Eurogipfel
Ausverkauf binnen 17 Stunden

Alles was die Griechen mit dem Referendum abgelehnt hatten, wurde heute Tsipras endlich aufgezwungen. Mehr noch: Nach dem Eurogipfel gleicht das Land nun einem Protektorat der Märkte.

Athen-Eurogipfel

Foto: Daniel H. / flickr / CC BY 2.0

Von Sebastian Müller

Egal was Alexis Tsipras und seine Regierungsmitglieder auch sagen und beschönigen werden, der 17 Stündige Gipfel-Marathon von Sonntag auf Montagmorgen war eine totale, ja vernichtende Niederlage für ihn und Syriza.

Erst im Januar war das Linksbündnis mit dem Mandat der Griechen angetreten, um die Memoranden und die Austeritätspolitik der Troika zu beenden. Seitdem scheint eine Ewigkeit Vergangen zu sein, in der sich aber die Partei und ihre einst progressive Dynamik unter den Mühlen der Troika im Zeitraffer abgenutzt haben. Zurückgekehrt ist Syriza nun mit einer verschärften Dosis genau jener Rezeptur, die sie absetzen wollte.

Syriza war auch angetreten, um Griechenland ein Gefühl von Würde und Souveränität zurückzugeben, die Quittung ist ein beispielloser Akt der Demütigung. Freilich war dies alles bereits im Vorfeld zu erwarten. Doch bei allen taktischen und strategischen Fehlern, welche die junge Partei und ihre Verhandlungsführer auch gemacht haben mögen, kann man ihr die Verantwortung für dieses Desaster nicht einmal zur Last legen. Tsipras, Varoufakis und Euklid Tsakalotos hatten keine Chance und keine Wahl – denn auch den Grexit will die Mehrheit der Griechen nicht.

Der “Kompromiss”, der auf dem EU-Gipfel ausgehandelt wurde, spottet jeder Beschreibung. Nein, das war kein Kompromiss, das war psychologische Folter, ein stundenlanges Weichklopfen Tsipras’, eine Erpressung. Ex-Finanzminister Yanis Varoufakis wusste, warum er zurücktrat – und man bekommt nun langsam eine Vorstellung davon, was er mit den Umschreibungen “fiskal-waterboarding” und “ökonomischen Terrorismus” meinte.

Über Monate hinweg stand Syriza alleine. Alleine gegen die Eurogruppe, alleine gegen die Troika, alleine gegen Deutschland, alleine gegen die deutsche Öffentlichkeit. Die strukturelle Gewalt dieses totalen asymmetrischen Machtverhältnisses wurde zu allem Überfluss noch durch eine Hetzkampagne in Deutschland flankiert, die mindestens genauso erschreckend ist, wie das Gebaren von Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble in der Griechenland-Krise. Tsipras und Varoufakis, dämonisiert und geächtet, stemmten sich vergeblich gegen einen Konsensus der Austerität in der europäischen Architektur seit Maastricht.

Europa hat in den vergangenen Wochen und Monaten sein wahres Gesicht gezeigt. Es ist ein diktatorisches Europa der Märkte und der Brüsseler Technokratie. Schäuble und Merkel haben nun für eine Radikalisierung der Entwicklung gesorgt. Das in mehrfacher Weise statuierte Exempel und ihre fast bis ins letzte Detail durchgesetzten Forderungen sind vorerst die Beerdigung jeglicher Hoffnung jener, die auf einen ökonomischen Kurswechsel in Europa gesetzt hatten.

Das Einknicken Tsipras wird erstens zu einem Bruch Syrizas führen. Denn diesem neuen Sparpaket, dass dem griechischen Parlament morgen vorgelegt werden muss, kann und wird der linke Parteiflügel nicht zustimmen. Tsipras ist damit politisch gescheitert. Genau das war von Anfang an das strategische Ziel von Schäuble.

