Die Krise der Sozialdemokratie

Krise der Demokratie

Von Sebastian Müller

Seit dem Ende des Wahljahres 1998 und dem Regierungsantritt der Rot-Grünen Koalition hat sich ein Prozess beschleunigt, der nun dahingehend gemündet ist, dass die SPD keine eigenständige, auf sozialdemokratischen Prinzipien beruhende Politik mehr betreibt. Sie wirkt fremdbestimmt. Durch medialen Einfluss, durch die CDU und die Wirtschaftslobby.

Das lässt sich anhand des Umgangs der SPD-Führung mit dem linken Flügel, der Desavouierung der Hessen-SPD unter Ypsilanti, der quasi konsequenzlosen Attacken Clements als Aufsichtsratsvorsitzender der RWE und dem Unvermögen, der CDU inhaltlich und politisch die Führung des Landes streitig zu machen, deutlich erkennen.

Auf Bundesebene hat der linke Flügel unter Andrea Nahles ohnehin jede größere Bedeutung verloren. Die Politik wird von Mitterechts-Architekten gemacht, Gruppen wie dem Seeheimer-Kreis oder Führungspersonen wie Müntefering oder Steinmeier, die mit den Vertretern der Großkonzerne verflechtet und von der Führungsriege der CDU (die ohnehin mit diversen Aufsichtsratsposten ausreichend abgespeist ist) inhaltlich kaum zu trennen sind. Beide Volksparteien sind der Wirtschaftslobby, die in den Ministerien immer stärker vertreten ist, unverhältnismäßig Rechenschaft schuldig. Von einer ausgewogenen Interessensvermittlung durch die verschiedenen Akteure kann daher keine Rede mehr sein.

Damit hat besonders die SPD ihr eigenes Profil verloren und ist mitnichten ein Baustein einer pluralistischen Parteienlandschaft, die Vorraussetzung für eine funktionierende Demokratie wäre. Denn wenn eine Sozialpolitik, die diese Bezeichnung auch verdient, für die etablierten Parteien im Bundestag nicht mehr tragbar ist, was bedeutet dies dann für die Interessenvertretung in diesem Land?

Die Entstehung der Partei die Linke ist eine Konsequenz dieser Entwicklung. Doch die Linke allein kann nicht die Gralshüterin der sozialen Gerechtigkeit bzw. der steigenden Anzahl Marginalisierter in Deutschland sein.

Diese Krise der ausgewogenen Interessenvermittlung und damit der Demokratie hat viele Ursachen: a) Durch den stetig wachsenden Einfluss der Wirtschaft in der Politik und der politischen Entscheidungsfindung und Gesetzgebung. b) Durch die damit einhergehende Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums von Unten nach Oben der c) wiederum zu der wachsenden Bedeutung und Begünstigung einer etwa 20 Prozent betragenden sozioökonomischen Elite führt, auf die etwa 50% der Wirtschaftskraft entfällt. d) Diese Elite, die von dem Status Quo und dem Ausbau der privatisierten höheren Bildungssysteme (sprich Eliteuniversitäten) profitiert, hat immer weniger Skrupel die wachsende gesellschaftliche Ungleichheit zu aktzeptieren bzw. zu forcieren. e) Dieser Trend führt nicht nur zu der Erosion des wohlfahrtsstaatlichen Konsens, sondern fördert auch die Entwicklung eines plutokratischen Systems innerhalb einer demokratischen Fassade.

Die grossen Medien, die als “vierte Gewalt” ursprünglich die kritischen Wächter der Demokratie und die pluralistischen Informateure einer partizipierenden Öffentlichkeit sein sollten, sind längst Teil dieses abgekarterten Spiels. Ähnlich wie die beiden Volksparteien wirken die Medien mit ihrem politischen Mainstream weniger pluralisitisch, sondern vielmehr erschreckend gleichgeschaltet und verbotenen Einflüssen unterworfen. Auch hier wirft das Wechselspiel von Privatisierung und Profit seinen unheilvollen Schatten voraus.

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