Massentierhaltung: Die Mär vom Öko-Kapitalismus

Deutschland beansprucht für sich, eine zivilisierte Gesellschaft zu sein. In mancherlei Hinsicht mag das zutreffen, in vielerlei nicht. Ganz deutlich wird dies im Umgang mit Nutztieren. Die Massentierhaltung ist an Grausamkeit kaum zu überbieten.

Keine Massentierhaltung als Illusion eines Öko-Kapitalismus. Bild: Jim Frost, "new baby claves". Some rights reserved. Quelle: pigs.de

Keine Massentierhaltung als Illusion eines Öko-Kapitalismus. Bild: Jim Frost, “new baby claves”. Some rights reserved. Quelle: pigs.de

Von Janosch Deeg

Abgründe eines Systems

Trächtige Sauen durften bisher in einer engen Gitterbox fixiert werden. In diesen war meist nicht mal genug Platz, um sich ausgestreckt hinzulegen. Seit dem 1. Januar 2013 ist diese Art der Haltung verboten – oder genauer – nur noch befristet für einen Zeitraum von maximal vier Wochen erlaubt.

Diese sogenannte „Verbesserung“ einer Vorschrift macht deutlich, wie wenig Nutzieren in diesem System zugestanden wird. Die Mastbetriebe hatten sechs lange Jahre Zeit, diese EU-Richtlinie umzusetzen. Dass dieser Zeitraum für manche nicht ausreichte und die deutsche Politik Verstöße nicht konsequent ahndet, kann nur noch als Perversion eines Systems, welches jeden Funken von Mitgefühl vermissen lässt, bezeichnet werden.

Eine traurige Geschichte unter vielen: Turbo-Brathähnchen, die nach 30 Tagen ihr Idealgewicht von 1,8 kg erreicht haben, inklusive verkümmerter Beine, überforderten Herzen und Lungen, weil diese mit dem rasanten Wachstum nicht mithalten konnten. Rinder, die in dunklen Verschlägen ihr ganzes Leben lang festgebunden sind oder eben Schweine, denen zunächst ohne Betäubung die Schwänze und die Hoden abgeschnitten werden, die dann auf viel zu engem Raum gehalten werden und sich schließlich aus Langeweile gegenseitig die Ohren abbeißen.

Überall das gleiche: Ein elendes Leben ohne Auslauf und Tageslicht inmitten von Schmutz, Gestank, voll von Schmerzen, Stress und Aggressionen. Man könnte die Beispiele noch endlos weiterführen aber eigentlich kennt sie doch schon jeder. Und trotz einer allgemeinen Ablehnung ändert sich kaum etwas.

Das Nutztier in Zeiten der „sozialen“ Marktwirtschaft

Das Nutztier hat bei uns längst den Status eines lebenden Wesens verloren. Es ist zur Ware verkommen, welche gemäß dem kapitalistischen Marktprinzip möglichst viel Profit abwerfen muss. Bei starker Konkurrenz und zunehmendem Überangebot müssen die Produktionskosten immer weiter gesenkt werden – zu Lasten der Ware. Wäre das Tier “nur” eine lebloses Gut, dann würden unter einem derartigen Preiskampf seine Qualität, die Umwelt und die produzierenden Angestellten leiden.

Das wäre schon tragisch genug, jedoch kommt bei Tieren ein pikantes Detail hinzu: Während seiner “Herstellungsphase” lebt es.  Es fühlt, es sieht, es riecht, es hört, es schmeckt – die ganze Zeit, Tag und Nacht. Und doch wird sein ganzes Dasein dem alleinigen Diktat der Kostenoptimierung unterworfen.

Die Maxime möglichst viel Profit abzuwerfen bestimmt jegliche Komponente seines kurzen Lebens. Für die Kosten sind zwei Parameter ausschlaggebend: Fläche und Zeit, sprich Fleischmenge pro Quadratmeter und Tag. Denn Fläche und Lebenszeit sind Kostenfaktoren, die fast alle anderen Posten, wie Futterkosten, Arbeitsaufwand etc., mit bedingen. Das bedeutet, dass die Ware auf möglichst kleiner Fläche so schnell wie möglich an Gewicht, also verwertbarer Fleischmenge, zulegen muss. Das Leben des Tieres wird rationalisiert und jegliches Bedürfnis, dass es als Lebewesen hat, vernachlässigt bzw. dahin gehend „verbessert“, dass die „Herstellungskosten“ sinken: Die Tiere werden in riesigen fensterlosen Hallen zu Tausenden zusammen gepfercht. Man beraubt sie ganz bewusst jeglicher Bewegungsfreiheit, damit all die Energie des Industriefutters, inklusive wachstumsfördernder Zusätze, in Fleisch umgesetzt wird – ganz dem Motto: Maximaler Ertrag bei minimalem Einsatz.