Neben diesem politischen Erfolg, der auch eine Warnung an alle anderen europäischen Linksbündnisse darstellen soll, wurde zweitens auch dem Primat des alternativlosen Marktfundamentalismus zum einem großen Etappensieg verholfen. Griechenland ist, sollte das griechische Parlament diese Diktate in Gesetzesform gießen, ein politisches und ökonomisches Protektorat, ein willfähriges Versuchslabor des Neoliberalismus geworden.

Das neue Sparpaket liest sich wie ein Offenbarungseid ökonomischer Unvernunft, oder aber der politischen Korruption: Nachdem die Griechen ohnehin schon nahezu bereit gewesen waren, alle Forderungen der Gläubiger zu erfüllen, kam nun durch Schäuble plötzlich der Treuhandfonds ins Spiel – etwas, von dem in den vergangenen fünf Monaten nie die Rede gewesen war. Auch diese Provokation hat Tsipras nun geschluckt. Dabei war einst der Stopp der Privatisierung ein wesentliches politisches Ziel von Syriza.

Nun aber ist das Land zu einem totalen Ausverkauf auf Ramschniveau freigegeben. Das griechische Tafelsilber, wie Häfen, Flughäfen und die Bahn, sollen nun in verschärften Eiltempo an griechische Investoren, die bisher ein Vermögen im Volumen von bis zu 600 Millarden Euro ins Trockene gebracht hatten, zum Spottpreis verscherbelt werden. Damit werden genau jene Oligarchen belohnt, denen eigentlich einmündig der Kampf angesagt wurde. Die ganze Praxis erinnert nur zu sehr an die korrupte Abwicklung des DDR-Staatsvermögens durch die deutsche Treuhand Anfang der 1990er Jahre.

Geht es nach Schäuble, sollen Vermögenswerte von 50 Milliarden Euro an ein Tochterinstitut der KfW, welcher er selbst vorsteht, eingebracht und verkauft werden. Mit den kurzfristigen Erlösen, die im Grunde nur die langfristigen Einnahmen von den Staatsbetrieben bis zu den Eintrittskarten der Akropolis ersetzen, sollen dann die griechischen Schulden abgetragen werden. Es sei hier erwähnt, dass es keinen Staatsbesitz in dieser Größenordnung geben soll. Selbst der IWF geht von maximal sieben Milliarden Euro aus.

Wie aber soll dann der Plan funktionieren, den Schäuble da allen Ernstes vorschlägt, dass nämlich ein Teil der Summe, 37,5 Milliarden Euro, in die Tilgung der Schulden Griechenlands beim ESM fließen soll? Wenn solche Vermögenswerte schlicht nicht vorhanden sind, gibt es auch keine übrigen 12,5 Milliarden Euro, die dann angeblich für Investitionen in Griechenland verwendet werden können. Um das Volumen also voll ausschöpfen zu können, müssten – und das dürfte auch der Kern der Sache sein – Schürfrechte für die Erdgasvorkommen der Ägäis in diesem Topf landen.

Dazu die Mehrwertsteuererhöhung und die Rentenkürzungen. Auf die spärlichen Renten der Großeltern sind derzeit ganze Familien angewiesen. Diese “Reformen” grenzen in Zeiten wirtschaftlicher Depression geradezu an Wahnwitz. Damit wird die Binnennachfrage in Kombination mit weiteren Lohnsenkungen weiter abgewürgt und eine Erholung der Nachfrage auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben. Schon jetzt herrscht in Griechenland eine handfeste Deflation. Wie so jemals Wachstum generiert werden soll, weiß nur die Troika.

Ganz zu schweigen von solchen Irrsinn wie die vollständige Abschaffung der Ladenschlusszeiten, das Ende der Privilegien geschützter Berufsstände oder das Ende des Tarifmonopols. Das alles ist nichts weniger als der Beginn der Durchsetzung eines grenzenlos deregulierten Marktes auf Kosten der europäischen Sozialstaaten, aber kein tragfähiges Geschäftsmodell.

Das, was da von Sonntag auf Montag in Brüssel verabschiedet wurde, ist eine Bankrotterklärung ungeheuren Ausmaßes. Was noch lange Nachhallen wird, ist entweder die offen zur Schau gestellte Verweigerung politischer Vernunft und ökonomischer Realitäten, oder eine beispiellose Kapitulation vor den ominösen “Märkten”. Es ist, wie Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman in der “New York Times” kommentierte, einfach nur verrückt.

Mit dem gestrigen Putsch, so Krugman weiter, sei insbesondere Deutschland dabei, das europäische Projekt zu töten. Doch das Projekt ist längst ein anderes: Die allseits diagnostizierte Postdemokratie ist durch die weitaus bittere Realität eines Regimes eben jener Märkte eingeholt worden. In Europa sind in den letzten Tagen die Lichter ausgegangen. Es war, was sich schon länger abgezeichnet hatte – das endgültige Erlöschen demokratischer Entscheidungsprozesse.

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15 Kommentare zu "Eurogipfel
Ausverkauf binnen 17 Stunden"

  1. Juza46 sagt:

    Ich habe vor allem von Deutschland (der Führungskraft der EU) nichts anderes erwartet. Und ich möchte Umberto Eco (“Vier moralische Schriften”) zitieren:
    “Der Urfaschismus ist immer noch um uns, manchmal in gutbürgerlicher Kleidung . . . . . Der Urfaschismus kann in den unschuldigsten Gewändern daherkommen. Es ist unsere Pflicht, ihn zu entlarven und mit dem Finger auf jede seiner neuen Formen zu zeigen – jeden Tag überall auf der Welt”.

    Juza46

    • Umdenker sagt:

      Bitte lassen Sie doch Begriffe weg, die von der Definition her einfach unpassend sind. Der ganze Vorgang bezüglich Austerität gegenüber den Schuldnerländern und nun explizit Griechenland hat mit (Ur)Faschismus nicht viel zu tun. Es wird sowieso noch um die genaue Defintion gestritten, aber der Begriff ist wohl stark durch die früheren Diktaturen in Italien und Deutschland geprägt.

      Was wir heute haben hat viel mehr mit Techno- und Plutokratie zu tun, welche dadurch natürlich auch langsam aber stetig autoritäre Formen annimmt. Gepaart mit modernem Protektionismus und teilweise Imperialismus entsteht ein Kuddelmuddel der Unvernunft. Die Egozentriker und Gierigen haben halt wieder das Ruder an sich genommen und die Menschen getrieben durch Angst verfallen niederen Verhaltensmustern und laufen Rattenfängern links wie rechts hinterher.

      Was ich aber auch bei den Keysianern wie Krugman oder bei uns Flassbeck erstaunlich finde ist, dass sie auch nur sehr kurzsichtig denken. Ja selbst wenn wieder eine bessere Umverteilung stattfindet, die Gewerkschaften wieder echte Mitsprache erhalten, Produktivitätszuwächse fairer verteilt werden, Finanzwesen reguliert, und und und. Das ist alles nur erkaufen von Zeit und Bekämpfung der Symptome. Von den Ursachen sind wir noch weit entfernt. Der Reichtum der 1. Welt mit dem kapitalistischen System der letzten 100 Jahre funktioniert auch nur, wenn andere Teile (und zwar stetig wachsende) sich ausbeuten lassen. Von den Umweltschäden, Ressourcenverschwendung, usw. fange ich lieber erst gar nicht an.

      Was wir hier diskutieren, nämlich in Europa wieder eine Art soziale Marktwirtschaft und zudem mehr demokratische Partizipation durchzusetzen, greift nicht die Grundprobleme auf. Oder sind wir wirklich so naiv und glauben alle Menschen können auf dem Wohlstandsniveau mit dem verschwenderischen Lebensstil auf diesem Planeten leben? Aber ja, es wäre zumindest ein Erkaufen von Zeit und meist sind die Diskussionen und Lösungsvorschläge um einiges objektiver und intelligenter, wenn man nicht gerade nebenbei am Feuer löschen ist.

  2. silverliner sagt:

    dann kann die nato die schöne Insel Kreta jetzt für billiges Geld kaufen und sie komplett zu einem Flugzeugträger gegen Russland ausbauen. Und die Griechen kommen alle in ein Arbeitslager, damit sie mal Disziplin lernen. (Ironie off)
    Wenn es in diesem Tempo weiter geht mit den westlichen Werten, wissen wir auch schon mal, was uns allen bald blüht. Diese Blume hat leider nicht den Duft nach Freiheit, Demokratie und Wohlstand für alle

  3. heubergen sagt:

    Stimme dir fast vollständig zu, nur folgendem Absatz kann ich nicht zustimmen:
    …wie die vollständige Abschaffung der Ladenschlusszeiten, das Ende der Privilegien geschützter Berufsstände oder das Ende des Tarifmonopols.

    Was daran sollte falsch sein? Die Zukunft sollte ein vollständig liberalisiertes Wirtschaftsmodell sein (egal in welchem Land).

    Ausserdem kann ich nicht sehen wieso zum Beispiel eine Abschaffung der Regulierung der Ladeöffnungszeiten schlecht für die Wirtschaft sei…

    • Horst Pachulke sagt:

      Werter Herr, was Sie im Falle Griechenland erleben, IST ein völlig liberaliserter Kapitalismus. Er ist völlig frei von den Schranken, die durch Gesellschaft und ihre Institutionen (Parlamente, Regierungen, Behörden) vorgegeben werden.
      Schlecht ist eine Abschaffung von Ladenschlusszeiten für all jene, die IHRE EIGENEN PRODUKTE verkaufen, denn sie können fürderhin nicht mehr mit jenen konkurrieren, die ihnen in Zukunft diese Produkte ihrer eigenen Hände gegen billiges Geld abkaufen werden, um sie in Tag-und-Nacht-Shops zu völlig überhöhten Preisen und zu immer minderwertigerer Qualität zu verkaufen. Da sie den PRODUZENTEN vorschreiben können, WIE und WANN sie WAS zu produzieren und zu liefern haben.
      Das ist dann “Freiheit der Märkte und der Wirtschaft” – ein Sklavendasein für Menschen, die nicht der arbeitsscheuen “Elite” angehören, sonder mit ihrer ehrlichen Hände Arbeit ihr Leben erwirtschaften wollen.

  4. Apfelfrosch sagt:

    Züchtet man so neuen Terrorismus? Ich würde mich nicht darüber wundern, wenn es in der nächsten Zeit Anschläge in den entsprechenden Ländern gäbe, die die Griechen so erniedrigt haben – allen voran in Deutschland. Da mache ich mir wirklich Sorgen.

  5. 1mzh71+7v0c1u6ek1u9w sagt:

    So Zeigt und offenbart sich wieder einmal die Fratze des Faschismus, des Deutschen Faschismus, bis jetzt nur der Neoliberale Wirtschaftsfaschismus aber bald folgt dann wieder die Menschen jagd!
    Wer nicht Marktkonform ist darf nicht leben!
    Wer nicht arbeitet darf auch nicht essen –> sagte die SPD in gestalt von Müntefering wie sich heute bewahrheitet ein Faschist!

  6. rote_pille sagt:

    Es gibt einen Ausweg aus der EU und dem Euro, aber nicht aus den Sparmaßnahmen. Das Geld der anderen ist den Sozialisten eben ausgegangen.

    • Horst Pachulke sagt:

      Das Geld der anderen haben sich die Freunde der Vorgängerregierungen der Sozialisten eingesackt – die hatten das nie.

  7. Grammardingens sagt:

    Sehr, sehr wahrer Artikel. Volltreffer. Es hat sich jedoch ein kleiner Vertipper eingeschlichen: ließt -> liest

  8. Reyes Carrillo sagt:

    Ich stimme dir nur bedingt zu, weil du mMn zu kurz greifst und deine persönliche Enttäuschung (mit Recht freilich!) viel – politisch camouflierten – Raum bekommt.

