Über die Hegemonie des neoliberalen Projektes und seiner Institutionen der Meinungsmache und “Landschaftspflege” – den Think-Tanks und Lobbyorganisationen – wurde bereits viel geschrieben, nicht zuletzt in Le Bohémien.
Doch welche Figuren stehen hinter den unterschiedlichen, mit einander vernetzten neoliberalen Organisationen, die die öffentliche Meinung derart beeinflussen und die Politik steuern wollen? Es handelt sich um einen kleinen, überschaubaren Personenkreis von Spitzenmanagern, Professoren, Publizisten und Politikern. Im folgenden sollen einige der aktuell prominentesten Köpfe des neoliberalen Netzwerkes vorgestellt werden.
Ackermann setzte als öffentliches Ziel für die Bank eine Eigenkapitalrendite von 25 Prozent.
Im Frühjahr 2005 verkündete Ackermann einen neuen Rekordgewinn der Deutschen Bank und kündigte den Abbau von 6.400 Arbeitsplätzen an.
Für die internationalen Finanzmärkte forderte Ackermann als Reaktion auf die Subprime-Krise – und als Gegenentwurf zur Forderung einer internationalen Regulierung der Finanzmärkte – einen globalen Sachverständigenrat, „eine Gruppe weiser Männer und Frauen, die etwa im Rahmen des Internationalen Währungsfonds die Entwicklung an den Finanzmärkten beobachten und bei Gefahr im Verzug Alarm schlagen“.
Ab Januar 2004 musste sich Josef Ackermann vor dem Landgericht in Düsseldorf verantworten. Die Anklage gegen ihn und fünf weitere Beteiligte im so genannten Mannesmann-Prozess – darunter der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Mannesmann AG, Klaus Esser und der frühere IG Metall-Vorsitzende Klaus Zwickel – lautete auf Untreue. Die Angeklagten standen unter dem Verdacht, den Düsseldorfer Konzern im Rahmen der Übernahme durch Vodafone im Februar 2000 durch überhöhte Prämienzahlungen an Esser und weitere Manager um rund 58 Millionen Euro geschädigt zu haben.
Ackermann sorgte zu Beginn des Prozesses für erhebliches Aufsehen durch die Aussage: „Dies ist das einzige Land, in dem diejenigen, die Erfolg haben und Werte schaffen, deswegen vor Gericht gestellt werden.“
Ackermann ist regelmäßiger Teilnehmer der Bilderberg-Konferenzen und Mitglied der Trilateralen Kommission.
Er gilt als typischer Exponent der monetaristischen und im internationalen Vergleich recht restriktiven geldpolitischen Strategie der Bundesbank. Im Jahre 1996 hielt er eine bezeichnende Rede vor dem Weltwirtschaftsforum in Davos. Die Politiker und Wirtschaftsführer, die dort versammelt waren, konnten Zeuge des folgenden Satzes von Tietmeyer werden: “Meine Herren, Sie alle sind jetzt der Kontrolle der internationalen Finanzmärkte unterworfen“.
Am 15. Oktober 2008 verkündete Bundeskanzlerin Angela Merkel während ihrer Rede im Bundestag zum „Finanzmarktstabilisierungsgesetz”, dass sie Hans Tietmeyer gebeten habe den Vorsitz einer Expertengruppe zu übernehmen, welche Vorschläge für neue Regeln auf den Finanzmärkten erarbeiten sollte. Dies wurde von den Oppositionsparteien, aber auch vom Koalitionspartner der CDU, der SPD, abgelehnt, da Tietmayer, der zu diesem Zeitpunkt Aufsichtsratmitglied bei der Hypo Real Estate war, eine Mitschuld an der schweren Krise der Bank zugeschrieben wurde. Tietmeyer gab wenig später bekannt, dass er aufgrund der öffentlichen Diskussion um seine Person für dieses Amt nicht zur Verfügung stehe. Im November dieses Jahres trat Tietmeyer als Aufsichtsrat der Hypo Real Estate zurück.
Zur Zeit ist er als Kuratoriumsvorsitzender der vom Arbeitgeberverband Gesamtmetall finanzierten Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft tätig, die der wohl einflussreichste, neoliberale Think-Tank in Deutschland ist.
Die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern (GWK) folgte mit der Entscheidung zur Rückumwandlung des Instituts einer Empfehlung des Senats der Leibniz-Gemeinschaft, der dem ifo Institut hervorragende Arbeit in der Forschung und Politikberatung bescheinigt hatte. Nach einer Umfrage der Financial Times Deutschland zusammen mit dem Verein für Socialpolitik (in dem auch Michael Hüther Mitglied ist) unter 550 deutschen Wirtschaftsexperten im Jahr 2006 schrieben die Befragten nur zwei Vertretern der eigenen Zunft nennenswerten Einfluss auf die Politik zu: Bert Rürup (ebenfalls Wirtschaftsliberal) und Hans-Werner Sinn.
Nach einer Untersuchung im Jahre 2007 rangierte Sinn gemessen an der Anzahl der Zitierungen in wirtschaftswissenschaftlichen Fachzeitschriften auf dem zweiten Platz unter den deutschen Ökonomen nach Reinhard Selten. Seit 1989 ist er Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundeswirtschaftsministerium.
In seiner Publikation “Ist Deutschland noch zu retten?” (2003) analysierte Sinn Deutschlands Rolle im globalen Standortwettbewerb, kritisierte den deutschen Sozialstaat und forderte umfassende Reformen der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik. Dazu gehörten Öffnungsklauseln in Tarifverträgen, Vertragsfreiheit beim Kündigungsschutz für Neuverträge sowie längere Arbeitszeiten ohne Lohnausgleich. Seine Hauptforderung liegt in dem schon 2002 formulierten System der aktivierenden Sozialhilfe, das im Wesentlichen in einem Lohnzuschussystem besteht.