Tierschutz kaum existent

Es ist auf den ersten Blick kaum nachvollziehbar, wieso es nicht möglich ist, die Würde des Tieres per Gesetz effizient zu schützen, sprich, wieso bestehende Gesetze nicht konsequent durchgesetzt und bei Vergehen geahndet werden. Wieso gibt es keine ausreichenden Vorschriften die garantieren, dass Tiere so behandelt werden, wie man es von einer zivilisierten Gesellschaft erwarten sollte?  Einen deutschen Tierschutzparagraphen gibt es zwar, der da besagt, dass Tieren nicht ohne Grund erhebliche Schmerzen zugefügt werden dürfen. Aber angeblich existiert ein Grund, der ausreicht, die Masthaltung, Tiertransporte und Schlachthäuser zu rechtfertigen: Die übermäßige Versorgung mit tierischen Produkten.

Doch in einer Marktwirtschaft, in der das Soziale eine Rolle spielen soll, hat Leben Anspruch auf einen gesetzlich verankerten Schutz, der im Falle der Tiere weit über den bestehenden hinausgehen sollte und eben auch umgesetzt werden müsste. Letzten Endes wäre dies nicht nur ein ethisches Prinzip, sondern sogar ein pragmatischer Aspekt des Verbraucherschutzes, der in anderen Bereichen durchaus funktioniert. Die Politik macht es sich sehr einfach, wenn sie die Verantwortung an den Verbraucher abgibt und dessen Konsumverhalten kritisiert.

Ist der Verbraucher schuld?

Zweifelsohne wäre das Konsumverhalten des Verbrauchers ein möglicher Ansatz, um etwas zu zum Positiven zu verändern. Wenn jeder anfangen würde, bewusst einzukaufen, müsste sich der Markt konsequenterweise anpassen und die Zustände würden sich zwangsläufig verbessern. Aber ist diese Erwartung wirklich realistisch? Will man wirklich warten bis die Mehrheit zu reflektierten, moralisch-handelnden Verbrauchern geworden ist?

Allen voran der deutsche Verbraucher ist nun mal sehr preisbewusst und bezieht sein Schnitzel lieber vom Discounter als vom Biobauernhof. Das ist traurig. Aber wer will es dem unterbezahlten Tagelöhner andererseits verübeln? Auch er will ein kleines Stück vom Luxus der Fleischkultur abhaben.

Des Weiteren ist der Homo Sapiens ein leicht manipulierbarer Zeitgenosse. Die Bilder von gepferchten,  verkrüppelten Tieren sind schnell vergessen, wenn man an das zarte Filet in Rotwein Sauce denkt. Die grünen Wiesen auf der Verpackung, die ländliche Idylle vorgaukeln, tun ihr Übriges. In Zeiten überregionaler Produktion und Transportwege sind die Tiere einfach zu weit entfernt, kein Teil der persönlichen Erfahrungswelt mehr. Die meisten Menschen bräuchten jedoch den unmittelbaren Kontakt, um die Ausmaße der Massentierhaltung zu begreifen und Konsequenzen zu ziehen. Fast niemand würde seinen Hund dauerhaft auf zwei Quadratmeter halten, mästen oder gar Schmerzen zufügen. Und wenn doch würde er als Tierquäler verurteilt werden.

Die Rückkehr des Fleischadels

Glaubt man Umfragen, sind die Deutschen ein tierliebes Land und eine Mehrheit möchte die Bedingungen in der Masthaltung verbessern. Nun wird behauptet, dass diese Ansicht nur solange Bestand hat, bis der Verbraucher an der Fleischtheke, respektive Käsetheke realisieren würde, dass alles plötzlich doppelt so teuer ist – Ja und nein. Die Mehrheit würde es sehr wahrscheinlich schlicht akzeptieren, manch einer sogar befürworten.