    Diese Analyse geht über deinen Abgesang hinaus und blickt weiter – vor allem auch auf viele typisch linke Konditionierungen:

    http://athens.blockupy.org/post/123881416885/die-niederlage-verstehen-heisst-den-sieg

  9. Die Verbohrtheit von Schäuble und Co. kennt keine Grenzen, solange von einer ausreichenden Anzahl kritisch denkender Menschen nicht entschieden zurückgewiesen wird. Aber wo sind die schon zu finden? Hier auf diesen und ähnlichen Seiten; die Menschenmassen jedoch … werden noch immer “erfolgreich” irreführend von verantwortungslosen Mainstream-Medien beackert! Wie lange noch?

    Über die Einfalt, den Unwillen und die Dummheit …

    Einfalt ist nicht Schlimmes,
    sie ist mit der Unwissenheit vergleichbar
    zu der mitunter auch noch die Naivität hinzukommt.
    Einfalt bedeutet oftmals gleichzeitig auch Reinheit und Unschuld,
    beide dann ebenfalls von Unwissenheit geprägt.

    Einfalt ist nicht gleich Dummheit,
    denn – wo der Einfältige aus Unwissenheit manchmal scheitert,
    scheitert der Dumme – durch die ewig gleichen Wiederholungen seiner Fehler!

    Dummheit zeugt auch weder von Naivität,
    noch von Reinheit oder gar Unschuld,
    sondern vielmehr von Verbohrtheit und vom Unwillen,
    ja von fast gänzlicher Unfähigkeit, Neues auch nur in Angriff zu nehmen
    und dies hat bei uns offenbar – eine lange, lange Tradition.

    Dummheit ist es, die die Menschheit noch immer festhalten läßt,
    an Dingen und Gepflogenheiten,
    die sich schon seit langem als unsinnig und falsch herausgestellt haben,
    Dummheit ist es, mit deren Hilfe der Unwillen sein Unwesen
    und Unwille ist es, mit deren Hilfe die Dummheit ihr Unwesen treibt.

    Dummheit ist es, einen Weg zu wählen, von dem man längst genau weiß,
    daß er – über kurz oder lang – in den sicheren Untergang führt,
    und ebenfalls Dummheit ist es,
    immer wieder den Volksverführern zu folgen, die solche Wege weisen,
    denn Dummheit ist es, aus dem was gestern war,
    grundsätzlich auch schon den genauen Weg ins morgen abzuleiten;
    Dummheit und ein falsch verstandenes Sicherheitsbestreben,

    Dummheit ist es, den jetztigen Augenblick zu verpassen,
    weil man sich mehr und mehr angewöhnt hat,
    entweder im gestern zu weilen
    oder aber von einem möglichst angenehmen morgen zu träumen.
    Dummheit ist es, sich möglichst allen Veränderungen zu verweigern,
    wo doch alles im Leben fließt und sich verändern will und muß.

    Angst, Feigheit und somit Schwäche sind es,
    die bis heute vielfach über unser Leben auf Erden bestimmen.
    So viel Angst, feiges Festhalten an der Dummheit und Schwäche auf dieser Welt!

    Während sich der Einfältige
    in Unschuld und Unwissenheit, in Mut und Zuversicht
    ins freilich oft ungewisse Neuland aufmacht,
    halten die Dummen auf „ewig“ an ihren immer gleichen Fehlern fest
    und versichern sich gegenseitig auch immer wieder aufs „Neue“ ihres Unwillens
    Neuland überhaupt zu betreten,
    jenes Neuland, daß nur durch eine Türe zu betreten ist
    auf der „JETZT“ geschrieben steht.

    Abgrundtiefe Dummheit würde es für die Menschheit bedeuten,
    nun auch weiterhin an dem vielen altherbrachten Unsinn festzuhalten,
    der längst schon klar ersichtlich
    unsere Lebengemeinschaft und unseren Lebensraum – mehr und mehr – zerstört.

    Vielleicht bin ich einfältig, aber dumm bin ich nicht;
    Einfalt führt – vielfach betrieben zu – Vielfalt
    und vielfältig – ist das Leben!

    W. Oesters (zeitkrit. Website “achtgegeben.de”)

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