Das Sommerloch

Von Sebastian Müller

Jeder kennt es, jeder spürt es, jeder schwitzt es aus, das alljährliche Sommerloch in den Juliwochen. Die Gesellschaft und die Politik machen Urlaub, die heißen Monate lassen den Geist ohnehin ermatten – ohne suggerieren zu wollen, der gegenwärtige gesellschaftspolitische Alltag in Deutschland wäre ansonsten noch geistreich.

Die Fußball WM ist vorbei, für die Massen ist dies ohnehin die größte Sinnentleerung, die Nach-WM-Zeit im Sommer. Der kollektive Jubelrausch in der Hitze des Gefechts ist verklungen. Der Kater und der Filmriss machen sich breit. Kaum einer wird sich daran erinnern, das die Regierung Merkel diese Zeit zu einer heimlichen Mehrwertsteuererhöhung genutzt hat. Das Sparpaket mit all seinen sozialen Grausamkeiten scheint vergessen.

Das einzige politische Highlight, dass sich in diesen müden Sommermonat geschoben hat, ist ein Volksentscheid, dessen Ergebnis eigentlich auch nur zur Verschlimmerung der Katerstimmung führen kann: das Kippen der schwarz-grünen Schulreform für längeres gemeinsames Lernen durch eine egozentrische, gutbetuchte Hamburger Bürgerkaste aus Ärzten, Anwälten und Unternehmensberatern, die sich Sorgen um die Karrieren ihrer verwöhnten, ohnehin in unserem Schulsystem privilegierten Zöglinge machen. Als Konsequenz des Scheiterns legte Ole van Beust sein Amt als Ministerpräsident von Hamburg nieder und reiht sich damit in die jüngste Rücktrittswelle innerhalb der CDU ein.

Die schwüle Hitze in den deutschen Landen lässt nun aber vorerst alles ruhen, und doch weiß man, dass sie irgendwann weitergehen werden, die perfiden Spielchen von Schwarz-Gelb in Berlin. Ob mit dem Ende der Siesta der politischen Institutionen aber auch eine kritische Öffentlichkeit und mit ihr eine Protestbewegung wider der Entsolidarisierungstendenzen – wie sie u.a. der DGB-Vorsitzende Michael Sommer ankündigte – aus ihrem Sommerschlaf erwacht, bleibt noch abzuwarten.

Bis demnächst.

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Ein Kommentar zu "Das Sommerloch"

  1. kurz,bissig und treffend weiterso gruß marion

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