erscheinung erfüllen können, mit dem Effekt, dass sie sich wiederfinden in einer millionenfachen, entindividualisierten Masse von Massenkonsumenten, die alle glauben, sie hätten mit dem Kauf einer Ware Individualität und Besonderheit erworben. Daraus entsteht dann eine Art „Glaubensgemeinschaft“, eine Form von Religion.

    So funktioniert Warenfetischismus.

    Der Kapitalismus produziert massenhaft identitätsgestörte „Konsumidioten“ und Firmen wie Apple machen zynisch glänzende Geschäfte damit.

  7. Paul Siemons sagt:

    Den Religionscharakter sehen ja selbst Apple iDioten als gegeben: “”Für uns Macianer war Steve nunmal sowas wie der Oberhaupt der “Kirche des Benutzerfreudlichen Coolen Computers”.” liest man heute bei Spiegel Online. Da fasst man sich nur noch an den Kopf.

  8. Dilerang Merokok sagt:

    Hallo,
    Wie viele benutze ich Apple-Produkte nicht wegen ihrem Glanz und ihrem weißen Lack. Als Filmschaffender sind sie schlicht mein Arbeitsgerät und in diesem Sinne unersetzlich. Die Art der Bedienung hat den Begriff “intuitiv” erst in die Denkweisen der Entwickler gebracht und kann zurecht als revolutionär betrachtet werden. Der Text spielt in meinen Augen ganz nett mit der Religions-Metapher, ist mir aber zu polemisch und einseitig. Innovationen kommen nie aus dem nichts, Neues entsteht durch Kopie, Transformation und Kombination von bereits Bestehendem.
    Meiner Meinung nach etwas geschmacklos jetzt den kürzlich verstorbenen Jobs für den uralten Gedanken des Über-Ich-Warenfetischismus verantwortlich zu machen, aber eine interessante Debatte in den Kommentaren.

    • Jacob Jung sagt:

      Um nicht falsch verstanden zu werden: Ich benutze selber Apple-Produkte und dies, obwohl mein Arbeitsbereich ebenso den Einsatz anderer Marken und Hersteller erlauben würde. Ich setze mich in meinem Beitrag lediglich kritisch mit einem Kult auseinander, der von Apple ganz gezielt lanciert wurde und der viele “Apple-Anhänger” dazu bringt, Innovation mit Produktmarketing und Besitz mit Persönlichkeit zu verwechseln.

      An einer kritischen Auseinandersetzung mit einem Verstorbenen kann ich dabei nichts grundlegend Geschmackloses erkennen. Ich mache Jobs auch keineswegs für die Existenz von “Warenfetischismus” verantwortlich sondern versuche lediglich darzustellen, dass sich Apple unter seiner Leitung dieses Phänomen konsequent zunutze gemacht hat. Bedenklich finde ich, dass Apple gegenüber seinen Kunden ein Image pflegt, das hohe ethische Grundsätze suggeriert, während der Konzern tatsächlich fast ausschließlich auf Gewinnmaximierung ausgelegt ist. Auch hierbei handelt es sich nicht um ein Alleinstellungsmerkmal. Diese Eigenschaft eint annähernd alle börsennotierten Unternehmen.

      Interessant bei der Beobachtung der Diskussion ist für mich, dass Gespräche über Apple und Steve Jobs emotional stark aufgeladen sind. Da wird Respekt eingefordert, Herablassung angemahnt, Empörung signalisiert oder Geschmacklosigkeit unterstellt. Sprächen wir nicht über Apple sondern stattdessen über Hausgeräte von Siemens, Zahnbürsten von Dr. Best oder Kekse von Bahlsen und über die Beurteilung der jeweiligen Gründer und Vorstände, dann würden die Reaktionen deutlich weniger empathisch ausfallen. Diese Beobachtung bestätigt mich in der gewählten Analogie zur Religion.

  9. ceterum censeo.2011 sagt:

    @Dilerang Merokok

    Selbstverständlich ist nicht jeder, welcher ein Apple-Produkt benutzt, dem Warenfetischismus auf den Leim gegangen.

    Für bestimmte Gruppen ist aus beruflichen Gründen ein I-Phone oder ein anderes Apple-Produkt praktisch.
    Andere begeistern sich am Design oder spielen gern damit, ohne dass sich dies auf deren Selbstwertregulation auswirkt. Und sehen dies dabei durchaus selbstkritisch und selbstironisch.

  10. A.S. Flickering sagt:

    Danke für diesen Artikel! Man soll ja den Toten nicht schlecht nachreden, aber die vielen ehrfürchtigen Beiträge gestern im TV sorgten bei mir doch für akuten Brechreiz. Da wurde der Herr Jobs ganz unironisch als iGod bezeichnet – dagegen scheint mir der Begriff iHeaven nicht allzu gotteslästerlich zu sein.

    Dem Herrn Jobs wünsche ich nur das Allerbeste – wo auch immer man da so hinkommt nach dem Tode.
    Absolute Antipathie empfinde ich allerdings gegenüber diesen hysterischen Apple-Jüngern (- in Amerika gern iTards genannt – die Urban Dictionary hat da schöne Begriffserklärungen). Wie die in den TV-Beiträgen den Herrn Jobs alle zum Wohltäter für die Menschheit erkoren haben, während sie auf ihren ganzen iGadgets ein Bild des selbigen präsentierten (- es war immer das selbe Bild – soviel zur Individualität des gemeinen Apple-Users.) – das kam einem fast schon wie Satire vor. Dazu sieht man Bilder wie erwachsene Menschen stolz und überglücklich wie kleine Mädchen aus den AppleStores gehüpft kommen, ihre Einkaufstüten wie Nobelpreise oder Oscars in die Kameras haltend.

