Venezuela

Ein Zeit-Interview bricht mit der inszenierten Berichterstattung über Chavez

Der venezolanische Präsident Hugo Chavez Frias dürfte wohl eines der gegenwärtigen Hauptziele der internationalen Medienkampagnen sein. Seit seinem Regierungsantritt 1999 ist er einer feindesligen Propaganda ausgesetzt, die die wahren Verhältnisse in Venezuela unvergleichlich verzerrt (Siehe Ignacio Ramonet in Le Monde diplomatique).

In Deutschland ist die Situation nicht besser, ein differenziertes, sachliches Bild über den bolivarischen Prozess wird leider kaum geliefert. Die Medien missbrauchen vielmehr ihre normative Rolle als umfassender Informant der Öffentlichkeit schamlos, indem sie sich als ideologisches Sprachrohr der wirtschaftsliberalen Hegemonie des Westens instrumentalisieren lassen.

Tatsächlich ist dies kein neues Phänomen, die Idee der unabhängigen Berichterstattung ist schon lange der Realität gewichen. Die westlichen Schmutzkampagnen gegen revolutionäre, sozialistische und basisdemokratische Bewegungen – welche meist als Konsequenz der Bevormundung und Ausbeutung der Völker Lateinamerikas entstanden sind – ziehen sich durch die gesamte jüngere Geschichte des Kontinents. Zielscheibe waren u.a. sowohl der sozialistische Prozess unter Salvador Allende in Chile, als auch die sandinistische Bewegung in Nicaragua.

Um so erstaunlicher ist es da, dass vor etwa einem Monat in der “Zeit-Online” ein Interview mit dem Schriftsteller und Politikwissenschaftler Raul Zelik über die Zustände in Venezuela erschien, welches Dank Zelik ein differenzierteren und tieferen Einblick in die Politik Chavez bietet, als es die journalistischen Offenbarungseide der großen deutschen Zeitungen und Magazine bisher vermocht hätten.

Weiter zeigen die Leserkommentare zu diesem Interview deutlich, dass der kritischen Öffentlichkeit die oft zu beobachtende Einseitigkeit und fehlende Sachlichkeit der deutschen Medien – nicht nur bezüglich dieses Themas – durchaus negativ auffällt. So scheint auch für viele Menschen spürbar zu sein, dass die veröffentlichte Meinung und die Mehrheitsmeinung generell stark voneinander abweichen. Dieses Phänomen bezeichnete der Politikwissenschaftler Timur Kuran als “öffentliches Lügen“. Der Kommunikationswissenschaftler Peter Glotz spricht schlicht von der “immer größer werdenden Kluft zwischen öffentlicher und veröffentlichter Meinung“.

Im Falle Chavez und seiner linken Vorgänger in Lateinamerika dienen die Kampagnen der internationalen Medien einer gezielten Desavouierung der moralischen Legtimität ihrer Bewegungen in den Augen der Weltöffentlichkeit, welche meist die erfolgreiche politische und/oder militärische Intervention der USA zur Folge hatte. Auch Chavez hat die Konsequenzen einer feindseligen Berichterstattung während des gescheiterten Putsches 2002 bereits zu spüren bekommen.

Raul Zelik dürfte daher zum letzten Mal ein Interview für “Die Zeit” gegeben haben. Das Interview vom 17.2.09 und die Leserkommentare sind hier zu lesen.
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