Medien verschweigen Skandal

Israel plant zehntausende Palästinenser aus dem Westjordanland zu vertreiben

Die deutschen Massenmedien verschweigen einen sich abzeichnenden Menschenrechtsverstoß der israelischen Regierung, der es aufgrund seiner Größenordnung und politischen Bedeutung auf die Titelseiten bringen müsste.
Israel plant nicht weniger als die Deportation zehntausender Palästinenser aus dem Westjordanland, wie es einem Erlass der IDF (Israel-Defense-Forces) zu entnehmen ist.

Seit einer guten Woche ist dieser Plan nun öffentlich bekannt. Bis auf die Hinweise einiger Blogs (u.a. Palästina-Blog und ZNet) sowie einer kurzer Meldung der Taz und einem Bericht des Spiegels, wird dieses Thema allerdings von den Medien systematisch verschwiegen. Im Internet sind kaum Treffer über die Leitmedien zu finden. Doch wie kann das sein? Wo sitzen die Auslandskorrespondenten des Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der Frankfurter Rundschau, der Süddeutschen Zeitung etc.?

Die Leitmedien sind in der Tat ein Spiegelbild der völlig inaktzeptablen und inkompetenten Nahost-Politik Deutschlands und des Westens insgesamt. Nicht nur, das Israel den Europäern beliebig auf der Nase herumtanzt und sich anscheinend alles erlauben kann – die Affronts werden von den meisten Medien ignoriert. Die geplante Massendeportation, die auf das Gröbste gegen sämtliche UN-Resolutionen, die internationalen Menschenrechte und das Osloer Abkommen verstößt, ist nun die neue Spitze des Eisberges. Mit ihrem Schweigen zu diesem Skandal verletzen die Medien ihrerseits auf das Gröbste ihre Informationspflicht.

Auch die Regierungen der EU und USA haben sich bisher noch nicht dazu geäußert. Wieso, fragt man sich angesichts des israelischen Deportationsplans. Der illegale Siedlungsbau wird forciert, ohne das die Rechtsextreme Regierung Netanjahu/Libermann irgendwelche Konsequenzen zu befürchten hätte. Im Gegenteil, Europa möchte seine Beziehungen zu Israel weiter “stärken”; Dadurch ermutigt folgt nun mit dem IDF-Erlass der nächste Streich.
Beobachter prognostizierten mit dem Wahlsieg der Hardliner eine Abkühlung der Beziehungen zur Obama-Regierung und Europas. Zumindest in Bezug auf Europa scheint aber nun das Gegenteil der Fall zu sein.

Der Grund dürfte womöglich folgender sein: Israel verfügt über eine große, für den Westen wohl sehr wertvolle Erfahrung im Kampf gegen den “Terrorismus” und im asymmetrischen Krieg. Einige der wichtigsten israelischen Politiker und Militärs hatten ihre Karrieren selbst in der Illegalität oder als Terroristen begonnen. In Israel führte man längst den Krieg des 21. Jahrhunderts, als die restliche Welt noch mit dem Kalten Krieg beschäftigt war. Das Resultat ist, dass die israelischen Streitkräfte heute wahrscheinlich in Bezug auf Erfahrung, Ausbildungsstand und Motivation weltweit einsam an der Spitze liegen.

Solch einen schlagkräftigen und strategisch wichtigen Verbündeten im Kampf gegen den “internationalen Terrorismus” möchte der Westen wohl nur ungern verärgern – anders ist der Blankoscheck, den Israel von Europa und den USA ausgestellt bekommen hat, nicht zu erklären. Als Konsequenz wird das Menschen- und Völkerrecht, gegen das Israel regelmäßig und gezielt verstößt, in die zweite Reihe verdrängt.

Doch wenn diese, immer wieder propagierten universellen Werte unter Duldung Europas (und direkt von Israel und den Vereinigten Staaten) beliebig außer Kraft gesetzt werden können, welchen Wert haben sie dann noch? Und wie lässt sich dann der Krieg gegen den internationalen Terrorismus überhaupt noch moralisch rechtfertigen?

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