Noch während seiner Zeit bei der SPD fiel Clement hauptsächlich als Lobbyist auf.
Eine Woche vor der Landtagswahl in Hessen 2008 warnte Clement in einem Gastbeitrag für die neoliberale Welt am Sonntag, für die er nun regelmäßig schreibt, die Leser vor einer Wahl der SPD. Als Grund nannte er die Pläne zur Energiepolitik der Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti. Diese hatte zuvor in einem Interview geäußert, sie wolle in Hessen weder Atomkraftwerke noch neue große Kohlekraftwerke. Dabei handelt es sich in erster Linie um die von der SPD unterstützte Abschaltung der – von der RWE betriebenen – Kernkraftwerke Biblis A und B. Das Verhalten Clements wurde von SPD und den Grünen scharf kritisiert und als lobbyistische Parteinahme für RWE gewertet. Er sitzt seit Februar 2006 im Aufsichtsrat der Konzerntochter RWE Power AG.
Clement ist somit ein herausragendes Beispiel für die fortschreitende Verzahnung und Interessenvermengung zwischen Politik und Wirtschaft. Im August 2005 brachte das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit die Broschüre „Vorrang für die Anständigen – Gegen Missbrauch, ‚Abzocke‘ und Selbstbedienung im Sozialstaat“ heraus. Für diese Broschüre aus seinem Haus schrieb Clement das Vorwort. In der Broschüre wird unter anderem suggeriert, dass ein Großteil der ALG-II-Empfänger die staatlichen Unterstützungen nicht rechtmäßig erlange. Jedoch sind keine Untersuchungen oder Statistiken dazu in der Broschüre enthalten. Sie stützt sich auf Einzelaussagen, in denen unter anderem die Begriffe Schmarotzer, Trittbrettfahrer, Abzocker, und Parasiten benutzt wurden. Die oben genannte These der Broschüre und deren Begriffe „Schmarotzer“ und „Parasiten“ wurden in der Boulevardpresse bundesweit verbreitet. Aufgrund der Broschüre wurde gegen Clement Strafanzeige erstattet wegen übler Nachrede, Beleidigung und Volksverhetzung, unter anderem von Einzelpersonen, Arbeitsloseninitiativen und der WASG.
Im Sommer 2005 löste Clement eine Welle der Entrüstung aus, als er in der Talkshow “Sabine Christiansen” für Hartz IV eine Missbrauchquote von zehn Prozent ohne Beleg behauptete und Hartz-IV-Empfänger wiederum indirekt mit Parasiten verglich. Im Mai 2006 trat er der neoliberalen Lobbygruppe Konvent für Deutschland bei. Seit Juni 2006 sitzt er im Aufsichtsrat des viertgrößten deutschen Zeitungsverlags DuMont Schauberg.
Zusätzlich zu seiner politischen Tätigkeit ist Westerwelle Mitglied des Aufsichtsrates des Versicherungskonzerns ARAG, sowie als Mitglied der Beiräte der Deutsche Vermögensberatung AG, der Hamburg-Mannheimer Versicherungs AG und der Unternehmensberatung TellSell Consulting GmbH.
Merz galt lange als der Wirtschafts- und Finanzexperte seiner Partei und war Teil des wirtschaftsliberalen Flügels. Für Aufsehen sorgte ein im Jahr 2003 unter seiner Leitung ausgearbeitetes Steuerkonzept, das nur drei Steuerstufen von 12, 24 und 36 Prozent vorsieht (zur Zeit linear von 14 – 42% ansteigend) und das Steuerrecht im Wege der Entbürokratisierung radikal vereinfachen sollte. Das Konzept nimmt Anleihen bei dem Kirchhof-Modell. Weiter plädiert er für eine grundlegende Reform der sozialen Sicherungssysteme. Merz ist ein weiteres Gründungsmitglied des Fördervereins für die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft. Von dieser und der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (Die INSM unterhält eine Medienpartnerschaft mit der FAS) wurde er 2005 zum “Reformer des Jahres” gewählt.
Seine wirtschafts- bzw. neoliberalen Positionen sind auch seiner Publikation “Mehr Kapitalismus wagen. Wege zu einer gerechten Gesellschaft” zu entnehmen, die 2008 erschien. Zuletzt hat Merz zusammen mit Wolfgang Clement ein neues Buch geschrieben, aus dem viel Altes zu entnehmen ist.
Heute steht er angeblich keiner Partei nahe, unterstützt aber Stiftungen wie die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung und die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft. Er fordert insbesondere einschneidende “Reformen” des Sozialstaats.
Von 1987 bis 1991 war Hüther wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Volkswirtschaftslehre und Finanzwissenschaft der Universität Gießen; von 1990 bis 1995 dann wissenschaftlicher Mitarbeiter im Stab und 1995 bis 1999 Generalsekretär sowie Leiter des wissenschaftlichen Stabes des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in Wiesbaden.
Von 1999 bis 2004 war er Chefvolkswirt und von 2001 bis 2004 Bereichsleiter für Volkswirtschaft und Kommunikation der DekaBank Deutsche Girozentrale in Frankfurt. Seit 1995 ist Hüther Dozent und seit 2001 Honorarprofessor an der European Business School in Oestrich-Winkel. Seit Juli 2004 ist er Direktor und Mitglied des Präsidiums des Instituts der deutschen Wirtschaft.
Wie die meisten anderen hier vorgestellten Personen sitzt auch Hüther im Kuratorium der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft.