Von Jan Mollenhauer
Das Massenphänomen der gelebten Zerstreuung und Sinn-losigkeit beeinflusst unsere Gesellschaft wie kaum eine andere Erscheinung. Im privaten Raum, eine Errungenschaft des Liberalismus, ist der Spaß eine Erholung für viele. Er versorgt sie mit Kraft im Vergnügungshafen der stürmischen Leistungsgesellschaft. Gerade in Zeiten, die zu defätistischem Kulturpessimismus einladen, ist Ablenkung eine willkommene Gefährtin. Das Privatfernsehen ist hier der Vorreiter für seichte Unterhaltung am Abend des gestressten Großstädters oder der abgehängten – meist männlichen – Landpomeranze. Die Gefahr, die das birgt, wird ja allenthalben angesprochen.
Eine andere seichte Unterhaltungsform, die gleichsam mit Tabus belegt ist und mindestens ebenso gefährlich ist für ein verantwortungsvolles Miteinander ist die Spaßgesellschaft. Als Ansammlung von Menschen, die nach Grenzerfahrungen suchen ist der Club meist ein Ort des Exzesses. Entweder wird mit Stimulanzien nachgeholfen oder der Körper natürlicher Weise gemartert, bis man nicht mehr kann. In dieser jugendfixierten Verklärung des Sich-Auslebens schwingt oft ein Hang zur Verantwortungslosigkeit mit. Der kritisch-reflektierte Geist wird abgetötet oder klein gehalten, das wertfrei Triebhafte voll nach außen gekehrt. Allerdings kann eine freiheitliche Gesellschaft, die sich als Solidargemeinschaft versteht, überhaupt nur überleben, wenn ihre citoyens kritische Bürger sind. Die Reflexion, gerade auch die Selbstreflexion gehört zwingend zum zoon politicon dazu.
Der Spaß, als apolitische Zerstreuung und reflexartige Instinkthandlung und Bedürfnisbefriedigung lässt jedoch das kritische Reflektieren meist nicht zu.
Dabei geht es nicht um eine bierernste und lachfeindliche Gesellschaft, sondern um eine, die den profunden Humor und das Vergnügen an Herausforderungen geistiger Art vor die doch recht trivialen und überaus kurzweiligen und somit doch auch persönlich unergiebigen Bedürfnisbefriedigungen setzt. Die Spaßgesellschaft ist biologistischer Konsumterror.
Zur Lösung sieht man momentan in Prenzlauer Berg viel: Die Biedermeierlichkeit. Wenn man bemerkt, dass die ganze Feierei und Fickerei einem doch nicht so das gegeben hat, was man dachte, bekommt man eben ein Kind!
Für alle bambinophoben Zeitgenossen bleibt da leider nur eins: Geht ernster mit euch um!