    Was ist denn los mit diesen Menschen? Ist das ansteckend?
    Für mich sieht das zumindest nach akutem Schwachsinn aus. Ich würde mich wirklich sehr für eine Charaktertypologie und sozialpsychologische Einordnung der Apple-Gemeinde interessieren.
    Zumindest scheint mir ein gemeinsames Merkmal zu sein, dass die Kritikfähigkeit zumindest gegenüber den geliebten Apple-Produkten völlig abgeschaltet zu sein scheint. Ist da vielleicht irgendein Nervengift, das aus all den schönen Apple-Produkten strömt? Ganz im Ernst, irgendwie scheinen die doch nicht ganz dicht zu sein. Ich habe auch echt nix gegen die Produkte, aber dieser Fetischismus der da um simple Elektronikspielezeuge betrieben wird ist schon sehr, sehr sonderbar.

  11. Mercutio sagt:

    Ich finde den Vergleich zwischen Religionen und Apple gelungen. Denn was tun Religionen? Sie geben den Menschen eine Identifikationsmöglichkeit, einen Schoß der Geborgenheit und verlangen im Umkehrschluss nur etwas Loyalität und hin und wieder eine kleine Spende, was im Fall Apple prima zusammen fällt, wenn ein neues Update ansteht, egal ob Hard- oder Software. Sicher, ein “böser” Philosoph hat mal gesagt Religionen wären “Opium fürs Volk” und eine noch “bösere” Rockband mit leichten Ideologiefindungsschwierigkeiten hat diese Aussage auf “Scheiße für die Massen” erweitert. Und wenn man darüber nachdenkt treffen beide Aussagen auf Apple zu. Berauschendes Design, welches Technologien von anderen verpackt, wird uns als angeblicher innovativer, nächster Schritt der digitalen Evolution zu einem Wucherpreis verkauft. Es wirkt so als wären wir Wilde, die ihre Ländereien für wertlose bunte Glasperlen hergeben, weil diese wunderschön glänzen und farbenfroh glitzern und uns so etwas noch nie unter gekommen ist.

  12. Pistepirkko sagt:

    Was für ein Schwachsinn.
    Bin Apple-user seit 1985 und mit den Dingern immer mehr als zufrieden gewesen.
    Ist wie mit dem Käfer, läuft und läuft und läuft und läuft und läuft.
    Man nimmt einen Mac in betrieb und kümmert sich nicht mehr drum.
    War schon immer so und seit OS-X noch besser.
    OS-X ist übrigens ein offenes System da BSD (ein UNIX Derivat) unter der GUI liegt.
    Es gibt nur ein Release für Clients und eines für Server. Client kostet nicht mal die Hälfte gegenüber Windoof.
    Auf Sourceforge gibt es mehr Freeware als für Windoof im ganzen Web.
    Die Hardware und Software sind aufeinander abgestimmt und immer arbeitet alles 100% zusammen. Nie Probleme wie mit Windoof. Viele meiner Freunde sind auf Mac umgestiegen weil einfach wirklich besser.
    Bei Foxxcon wird auch für DELL, HP, Canon und andere produziert.
    Steven Jobs war nur ein CEO und genialer Kaufmann und so geht es Apple-Usern.

    • Knuth sagt:

      >>OS-X ist übrigens ein offenes System da BSD (ein UNIX Derivat) unter der GUI liegt.
      Was du meinst, ist die GPL. Unter die fällen BSD aber nicht. Die haben ihre eigene BSD-Lizenz und diese enthält keine Copyleft-Klausel.

      Ergo kann hier fröhlich entwickelt und verändert werden, dass ganze kommerziell genutzt und dann ohne entsprechende Lizenz zum Verkauf angeboten werden. (Geschweige den der entsprechende Sourcecode veröffentlicht wurde.)

      • Hurga sagt:

        Ja… das wird es auch und fließt in alle BSD-Derivate mit ein.
        Allerdings kann man bei Windows auch nicht einfach mal was machen und es dann verkaufen.wie man will.

        • Jogibeer sagt:

          Jeder kann Programme für Mac entwickeln wie er es will und diese dann auch verkaufen.
          Nur bei den Vertriebskanälen über Apple muss er sich an deren Qualitätsvorgaben halten.
          Bestest Bsp ist EyeTV was einfach mal programiert wurde.

      • Bärin sagt:

        Yep… kann man. Aber nur am Unterbau BSD. Die GUI ist von Apple.

  13. Pistepirkko sagt:

    Vergessen: Man ist auch nicht gebunden an Apple. Anstelle von I-Tunes kann man z.B. auch VLC nutzen. Mach sogar ein besseres Bild auf dem HD Display.
    Und teurer? Als Medion ja.

  14. Michael sagt:

    Super Artikel! Es ist bemerkenswert was Steve Jobs aus Apple gemacht hat, obwohl es natürlich unwahrscheinlich ist, dass er alleinig dafür verantwortlich war. Aber es bleibt abzuwarten ob die Neuentwicklungen im Hause Apple weiterhin von Innovationen geprägt sind oder ob man nun doch Marktanteile an die stärker werdende Konkurrenz verlieren wird. Steve Jobs hat seine Vision gelebt und das kann ihm keiner mehr nehmen.

  15. Jukka sagt:

    Zum Thema teuer:
    Wenn man es auf die Jahre rechnet ist es sogar billiger einen Mac zu kaufen. Wo sonst kann man, um es in Windoofsprache zu sagen, Win Vista auf einem Rechner laufen lassen der für Win 98 konzipiert wurde?

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