Jedoch ist offensichtlich, dass deutlich höhere Lebensmittelkosten primär prekarisierte Bevölkerungsschichten treffen würde, die ohnehin schon jeden Cent umdrehen müssen. Für sie wäre, wie in der Feudalzeit, der Konsum von Fleisch und vielen anderen tierischen Produkten dann kaum noch erschwinglich. Man würde die Auferstehung einer klassenbedingten Ernährungskultur erleben.

Wer also die Frage nach einem ökologischen und nachhaltigen Konsum generell stellt, sollte die soziale Frage nicht außer Acht lassen. Denn wie es Berthold Brecht formulierte: „Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral.“  Ob sich also eine vom Verbraucher forcierte, nachhaltigere und kritischere Konsumkultur etablieren kann, hängt nicht unwesentlich von der Kaufkraft des Einzelnen und von den Produktionsbedingungen insgesamt ab. Die Frage nach artgerechter Haltung wird sich in letzter Konsequenz nur auf makroökonomischer Ebene lösen lassen.

Gibt es einen nachhaltigen Kapitalismus?

Nur eine ökologisch-nachhaltige und allen voran wirklich soziale Marktwirtschaft würde auch dauerhaft den Tieren zugute kommen. Aber davon sind wir meilenweit entfernt. Eher bestehen offensichtliche Parallelen darin, wie die Politik auf Kosten der Tiere Lobbypolitik betreibt, und damit Profit vor Achtung vor dem Leben stellt – und wie sie es analog genau so auf Kosten der Menschen tut.

Wie soll also Tierschutz konsequent durchgesetzt werden, wenn das Wettbewerbsparadigma – eine wesentliche Richtlinie des EU-Binnenmarktes –  auch vor der Ausbeutung der Schwächsten unserer Gesellschaft nicht halt macht? Oder anders formuliert: Tierschutz bleibt ein hehres Ziel, solange die Würde des Menschen antastbar ist. Ein Nebeneinander von (neo)liberaler Marktwirtschaft und nachhaltiger Verbrauchskultur – ein „ökologischer  Kapitalismus“ – ist ein Widerspruch in sich.

Den Umständen zum Trotz

Letzlich bleibt – leider und obgleich widriger Umstände – nur auf die Erkenntnis des Einzelnen zu hoffen. Sein Konsumverhalten ist seine stärkste Waffe. Hiermit wäre er in der Lage, nach und nach die Situation der Tiere zu verbessern. Auch wenn es für einige bedeuten würde, deutlich weniger tierische Produkte zur Verfügung zu haben, so sollte auch dieser Prozess von einer „zivilisierten“ Gesellschaft  erwartet werden können.

Artikelbild: Jim Frost, “new baby claves”. Some rights reserved. Quelle: pigs.de

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15 Kommentare zu "Massentierhaltung: Die Mär vom Öko-Kapitalismus"

  1. Pete Dive sagt:

    Die Lobby der Fleischindustrie gibt den Polithuren ihre Aeusserungen und Gesetzesvorlagen vor. Die einzige Chance waere sowohl die Polithuren als auch die Bosse der Fleischindustrie mal 1-2 Wochen unter den gleichen Bedingungen “leben” zu lassen.
    WEnn ihr in dem Artikel das Wort Tier bzw. Nutztier mit dem Wort mensch bzw. Arbeitnehmer ersetzt passt es uebrigens genau so exact.

  2. EuroTanic sagt:

    “Glaubt man Umfragen, sind die Deutschen ein tierliebes Land und eine Mehrheit möchte die Bedingungen in der Masthaltung verbessern.”
    Ein Fehler. Denn was die Menschen bei Umfragen sagen, und wirklich tun sind zwei völlig verschiedene Dinge. Fragt man nach Umweltschutz, sagen die JA, fragt man ob sie täglich alleine mit dem Auto zur Arbeit fahren müssen sie ebenfalls mit JA antowrten.
    Fragt man nach Tierschutz, sagen alle JA, fragt man wie teuer das Kilo Met war, und wo sie es gekauft haben zeigt sich das, diese 1,99 kostete und aus dem Supermarkt kommt.
    Der Mensch ist schiziphren, will Dissonanzen vermeiden, lügt sich selber einen vor, ist unmündig, dumm, ignorant, egoistisch, krank.

  3. maguscarolus sagt:

    Die Zustände in den Massen-Tierhaltungs-Betrieben sind ohne Frage bodenlos und dringend durch eine artgerechte Tierhaltung abzustellen.

