Empört euch!

Wie aus einer “Facebook-Revolution” eine europaweite Demokratiebewegung wurde

Ein Gastkommentar

Freitag, 27. Mai 2011, 8:30: Zwei ereignisreiche Wochen neigen sich dem Ende. Seit dem 15. Mai 2011 demonstrieren nun hunderttausende Menschen in Spanien und empören sich. Als “Movimiento 15-M” werden sie in die Geschichte eingehen. Ihrem Beispiel schlossen sich bereits Griechen, Portugiesen, Italiener, Iren, Franzosen und auch einige Deutschean, schneller als die Massenmedien darüber berichten konnten.

Die Empörung ist berechtigt. Denn so wie es ist, so kann es einfach nicht mehr weitergehen. Nur ein Europa, das im Stande ist, seinen Bürgern die Aussicht auf eine bessere Zukunft zu gewähren, das Perspektiven und nicht neoliberale Restauration zu bieten hat, wird eine Identifikation mit der eigenen Sache erreichen.

Die Umstände unserer Empörung sorgten für Verwirrung. Folgendes Medienprotokoll seit 18. Mai 2011 soll nachzeichnen, was viele verpasst haben, während andere schon vor Wut überschäumen. Die umfangreiche Chronik und lineare Gliederung der wichtigsten Ereignisse finden Sie hier. Die Empörung kommt nicht überraschend, doch sollte sie vor Missbrauch bewahrt werden.

Ja, nun sind wir empört. Doch wo der Aufruf hierzu herkam, weiß letztendlich niemand. Demokratie lebt vom Dialog, nicht von Agitation und so ist es die Debatte auf zahlreichen Plattformen, die uns die Antwort auf die Frage geben wird, wie es nun weitergeht. Diese Aufgabe lässt sich nicht in zentralistisch gesteuerten Netzwerken oder auf monopolartigen Seiten lösen, von denen letztendlich niemand weiß, wer die Nachrichten aussendet, die dort das Meinungsbild prägen.

Ja, empört euch! Versammelt euch, bildet Komitees und werdet auf den unterschiedlichen Plattformen aktiv, diskutiert wie diese Welt besser und gerechter gestaltet werden kann und dann lasst uns handeln!

Wahre Demokratie braucht Vielfalt. Aber erwarten wir diese nicht jetzt, sondern nennen wir dieses Ziel die zentrale politische Aufgabe unserer Generation. Wahre Demokratie braucht auch Identität. Anonymität lässt keine Kultur zu. Wir werden die Antworten auf all unsere Fragen nicht finden, wenn wir nicht zuerst selbst aktiv werden und mit allen Konsquenzen dafür geradestehen. Nun gilt es Blogs zu gründen, Blogs zu nutzen, alternative Kommunikationsformen zu entwickeln und diese populär zu machen. Aber gleichzeitig sollten wir auch unseren „alten“ Medien vertrauen, die uns bisher stets umfangreich informiert haben, wenn wir denn nach Informationen gesucht haben. Auch bei den großen Blättern arbeiten Menschen, die sich unserer Sache verpflichtet fühlen und auch euch rufen wir zu: Empört euch! Neues muss geschaffen werden, von uns allen, basierend auf den Strukturen die es bereits gibt.

Und dann gilt es auch kritisch zu sein, kritisch gegenüber einem Netzwerk, das es binnen einer Woche schafft, hunderttausende von uns europaweit auf die Straßen zu bringen. Wenn dieses Netz heute Empörung in uns hervorruft, wer weiß zu was es uns morgen treibt? Empört euch, teilt eure Empörung! Auf allen Kanälen, jetzt! Und dann lasst uns auf die Straße gehen und dort mit unseren europäischen Brüdern und Schwestern ein friedliches Fest der Demokratie feiern. Es ist unser Recht!

 Zum Thema:

– Live-Ticker “Spanische Revolution” – Europa auf der Straße

– Eine europäische Sache – Kommentar der Redaktion zu den Ereignissen

“Für eine andere Welt” – Die Globalisierung der Aufstände

– Über „Facebook“-Revolutionen

– Ein weiterer Artikel über „Facebook“-Revolutionen

– Im Namen der Demokratie – Die Protestwelle in Spanien

– Freiheit auf arabisch – Schein und Sein der arabischen Revolutionen

– Website des Movimiento 15-M

– Reden ist Silber, Schweigen ist Schuld – Über die unsägliche Rolle des deutschen Journalismus im Zuge der Entstehung des Movimiento 15-M

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4 Kommentare zu "Empört euch!"

  1. querdenker sagt:

    Sehr guter Beitrag!
    Ein soziales Gefüge das nicht nur Deutschland sondern ganz Europa zusammen bringt ist nur gut zu heißen. Aber du hast Recht – so ein Netzwerk hat die Macht vieles zu verbessern, aber auch vieles zu zerstören. Ich hoffe du bleibst dran an dem Thema, ich werde immermal wieder hier vorbeischauen um mich neu zu informieren.
    Mein Blog ist ähnlich gelagert wie deiner, wenn du magst schau doch einfach mal vorbei =) .

  2. El Genitale sagt:

    Gut geschrieben ;)

    War gestern in der Innenstadt von Dublin unterwegs,
    hab dort auch schon eine enorme Menge von ca. 30-40 Symphatisanten der
    Spanischen Revolution gesehen.

    Das nur zur Verbreitung in Europa

  3. DLC sagt:

    kritisch gegenüber dem Netzwerk, das halte ich für das Wichtigste.

    Ich sehe die Entwicklungen überhaupt nicht positiv. Der Staat kann so wenig die Interessen der Bürger vertreten, eben w e i l er von fremden Lobbies schon so vereinnahmt ist.

    Und wenn nun eben eine dieser fremden Lobbies Farbenrevolutionen veranstaltet, dann liegt das bestimmt nicht im Interesse der Bürger.

    Die Organisation ist alles, wobei die Fäden sowie die technischen Möglichkeiten immer die Verursacher in den Händen halten werden.

    Deswegen bleiben auch die Inhalte so beliebig und eindimensional.

    Ich hoffe, die Bürger können sich ihren gesunden Menschenverstand erhalten. Ich fände es schön, wenn sie ein wenig aus ihrem Stumpfsinn und ihrer Ignoranz gerissen werden und sich tiefgreifendere Gedanken um die Gesellschaft machen würden.

    Aber was ich mir nicht wünsche, dass sie jedem Rattenfänger hinterher laufen…

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