Verbot der Pegida-Demo
Eine wehrhafte Demokratie?

Das Verbot der Pegida-Demonstration am vergangenen Montag zeigt, wie schnell der freiheitliche Rechtsstaat durch den Terrorismus ins Wanken zu bringen ist.

Pegida

Foto: Team Cu29 / flickr.com / CC-BY-ND 2.0

 

Von Heinz Sauren

Der 19.01.2015  wird in die Geschichte dieses Landes eingehen. Zwar wurde nicht zum ersten mal eine Demonstration aufgrund einer aktuellen Gefährdungslage untersagt, neu ist jedoch, das dieses mal die Gefahr nicht von der Demonstration ausging, sondern eine Drohung gegen selbige ausreicht. Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit der erwarteten 30.000 Teilnehmer wird präventiv eingeschränkt. Das ist sowohl im Sinne einer rechtlichen Qualifikation als auch als quantitativer Eingriff bisher einmalig.

Die Dresdner Polizei untersagte die genehmigte Pegida-Demonstration und alle weiteren Demonstrationen an diesem Tag im Rahmen der allgemeinen Gefahrenabwehr. Es herrsche eine akute Gefahr für Leib und Leben des Organisators Bachmann und damit auch für Unbeteiligte. Was die Polizei leider nicht tat, war die Gefahr genauer zu benennen. Eine ominöse in arabisch geschriebene Mail mit syrischen Absender ließe darauf schließen, dass sich Attentäter unter die Demonstrationsteilnehmer mischen könnten. Das alleine blieb die einzige Information der Polizei zur Gefahrenlage.

Eine solche abstrakte Gefahr aufgrund der islamkritischen Thematik der Demonstration ist grundsätzlich gegeben. Sie als Grund für einen quantitativ und qualitativ derart massiven Eingriff in die Ausübung des Grundrechtes auf Versammlungsfreiheit einzusetzen, ist jedoch zumindest fragwürdig.

Auch die Polizei hat sich an die Verhältnismäßigkeit der Mittel zu halten, und kann nicht aus ermittlungstaktischen Erwägungen die Konkretisierung der Gefahr schuldig bleiben. Das ist gegenüber der von ihr verfügten Grundrechtseinschränkung unverhältnismäßig. Eine weitere Unverhältnismäßigkeit offenbart die Polizeiführung durch die Benennung des Gefährdeten, Lutz Bachmann. Gemäß üblicher Praxis und geltendem Recht wäre es verhältnismäßig gewesen, gegen Herrn Bachmann ein Platzverweis zu verfügen und ihm somit die Teilnahme an der Demonstration zu untersagen. Das Gefährdungsziel wäre entfernt durch die Einschränkung des Grundrechts einer einzelnen Person. Die Polizeiführung entschied sich jedoch die Grundrechte von 30.000 Menschen einzuschränken.

Wenn diese Vorgehensweise Schule macht, dürften Fußball-Bundesligaspiele in Zukunft aufgrund zu befürchtender Krawalle, ohne Zuschauer stattfinden. Oder es wird konstruierte Gefährdungen bei politisch unliebsamen Demonstrationen geben.

Offensichtlich findet die Entscheidung des Polizeipräsidenten Zustimmung im politischen Berlin. Es ist nicht davon auszugehen, dass ein Polizeipräsident eine solche Entscheidung trifft, ohne sich im Vorfeld mit den politischen Entscheidungsträgern abgesprochen zu haben. Dazu passt, dass kein Politiker von Rang und Namen es bisher für nötig gehalten hat, diesen einmaligen Grundrechtseingriff zu kritisieren. Nicht einmal das Hinterfragen scheint politisch gewünscht. Die Merkel-Administration hat auch schon vorher deutlich gemacht, dass es ihr lieber wäre, die Pegida Demonstrationen würde nicht stattfinden. Traurig werden in Berlin wohl nur wenige sein.

Doch die fragwürdige Begründung des Demonstrationsverbotes und das auffällige Schweigen der Politik bietet zwangsläufig Spekulationen Raum.

Die Pegida Teilnehmer befürchten eine Islamisierung Deutschlands. Wie immer man sich eine Islamisierung vorstellen mag, der Kern wäre eine Einflussnahme der islamischen Ideologie, mit negativen Auswirkungen auf unser Rechtssystem und demokratischen Grundrechte. Genau das ist nun eingetreten. Eine Islamisierung mittels Androhung von Terror und dem schüren von Angst ist nicht mehr Fiktion, sondern durch die Einschränkung der Grundrechte vieler tausend Menschen traurige Realität. Da hilft es auch nichts, das Kind solange bei einem anderen Namen zu nennen, bis man es nicht mehr erkennt.

Es wäre wünschenswert gewesen, dass Frau Merkel und Herr Gauck, die doch beide beständig die Freiheit in diesem Land anmahnen, erklärt hätten, dass diese Demokratie sich nicht erpressen lässt und ihre freiheitlich demokratischen Grundrechte auch gegen den Widerstand von außen verteidigt. Stattdessen ist zu sehen, dass ein Verwaltungsakt eines politischen Beamten diese schönen Worte ins Reich der Mythen führt.

Es muss deutlich gesagt werden: Entweder Freiheit oder Sicherheit. Beides zusammen schließt sich gegeneinander aus und bleibt eine politische Wunschvorstellung, der letztlich immer mehr Grundrechte geopfert werden, ohne eines von beiden zu erhalten.

Der Beitrag ist eine leicht überarbeitete Fassung vom Original auf dem Freigeist Blog.

Artikelbild: Team Cu29 / flickr.com / CC-BY-ND 2.0

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Ein Kommentar zu "Verbot der Pegida-Demo
Eine wehrhafte Demokratie?"

  1. Iukon sagt:

    Der Auffassung des Autors kann ich nur bedingt folgen, was den Aspekt des Grundrechtseingriffs angeht.
    Das die Polizei keine konkreten Angaben zur Gefahr macht, darf kritisiert werden. Ggf. Spielen strafverfahrensrechtliche und kriminaltaktische Erwägungen eine Rolle. Daraus bzw aus dem Autor defizitär vorliegenden Informationen alleine eine abstrake Gefahr zu begründen ist falsch.
    Der Verwaltungsakt ungeachtet vorstehender Ausführungen dem Adressaten begründet werden, ggf in Firm der Allgemeinverfügung. Eine nicht hinreichend konkrete Gefahr kann auch nicht zu einer Verbotsverfügung genügen. Das sowohl Pegida als auch deren Gegner-Organisatoren die Verfügung vor dem Verwaltungsgericht nicht angegriffen haben, spricht dafür, dass sie die Einschätzung teilten.
    Mitnichten ist es auch so, dass allein der Platzverweis gegen Bachmann die Gefahr beseitigt hätte. Das wurde in den Medien zu Genüge diskutiert.
    Im Übrigen halten die allgemeinen Gefahrenabwehrordnungen der Länder Regelungen bereit, bei denen der Nichtstörer im Falle eines polizeilichen Notstandes als Adressat der Verfügung in Anspruch genommen werden kann.

    Demnach ist bei aller Kritik von der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes auszugehen. Gleichwohl darf und kann dies kein Dauerzustand für künftige Versammlungen sein und wie die Praxis inzwischen lehrte, war es auch nicht so.

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