    Noch vehementer würde ich mich gegen diesen Teil der kapitalistischen Ausbeutung von “zur Ware verkommenen Lebewesen” wenden, wenn der Kapitalismus nicht längst seine gierigen Fänge in das Nutztier “Mensch” – den “Nutzmenschen” geschlagen hätte.

  4. Thomas Klaßen sagt:

    Erstmal recherchieren und mit sachkundigen Leuten reden. Ich will hier nicht die Verhältnisse in der Schweinemast schönreden, aber abgefressene Ohren sind bei den Hundertausenden von Schweinen, die ich gesehen habe, die absolute Ausnahme, mit sicherheit unter 1 Promille.
    Sauen können sich sehr wohl ausgestreckt hinlegen- sonst könnten die Ferkel auch gar nicht saugen.

    Wie soll man danach so einen Artikel ernst nehmen.Der Autor beschädigt sich selbst und macht sich in den ersten Sätzen zum Scharlatan. Schade, die Sache hätte es verdient, fundiert diskutiert zu werden.

    • bernd kissel sagt:

      wenn man dich liest, ist man fundiert genug!

    • Janosch Deeg sagt:

      Hallo Herr Klaßen,

      ich zitiere aus den neuen EU-Tierschutzgesetzen, die von allen europäischen Schweinemastbetrieben spätestens zum 01.01.2013 umgesetzt hätten werden müssen (laut Bundesregierung haben dies nicht alle Betriebe getan):

      “Grundsätzlich müssen Sauen so untergebracht werden, dass sie sich nicht verletzen, ungehindert aufstehen und sich mit ausgestrecktem Kopf und Gliedmaßen in Seitenlage hinlegen können. Um diese Mindestanforderungen zu erfüllen, darf der Kastenstand bei Neubauten ein lichtes Maß von 200 cm x 65 cm für Jungsauen bzw. 200 cm x 70 cm für Sauen normalerweise nicht unterschreiten. Die lichte Höhe muss mindestens 110 cm betragen, empfohlen werden 115 cm.”

      Ich habe aus dieser Formulierung – meines Erachtens zurecht – geschlossen, dass die nun einzuhaltenden Bedingungen bei Kastenstandhaltung vorher nicht gegeben waren.
      Dass es Fälle von abgebissenn Ohren gab, bestreiten sie ja ebenfalls nicht.
      Deshalb würde ich mich freuen, wenn sie mir anhand von Fakten oder “Insiderwissen” erläutern würden, welche Details meines Beitrags mich zu einem Scharlatan werden lassen.
      Denn auf Grund Ihres Kommentars vermute ich, dass sie einen besseren Draht zu Besitzern von Schweinmastbetrieben haben, als ich.

      Vielen Dank!

      MfG,
      J. Deeg

  5. Wolfgang sagt:

    Selbstverständlich ist der Forderung nach besseren Gesetzen und stärkeren Kontrollen zu zustimmen. Darüber hinaus ist die Sache im Ansatz aber furchtbar einfach:
    Wer die Praktiken der Fleischindustrie ablehnt soll einfach kein solches Fleisch kaufen. Das ganze Gerede darüber, dass einkommenschwache Schichten sich kein Fleisch mehr leisten können ist nichts als ausrede. Fleisch kann durchaus zum relativen Luxusgut werden. Denn kein Mensch ist existenziell von Fleisch abhängig. Die Schweiz ist ein gutes Beispiel. Dort ist der Fleischpreis erheblich höher als bei uns. Die Konsequenz: die Eidgenossen essen deutlich weniger Fleisch und das scheint der “Volksgesundheit” nicht zu schaden. Und überhaupt: wer mehr Tierschutz fordert muss einfach auch sagen, dass es dann eben keine Massen an Tieren mehr gibt die zu verzehren sind.

    Also: esst bewußter und fleischärmer wenn ihr was ändern wollt. So einfach ist die Welt.

    • Sebastian Müller sagt:

      Da dies aber offensichtlich nicht geschieht, genauso wie zb. auch die Ausbeutung von Arbeitskräften zu Dumpinglöhnen bzw. schlechten Arbeitsbedingungen (siehe Schlecker, Lidl, Aldi etc.) vom Kunden nicht bestraft wird, scheint es wohl doch nicht so “einfach” zu sein.
      M.e. funktioniert diese Form von “Schwarmintelligenz” nicht, die nämlich voraussetzen würde, dass alle Marktteilnehmer gleich infomiert bei gleichem kritischen Bewusstsein wären.
      Insofern kommen wir um eine politisch-regulative bzw. makroökonomische Lösung nicht herum. Es war auch nie anders.

  6. Henning sagt:

    Zitat: “Also: esst bewußter und fleischärmer wenn ihr was ändern wollt. So einfach ist die Welt.” (@wolfgang)

    Na herrlich! So einfach ist das! Da hat sich ein Schwachkopf namens Karl Marx den Kopf darüber zerbrochen, wie man den Kapitalismus analysieren, kritisieren und letztendlich beseitigen kann, und ist nicht drauf gekommen, dass es am EINZELNEN liegt, dieses ökonomische SYSTEM zu brechen. Und wenn der Einzelne nicht will, dann ist er ganz, ganz böse, unbelehrbar und überhaupt bäääh!
    Im Ernst jetzt: Öko-KAPITALISTISCHE STRUKTUREN lassen sich nur sehr bedingt durch Aktionen auf der psychisch-individuellen Ebene ändern. Man sollte dort angreifen, wo der Kap. verwundbar ist: vorzugsweise im Bereich der Setzung von verbindlichen Normen – wobei natürlich immer die Frage ist, ob die Politik, die solche Normen gefälligst zu setzen und durchzusetzen hat, keine Klassen-Politik ist …

    • Andreas sagt:

      Schon richtig, aber es braucht eben beide Seiten: Nur nach schärferen Normen zu verlangen und sein eigenes Verhalten nicht zu ändern ist ebenso heuchlerisch und sinnlos, wie als Einzelner auf Fleisch zu verzichten und sich nicht allgemein für Tierrechte einzusehen.
      Ein konsequenter Verzicht auf Fleisch wirkt zwangsläufig auf die eigene Umgebung (Essen ist ein kommunikativer Vorgang) und führt längerfristig zu einer Verbreitung des Vegetarismus bzw. zumindest für eine gesteigerte Aufmerksamkeit für das Thema. Das Recht der Tiere auf ein artgerechtes und ausbeutungsfreies Dasein ist ein Wert an sich, für den es sich zu kämpfen lohnt. Deswegen würde ich Wolfgang auch vollkommen zustimmen, die im Artikel thematisierte “Rückkehr des Fleischadels” geht am eigentlichen Thema vorbei: Es gibt kein Grundrecht auf Fleischkonsum!

  7. Janosch Deeg sagt:

    Auf Grund vorhergehender Kommentare und dem Eindruck des “Missverstanden-Werdens” sehe ich die Notwendigkeit noch mal kurz zu meinem Artikel Stellung zu nehmen:

    1. Das Verhalten von dem was die Menschen wollen und wie sie sich verhalten, klafft eklatant auseinander. Genau das habe ich ja eben versucht in dem Artikel deutlich zu machen
    2. Genauso habe ich versucht darzustellen, dass die Menschen in dieser Gesellschaft oftmals –wie die Tiere eben auch- schlecht behandelt werden und dass dies ebenfalls geändert werden müsste. Aber zu jammern, auf jeden und alles zu schimpfen und das System und deren Menschen zu verteufeln bringt uns einer besseren Gesellschaft auch nicht näher. Wer Hass sät wird unser Zusammenleben kein Stück weit verbessern, eher das Gegenteil.
    3. Ich wollte aufzeigen, dass es natürlich erstrebenswert wäre, wenn jeder begreifen würde, dass er durch sein Handeln Einfluss hat und Zustände verändern kann. Aber genau das funktioniert ja eben leider nicht – aus Gründen die ich versucht habe darzulegen. Deshalb ist es eben nicht so einfach! Wäre Diebstahl nicht strafbar, müsste jeder sein Haus in eine Festung verwandeln, bis auch der letzte zum Gutmenschen wird und einsieht, dass es ein Recht auf Eigentum gibt. Man muss also zusätzlich Regeln schaffen und die Umsetzung garantieren, will man nicht warten bis jeder verstanden hat, dass 1,99 Euro für ein Brathähnchen vielleicht etwas zu wenig ist.
    4. Deshalb: Fleisch muss teurer werden, da stimme ich völlig zu. Natürlich gibt es kein Recht auf Fleischkonsum! Allerdings wäre es in einer ungerechten Gesellschaft eben wieder die “Unterschicht” die am meisten davon betroffen wäre. Man kann natürlich sagen, ja und? Den Tieren geht`s ja dann besser! Das wäre eben genau die Reaktion derjenigen, die es sich nach wie vor leisten könnten, soviel Fleisch zu essen wie bisher. Ich sehe ein, dass man das kaum ändern kann. Aber trotzdem kann man in diesem Zuge auch das gesamtgesellschaftliche Konzept in Frage stellen. Wieso soll es nur diejenigen treffen, die sowieso schon weniger am Luxus beteiligt werden? Zumindest eine höhere Verteilungsgerechtigkeit würde dem in wenig entgegensteuern.
    5. Im letzten Absatz habe ich deutlich gemacht, dass meiner Ansicht nach momentan nur das Handeln des Einzelnen bleibt und man eben nicht warten sollte, bis die Regierung es regelt. Ich habe nach wie vor Hoffnung!

  8. Sebastian sagt:

    Sehr geehrter Herr Deeg,

    die Grundlage für jedwede Unmenschlichkeit ist die Unmenschlichkeit, die jeder Mensch bereits als Kind in Form von autoritärer Erziehung, Verlogenheit, emotionalem und sexuellem Mißbrauch erfahren hat.

    Sie können sich sicherlich vorstellen, daß die Menschen, die in solchen Konzentrationslagern arbeiten und Manager solcher Betriebe sind, emotional äußerst verkümmert sein müssen. Dies gilt übrigens auch für viele Verbraucher.

    Ich verfolge einen ganzheitlichen Ansatz. Man muß sich der emotionalen Grundlagen der Unmenschlichkeit bewußt werden. Wie Sie sehen, findet ja ein gravierender Bewußtseinswandel statt. Sowohl, was unseren Konsum betrifft, als auch beispielsweise die Einstellung zum Militär. Dies liegt vor allem daran, daß KInder immer respekt- und liebevoller behandelt werden. Hier soll natürlich nichts idealisiert werden. Die Zustände sind immer noch schlimm genug, aber um Lichtjahre besser als noch vor hundert Jahren.

    Ein emotional verkümmerter Mensch läßt sich nicht groß beeindrucken von Schreckensbildern. Man sollte sich nur klar machen, daß man diese Dinge nicht einfach nur auf “Neoliberalismus”, Armut, schlechte Gesetze und vieles mehr zurückführen kann. Man sollte die emotionalen Grundlagen von diesem Irrsinn begreifen.

    Siehe zum Beispiel hier: http://www.alice-miller.com

    Ein Mensch, der Zugang zu seinen natürlichen Gefühlen hat, würde auch als Armer seine Würde bewahren und sich entsprechend verhalten. Das wirkliche Problem liegt also woanders.

    PS: Ich habe das Wort Konzentrationslager verwendet, weil ich es durchaus passend für die Situation der Tiere finde. Dazu muß man kein PETA-Aktivist sein. Das ist natürlich auch keine Verharmlosung der echten Konzentrationslager. Das ist das übliche Geschrei, das bei solchen Vergleichen einsetzt. Die Zustände sind nun mal so, wie sie sind – außer daß es sich um Tiere handelt.

    • Karin sagt:

      Danke für den universalen ganzheitlichen Ansatz. Um Frieden und Verbundenheit in diese Welt zu tragen ist es relevant, zuerst Frieden und Verbundenheit mit sich selbst zu schaffen. Dazu gibt es ja mittlerweile genug Techniken für jeden Geschmack. Ich finde das Wort KZ auch sehr treffend, denn auch hier wird Leben auf brutalste Weise genommen. Für mich gibt es ein Universum, eine Erde, eine Menschheit, eine Natur und Tiere und Pflanzen; keine Nutz-, Haus-, Wild- oder Versuchstiere oder Kraut oder Unkraut, keine “die da oben” oder “die da unten”. Ich sehe Menschen, die allesamt ihre Herzenergie blocken, weil sie sonst Gewohnheiten ändern würden, denn die würden den Tod von Leben nicht mehr unterstützen wollen. Doch um an sich zu arbeiten und das zu erreichen ist das ein langandauernder Prozess Tag für Tag. Es gilt alles Leben im Universum als eins zu begreifen und ich gebe zu, ab und zu hasse ich Fleischesser und ignorante Menschen, da könnte ich……, doch dann lasse ich es und erinnere mich an meinen Weg des Lebens und des Mitgefühls.
      Ich wünsche Euch allen da draußen Kraft für diesen Weg, Leben zu ehren. LG aus HH Karin

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